Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs soll helfen, die Klimaziele zu erreichen. Wie soll das gehen, wenn auch im zweiten Corona-Jahr die Fahrgäste wegbleiben? Von Franziska Zehl , Timo Daum.
Bei der Forderung, den öffentlichen Personennahverkehr auszubauen, herrscht seltene Einigkeit quer durch alle politischen Lager. Damit wird die Hoffnung verbunden, dieser könne einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, zur Reduktion von Emissionen und Treibhausgasen sowie zu einer weniger autozentrierten Mobilität leisten. Eine Studie des Berliner Thinktanks Agora Verkehrswende hält gar eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens im ÖPNV bis 2035 für notwendig, um die Klimaziele zu erreichen.
Der ÖPNV – Einbruch in der Pandemie
Aber ist das überhaupt realistisch? In der Corona-Pandemie war ein Rückgang der Nutzung motorisierter Verkehrsmittel zu verzeichnen, auch die Nutzung des ÖPNV brach ein. Lag der Anteil des ÖPNV am Verkehrsaufkommen bereits vor der Pandemie bei schlappen 15 Prozent, hat er sich im Zuge dieser globalen Krise noch einmal halbiert. Repräsentative Befragungen zeigten bereits im Frühjahr und Herbst 2020 tiefe Einbrüche in Verkehrsaufkommen und -leistung des ÖPNV.
Allerdings sind es gerade diejenigen, die vor der Pandemie, wenn überhaupt, ohnehin nur selten mit Bus oder Bahn fuhren, die besonders häufig in ein abweisendes Narrativ verfallen. Leitsätze wie ‘safety first’ oder ‘Gesundheit geht vor’ werden als Gründe für die konsequente Meidung öffentlicher Verkehrsmittel genannt. Die Pandemie scheint damit gerade den Menschen, die der ÖPNV auch vor der globalen Krise schon nicht erreichen konnte, den letzten Grund zu liefern, Bussen und Bahnen endgültig den Rücken zu kehren.
Aber auch Menschen, die sonst regelmäßig den ÖPNV nutzten, steigen im Zuge der Pandemie verstärkt vom ÖPNV aufs Rad oder das Auto um. Dabei waren es im zweiten Corona-Jahr sogar nochmal mehr Befragte (44 Prozent) als im ersten Corona-Jahr 2020 (34 Prozent). Obgleich die derzeitige Datenlage gegen eine erhöhte Ansteckungsgefahr in öffentlichen Verkehrsmitteln spricht, wenden sich immer mehr selbst vormals treue ÖPNV-Fahrgäste von diesem ab. Dabei ist die Corona-Pandemie keineswegs der einzige Grund für die geringe Nutzung des ÖPNV.
Das Corona-Virus ist nicht das einzige Problem für den ÖPNV
Auch wenn die quantitativen Befragungsdaten offenlegen, dass rund die Hälfte der Befragten im Mai 2021 ihre Meidung des ÖPNV mit dem Corona-Virus begründet, zeigt sich auch, dass strukturelle Probleme genauso bedeutsam sind. Vor allem mangelnde Verbindungen stellen ein Problem für die Befragten dar und sind für 42 Prozent der Grund, Bus und Bahn zu meiden. Zur Wahrheit gehört also auch, dass neben der vermeintlichen Ansteckungsgefahr auch die fehlende Flexibilität und mangelnde Produktqualität starke Motive sind, den ÖPNV zu meiden.
Brennglas Corona – wer kann, nutzt das Auto
Welches Verkehrsmittel von den Versäumnissen des ÖPNV in der Krise profitieren kann, legen die Daten der dritten Erhebungswelle im MOBICOR-Projekt offen: der motorisierte Individualverkehr (MIV) ist und bleibt auch im Mai 2021 Gewinner der Pandemie.
Doch nutzen nicht alle Menschen das vermeintlich Pandemie-resistente Verkehrsmittel Auto gleichermaßen. Stattdessen offenbart das zweite Corona-Jahr eine noch extremere soziale Schieflage in der Mobilität. Der Zugang zu einem oder mehreren Pkw steigt mit dem ökonomischen Status des Haushaltes. Diese Unterschiede machen sich entsprechend in der Autonutzung von Menschen mit unterschiedlichem ökonomischem Haushaltsstatus bemerkbar:
Soziale Spaltung durch Corona verschärft
Hinzu kommt, dass Vielverdiener:innen noch häufiger als im ersten Corona-Mai vollkommen alleine im Auto sitzen – und das trotz der deutlich entspannteren Infektionslage als zu Beginn der Pandemie. So sind im Mai 2021 bereits mehr als drei Viertel der Wege von Vielverdiener:innen Alleinfahrten.
Darüber hinaus steigen im Mai 2021 aber auch Menschen mit niedrigem ökonomischem Status vermehrt vom ÖPNV aufs Auto um. Insgesamt versuchen auch Geringverdiener:innen im Mai 2021 öfter das Auto zu nutzen – nur die hohe ökonomische Schicht hat aber auch tatsächlich und häufiger die Mittel dazu, diesem durch die Pandemie befeuerten Wunsch nachzugehen.
Entlang des verfügbaren Nettoäquivalenzeinkommens betrachtet, wird so eine soziale Schieflage der ÖPNV-Nutzung sichtbar. Während der ÖPNV im Herbst 2020 nur 2 Prozent vom Verkehrsmittelmix der Vielverdienenden (über 2.200 €) ausmacht, wird im selben Zeitraum fast jeder zehnte Weg (9 Prozent) von Personen mit niedrigem Einkommen (bis 1.300 €) mit Bus oder Bahn zurückgelegt.
Gesamt
niedrig
mittel
hoch
Mai 2020
57
51
60
60
Mai 2021
59
52
61
77
Anteil der Wege, die alleine im Auto zurückgelegt wurden nach ökonomischem Status des Haushaltes (Angaben in Prozent)
Wie reagiert der ÖPNV auf veränderte Arbeitswelt – gar nicht!
Genau wie die ÖPNV-Nutzung ist auch die Inanspruchnahme von Homeoffice sozial ungleich verteilt, so dass sich zeigt: die im ÖPNV verbliebenen, meist geringverdienenden Fahrgäste nutzen öffentliche Verkehrsmittel hauptsächlich noch aus beruflichen Gründen. Dementsprechend beginnen oder enden 58 Prozent der im Oktober/NÖPNVember 2020 getätigten ÖPNV-Wege im Nahverkehr an der Ausbildungs- bzw. Arbeitsstätte. Zum Vergleich: Im Corona-freien Oktober 2017 lag dieser Anteil noch bei 49 Prozent. Das heißt auch: Busse und Bahnen werden während der Pandemie vor allem von jenen genutzt, die weiterhin im Präsenzbetrieb arbeiten (müssen) und für ihren Arbeitsweg auf den ÖPNV angewiesen sind.
Was es braucht: Endlich den Abschied vom ‘weiter wie bisher’
Ob das Ende der Pandemie also wirklich Voraussetzung für eine wieder unbeschwerte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sein könnte, bleibt zu bezweifeln. Weder unser Klima noch die Verkehrsbetriebe können es sich zudem leisten, am ‘weiter wie bisher’ festzuhalten und sich auf einen möglichen Zulauf im öffentlichen Verkehr zum noch unbestimmbaren Ende der Pandemie zu verlassen.
Warum also kommt der ÖPNV auch im zweiten Jahr der Pandemie nicht in die Gänge? Die Ergebnisse zeigen: Es liegt nicht nur an der Maskenpflicht, an den Corona-Einschränkungen, sondern an viel älteren, hausgemachten Problemen, eines Verkehrssystems, das “mal eine gute Idee war – vor einhundert Jahren”, so der Verkehrsforscher Andreas Knie.
Damit ist auch die Tatsache, dass sich der ÖPNV nicht einmal während einer globalen Krise wie der jetzigen traut über den eigenen Tellerrand zu blicken, nicht der Corona-Pandemie zuzuschreiben, sondern lediglich ein Symptom der grundlegenden Unfähigkeit des ÖPNV neu und größer zu denken. Die entscheidende Erkenntnis aus der Pandemie sollte daher sein, dass die derzeitige Strategie des ÖPNV nicht aufgeht. Statt die Scheuklappen aufzuziehen und tatenlos auf ein Leben ohne Corona zu warten, müssen Politik und Verkehrsbetriebe sich besser gestern als heute um ein sorgenfreies ÖPNV-Fahren trotz Corona bemühen.
Keine Verkehrswende mit dem ÖPNV
Mit dem ÖPNV, wie wir ihn kennen, diesem Hartz-4 der Mobilität ist keine Verkehrswende zu machen. Er ist nicht kundenorientiert, sogar diskriminierend, nur auf den ersten Blick ökologisch vorteilhaft, und vor allem mit Blick auf die Zukunft nicht skalierbar, tritt auf der Stelle. Die Krise des ÖPNV ist durch Corona noch deutlicher geworden, er ist dringend reformbedürftig. Wenn statt stündlich ein leerer Bus bald halbstündlich ein leerer Bus fährt — das ist nicht Verkehrswende.
Er muss sich hingegen gründlich neu erfinden, muss in allen Belangen besser als das Auto werden – schneller, bequemer, gesünder, günstiger, ja luxuriöser! Vorschläge für eine nachhaltige und starke Zukunft des ÖPNV, mit der die Klimaziele erreicht werden können, gibt es genug. Verkehrsbetriebe und Politik müssen aber endlich und gerade jetzt in der Corona-Pandemie beginnen, außerhalb ihrer eigenen Komfortzone zu denken und zu handeln.
Der Klimawahlcheck nimmt die Wahlprogramme der großen Parteien zur Bundestagswahl 2021 klimapolitisch unter die Lupe. Wir haben die Programme von CDU, SPD, Grünen, FDP und Linken analysiert und zeigen, wer eine ambitionierte Klimaschutzpolitik verfolgt und wer nicht. Der Klimawahlcheck hilft dir dabei, deine eigene Position zum Klimaschutz im Parteienspektrum zu verorten und eine klimapolitisch informierte Wahlentscheidung zu treffen. Gleichzeitig findest du hier Antworten auf wichtige Fragen zur Erderwärmung sowie Forderungen der Zivilgesellschaft an die Parteien für einen wirksamen Klimaschutz.
Der Klimawahlcheck ist keine Wahlempfehlung. … Der Klimawahlcheck gibt dir eine erste Orientierung sowie Informationen zu den klimapolitischen Inhalten der Parteien.
Die Bundestagswahl 2021 ist entscheidend für unsere Zukunft.
Steigen die CO₂-Emissionen weiter so an wie bisher, erwärmt sich die Erde um mehr als vier Grad. Die Folgen für Mensch und Natur wären dramatisch. Es bleiben noch zehn Jahre, um die globale Erwärmung auf ein erträgliches Maß von 1,5 Grad zu begrenzen.
Die nächste Bundesregierung ist also mitentscheidend dafür, in welcher Welt wir leben werden.
Mach den Klimawahlcheck!
Wir haben die Wahlprogramme der großen Parteien im Hinblick auf ihre Klimaschutzpolitik ausgewertet. Checke zuerst, was für dich selbst Klimaschutz bedeutet und vergleiche dann deine Einstellung mit den Positionen der großen Parteien.
InfoFilm von FFF warum Streik bei bo-alternativ : hier
Am 24.9. geht Fridays for Future wieder weltweit auf die Straße. Die Bochumer Gruppe organisiert ein Bühnenprogramm für den gesamten Nachmittag des Tages. Darin werden nicht nur in Redebeiträgen unterschiedliche Facetten von Klimagerechtigkeit beleuchtet, sondern auch ein umfangreiches Programm aus Live-Musik und Poetry Slams von unterschiedlichen Künstler*innen präsentiert werden. Nebenbei werden diverse Infostände bereitstehen, an denen verschiedene Initiativen und Organisationen über ihre Themen informieren.
„Klimagerechtigkeit beinhaltet neben den Themen Ökologie, Energiewende und Verkehrswende auch die Bereiche globale Gerechtigkeit, Agrarwende und Verbraucher*innenschutz. Mit dem Fokus darauf machen wir die Bundestagswahl zur Klimawahl“, sagt Stefan Roth, der neben vielen weiteren Personen an der Organisation beteiligt ist.
Vor Pandemie-Beginn demonstrierten mit Fridays for Future bis zu 1,4 Millionen Menschen in Deutschland für Klimagerechtigkeit. Bislang hat keine der großen Parteien konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, um die Forderungen von FFF zu erfüllen und Deutschland bis 2035 klimaneutral zu machen. Mit dem geplanten Klimastreik richtet sich die Bewegung deshalb erneut an alle Generationen.
„Das Problem ist gesamtgesellschaftlich, also kann es auch nur gesamtgesellschaftlich gelöst werden. Wir brauchen deshalb kurz vor den Bundestagswahlen wieder alle fürs Klima.“, ergänzte Marina Koch.
Das für den 24.9. geplante Bühnenprogramm wird um 12:00 Uhr vor dem Bergbaumuseum beginnen. In das Programm wird ab ca. 14:00 Uhr eine klassische Demonstration durch die Innenstadt eingebettet sein. Anschließend werden ab ca. 16:00 Uhr bis zum Abendbeginn weitere Bands auftreten sowie Poetry Slams und Redebeiträge dargeboten werden. Das Programm wird Gebärden-Übersetzt, aktuelle Infos zu dem Programm können auf den Social Media Kanälen von Fridays for Future Bochum gefunden werden. Die Besucher*innen der Veranstaltung müssen geimpft, getestet oder genesen sein.
59 Prozent der über 65-Jährigen lehnen es laut der Umfrage ab, die Klimainteressen junger Generationen bei ihrer Wahlentscheidung zu berücksichtigen.
In der öffentlichen Debatte ist der Klimaschutz zu einem der zentralen Themen geworden. Doch je älter die Wähler, desto weniger spielen die Interessen der jungen Generation eine Rolle bei der Wahlentscheidung. Das zeigt eine aktuelle Umfrage – die Umweltschützer erschreckt.
Je älter die Menschen sind, desto weniger richten sie ihr Wahlverhalten an den Klimaschutzinteressen der jüngeren Generation aus. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die der Naturschutzbund Deutschland (NABU) veröffentlichte. Darin gaben insgesamt 58 Prozent der Befragten an, sie berücksichtigten bei ihrer Wahlentscheidung die Klimaschutzinteressen der jungen Generation nicht.
Die Zustimmung zu der Aussage: “Meine Entscheidung zur Bundestagswahl orientiere ich an Klima- und Naturschutzinteressen junger Generationen” nimmt den Ergebnissen zufolge mit zunehmendem Lebensalter immer weiter ab. Bei den 30- bis 39-Jährigen sind es etwas über 40 Prozent, bei den 40- bis 49-Jährigen 36 Prozent, bei den 50- bis 64-Jährigen noch 30 Prozent.
Mit Blick auf die über 65-Jährigen ergibt sich folgendes Bild: 59,1 Prozent lehnen es ab, die Klima- und Naturschutzinteressen junger Generationen bei ihrer Wahlentscheidung zu berücksichtigen. 27,9 Prozent beziehen sie in ihre Wahlentscheidung ein.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger bezeichnete die Ergebnisse der Umfrage als erschreckend. “Wir wissen aus anderen Umfragen, dass Klima- und Umweltschutz mit der wichtigste Themenkomplex für die Bundestagswahl ist.” Mit den Folgen des Klimawandels “werden sich vor allem unsere Kinder und Enkelkinder befassen müssen”. Damit dürften sie aber nicht alleine gelassen werden. “Die Bekämpfung der Klima- und Artenkrise ist eine gemeinsame Aufgabe aller Generationen.”
Für die Umfrage befragte das Meinungsforschungsunternehmen Civey zuletzt vom 20. bis 22. August 2021 rund 5000 Menschen.
Nabu ist erschreckt: Für Ältere spielt Klimaschutz beim Wahlverhalten geringe Rolle
02/09/2021 Je älter die Menschen sind, desto weniger richten sie ihr Wahlverhalten an den Klimaschutzinteressen der jüngeren Generation aus. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) am Donnerstag veröffentlichte. Darin gaben insgesamt 58 Prozent der Befragten an, sie berücksichtigten bei ihrer Wahlentscheidung die Klimaschutzinteressen der jungen Generation nicht.
Mit Blick auf die über 65-Jährigen ergibt sich folgendes Bild: 59,1 Prozent lehnen es ab, die Klima- und Naturschutzinteressen junger Generationen bei ihrer Wahlentscheidung zu berücksichtigen. 27,9 Prozent beziehen sie in ihre Wahlentscheidung ein.
Klimaschutz ist „gemeinsame Aufgabe“
Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger bezeichnete die Ergebnisse der Umfrage als erschreckend. „Wir wissen aus anderen Umfragen, dass Klima- und Umweltschutz mit der wichtigste Themenkomplex für die Bundestagswahl ist.“ Mit den Folgen des Klimawandels „werden sich vor allem unsere Kinder und Enkelkinder befassen müssen“. Damit dürften sie aber nicht alleine gelassen werden. „Die Bekämpfung der Klima- und Artenkrise ist eine gemeinsame Aufgabe aller Generationen.“
(03.09.21 , windmesse ) , Original : hier
Meldung von NABU – Naturschutzbund Deutschland
NABU-Umfrage zum Klimaschutz: Interessen der jungen Generation werden bei der Wahl ignoriert
Krüger: Klima- und Artenschutz sind Aufgaben aller Generationen – wir dürfen unsere Kinder und Enkelkinder nicht alleine damit lassen Bild: Pixabay
Hochwasser, Waldbrände, steigende Temperaturen – der Klimawandel ist längst Realität. Die dramatischen Ereignisse der vergangenen Wochen haben bei vielen Menschen in Deutschland das Bewusstsein hinsichtlich der Klimaveränderungen noch einmal steigen lassen. Für rund ein Drittel ist Klimapolitik das wahlentscheidende Thema – seit den letzten Extremwetterereignissen mit steigender Tendenz.
Knapp 58 Prozent berücksichtigen bei ihre Wahlentscheidung allerdings nicht die Klimaschutzinteressen der jungen Generation, die zukünftig jedoch erheblich von den Folgen des Klimawandels betroffen sein wird. Das hat eine zweite vom NABU in Auftrag gegebene, repräsentative Umfrage bestätigt. In der ersten, deckungsgleich vor den Hochwasserereignissen durchgeführten Umfrage zeigte sich bereits ein vergleichbares Bild: Die Klimaschutzinteressen junger Generationen spielten auch hier nur eine untergeordnete Rolle.
Der Anteil derer, die der Aussage “Meine Entscheidung zur Bundestagswahl orientiere ich an Klima- und Naturschutzinteressen junger Generationen“ zustimmen, nimmt mit zunehmendem Lebensalter der Befragten immer weiter ab. Nach der jüngsten Umfrage sind es bei den 30- bis 39-Jährigen etwas über 40 Prozent, bei den 40- bis 49-Jährigen 36 Prozent, bei den 50- bis 64-Jährigen noch 30 Prozent.
Mit Blick auf die über 65-Jährigen ergibt sich folgendes Bild: 59,1 Prozent lehnen es ab, die Klima- und Naturschutzinteressen junger Generationen bei ihrer Wahlentscheidung zu berücksichtigen. 27,9 Prozent beziehen sie in ihre Wahlentscheidung ein.
Bei den 18- bis 29-Jährigen haben 39,2 Prozent die Klima- und Naturschutzinteressen junger Generationen im Blick und stimmen zu.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: “Das Ergebnis hat uns wirklich erschreckt. Wir wissen aus anderen Umfragen, dass Klima- und Umweltschutz mit der wichtigste Themenkomplex für die Bundestagswahl ist. Die Ursachen des Klimawandels haben eine direkte Verbindung zu der langen Wohlstandsphase in unserem Land. Wir alle, insbesondere die geburtenstarken Generationen, haben direkt davon profitiert. Mit den Folgen werden sich vor allem unsere Kinder und Enkelkinder befassen müssen. Damit dürfen wir sie nicht alleine lassen. Die Bekämpfung der Klima- und Artenkrise ist eine gemeinsame Aufgabe aller Generationen. Mit unserer Stimme bei der Bundestagswahl entscheiden wir gemeinsam, wie zukunftsfähig die Politik in unserem Land gestaltet wird.“
Der NABU fordert gemeinsam mit anderen Umweltverbänden und großen Organisationen, die Bundestagswahl 2021 zu einer Klima- und Naturschutzwahl zu machen. Die Bekämpfung der Klima- und Artenkrise müsse oberste Priorität für jede Partei haben. Weit über 300.000 Wähler*innen haben bereits ihr persönliches Versprechen gegeben, sich bei der Bundestagswahl 2021 mit ihrer Stimme für Klima und Natur einzusetzen. Mehr Infos: https://mitmachen.nabu.de/de/pledge
Zur Umfrage: Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hat im Auftrag vom NABU zunächst im Zeitraum 5. bis 7. Juli 2021 und erneut im Zeitraum vom 20. bis 22. August 2021 rund 5.000 Personen zu Einflussfaktoren bzgl. ihrer bevorstehenden Wahlentscheidung befragt. Die Ergebnisse sind unter Berücksichtigung des angegebenen statistischen Fehlers repräsentativ für die deutsche Gesamtbevölkerung.
Mit mehr als 820.000 Mitgliedern und Fördernden ist der 1899 gegründete NABU der mitgliederstärkste Umweltverband Deutschlands. Der NABU engagiert sich für den Erhalt der Lebensraum- und Artenvielfalt, den Klimaschutz sowie die Nachhaltigkeit der Land-, Wald- und Wasserwirtschaft. Zu den zentralen NABU-Anliegen gehören auch die Vermittlung von Naturerlebnissen und die Förderung naturkundlicher Kenntnisse.
Weltweit steigen die Treibhausgas-Emissionen weiter stark an. Wissenschaftler fordern eine „blitzschnelle Energiewende“.
Nach der Coronakrise werden global mehr Treibhausgase ausgestoßen als vorher
BERLIN taz | Der weltweite Einbruch von Industrieproduktion und Verkehr in der Covidpandemie hat den Trend zu global immer weiter steigenden Treibhausgas-Emissionen nicht gebrochen – ganz im Gegenteil: Stromverbrauch und CO2-Ausstoß aus dem Energiesektor lagen im ersten Halbjahr 2021 um 5 Prozent höher als in der ersten Hälfte 2019, also vor der Pandemie. Das geht aus einer Studie des britischen Thinktanks Ember hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wird und 63 Länder analysiert, die 87 Prozent des weltweiten Stroms verbrauchen. „Die hochschießenden Emissionen sollten die Alarmglocken auf der ganzen Welt läuten lassen“, sagte Ember-Chef Dave Jones. „Wir bauen nicht besser wieder auf, sondern schlechter.“ Eine „blitzschnelle Energiewende“ sei nötig, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten.
Dabei wurde im letzten Jahr weltweit die Rekordsumme von 380 Milliarden Dollar in saubere Energien investiert. 57 Prozent des zusätzlichen Stromverbrauchs kamen laut Studie von Wind und Sonne – aber die restlichen 43 Prozent eben von dreckiger Kohle. Der Anteil von Gas blieb gleich, Wasserkraft und Atom nahmen ab. In den alten Industriestaaten der EU, in den USA, Japan und Südkorea sanken die Emissionen aus dem Strom und Erneuerbare wurden wichtiger, aber vor allem wegen langsamer wachsender Stromnachfrage, hieß es. Doch in China, Indien, der Mongolei, Vietnam oder Bangladesch sei das Wirtschaftswachstum noch nicht vom CO2-Ausstoß abgekoppelt: Hier stiegen die Emissionen rapide an.
Genau vor diesem Szenario hatte die Internationale Energieagentur IEA im Juli gewarnt. Von den weltweit 16 Billionen Dollar für den ökonomischen Wiederaufbau flossen demnach 2,3 Billionen in die Wirtschaft, aber nur 380 Milliarden in saubere Energie. Das öffentliche und private Geld ging vor allem in den Verkehr, effiziente Gebäude und neue Treibstoffe. Diese jährliche Summe werde bis 2030 etwa stabil bleiben, sei aber nur ein Drittel der jährlichen Billion, die für eine weltweite Energiewende gebraucht werde, so die IEA.
Zwischen den Staaten gibt es große Unterschiede: während die alten Industrieländer 76 Milliarden an Steuergeld für Investments in saubere Energien vorsahen, waren es bei Schwellenländern nur 8 Milliarden. Und während einige Länder wie Südafrika, Indien, China und Thailand teilweise auch in Stromleitungen oder Energieeffizienz investierten, gaben viele Länder ihre knappen Mittel für kurzfristige Hilfen bei Stromkosten der Haushalte oder für ihre Energiekonzerne aus.
Wer ist der bessere Klimaschützer, Staat oder Markt? Die Parteien schlagen vor der Wahl völlig unterschiedliche Wege vor. Von Alexandra Endres
Was die Parteien fürs Klima tun wollen – Seite 1
Sie wollen, dass Inhalte die Wahl entscheiden? Bitte schön. In der Serie “Welches Deutschland soll’s denn sein?” stellen wir die Antworten der Parteien auf die großen Fragen vor. Grundlage sind die Wahlprogramme. Teil drei: Klima. https://datawrapper.dwcdn.net/PHLCp/
Wahrscheinlich behaupten alle Parteien von sich, das Klima zu retten, richtig?
Nicht ganz. Die AfD findet, das Klima müsse gar nicht gerettet werden, sondern im Gegenteil das Land vor der Klimapolitik. Sie bestreitet, was wissenschaftlich Konsens ist: Die Erde erhitzt sich, die Menschheit ist dafür verantwortlich, und bringt damit nicht den Planeten in Gefahr – sondern sich selbst. Zum Beispiel, weil heftige Niederschläge, außergewöhnliche Hitze und extreme Trockenheit umso häufiger vorkommen und intensiver ausfallen, je mehr sich die Erde erwärmt. Deshalb, und weil in ihrem Wahlprogramm folgerichtig nichts Weiteres zum Thema steht, außer dass sie die entsprechenden Klimaschutzabkommen und Gesetze abschaffen will, kommt die AfD hier auch nicht weiter vor.
Aber die anderen wollen es zumindest versuchen?
Das sagen sie, ja. Egal, ob Union, SPD, Grüne, FDP oder Linke: Sie alle kündigen an, das im Pariser Klimaabkommen formulierte 1,5-Grad-Ziel erreichen zu wollen. Das heißt: Die Welt soll sich bis zum Ende dieses Jahrhunderts im Vergleich zu vorindustrieller Zeit möglichst nicht um mehr als 1,5 Grad erwärmen. Zur Erinnerung: 1,2 Grad wärmer ist es schon jetzt. Und der Weltklimarat IPCC kam in seinem neuesten Bericht zu dem Schluss: Werden die globalen Treibhausgasemissionen nicht sofort, schnell und umfassend gesenkt, könnte das 1,5-Grad-Ziel und sogar das 2-Grad-Ziel nicht mehr erreichbar sein. Eile ist also geboten.
Das kann Deutschland allein doch gar nicht erreichen, dafür sind wir viel zu klein.
Stimmt, es geht nur um den deutschen Beitrag dazu. Aber um den kann sich jede zukünftige Regierung auch schon deshalb kaum drücken, weil das Bundesverfassungsgericht sie dazu verpflichtet. In einem Beschluss vom März 2021 hatte das Gericht im deutschen Klimaschutzgesetz “hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031” durch die Politik vermisst und klargestellt, dass der Staat verpflichtet ist, Leben und Gesundheit seiner Bürgerinnen und Bürger vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. Die Regierung hatte daraufhin das Klimaschutzgesetz nachgebessert. Es sieht nun vor, dass Deutschland bereits 2045 – statt erst 2050 – klimaneutral ist, also keine Treibhausgase mehr in die Atmosphäre entlässt, die es nicht anderweitig ausgleichen kann. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen im Vergleich zu vorindustrieller Zeit um 55 Prozent sinken, bis 2040 um 88 Prozent. Das Gesetz legt auch fest, wie viel Treibhausgase jeder einzelne Sektor – Verkehr, Gebäude, Industrie, Landwirtschaft, Energie – im Jahr verursachen darf. Und es schreibt vor, dass schnell gehandelt werden muss, wenn die zulässigen Höchstmengen überschritten werden.
Unangebrachte Lacher, ungeschickte Bücher: Im bisherigen Wahlkampf zur Bundestagswahl wurde (wie in vorherigen auch) viel über Nebensächlichkeiten diskutiert. Dabei wissen eigentlich alle: Das Land muss und wird sich dramatisch verändern – die Frage ist nur, in welche Richtung. Darum geht es bei dieser Wahl. In dieser Serie dröseln wir deshalb auf, was die großen Parteien zu den für Deutschlands Zukunft wichtigsten Fragen in ihren Programmen sagen.
Ist mit dem Gesetz dann nicht schon alles geklärt?
Absolut nicht. Das Gesetz gibt ja nur die jährlichen Emissionsmengen vor. Es ist die Basis, auf der die konkrete Klimapolitik dann aufsetzen muss. Die muss von den Parteien erst noch kommen, weswegen ihre Vorschläge so wichtig sind. Dabei bewegen sich die Parteien, grob gesagt, zwischen den Polen Markt und Staat.
Okay, aber was heißt das konkret, wer will denn nun am meisten fürs Klima tun?
Die Union hält an der Klimaneutralität bis 2045 fest, die SPD bis “spätestens 2045”. Die FDP nennt in ihrem Wahlprogramm noch 2050 als Ziel. Doch sie schließt ein früheres Datum nicht aus, falls es sich “aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Sachstandsberichten des Weltklimarates” ergeben sollte.
Die Grünen hingegen wollen das Land “in zwanzig Jahren” klimaneutral machen, ein genaueres Datum nennt das Wahlprogramm nicht. Dennoch spielt die Klimapolitik darin – anders als bei den anderen Parteien – die Hauptrolle. Sie wollen das ganze Handeln der kommenden Bundesregierung auf das Ziel ausrichten, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Alles andere wird dem untergeordnet.
Was heißt das genau?
Die Grünen wollen gleich nach dem Amtsantritt der nächsten Regierung ein Klimasofortprogramm auflegen, das beispielsweise den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt, das Klimaschutzgesetz verschärft und seine Regeln noch genauer ausformuliert. Und sie wollen das ganze Land grundlegend umbauen: Industrie, Energieerzeugung, Verkehr, Wohnen, Mobilität – geht es nach den Grünen, muss sich alles ändern und zwar schnell. Dafür soll der Staat Milliarden Euro investieren. Neue Industriezweige und Arbeitsplätze sollen entstehen. Es soll ein Qualifizierungskurzarbeitergeld für Betriebe geben, die ihre Beschäftigten in der Transformation halten und weiterbilden wollen. Am Ende soll eine Marktwirtschaft stehen, die Ökologie, Arbeitsplätze und Soziales vereint.
CO2-Preis, Emissionshandel, Sozialer Ausgleich
Klimaschutz, Arbeitsplätze und Soziales verbinden: Klingt gut. Aber wollen das nicht alle?
Ja, aber sie setzen dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Union und SPD sorgen sich um die deutsche Industrie. Diese solle auch in Zukunft weltweit eine führende Rolle spielen, schreiben beispielsweise die Sozialdemokraten, “gerade weil sie CO2-neutral produziert”. Beide setzen auch auf Wasserstoff, die SPD vor allem als Energiespeicher und in Sektoren, die nicht direkt elektrifiziert werden können. Die Union kann sich hingegen auch Wasserstoffautos vorstellen, auch wenn die Technik aktuell von den meisten Experten nicht als aussichtsreich eingestuft wird. Aber ähnlich wie die FDP will die Union sich nicht vorab festlegen, welche klimafreundlichen Technologien, der Staat besonders fördern sollte. Auch Verbote – Stichwort Tempolimit – mögen beide Parteien nicht. Statt staatlicher Vorgaben bevorzugen sie marktwirtschaftliche Instrumente. Die FDP will deshalb auch das gültige Klimagesetz abschaffen. Parteichef Christian Lindner nennt es ein “Sammelsurium von Einzelmaßnahmen”, mit dem man im Klimaschutz nichts erreichen könne. Die Liberalen schlagen stattdessen vor, quasi den gesamten Klimaschutz dem europäischen Handel mit Emissionszertifikaten zu überlassen. Der gilt derzeit nur für Unternehmen der Energiewirtschaft und Industrie. Liberale und Union wollen ihn so bald wie möglich auf die anderen Sektoren der Wirtschaft ausweiten. ZEIT-ONLINE-WahltrendGewichteter MittelwertEinzelne UmfrageNeueste Umfrage: YouGov, 3.9.SPD 25 %Union 20 %Grüne 15 %FDP 13 %AfD 12 %Linke 8 %Mögliche KoalitionenFür eine Mehrheit sind mindestens 50 % nötigKenia68 %Deutschland62 %Ampel57 %Jamaika55 %Rot-Grün-Rot52 %Rot-Schwarz49 %Rot-Grün44 %Schwarz-Grün42 %
Wie funktioniert dieser Emissionshandel noch mal und warum setzen Union und FDP da so stark drauf?
Das erklärt die FDP in ihrem Wahlprogramm am konsequentesten: Die Politik würde Jahr für Jahr festlegen, wie viele Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen dürfen und die passende Menge von Emissionsrechten ausgeben. Die funktionieren wie Wertpapiere: Es sind Zertifikate, die frei gehandelt werden können. Unternehmen, die CO2 ausstoßen, können sich also von anderen ein entsprechendes Zertifikat kaufen – die dürfen dafür dann entsprechend weniger CO2 ausstoßen. Nach und nach würden die Zertifikate knapper, und damit teurer. Mehr müsste die Politik nicht tun: Zum vorgegebenen Datum wäre der Treibhausgasausstoß automatisch bei null angelangt. Wie genau das geschieht, würde sich auf dem freien Markt im “Wettbewerb der besten Ideen” von selbst ergeben.
Auch der CO2-Preis, der in Deutschland seit Beginn dieses Jahres auf Benzin, Diesel und Heizöl erhoben wird und der in Zukunft jährlich steigen soll, soll nach ihren Vorstellungen künftig in den europäischen Emissionshandel integriert werden.
Moment, das geht mir zu schnell. Was ist jetzt dieser CO2-Preis?
Das ist grob gesagt eine Abgabe, die Verbraucher auf besonders klimaschädliche Dinge zahlen – in Deutschland derzeit eben auf Benzin, Diesel und Heizöl. Bisher gehen die Einnahmen daraus an den Staat, der damit den Klimaschutz fördern soll. Der Grundgedanke ist einfach und der gleiche wie beim Emissionshandel: Wenn man dafür bezahlen muss, das Klima zu verschmutzen, tut man es weniger. Im Moment ist der deutsche CO2-Preis gesetzlich festgelegt. Ab dem Jahr 2026 soll er sich aber in einem freien Emissionshandel am Markt bilden.
Was ist, wenn ich mich nicht wie die FDP allein auf den Markt verlassen will?
Der extreme Gegenpol der FDP ist die Linkspartei, die ihre Klimapolitik mit Kapitalismuskritik verbindet und der Forderung nach sozialer Gerechtigkeit – und zwar weltweit. Da ist es nur konsequent, dass sie einen Emissionshandel ganz grundsätzlich ablehnt. Stattdessen plädiert sie für verbindliche Klimaziele für die Unternehmen, ergänzt um staatliche Förderung und Infrastrukturprogramme. So soll etwa ein öffentlicher Transformationsfonds – Umfang: 20 Milliarden Euro pro Jahr – Industriearbeitsplätze sichern, während die Unternehmen klimafreundlich umgebaut werden. Öffentliche Investitionen sollen bis 2025 eine Million gut bezahlter Arbeitsplätze schaffen. Wenn Wohnungen klimafreundlich saniert werden, sollen Mieterinnen und Mieter dadurch keine Nachteile erleiden dürfen. Der Bus- und Bahnverkehr soll ausgebaut und nach und nach für alle kostenlos angeboten werden, damit weniger Leute Auto fahren.
CO2-Preis, staatliche Milliardenprogramme: Das klingt alles ganz schön teuer.
Klar, Klimaschutz kostet viel Geld. Aber das Klima nicht zu schützen, kostet auf lange Sicht noch mehr. Eine kluge Politik verteilt die Einnahmen um, die der Staat durch einen Emissionshandel oder eine andere Art von CO2-Preis erzielt – und zwar so, dass Menschen mit geringem Einkommen unterstützt werden, aber klimaschädliches Verhalten trotzdem teuer bleibt. Ökonomische Analysen haben gezeigt, dass das funktionieren kann.
Strompreise, Verkehr, Kohleausstieg
Und wie wollen die Parteien das machen?
Zwei Ideen werden gerade besonders diskutiert: Der Staat kann das Geld nutzen, um den Strompreis zu senken, etwa indem er den Preisaufschlag wieder abschafft, mit dem die Erneuerbaren Energien gefördert werden (EEG-Umlage), und der derzeit 6,5 Cent pro Kilowattstunde beträgt. Und er kann die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung den Menschen direkt zurückgeben, beispielsweise in Form eines fixen Pro-Kopf-Betrags.
Die Union hat angekündigt, “als Erstes” die EEG-Umlage abzuschaffen, um die Verbraucherinnen und Verbraucher zu entlasten, die FDP hat das Gleiche vor. Die SPD will die Umlage noch bis 2025 behalten, Linke und Grüne wollen sie senken.
Aber das war’s noch nicht in Sachen Strom und Energie: Linke und FDP wollen auch die normale Stromsteuer senken, die Liberalen sogar auf den niedrigsten Satz, den die EU erlaubt. Dafür will die Linke die Strompreise stärker staatlich kontrollieren, beispielsweise durch die Einführung eines preisgünstigen Grundtarifs. Da sind sie wieder, die Pole Staat und Markt. Die Union wiederum will die Steuern und Abgaben für Energieverbrauch stärker am CO2-Ausstoß des jeweiligen Energieträgers ausrichten – bisher ist das noch nicht der Fall. Und die SPD findet: Wenn Heizöl durch den CO2-Preis teurer wird, sollen das die Vermieter zahlen, nicht die Mieter.
Die Union kündigt zudem an, “Mehrbelastungen in den Bereichen Wohnen und Mobilität” auszugleichen – wie genau, wird allerdings nicht ganz klar. Die Grünen wollen auch hier aktiver eingreifen: Pendlerinnen und Pendler, die auf Bus und Bahn umsteigen oder sich ein emissionsfreies Fahrzeug anschaffen wollen, sollen “großzügig” finanziell unterstützt werden.
Was ist aus der Idee mit der Pro-Kopf-Prämie für alle geworden?
Ja, wenn aus dem Emissionshandel noch Geld übrig bleibt, möchte die FDP das über eine solche Prämie zurückverteilen. Sie sind da am kategorischsten: Der Staat soll keinen Cent (beispielsweise für klimapolitische Investitionen) behalten dürfen. Die SPD will eine solche Prämie zumindest “prüfen”. Auch die Grünen planen eine Pro-Kopf-Prämie. Bei ihnen heißt sie “Energiegeld” und soll nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden dürfen.
Was ist mit dem Kohleausstieg?
Spätestens Ende 2038 soll das letzte Kohlekraftwerk vom Netz sein – so ist es im Ausstiegsgesetz geregelt. Selbst wenn die künftige Regierung es nicht noch einmal anfasst: Manches spricht dafür, dass die Kraftwerke früher abgeschaltet werden. Zum Beispiel der Green Deal der Europäischen Union. Wird wegen ihm der EU-Emissionshandel verschärft, könnten die Preise für Zertifikate stark steigen. Ab einem gewissen Punkt würde es schlicht unprofitabel, Kohle für die Stromerzeugung zu verbrennen.
Das sind so die Marktmechanismen. Politisch aber scheuten Union und SPD bislang davor zurück, öffentlich einen früheren Ausstieg in Betracht zu ziehen – ganz anders als Grüne und Linke, die sich in ihren Wahlprogrammen eindeutig festlegen: Spätestens 2030 soll die Kohleverstromung in Deutschland Geschichte sein.
Doch gerade beginnen Union und SPD, sich in der Sache zu bewegen. In einer Podiumsdiskussion der Klima-Allianz und des Deutschen Naturschutzrings zum Klimawahlkampf am vergangenen Dienstag sagte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, falls die erneuerbaren Energien schnell genug ausgebaut würden, wolle er den Kohleausstieg “früher schaffen”. Und Unionskanzlerkandidat Armin Laschet verwies auf einer Diskussionsveranstaltung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung darauf, dass der steigende CO2-Preis den Ausstieg beschleunigen werde.
Zum Schluss: Wird das, was die Parteien planen, denn reichen, um den Klimawandel schnell genug zu bremsen?
Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, kommt zum Urteil, dass keine der Parteien schlüssig darlege, wie sie das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen wolle. Auch die Grünen nicht. Es könnte also so oder so nach der Bundestagswahl entweder noch Präzisierungen und Verschärfungen der Vorschläge brauchen – oder schnell jene Art von innovativen Durchbrüchen, auf die Union und FDP hoffen. Sonst werden auch für die kommende Regierung die ehrgeizigen Klimaziele aus den Wahlprogrammen schnell unerreichbar.
Korrekturhinweis: Bei der Redigatur des Textes hatte sich leider ein Fehler eingeschlichen, es hieß fälschlicherweise, das 1,5-Grad-Ziel beziehe sich auf den Temperaturanstieg seit dem Jahr 1990. Richtig ist jedoch der Temperaturanstieg im Vergleich zu vorindustrieller Zeit. Wir bitten das zu entschuldigen.
Zu den unten angesprochenen Punkten dann doch noch in aller Kürze, mehr sehr sehr gern auf der nächsten Sitzung:
1. Alleestraße, siehe meinen Beitrag weiter unten.
2. Stensstr.: Bin ich nicht im Bilde
3. Asphaltierte Radwege: Als jemand, der ziemlich nah am Thema ist und dessen Arbeitgeber selbst 320 km Radwege im Revier entwickeln möchte, die ganz dringende Bitte, nicht bei dieser Debatte mit einzusteigen. Wir müssen uns wirklich überlegen: Wollen wir mehr klimaschonenden Radverkehr im Revier, dann brauchen wir Asphalt. Im Moment haben wir die Situation für die Planer im Revier (RVR, Emschergenossenschaft, Straßen.NRW bzw. NRW.urban und natürlich die Kommunen), dass hier alle paar km andere Menschen auf Seiten der Verwaltungen, Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschüssen, Beiräte etc. zuständig sind und ihre Einzelmeinungen haben und keine gemeinsame Linie gefunden wird. Das verzögert den Prozess und sorgt dafür, dass an anderer Stelle Initiative dann sagen: „Warum dauert das alles so lange?“ Eine Asphaltierung – das sage ich jetzt mal als „Wassermensch“ – ist im Sinne der Versickerung kein Problem. Das Wasser läuft an den Seiten ab und kann dort versickern. Das ist bei wassergebundenen Decken nicht anders. Es gibt darüber hinaus auch sehr gute Asphaltmischungen, die grundsätzlich heller sind und sich nicht so stark aufheizen und so dann auch keine Sperre mehr für Insekten werden. Ihr könnt euch vorstellen, dass dies gerade ein Problem wäre an Gewässern, wo wir unsere Radwege bauen. Ausgerechnet die Versiegelungsdebatte bei Radwegen zu führen, finde ich unglücklich.
(01.09.21-02)
Liebe Radwende-, RadEntscheid-, BoKlima, ADFC- und VCD-Aktive,
seit Jahrzehnten fordern wir bessere Rad-Infrastruktur in Bochum und kaum, dass Radwende und RadEntscheid den Druck erhöhen, schießt die Stadt (und der RVR) mit Radwege-Planungen oder gar -Beschlüssen völlig über das Ziel hinaus bzw. daran vorbei:
1. die Alleestraße soll da, wo im Juni und Juli pop-up-Radwege-Demos zeigten, dass genug Platz vorhanden ist, ab 2023 endlich Radwege bekommen. Doch *dafür sollen 52 Straßenbäume (teils über 75 Jahre alt) gefällt werden*! (s. 1. Anhang) 2. die Stensstraße (Nebenstraße der Hattinger, gegenüber der Kohlenstraße) hat größtenteils beidseitig bescheidene (aber immerhin…) Radwege und ist größtenteils Tempo-30-Zone. Eine für Anfang 2022 geplante Erweiterung bzw. Neuschaffung der Radwege soll “nichts an der Fahrbahnbreite ändern, sondern Parkflächen werden neu angeordnet und *Gehwege schmaler*.” (s. 2. Anlage) 3. im Naherholgungsgebiet “Grummer Teiche” will der RVR schmale Fuß- und Radwege asphaltieren. Auch wenn die IG Grumme Schlimmeres verhindert hat, meint der RVR, auch im Naherholungsgebiet sei “*Asphalt alternativlos*” (s. 3. Anlage; http://ig.grumme.de/umbau-der-grummer-teiche <http://ig.grumme.de/umbau-der-grummer-teiche>)
ADFC, VCD, Radwende und RadEntscheid haben stets mehr und qualitativ bessere Radwege gefordert. Aber wir – wenn ich alle diese Initiativen mal so subsummieren darf – wollten nie Straßenbäume geopfert sehen, Fußgängern den ohnehin geringen Raum nehmen und keine Rennstrecken auf schmalen Parkwegen asphaltiert bekommen! Zusätzliche Flächen für das Rad müssen zu Lasten des fahrenden oder ruhenden motorisierten Verkehrs gehen.
Daher: “Mehr Radwege ohne schmaleren Fußwege oder gefällte Bäume!”
Den Umbau der Stensstraße und die Asphaltierung einiger Wegabschnitte an den Grummer Teichen werden wir nicht mehr stoppen. Aber an der Alleestraße müssen Radwege angelegt werden, ohne dass ein gesunder Baum fallen muss, zusätzliche neue Straßenbäume können die neuen Radwege gerne zusätzlich beschatten. Dafür sollten wir uns gemeinsam stark machen.
(01.09.21 u.älter – 01 )
Der Facebook-Post: Weil es hier in dieser Gruppe auch gepostet wurde, möchte ich meinen Post aus der Stadtgestalter-Gruppe nochmal wiederholen: Das Thema Alleestraße beschäftigt die Lokalpolitik jetzt seit einigen Monaten intensiv und ich würde gern – als Ortsvereinsvorsitzender der SPD Innenstadt-West – einmal meinen Standpunkt und weitere Hintergrund-Infos darlegen. Die Planungen für die Alleestraße wurden Mitte Juni von der Verwaltung vorgestellt. Sie sahen vor, dass die Straße von Grund auf saniert wird, der darunter liegende Mischwasserkanal, in dem Schmutz- und Regenwasser gemeinsam geführt werden, wird gegen ein Trennsystem ausgetauscht, so dass Regenwasser künftig ortsnah versickern kann und den Bäumen zur Verfügung stehen wird. Es wird eine neue Mittelinsel entstehen auf der neue Bäume gepflanzt werden. Darüber hinaus werden Radverkehrsanlagen installiert und die Anzahl der Fahrstreifen für Autos von zwei auf eine je Richtung reduziert, um mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer zu haben. Trotz des grundsätzlich guten Entwurfs, dem sich der grüne Koalitionspartner vollumfänglich per Pressemitteilung angeschlossen hat – trotz der Baumfällungen – hat die SPD im Ausschuss, auch auf Bitte des Ortsvereins hin, Beratungsbedarf angemeldet. Wir wollten insbesondere:
mehr Bäume erhalten und gesunde Bäume versetzen, statt sie zu fällen,
die Radwege – soweit wie möglich – baulich vom Autoverkehr trennen (geschützte Radwege/Protected Bike Lane),
schauen, wie man wegfallende Parkplätze für Anwohner im Stadtteil kompensieren kann,
Anlieferzonen und Kurzzeitparken für die Kunden der Geschäfte zwischen Gußstahlstraße und Westring einrichten,
in den Planungen bereits jetzt den Anschluss des neuen Radweges Richtung Wattenscheider Str. berücksichten, damit kein Stückwerk entsteht,
Möglichkeiten für Elektro-Ladesäulen am Straßenrand schaffen.
Unser Anliegen lässt sich hier auch nochmal nachlesen: https://www.spd-bochum-innenstadt-west.de/meldungen/wie-wird-die-neue-alleestr-aussehen/ Wir haben auch im Viertel rund um die Alleestraße Flyer verteilt und um Rückmeldung zu dem Planungsentwurf gebeten und einiges an Feedback bekommen. Tenor war – so wie es auch hier beschreiben wurde – grundsätzlich gute Planung und die Bitte, sich für die Bäume einzusetzen. Dazu muss man allerdings wissen: Einige der Bäume sind in keinem guten Zustand, auch wenn sie vielleicht für den Laien noch gut aussehen – eine Auflistung findet man im ursprünglichen Antrag unter: https://session.bochum.de/bi/getfile.asp?id=476132&type=do auf Seite 6 und 7. Auch wird bei vielen Bäumen das Wurzelwerk durch die Tiefbauarbeiten weiter geschädigt werden, daher ist nicht nur der aktuelle Eindruck von den Bäumen entscheidend, sondern auch die Einschätzung, welche Schäden der künftige Kanalbau hinterlässt. Auch sollen – Jetzt sind wir wieder beim Thema Regenwassernutzung – die neuen Bäume sogenannte Baumrigolen erhalten. Das kann man sich vorstellen wie einen großen Blumentopf, den man in die Erde setzt und darin die Bäume pflanzt. In der Rigole wird das Regenwasser versickern können und den neuen Bäumen zur Verfügung stehen. Sie überstehen so kommende Trockenphasen besser. Infos zu Baumrigolen gibt es hier: https://www.sieker.de/fachinformationen/article/baum-rigolen-381.html Auch werden neue Baumsorten gewählt, die dem Klimawandel in den kommenden Jahren besser standhalten werden. Auch dieser Aspekt macht den Baumerhalt schwierig. Dennoch hat die SPD-Fraktion einen Änderungsantrag erarbeitet, der die strittigen Punkte nochmal aufgreift und die Verwaltung bittet, die Planungen nochmals zu überdenken. Die Anfrage findet man hier: https://bochum.ratsinfomanagement.net/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZbZORJkZQjMqlKlxTQ5QzX259PfwnfLYlvFWN2VpWMr-/Anfrage_20212730.pdf Konkret geht es u.a. darum, dass die Verwaltung nochmals prüft, Bäume zu erhalten, jüngere Bäume ggf. umzupflanzen und dass die Ersatzbäume, die gepflanzt werden, nicht nur kleine Pinne sind, sondern dass bereits größere Bäume gesetzt werden. Leider hat sich der grüne Koalitionspartner diesem Text nicht angeschlossen, so dass er nur als Anfrage und nicht als verbindlicher Beschluss gefasst werden konnte. Ich freue mich daher, über die Petition und hoffe, dass viele Bochumerinnen und Bochumer diese unterschreiben. Das gibt unserer Anfrage mehr Nachdruck.
(es kann doch nicht sein das sooo ‘sonderbar’ geplant wird das für die Straßenerneuerung und den Bau von Radwegen 52 alte Schatten spändende und kühlende Bäume gefällt werden — hier ist mal Fantasie von der Verwaltung und allen gefordert )
Weltweit steigen die Treibhausgas-Emissionen weiter stark an. Wissenschaftler fordern eine „blitzschnelle Energiewende“.
Nach der Coronakrise werden global mehr Treibhausgase ausgestoßen als vorher
BERLIN taz | Der weltweite Einbruch von Industrieproduktion und Verkehr in der Covidpandemie hat den Trend zu global immer weiter steigenden Treibhausgas-Emissionen nicht gebrochen – ganz im Gegenteil: Stromverbrauch und CO2-Ausstoß aus dem Energiesektor lagen im ersten Halbjahr 2021 um 5 Prozent höher als in der ersten Hälfte 2019, also vor der Pandemie. Das geht aus einer Studie des britischen Thinktanks Ember hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wird und 63 Länder analysiert, die 87 Prozent des weltweiten Stroms verbrauchen. „Die hochschießenden Emissionen sollten die Alarmglocken auf der ganzen Welt läuten lassen“, sagte Ember-Chef Dave Jones. „Wir bauen nicht besser wieder auf, sondern schlechter.“ Eine „blitzschnelle Energiewende“ sei nötig, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten.
Dabei wurde im letzten Jahr weltweit die Rekordsumme von 380 Milliarden Dollar in saubere Energien investiert. 57 Prozent des zusätzlichen Stromverbrauchs kamen laut Studie von Wind und Sonne – aber die restlichen 43 Prozent eben von dreckiger Kohle. Der Anteil von Gas blieb gleich, Wasserkraft und Atom nahmen ab. In den alten Industriestaaten der EU, in den USA, Japan und Südkorea sanken die Emissionen aus dem Strom und Erneuerbare wurden wichtiger, aber vor allem wegen langsamer wachsender Stromnachfrage, hieß es. Doch in China, Indien, der Mongolei, Vietnam oder Bangladesch sei das Wirtschaftswachstum noch nicht vom CO2-Ausstoß abgekoppelt: Hier stiegen die Emissionen rapide an.
Genau vor diesem Szenario hatte die Internationale Energieagentur IEA im Juli gewarnt. Von den weltweit 16 Billionen Dollar für den ökonomischen Wiederaufbau flossen demnach 2,3 Billionen in die Wirtschaft, aber nur 380 Milliarden in saubere Energie. Das öffentliche und private Geld ging vor allem in den Verkehr, effiziente Gebäude und neue Treibstoffe. Diese jährliche Summe werde bis 2030 etwa stabil bleiben, sei aber nur ein Drittel der jährlichen Billion, die für eine weltweite Energiewende gebraucht werde, so die IEA.
Zwischen den Staaten gibt es große Unterschiede: während die alten Industrieländer 76 Milliarden an Steuergeld für Investments in saubere Energien vorsahen, waren es bei Schwellenländern nur 8 Milliarden. Und während einige Länder wie Südafrika, Indien, China und Thailand teilweise auch in Stromleitungen oder Energieeffizienz investierten, gaben viele Länder ihre knappen Mittel für kurzfristige Hilfen bei Stromkosten der Haushalte oder für ihre Energiekonzerne aus.
(28.08.21, Helmholz Klimainitiative) , Original : hier
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Erneuerbare Energien
Wie schnell die Klimawende gelingt, hängt vor allem vom Ausbau erneuerbarer Energien ab. Grüne und Linke setzen in ihren Wahlprogrammen jährliche Ausbauziele. Bis 2025 wollen Grüne und Linke zum Beispiel pro Jahr mindestens zehn oder sogar bis zu zwölf Gigawatt Photovoltaik pro Jahr neu bauen – 2020 waren es nur vier Gigawatt.
Die SPD will die Stromversorgung bis 2040 komplett auf erneuerbare Energien umstellen und verbindliche Ausbauziele für „erneuerbare Energien wie Sonne, Wind und Geothermie“ in einem „Zukunftspakt“ zwischen Bund, Ländern und Kommunen festlegen. Als weiteres Herzstück ihrer Klimapolitik bezeichnet sie die Beteiligung der Bürger*innen vor Ort, zum Beispiel durch Energiegenossenschaften, die Windparks oder andere Anlagen betreiben.
CDU/CSU nennen in ihrem Programm keine festen Jahresziele für regenerative Energien, aber auch sie erklären, Erneuerbare „deutlich schneller“ ausbauen zu wollen. Die Union kündigt zum Beispiel ein „Sonnenpaket“ an, um Photovoltaik zu fördern – dazu soll etwa eine Onlineplattform für einfachere Genehmigungen gehören.
Die FDP lehnt dagegen die Förderung einzelner Technologien ab und will Zahlungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für neue Anlagen abschaffen. Stattdessen möchten die Liberalen die Eigenversorgung mit Grünstrom vereinfachen und sie vertrauen darauf, dass ein steigender CO2-Preis fossile Energien gegenüber erneuerbaren unattraktiver machen werde.
Die AfD lehnt eine „komplette Umstellung“ auf volatile – also mit dem Wetter schwankende – erneuerbare Energien wie Wind und Solar ab. Gleichzeitig nennt sie eine Reihe von Bedingungen für einzelne Technologien. Der Mindestabstand von Windrädern zu Wohnbebauung etwa müsse das Zehnfache der Gesamthöhe, mindestens jedoch 2500 Meter betragen.
Mobilität
Beim Klimaschutz im Verkehr hat Deutschland noch besonders großen Nachholbedarf. Fast alle Parteien bekennen sich deshalb zum Ausbau der Bahn, des öffentlichen Nah- und des Radverkehrs sowie der Ladesäulen für Elektroautos. Nur die AfD wendet sich in ihrem Wahlprogramm gegen eine „einseitige Förderung der Elektromobilität“ ebenso wie gegen die „Förderung einer Wasserstoffwirtschaft“.
Bei der Mehrheit der Parteien zeigen sich Unterschiede dagegen am ehesten bei der Frage, wie lange sie noch eine Rolle für Benzin und Diesel sehen. Die Linke will bis 2030 ein Zulassungs- und Exportverbot für Pkw mit Verbrenner, die Grünen ab 2030 nur noch Neuzulassungen für emissionsfreie Autos.
Negative Emissionen
Wälder, Böden und geologische Speicher unter der Erdoberfläche können Kohlenstoff wieder aufnehmen, der zuvor als CO2 in die Atmosphäre gelangt ist. Solche negativen Emissionen sollen den Ausstoß von Treibhausgasen ausgleichen, die sich auch langfristig wohl nur schwer vermeiden lassen – vor allem aus der Landwirtschaft und aus einigen Industrieprozessen. Damit wird die CO2-Speicherung zum wichtigen Baustein für Klimaneutralität. Nach 2050 strebt die Europäische Union sogar insgesamt negative Emissionen an und will damit noch über das Ziel der EU-weiten Klimaneutralität hinausgehen.
Fast alle Parteien erklären in ihren Programmen, natürliche Kohlenstoffspeicher wie Wälder, Böden und Moore schützen zu wollen und betonen die Bedeutung des Holzbaus in diesem Zusammenhang. Zu geologischen CO2-Speichern als Teil der Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) äußern sich Grüne und SPD in ihren Wahlprogrammen nicht. Die Linke schreibt, dass sie CCS verbieten wolle.
CDU/CSU wollen dagegen Möglichkeiten zur Abscheidung und Speicherung von CO2 mit europäischen Partnern fördern. Dafür sei auch der Aufbau einer CCS-Infrastruktur nötig. Solch eine Infrastruktur wird zum Beispiel für den Transport des Kohlendioxids benötigt.
Die FDP will ein eigenes Gesetz für CCS und CDR, womit die Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre gemeint ist (Carbon Dioxide Removal). Dafür sollen nach dem Vorschlag der Liberalen künftig zusätzliche CO2-Zertifikate ausgestellt werden, also eine Art Gutschrift im europäischen CO2-Handel. In diesem Zusammenhang will die FDP das europäische Minderungsziel für Treibhausgase von 55 Prozent um ein zusätzliches Ziel von 5 Prozent für negative Emissionen ergänzen. Durch frühzeitige Erkundung und Erschließung potenzieller CO2-Speicherstätten sollen dem Wahlprogramm zufolge Voraussetzungen geschaffen werden, Klimaneutralität in der EU auch vor 2050 zu ermöglichen.
(24.08.21, FAZ) , Orignal : hier Von Lilly Bittner
Klimapolitik der Parteien:
Mit Ausnahme der AfD fordern alle im Bundestag vertretenen Parteien Klimaneutralität. Bis wann sie diese anpeilen, variiert allerdings. Und wie wollen sie das erreichen? Es folgt eine Zusammenfassung der Klimapolitik, die die Parteien in ihren Wahlprogrammen für die folgende Bundestagswahl vorsehen.
planen, dass Deutschland mit einem „Klimaschutz-Sofortprogramm“ in 20 Jahren klimaneutral ist. Um das zu erreichen, soll Energie von 2035 an ausschließlich durch Wind, Sonne und Wasserstoff gewonnen werden. Der Kohleausstieg soll bis 2030 vollzogen und der Atomausstieg im Grundgesetz verankert werden. Ein weiteres Ziel der Partei ist es, den absoluten Energieverbrauch zu senken – beispielsweise durch besser isolierte Gebäude. Der CO2-Preis soll 2023 auf 60 Euro erhöht werden, den Emissionshandel wollen die Grünen “deutlich reduzieren”. Um die Mobilitätswende voranzutreiben, stehen im Wahlprogramm der Grünen einige Hebel. Die Partei möchte bis 2035 100 Milliarden Euro in den Bahnausbau investieren. Das soll Kurzstreckenflüge von 2030 an überflüssig machen. Zudem soll öffentlicher Nahverkehr ausgebaut und kostengünstiger werden. Auch die Infrastruktur für Radfahrer und Fußgänger soll verbessert werden. Die Grünen verfolgen das Ziel, von 2030 an nur noch emissionsfreie Autos zuzulassen. Zudem fordern sie ein Tempolimit: 30 km/h in Ortschaften und Tempo 130 auf Autobahnen. Im landwirtschaftlichen Sektor wollen die Grünen, dass bis 2030 in Deutschland 30 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen ökologisch bewirtet wird. Außerdem sollen versiegelte Flächen und vertrocknete Moore renaturiert werden. Weitere Vorhaben sind das Verbot von Glyphosat, sowie eine Kreislaufwirtschaft durch ein EU-weites Pfandsystem, die Förderung von Mehrwegsystemen und Ausgleichszahlungen für schwächere Haushalte.
plant Klimaneutralität bis 2045 – genau wie im Klimapaket verabschiedet. Das soll möglich werden durch einen europaweiten Emissionshandel sowie eine CO2-Bepreisung. Die Christdemokraten setzen auf einen erneuerbaren Energiemix aus Sonne, Wasserstoff und Wind und bekennen sich zum
vereinbarten Kohlekompromiss. Demnach sollen alle Kohlekraftwerke bis 2038 stillgfelegt werden. Sie wollen die Energieeffizienz fördern, indem beispielsweise Gebäude saniert werden. In Sachen Mobilität soll Deutschland Automobilstandort Nummer Eins bleiben. Es soll kein Nein zum Verbrennermotor und kein Ja zum Tempolimit geben. Beim Fliegen setzt die Fraktion auf synthetische Kraftstoffe. Zudem soll der Schienenverkehr ausgebaut werden. Außerdem plant die CDU/CSU 1,5 Milliarden Euro ein für die Wiederbewaldung. Weitere Vorhaben der Fraktion sind es, eine ökologische Landwirtschaft zu fördern sowie regionale Wasserkreisläufe und die Kreislaufwirtschaft zu fördern.
fordert wie die CDU/CSU Klimaneutralität bis 2045. Dafür sehen sie im Wahlprogramm vor, von 2040 an nur noch erneuerbare Energien zu nutzen. Dafür möchten die Sozialdemokraten verbindliche Ausbauziele festlegen, den Kohle- und Atomausstieg gesetzlich verankern, die Energieeffizienz steigern und Wasserstoff fördern. Sie fordern Solaranlagen auf allen geeigneten Dächern von öffentlichen Gebäuden, den Abbau klima- und umweltschädlicher Subventionen und eine CO2-Bepreisung. Die Mobilitätswende soll durch schadstofffreien Autoverkehr gelingen, Verbrennerfahrzeuge müssen bis 2030 „in relevantem Maße“ reduziert sein. Sie fordern ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen von 130 km/h. Außerdem setzt die Partei auf einen Schienenausbau – unter anderem durch einen Deutschland- und Europatakt. Mindestens 75 Prozent der Züge sollen bis 2030 elektrisch fahren. Um Müll zu reduzieren, setzt auch die SPD auf eine Kreislaufwirtschaft.
plant Klimaneutralität für Deutschland etwas später – von 2050 an. Um das zu erreichen, setzen die Liberalen primär auf CO2-Emmissionshandel und einen einheitlichen CO2-Preis. Wenn die verfügbaren Zertifikate auf dem Markt weniger werden, steigt der Preis für diese an. Das soll Anreize für Unternehmen schaffen, in CO2-neutrale Technologien zu investieren. Außerdem möchte die Partei Projekte fördern, die Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre binden und entfernen. Zur Energiewende steht nicht viel im Wahlprogramm. Die FDP möchte lediglich die Stromsteuer senken und die EEG-Umlage abschaffen. Im Mobilitätssektor plant die Partei staatliche Investitionen in das Schienennetz, in den Bahnbetrieb soll staatlich aber nicht eingegriffen werden. Sie bevorzugen keine Antriebstechnologie, weshalb bestehende Maßnahmen zur CO2-Reduktion im Verkehr beendet werden sollen. Dazu zählen beispielsweise Subventionen, Dieselverbote, Tempolimits und Kaufprämien für E-Autos. Außerdem wollen die Liberalen die Luftverkehrssteuer abschaffen. Die FDP fördert hinzukommend die Aufforstung deutscher Wälder und grüne Gentechnik. Die Linken haben das Ziel, dass die deutsche Industrie und Infrastruktur bis 2035 klimaneutral ist. Der Kohleausstieg soll bis 2030 vollzogen sein, außerdem positioniert sich die Partei gegen Energiegewinnung durch fossiles Erdgas und Atom. Auf Dächern von Neubauten sollen verpflichtend Solarplatten installiert werden. Für eine erfolgreiche Energiewende fordern die Linken zudem, dass der absolute Energieverbrauch begrenzt wird. Die Partei möchte große Stromkonzerne entmachten. Als CO2-Bepreisung sehen die Linken die Lösung in einem europäischen Grenzausgleichmechanismus, der den Import CO2-intensiver Produkte bepreisen soll. Für die Mobilitätswende setzen die Linken auf ein 365-Euro-Jahresticket für den Nahverkehr. Auch das Bahnfahren soll günstiger werden, während die Schiene ausgebaut wird. Die Partei möchte zudem die Radinfrastruktur ausbauen, beispielsweise durch Radschnellwege. Die Linken wollen Flüge zu Zielen verbieten, die mit dem Zug innerhalb von fünf Stunden erreichbar wären und nicht weiter entfernt sind als 500 Kilometer. Im Wahlprogramm wird zudem ein Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor bis 2030 angepeilt. Das Tempolimit soll eingeführt werden: 120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen und Tempo 30 innerorts. Die Partei möchte außerdem, bis 2030 ein Viertel der landwirtschaftlich genutzten Felder ökologisch zu bewirten. Weitere Forderungen sind die Renaturierung von Böden und Mooren, mehr Naturschutzgebiete und eine Kreislaufwirtschaft.
peilt keine Klimaneutralität an und möchte aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen. CO2 soll nicht besteuert, erneuerbare Energien nicht präferiert und Wasserstoff nicht gefördert werden. Die Partei befürwortet Braun- und Steinkohle sowie Atom- und Gasenergie. In Sachen Mobilität soll der motorisierte Individualverkehr weiterhin gefördert werden – Fahrverbote und Tempolimits sieht die AfD nicht vor. Das Schienennetz soll ausgebaut werden. Außerdem möchte die Partei die Düngeverordnung lockern. Die AfD plant den Schutz deutscher Wälder und mehr Wiederverwertung bei Kunststoff.
Klimapolitik vor der Wahl: Das planen Scholz, Baerbock und Laschet
Klimapolitik vor der Bundestagswahl: Das planen Scholz, Baerbock und Laschet
In zwei Debatten präsentieren die Parteien ihre Ideen für Strom, Heizen, CO2-Preis und Verkehr nach der Bundestagswahl. Ein Überblick.
Berlin – Das Thema Klimaschutz war bisher unterbelichtet im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021. Trotz der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, die rund 200 Menschen getötet und nach Schätzungen 15 Milliarden Euro an Schäden verursacht hat. Und trotz der dringenden Mahnung des Weltklimarats IPCC, die Treibhausgas-Emissionen weltweit, also auch hierzulande, schnell und radikal herunterzufahren. In zwei „Elefantenrunden“ mit den Kanzler- und Spitzenkandidat:innen für die September-Wahl wurde das Manko nun etwas behoben. Fazit vorab: Die meisten Schnittmengen für eine am Paris-Ziel orientierte Klimapolitik gäbe es bei Rot-Grün-Rot, während die Union eher für das zögerliche Irgendwie-Weiter-So der Merkel-Jahre steht und die FDP vor allem die CO2-Märkte regieren lassen will.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz punktete in beiden Online-Runden am meisten, weil er verschärfte Positionen verkündete. Zuerst beim Termin der NGOs Klima-Allianz und Deutscher Naturschutzring (DNR), die gefragt hatten: „Wie stoppen die Parteien die Klimakrise?“, dann beim DGB, der die Positionen der Spitzenpolitiker:innen zur überfälligen „Sozial-Ökologischen Transformation“ erfahren wollte. Scholz war, ebenso wie Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock, bei beiden Terminen dabei, während CDU-Kandidat Armin Laschet nur den DGB beehrte. Es ging um die drei bürgernahe Themen: Wo kommt der Strom künftig her? Wie wird geheizt und wer bezahlt den CO2-Preis? Und wie sind wir künftig mobil?
Strom und Kohle: Konzepte von CDU, CSU, SPD und Grünen gehen auseinander
Strom und Kohle: Bei diesem Schlüsselthema machte Scholz deutlich, dass er einen Turbo für den Ausbau der Öko-Energien einlegen will. Er postulierte: Das „Hochsetzen der Ausbauziele für die Erneuerbaren“, orientiert am Pfad zur Klimaneutralität 2045, werde „im ersten Jahr der neuen Regierung das zentrale Vorhaben“ sein. „Wir müssen den Strombedarf des Jahre 2045 definieren und daran den Ausbau der Windenergie auf See, an Land, und der Solarenergie entsprechend ermitteln.“ Parallel müssten das Stromnetz ausgebaut und das Bau- und Planungsrecht so geändert werden, dass der Ausbau rechtzeitig fertig werde. Es dürfe nicht sechs Jahre dauern, eine Windanlage genehmigt zu bekommen, das müsse auch in sechs Monaten gelingen. Hier werde er keine Kompromisse machen. Darauf legte der SPD-Kandidat sich fest. Damit robbte Scholz sich an einen früheren Kohleausstieg heran, als er bisher mit 2038 und einer Option auf 2035 festgelegt ist. Mit entsprechenden Ökostrom-Kapazitäten werde es möglich, ihn nicht erst „zum letzten Datum“ umzusetzen.
Grünen-Kandidatin Baerbock zeigte sich beim Kohle-Ausstieg offensiver, ebenso Linken-Co-Chefin Janine Wissler. Beide sprachen sich für 2030 aus, gemäß Beschlusslage ihrer Parteien – also für ein deutliches Vorziehen des Schlusstermins, was auch Fachleute für notwendig halten, um die Paris-Limits von 1,5 bis zwei Grad Erwärmung und die für 2045 angepeilte Klimaneutralität zu erreichen.
Armin Laschet will am Fahrplan für Kohleausstieg festhalten
Laschet hingegen machte klar, dass er grundsätzlich an dem von der Kohlekommission erarbeiteten Fahrplan festhalten will. Er gab sich allerdings überzeugt davon, dass höhere CO2-Preise im EU-Emissionshandel das Abschalten der Kohlemeiler beschleunigen werden. Laschet lobte das Verfahren, mit dem der Kohleausstieg zwischen allen Beteiligten und mit den betroffenen Regionen beschlossen worden war. „Da haben wir genau den Weg angewandt, den alle hier jetzt in theoretischen Beschreibungen sich wünschen“, sagte er. FDP-Chef Christian Lindner unterstrich, die Paris-Ziele müssten die Leitlinie sein, und der Kohleausstieg werde vom Emissionshandel gesteuert.
Heizen: Der Bereich Gebäude ist ein Nachzügler bei Klimaschutz. Die Unionsposition dazu beschrieb in der ersten Debatte Fraktionsvize Andreas Jung. Danach sollen die staatlichen Förderprogramme für Heizungserneuerung und Wärmedämmung auf vermietete Immobilien ausgedehnt werden, um den CO2-Ausstoß zu senken und Mieten damit weniger stark steigen zu lassen. Scholz ist für eine Fortführung der Förderprogramme und will durchsetzen, dass Modernisierungsumlage, die Mieter:innen nach Energie-Sanierungen zu zahlen haben, abgesenkt wird. Ziel ist ebenfalls, die Mieten im Rahmen zu halten. Baerbock überraschte mit einer ambitionierten Position beim Thema Ölheizungen. Deren Neu-Installation soll bereits ab 2022 verboten werden, nicht wie vorgesehen – und von den anderen Parteien befürwortet – ab 2026. Alle Politiker:innen sprachen sich für eine schnellere Sanierung der Altbauten aus, Wissler forderte eine Verdreifachung der Sanierungsquote, aber sozialverträglich.
CO2-Preis: Staat soll Einnahmen an Bürger:innen zurückgeben
CO2-Preis: Das heiße Eisen der „CO2-Bepreisung“ für Heizen und Verkehr, von der Groko Anfang 2021 mit 25 Euro pro Tonne und jährlichen Steigerungen eingeführt, packte vor allem Laschet vorsichtig an. Er erläuterte, auch die Union wolle „die Pfade schneller machen“, nannte aber keine Zahlen. Scholz betonte, der CO2-Preis müsse künftig von den Vermietern getragen werden und dürfe nicht auf die Mieter umgelegt werden. Letzteres finden auch Grüne und Linke richtig. Die FDP hingegen meint, die Mieter müssten die CO2-Kosten voll übernehmen. Alle Parteienvertreter betonten, der Staat müsse die CO2-Einnahmen an die Bürger:innen zurückgeben. Die Union will damit den Strom verbilligen, alle anderen sehen zumindest auch eine Pro-Kopf-Erstattung vor.
Verkehr: Alle Politiker:innen betonten die Notwendigkeit, Bahnen und Busse kräftig auszubauen. Die Umstellung auf E-Mobilität mit Kaufprämien und einem Push für den Bau von Ladesäulen war ebenfalls Konsens. Lindner betonte als einziger offensiv, auch synthetische Kraftstoffe für Verbrenner seien eine gangbare Alternative. Allerdings sprach sich auch CDU-Politiker Jung für „Technologieoffenheit“ aus. Baerbock plädierte für eine zusätzliche E-Auto-Prämie für Geringverdiener von 3000 Euro, die auch für Gebrauchtwagen gelten soll, finanziert aus Kürzungen beim Dienstwagen-Privileg. Wissler betonte, gerade auf dem Land sei es wichtig, Alternativen zum Auto anzubieten, und die Ticketpreise müssten gesenkt werden.
Fazit: Der Klima-Umbau wird viel Geld kosten, das wurde in den beiden Debatten klar. Alle Parteien wollen die Industrie bei der Umstellung auf grüne Technologien unterstützen. Baerbock erläuterte den von den Grünen geplanten „Industriepakt“, mit dem die Kosten der Wirtschaft für die technologische Umstellung auf klimaneutrale Produktion staatlich abgesichert werden sollen. Doch auch Laschet, Scholz und Lindner ließen keinen Zweifel daran, dass die Wirtschaft beim Umbau auf den Staat zählen kann. Und, kein Wunder, in der DGB-Veranstaltung betonten natürlich auch alle, dass die Arbeitnehmer:innen unterstützt werden müssen, deren Jobs auf der Kippe stehen, etwa mit Weiterbildungsangeboten und -Garantien. Und sie betonten die Chancen des Umbaus. „Klimaschutz ist ein Teil des Wachstumsplans“, sagte zum Beispiel FDP-Chef Lindner. (Joachim Wille)
(06.08.21, ekologiska mag – nachhaltig leben ) Orginal : hier
Wer sagt was zur Klimapolitik? Die Parteien im Überblick
Noch knapp zwei Monate, dann ist Bundestagswahl und Deutschland wählt ein neues Parlament. Dass es diesmal wie nie zuvor um die Weichenstellung zur Lösung der Klimakrise geht, das machen Initiativen wie Klimawahl 2021 klar. Sie beschreiben die Klimakrise als “größte und existenziellste Krise der Menschheit”. Und weil uns langsam aber sicher die Zeit davonlaufe, um zu handeln, sei diese Wahl so wichtig wie nie. Auch die Parteien haben das verstanden, weshalb sich inzwischen nicht nur mit den Grünen die “klassische” Umwelt-Partei den Klimaschutz auf die Fahne geschrieben hat, sondern auch (fast) alle anderen. Aber was wollen die einzelnen Parteien für das Klima tun? Wie stehen sie zu Themen wie der CO2-Besteuerung? Und womit bewegen wir uns in den kommenden Jahren fort? Wir haben uns durch die Wahlprogramme gewühlt.
Klimakrise oder Klimawandel?
Der erste, eher oberflächliche Punkt, an welchem sich die Parteien teils sehr stark unterscheiden, das ist die Begrifflichkeit, mit welcher über die Klimakrise gesprochen wird. Der Begriff “Klimakrise” ist eher aktivistisch geprägt und hat den Klimawandel vor allem in der grünen Bubble abgelöst, um die Dramatik des Wandels zu unterstreichen. Andere Parteien sehen den Klimawandel sogar als etwas Positives, weshalb sie den Begriff ablehnen.
CDU/CSU
Die CDU erkennt zwar an, dass die nächste große Krise vom Klima ausgehen könnte, sieht aktuell aber noch nicht die Notwendigkeit, von einer Klimakrise zu sprechen. Stattdessen verwenden sie den Begriff Klimawandel.
SPD
Die SPD spricht konsequent von dem Klimawandel. Die angekündigte Politik ist hauptsächlich daran angelegt, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen, das soll unbedingt umgesetzt werden. Besonders im Vordergrund steht dabei auch die Zusammenarbeit zwischen den Ländern der EU. Europa soll, laut Parteiprogramm: „Der erste nachhaltige und treibhausgasneutrale Kontinent“ werden. Bemerkenswert ist, dass die Partei für „sozial ökologisches Wirtschaften“ wirbt.
Bündnis 90/Die Grünen
Für die Grünen ist die Klimakrise die “wahre Menschheitskrise”, wie sie schreiben. Durch sie würden Freiheit, Sicherheit und Wohlstand gefährdet. Die Grünen streben daher eine Klimapolitik an, die diese drei Punkte sichert. Sie sind überzeugt, dass wir die Klimakrise noch in den Griff bekommen können, wenn wir ab der nächsten Legislaturperiode konsequent handeln.
Die Linke
Die Linke spricht zwar nur vom Klimawandel, benennt aber ganz deutlich die daraus resultierende Krise. So bezeichnet sie die „hauptsächlich von den Industrieländern verursachte Erderwärmung“ als „Aggression gegen den globalen Süden“ und listet auch die aus ihr resultierenden Naturkatastrophen auf. Der Fokus der Linken liegt auf Klimagerechtigkeit und betont, dass der Klimawandel zunächst die armen Menschen, besonders im Globalen Süden treffen würde und es deswegen zügig Maßnahmen geben muss, um den Wandel in „beherrschbaren Dimensionen“ zu halten.
FDP
Die FDP schreibt in ihrem Wahlprogramm stets vom Klimawandel. Insgesamt wollen die Freien Demokraten Umwelt- und Klimaschutz mit Innovation verknüpfen und so den Weg in eine klimaneutrale Zukunft ebnen.
AfD
Die Alternative für Deutschland konnte sich für ihr Wahlprogramm zwar dazu durchringen, den Klimawandel anzuerkennen, sie bezweifeln aber, dass der Klimawandel nur negative Folgen hat. Ihrer Meinung nach sind Warmzeiten auf der Erde immer der Moment gewesen, in dem Entwicklung stattgefunden habe, deshalb solle man dem Wandel positiv begegnen.
Die Klimapolitik der Parteien im Vergleich: (Wie) wollen wir CO2-neutral werden?
Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssen wir die Netto-Null erreichen. Gemeint ist, dass die Länder dieser Welt unterm Strich kein CO2 mehr emittieren dürfen, damit der Klimawandel nicht weiter voranschreitet. Das ist auch im Pariser Klimaschutzabkommen so festgeschrieben. Aber wie wollen die einzelnen Parteien das erreichen?
CDU/CSU
Die Union bekennt sich zum Ziel eines klimaneutralen Industrielandes. Dieses wollen sie bis 2045 erreichen. Das Mittel der Wahl sind dabei Innovationen. Nur, wenn Dekarbonisierung wirtschaftlich sei, so die These der Partei, könne die Transformation gewinnen. Die Union will den Emissionshandel so schnell wie möglich ausbauen und auf die Bereiche Mobilität und Wärme ausweiten. Die Wirtschaft soll durch die Maßnahmen aber nicht benachteiligt werden. Deshalb sollen Schritte Richtung Nachhaltigkeit vom Staat stärker gefördert werden.
SPD
Die SPD will ganz Europa treibhausgasneutral und nachhaltig machen. Dafür wollen sie zunächst die Landwirtschaft (größter Faktor puncto Treibhausgase) ökologisch machen. Die Umsetzung soll anhand von Förderungen stattfinden: Statt der bisherigen Flächenförderungen sieht das Parteiprogramm vor auf Förderungen umzusteigen, die an Kriterien für Klima, Natur- und Umweltschutz und Tierwohl gebunden sind. Zusätzlich zu den bestehenden Regelungen sollen konkrete Beschwerde- und Sanktionsmechanismen vereinbart werden und private Streitschlichtungsmechanismen abgeschafft und durch öffentliche Gerichte ersetzt werden. Für die Durchsetzung plant die SPD ein multinationales Investitionsgericht, das neben Verstößen bezüglich Umweltrecht auch für soziale Aspekte, wie die Arbeitnehmer:innenrechte zuständig ist. Ein weiterer Aspekt wird auch der MERCOSUR-Staatenbund sein. Er ist ein internationaler Handelsvertrag zwischen Europa und Lateinamerika, dessen Verlängerung bevorsteht. Die SPD will jedoch nur zustimmen, wenn neue Regulierungen bezüglich des Klimaschutzes integriert werden. Der Fahrplan der SPD ist also handelszentriert, insbesondere mit Hinblick auf den internationalen Handel.
Bündnis 90/Die Grünen
Die Grünen bekennen sich zum Ziel der Klimaneutralität. Sie erkennen an, dass das Veränderung erfordert, betonen gleichzeitig aber die Chancen, die sich daraus ergeben. Durch Klimaneutralität in allen Sektoren (Energie, Bauen, Verkehr, Industrie) wollen sie die Lebensqualität insgesamt steigern. Dazu gehört, dass sie eine Kreislaufwirtschaft etablieren und die Wirtschaft insgesamt klimaneutral gestalten wollen. Helfen sollen sogenannte “Transformationsfonds”, die Unternehmen finanziell dabei unterstützen, ökologischer zu werden. Ihr Ziel: Bis 2030 die Treibhausgasemissionen auf minus 70 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Außerdem wollen sie das Klimaschutzabkommen von Paris gesetzlich verankern und dem Staat so die Möglichkeit geben, “durch eine intelligente Steuergesetzgebung klimaschonendes Verhalten zu belohnen und die fossilen Energieträger den wahren Preis zahlen zu lassen.”
Die Linke
Die Ziele der Linken ähneln den „Fridays for Future“-Forderungen. Bis 2035 soll Deutschland klimaneutral werden. Dazu sollen unter anderem PKW-Brennstoffmotoren ab 2030 verboten werden. Auch große Investitionen sind Teil des Wahlprogramms: Statt „die schwarze Null“ anzustreben, soll der Staat Schulden aufnehmen, um in Nachhaltigkeit investieren zu können. Das angestrebte Volumen: 87 Milliarden Euro jährlich. Das soll durch Vermögenssteuer, Abbau von Subventionen, Anleihenkäufe der EZB und aus dem CO2-Preis erreicht werden. Das Programm der Linken sieht die Lösung primär in der Einschränkung des freien Marktes. Zusätzlich soll die Agrarpolitik nicht mehr exportorientiert sein und sozialökologischer werden. Die Umsetzung würde durch eine Regionalisierung der Landwirtschaft erfolgen, so soll es möglich sein, ländliche Wirtschaftsstrukturen besser zu stärken und Transportwege zu kürzen.
FDP
Die FDP erkennt das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 an, gibt aber zu verstehen, dass sie auch eine Vorverlegung des Ziels mittragen würden. In diesem Fall wäre der Emissionshandel für sie das Instrument der Wahl, um sicherzustellen, dass das neue Ziel auch erreicht wird – etwa durch eine Anpassung des Senkungspfades. Die FDP schreibt in ihrem Wahlprogramm dazu: “Den Weg dorthin überlassen wir dem Erfindergeist von Ingenieurinnen und Ingenieuren, Technikerinnen und Technikern sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. So können wir Klimaschutz marktwirtschaftlich und wissenschaftlich sicher erreichen.”
AfD
Die AfD lehnt das Konzept der Klimaneutralität als geeignetes Mittel gegen den Klimawandel ab. Der damit verbundene radikale Umbau der Industriegesellschaft würde die Freiheit der Bürger:innen bedrohen. Das Klimaabkommen von Paris wollen sie entsprechend aufkündigen und auch den Green Deal der EU lehnen sie ab.
Wie stehen sie zur CO2-Steuer?
Die CO2-Steuer wurde in den letzten Monaten sehr viel diskutiert und die Parteien haben alle sehr unterschiedliche Standpunkte zu diesem Thema. Aber wer sagt eigentlich was?
CDU/CSU
Im Klima-Konzept der Union spielt die CO2-Bepreisung eine entscheidende Rolle. Sie wollen so schnell wie möglich auf europäischer Ebene die Ausweitung auf die Sektoren Mobilität und Wärme durchsetzen. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollen an die Bürger:innen zurückgegeben werden.
SPD
Eine konkrete Positionierung zu einer CO2-Steuer gab es innerhalb der SPD noch nicht. Bei der seit Anfang des Jahres neu eingeführten Regelung möchte die SPD sich dafür einsetzen, dass der Heizkostenzuschlag zu 50 Prozent an die Vermieter abgetreten wird und nicht, wie bisher, komplett auf die Mieter entfällt. Der Preis von CO2 soll erst niedrig bleiben und bis 2025 erhöht werden: „(G)enug Zeit, damit alle sich darauf einstellen können“. Statt mit einer CO2-Steuer zu „bestrafen“ möchte die Partei lieber mit Erleichterungen und Zuschüssen diejenigen „belohnen“, die bereit sind umzusteigen.
Bündnis 90/Die Grünen
Die Grünen sind für einen CO2-Preis, allerdings nicht als einziges Element des Klimaschutzes. Vielmehr setzen sie auf einen Mix aus CO2-Preis, Anreizen und Förderung sowie politischen Maßnahmen, denn sonst müsste der CO2-Preis bei 180 Euro pro Tonne liegen, was aus ihrer Sicht nicht sozialverträglich ist. Sie streben einen Preis von 60 Euro pro Tonne an. Um Menschen mit kleinem Einkommen zusätzlich zu entlasten, sollen die Einnahmen aus der CO2-Steuer als Energiegeld an die Bürger:innen zurückverteilt werden.
Die FDP befürwortet den europäischen Emissionshandel und fordert dessen Ausweitung auf weitere Sektoren. “Die Politik gibt vor, wieviel CO2 im Jahr ausgestoßen werden darf. Für den Ausstoß müssen Zertifikate erworben werden, die von Jahr zu Jahr weniger und damit teurer werden. Wer hingegen besonders viel CO2 spart, muss weniger Zertifikate kaufen und spart Geld und wer CO2 speichert, muss dafür Geld erhalten”, erklärt die Partei ihren Ansatz im Programm. Der soziale Ausgleich soll durch eine jährliche Klimadividende sowie Vergünstigungen im Stromsektor erreicht werden.
AfD
Die AfD lehnt die CO2-Steuer entsprechend ab.
Die Energiewende als Teil der Klimapolitik?
CDU/CSU
Die CDU setzt auf einen “intelligenten” Energiemix. Den Umstieg auf nachhaltige Energien sehen sie für ein Industrieland wie Deutschland als Pflicht an. Deshalb sind für sie neben Sonnen- und Wasserenergie auch nachhaltige Biomasse, Wasserkraft und Geothermie im ländlichen Raum ein wichtiger Teil des Mixes. Mit einem “Sonnenpaket” wollen sie den Photovoltaik-Ausbau fördern. Die Antragstellung soll unkomplizierter werden. Welche Energiequellen sich durchsetzen, das soll nicht zuletzt von der Akzeptanz der Bevölkerung abhängig gemacht werden.
SPD
Bis 2030 will die SPD dafür sorgen, dass 65 Prozent des nationalen Stromverbrauchs von erneuerbaren Energiequellen stammen. Auch sollen alle Neubauten verpflichtend mit Solaranlagen auf den Dächern ausgestattet werden. Ferner sehen die Sozialdemokraten auch höhere Investitionen in die energieeffiziente Grundsanierung von bestehenden Gebäuden vor. Der vollständige Umstieg auf ökologische Stromquellen ist spätestens 2040 vorgesehen. Dazu gehört natürlich der Braunkohleausstieg. Dieser soll bis spätestens 2038 vollständig abgeschlossen werden. Bisher gab es große Resistenz innerhalb der Partei, da man die Stellen der Arbeiter:innen nicht gefährden wolle. Damit diese weiterhin berufliche Perspektiven haben ist ein Strukturenausbau bzw. -umbau in den betroffenen Gebieten geplant. Dafür sollen 40 Milliarden Euro investiert werden von den insgesamt 54 Milliarden, die für das „Klimaschutz-Paket“ der SPD angedacht sind.
Bündnis 90/Die Grünen
Die Grünen befürworten die Energiewende. Deshalb wollen sie bei allen Neubauten Solaranlagen auf den Dächern verpflichtend einführen, außerdem wollen sie den Ausbau der Windenergie beschleunigen. Projekte wie Nordstream 2 wollen sie stoppen.
Die Linke
Die Energiewende nimmt einen zentralen Teil im Klimaprogramm der Linken ein. Schon 2030 möchte die Partei den Braunkohleausstieg schaffen. Um das zu schaffen, fordern sie ein Verbot des Baus neuer Kohlekraftwerke und 40 Milliarden Euro Subventionen für die Braunkohlegebiete. Bis 2035 soll der gesamte Verbrauch mit Ökostrom gedeckt werden. Grüner Wasserstoff soll Flugzeuge und Schiffe antreiben, aus ihm soll Wärme generiert werden und auch der chemischen Industrie soll er als Hauptversorger dienen. Auch das Netz von Ökostrom soll ausgebaut werden, damit ihn auch jeder beziehen kann. Der Ökostromausbau ist derzeit auf 2,9 GW jährlich gesetzlich gedeckelt, das stoppe die Energiewende, deshalb soll der EEG-Deckel (Erneuerbare-Energien Deckel) abgeschafft oder höher angesetzt werden. Nur so sei es möglich genügend neue Photovoltaikanlagen und Windkraftwerke zu bauen.
FDP
Die FDP stellt sich gegen den staatlich geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien. Vielmehr will die Partei den Ausbau der Wirtschaft überlassen. Der steigende CO2-Preis würde die fossilen Energieträger künftig ohnehin unattraktiv machen, so die Partei. Sie wollen einen Stresstest für das Energiesystem einführen, um regelmäßig zu prüfen, ob und inwiefern die Energieversorgung sicher ist.
AfD
Für die AfD steht fest, dass wir einen breit aufgestellten Energiemix benötigen, um die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Die Energiewende, die von staatlicher Seite initiiert wird, lehnen sie deshalb ab. Vielmehr solle der Markt das regeln.
Fliegen, fahren, Öffis nutzen: Wie kommt die Verkehrswende?
CDU/CSU
Die Union plant, Deutschland zur Wasserstoff-Nation Nr. 1 zu machen – auch im Mobilitätskonzept spielt Wasserstoff daher eine Rolle. Und zwar vor allem beim Schiff- und LKW-Verkehr. Parallel dazu soll die Schiene mit dem Deutschlandtakt gestärkt werden. Deutschland soll aber Automobilland bleiben. Aus diesem Grund will die Union die Autoindustrie stärken und einen Fahrplan zur Transformation vorlegen. Synthetische Kraftstoffe sollen dabei eine ebenso wichtige Rolle wie Elektromobilität spielen. Flüge sollen noch besser mit Zügen vernetzt werden: “Die Verkehrsträger sollen so vernetzt werden, dass ihre jeweiligen verkehrlichen, ökonomischen und ökologischen Vorteile optimal genutzt werden können”, heißt es im Wahlprogramm.
SPD
Die SPD setzt stark auf Elektro- und Wasserstoffmobilität, die die üblichen Brennstoffe ersetzen sollen. Der öffentliche Nahverkehr soll große Investitionen erhalten, dabei sollen Busse und Bahnen komplett klimaneutral werden. Auch die Radwege sollen ausgebaut werden, damit Radfahren sicherer und leichter ist. Die SPD sieht kein Verbot für Kurzflugstrecken vor, stattdessen möchte sie sich dafür einsetzen, dass Bahn fahren günstiger wirkt als fliegen. Das soll unter anderem dadurch gelingen, dass jede europäische Großstadt ans Fernzugnetz angeschlossen werden soll. Zudem soll auch ein Tempolimit von 130 km/h auf allen deutschen Autobahnen gelten.
Bündnis 90/Die Grünen
Die Grünen wollen mit ihrer Klimapolitik eine Verkehrswende einläuten: Mehr ÖPNV, weniger Auto und wenn, dann CO2-neutral. Sie wünschen sich, dass Flüge innerhalb Deutschland bis Ende des Jahrzehnts überflüssig werden. Das wollen sie schaffen, indem die Bahn attraktiver wird. Die Verkehrswende ist aus Sicht der Grünen elektrisch: Synthetische Kraftstoffe sehen sie vor allem bei Flugzeugen und in der Industrie. Außerdem wollen sie den sogenannten “Mobilpass” einführen. Hier sollen Digitalisierung und Verkehr zusammengebracht werden. Die Idee ist, dass man von Bahn auf Sharing-Bike & Co. ganz einfach wechseln kann. Sie wollen das Tempolimit Ausnahme-Regel-Verhältnis umkehren. Auch das Radnetz soll ausgebaut werden.
Die Linke
Die Linke fordert eine Verkehrswende. Die öffentlichen Verkehrsmittel sollen das hauptsächliche Fortbewegungsmittel sein. Dafür müsse nicht nur der Bahnverkehr ausgeweitet werden, sondern die DB AG soll von profitorientiert in eine „gemeinwohlorientierte und integrierte“ Bahn umgewandelt werden, die ihren Strom ausschließlich von ökologischen Quellen bezieht. Auch der lokale ÖPNV soll gefördert und ausgebaut werden. Der Flugverkehr soll eingeschränkt werden, indem die Bahn „so attraktiv gestalt(et werde), dass Kurzstreckenflüge nicht mehr notwendig sind.”
FDP
Die Freien Demokraten lehnen unverhältnismäßige Verbote in der Mobilität ab. Sie gehen auch in diesem Sektor davon aus, dass der CO2-Preis dafür sorgen wird, dass der Markt Diesel, Benzin & Co. verbannt. Den Bahnverkehr will die FDP privatisieren, um den Wettbewerb zu stärken. Das Schienennetz soll dabei im Besitz des Bundes bleiben, damit dieser sich auf den Ausbau des Netzes konzentrieren kann. Der Luftverkehr soll neu geordnet werden.
AfD
Die Alternative für Deutschland will den motorisierten Individualverkehr schützen, der Wille des Bürgers stehe bei ihnen im Mittelpunkt. Alles müsse bezahlbar bleiben. Sie wollen deshalb Flughäfen stärken und die deutsche Automobilindustrie als „Leitindustrie“ erhalten. Die Bevorzugung und Förderung von E-Autos solle dem Markt überlassen werden, synthetische Kraftstoffe eine wichtigere Rolle spielen. Die CO2-Gesetzgebung der EU bezeichnen sie als realitätsfremd.