Gemeinsamer Paragraph 24 Antrag von mehreren Initiativen zur Einhaltung des Klimanotstandes – vom Rat abgelehnt


(12.10.21) Kommentar von ‘Die Linke’ (Newsletter)

3. Klimanotstand: Arroganter Koalitions-Auftritt gegenüber Bürger:innen

Ganz ausdrücklich unterstützt haben wir eine Bürgeranregung, die das Bochumer Klimaschutzbündnis, Fridays For Future, das Netzwerk „Stadt für Alle“ und weitere Initiativen in den Rat eingebracht haben. Hintergrund ist, dass der Bochumer Rat zwar im Juni 2019 unsere gemeinsame Resolution zur Ausrufung des Klimanotstands in Bochum beschlossen hat. Wir hatten den Resolutionstext damals zusammen mit den Fraktionen von SPD und Grünen sowie der Sozialen Liste eingebracht. Leider mussten wir seitdem regelmäßig kritisieren, dass der Beschluss, bei allen Entscheidungen „die Auswirkungen auf das Klima sowie die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit“ zu berücksichtigen, bisher kaum umgesetzt wird. Während wir uns für ein soziales Klimapaket für Bochum einsetzen, hat es die Verwaltung bisher leider noch nicht einmal geschafft, wie beschlossen bei allen Beschlussvorlagen neben den finanziellen Auswirkungen auch die jeweiligen Klimafolgen auszuweisen. In der Bürgeranregung haben die Initiativen jetzt unter anderem eine Klarstellung eingefordert, dass der Beschluss nicht nur rein symbolisch war, sondern zukünftig auch verbindlich umgesetzt wird. Nachdem die Bochumer Biologin Sofia Zeisig Tschijevski mit einer guten und sachlichen Rede die Anregung begründete, reagierte der grüne Fraktionsvorsitzende Sebastian Pewny überraschend arrogant und eindeutig ablehnend auf die Vorschläge. Dagegen sprach sich unser Fraktionsvorsitzender Horst Hohmeier in der Debatte ganz ausdrücklich für eine Zustimmung zur Anregung aus und bedankte sich bei den Aktiven für ihr Engagement. „Wenn die Stadt nicht handelt, dann sind solche Bürgeranregungen die logische Konsequenz“, erklärte Horst Hohmeier. Und er appellierte an die Ratsmitglieder der anderen Fraktionen: „Da kann man auch einfach mal zustimmen und sich als Stadt vornehmen, es in Zukunft besser zu machen.“ Dennoch stimmte die Ratsmehrheit gegen die Stimmen unserer Fraktion leider dem Vorschlag der Verwaltung zu, der Bürgeranregung nicht zu folgen.


(11.10.21) Ablehnung der Stadt — Beschluss

Betreff: Anregung gem. § 24 GO NRW, “KlimaNotStand”
Datum: Mon, 11 Oct 2021 09:51:14 +0000

Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich bitte Ihre Mitglieder entsprechend zu informieren.

Mit freundlichen Grüßen


(10.10.21) Leserbrief (unveröffentlicht)

Klimanotstand endlich umsetzen

Die Anregung von sechs Bündnissen zielte auf Transparenz für Politik und Bevölkerung und insbesondere auf zügiges Handeln von Verwaltung und Politik beim Klimaschutz ab. 28 Monate nach Verabschiedung der Resolution zum Klimanotstand gibt es immer noch keinen Klimacheck für Verwaltungsvorlagen. Die Ablehnung der Politik ist umso unverständlicher als wir jedes Jahr nach Angaben des Sachverständigenrates für Umweltfragen der Bundesregierung gegenüber dem Vorjahr 22,5 % weniger Treibhausgase in die Luft pusten dürfen. Dies ist notwendig um unser Budget zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze nicht zu überschreiten. Dies sollten unsere Ratspolitiker*innen endlich zu ihrer Handlungsleitlinie machen.

Dokument Infos zur Erderwärmung :

(09.10.21) , WAZ – Bericht


(08.10.21) BO-Alternativ – Bericht

Die Sitzung des Rates der Stadt Bochum am 07.10.2021 im RuhrCongress hatten zahlreiche Bochumer Initiativen unter das Thema „Klimanotstand“ gestellt. Die drinnen und draußen durchgeführte Aktionen bewertet Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt für das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung als hilfreich auf dem Weg zu einem transparenten Rathaus. Los ging es draußen vor dem RuhrCongress:

Die Initiative „Grabeland Am Ruhrort“ griff mit dem Schauspiel „Monopoly Am Ruhrort“ die Themen Flächenversiegelung, Klimakrise und Kommunalpolitik am Beispiel der geplanten Bebauung des als natürliches Regenrückhaltebecken dienenden Grabelandes in Bochum-Dahlhausens auf. Die vermisste Transparenz bei den Geschäften und Entscheidungen zum Bauvorhaben „Am Ruhrort“ wurde spielerisch dargestellt. Zahlreiche Initiativen, aber auch Einzelpersonen waren zur Unterstützung erschienen, so dass die Ratsmitglieder letztendlich von 30 Bürger*innen begrüßt wurden.

Weiter ging es dann im RuhrCongress. Und die Teilnahme an dieser Sitzung des Rates hat sich mit dem Ziel, Transparenz zu schaffen, dann auch durchaus gelohnt.

Marina Elmentaler

In der „Fragehalbestunde“ zu Beginn der Sitzung erfuhren die Ratsmitglieder und die interessierte Öffentlichkeit durch Stadtbaurat Markus Bradtke auf Fragen, die von Mitgliedern der Initiative „Grabeland Am Ruhrort“ und des Netzwerks eingereicht worden waren, welche Erkenntnisse das in Auftrag gegebene wasserwirtschaftliche Modell zum Bebauungsplan „Am Ruhrort“ bringen soll. Auf die Nachfrage von Marina Elmentaler, unmittelbare Anwohnerin Am Ruhrort, stellte Stadtbaurat Bradtke eine vorgezogene Information in Dahlhausen in Aussicht, sobald das Gutachten, für dessen Erstellung aber ca. 6 Monate veranschlagt werden müssten, vorliegen würde.

Für die Betroffenen Am Ruhrort war damit mehr Transparenz geschaffen und noch mehr zugesagt.

Nach knapp zwei Stunden musste sich der Rat dann mit der Eingabe zum „Klimanotstand“ befassen, die gemeinsam von dem Bochumer Klimabündnis, dem Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung, dem Ernährungsrat/EssBo!, dem Netzwerk Stadt für Alle, Fridays for Future und Extinction Rebellion eingebracht worden war.

Sofia Zeisig Tschijevski macht eine Redepause, bis das Gequatsche im Hintergrund aufhört

Sofia Zeisig Tschijevski, Biologin und tätig in verschiedenen Initiativen, die sich für Natur in Bochum und anderen Orten einsetzen, begründete zu Beginn der Aussprache die Eingabe des Bündnisses. Mit Blick auf die von der Verwaltung erstellte Vorlage, der Eingabe mangels Handlungsbedarfs nicht zu folgen, beendete sie ihre Rede mit dem Appell:

„Wir als Bürger*innen dieser Stadt, die noch im letzten Jahr den Oberbürgermeister wählten und die Zusammensetzung dieses Rates mitbestimmen durften, wollen wissen, ob Sie Handlungsbedarf sehen – oder ob Sie die Verwaltung weiter machen lassen wie bisher. Wir alle hier im Saal wissen, dass es ein Weiter-So nicht mehr geben darf. Die Zeit zu handeln ist jetzt! Wir fordern Sie auf, endlich wieder selbst zu handeln. Sie weisen immer zu Recht darauf hin, dass am Ende der Rat entscheidet. Dann tun Sie es aber auch! Entscheiden Sie – und stimmen nicht einfach einer Verwaltungsvorlage zu, die einen Beschluss des Rates für belanglos erklärt.“

Aber wieder einmal hat die rot/grüne Koalition das Anliegen von Initiativen, mehr Transparenz zu schaffen und den Klimanotstandsbeschluss in jeder Einzelmaßnahme umzusetzen, offenbar nicht wirklich verstanden. Nur so lässt sich erklären, dass Sebastian Pewny stellvertretend für die Koalition die Anregungen der Initiativen wortgewaltig als „Sammelsurium von Einzelmaßnahmen“ und „Schnellschüssen“ abtat und für Rot/Grün ankündigte, sich die Zeit nehmen zu wollen, um in Bochum beim Klimaschutz das „große Rad zu drehen“.

Verstanden worden war das Anliegen der Initiativen offenbar nur in Reihen der Opposition.

„Die Linke“ und „Die Partei/Die Stadtgestalter“ sahen die Anregungen als zwangsläufige zu erwartende bürgerschaftliche Reaktion auf das Nicht-Handeln der Verwaltung und gleichzeitig als Unterstützung ihrer eigenen, seit Jahren vorgebrachten Forderung nach Darlegung der Klimarelevanz in jeder einzelnen Verwaltungsvorlage.

Selbst die CDU, die den Klimanotstandsbeschluss wie die Verwaltung eher als „deklaratorische Erklärung“ sehen wollte, der Koalition aber gerade deshalb eine reine „Shownummer“ vorwarf, konnte sich vorstellen, der Anregung zu folgen, mit der eine Darstellung der Klimafolgen in jeder Vorlage gefordert wurde. Als Oberbürgermeister Eiskirch sich dann aber – offenbar auch für einen Großteil der im Sitzungssaal Anwesenden völlig überraschend – veranlasst sah, anzukündigen, die Ausweisung der “Klimarelevanz“ würde nun kurzfristig von der Verwaltung umgesetzt, war die Eingabe für sie erledigt.

Die Initiativen-Eingabe wurde zwar abgelehnt – angesichts der Ankündigung durch den Oberbürgermeister hat sie aber eine Transparenz geschaffen, die sowohl der Opposition im Rat als auch der Bürgerschaft sonst verborgen geblieben wäre und war insoweit doch erfolgreich.

weitere Impressionen der Veranstaltung vor dem Ruhrkongress

Original – 24-Antrag (durchsuchbares PDF)

Weiteres Material

  • bei bo-alternativ hier
  • Die Fragen an den Stadtrat : hier
  • Der pp 24-Antrag : hier
  • Die Rede von Sofia : hier
  • Die Vorlage / Ablehnung der Stadt : hier
  • Bilder der LionksFraktion : hier
  • AudioFile des Schauspiels (folgt)
  • Video-(Schnipsel) des Schauspiels (folgt)

Historisches

CO2-Ausstoß weltweit: Treibhausgasemissionen pro Kopf nach Ländern

Da die negativen Auswirkungen von CO2 auf das Klima nur sehr langsam im Verlaufe von Jahrhunderten bis Jahrtausenden abklingen müssen die historischen Emissionen bei der Verantwortung der einzelnen Staaten zu Grunde gelegt werden.

(27.07.21, tech-for-future) , Original : hier

Welche Länder haben den höchsten CO2-Ausstoß pro Kopf? Und warum steigen die Treibhausgasemissionen weltweit immer weiter?

Deutschland verursacht nur 2,4% der weltweiten Treibhausgasemissionen” sagen Klimaschutzgegner. Das stimmt zwar, aber wir stellen auch nur 1% der Weltbevölkerung.

Die CO2-Emissionen pro deutschem Staatsbürger sind also mehr als doppelt so hoch, als sie im Durchschnitt sein dürften. Und selbst der Durchschnitt muss rapide sinken – bis auf Null.

Statt zu fallen, steigt der weltweite CO2-Ausstoß immer weiter. Wir stoßen immer schneller immer mehr CO2 aus – außer vermutlich im Corona-Jahr 2020.

Deutschland hat auch absolut gesehen höhere CO2-Emissionen als fast alle anderen Länder. Wir sind mit unseren 2,4% auf Platz 6 der Klimasünder, hinter China, USA, Russland, Indien und Japan.

Und das ist nur der Anteil, den wir heute noch ausstoßen. Historisch gesehen sind wir mit 5,6% der kumulierten CO2-Emissionen die viertgrößte Klimasau.

Also so viel zum Thema, Deutschland wäre unbedeutend beim Klimaschutz. Lies weiter für einen kompletten Ländervergleich.

Entwicklung des CO2-Ausstoßes weltweit

CO2 Ausstoss weltweit nach Kontinent - CO2-Ausstoß weltweit: Treibhausgasemissionen pro Kopf nach Ländern

Nach wie vor wachsen die CO2-Emissionen Jahr für Jahr. Das heißt, statt weniger auszustoßen, stellen wir weltweit jedes Jahr neue Emissionsrekorde auf.1

Das liegt aktuell vor allem an Asien, wie man bei der Aufteilung nach Kontinenten sieht. China ist dabei der große Vorreiter auf dem langen Weg von der dritten Welt in die erste. Aber auch Südasien und Südostasien holen langsam auf.

Wenn Schwellen- und Entwicklungsländer zu etwas bescheidenen Wohlstand kommen wollen, dann geht das nur über Wachstum. Und für Wachstum braucht man Energie. Die günstigste Energiequelle Kohle ist aber leider klimaschädlich.

In Südamerika und vor allem Afrika gibt es zwar auch sehr viele Schwellen- und Entwicklungsländer, aber das sind noch schlafende Riesen. Wenn Afrika endlich aus der Subsistenzwirtschaft erwacht, dann werden die CO2-Emissionen deutlich steigen – außer wir schaffen es bis dahin klimafreundliche Energie deutlich günstiger zu machen.

Ländervergleich: CO2-Ausstoß nach Ländern im Jahr 2019

CO2 Ausstoss weltweit nach Land - CO2-Ausstoß weltweit: Treibhausgasemissionen pro Kopf nach Ländern

Es stimmt, im Vergleich zu den Top-Emittenten wie China oder den USA stößt Deutschland deutlich weniger CO2 aus. Unser Beitrag ist aber immer noch sehr groß, siehe Ländervergleich.

Wir sind mit 2,4% Anteil an den Gesamtemissionen unter den sechs schlimmsten Klimasündern der Welt. Und das obwohl wir ein kleines Land mit nur 83 Millionen Einwohnern sind.

CO2-Ausstoß weltweit pro Kopf

Und China hat ist immerhin das bevölkerungsreichste Land mit 1,4 Milliarden Einwohner. Um die Bevölkerung zu berücksichtigen macht es Sinn die CO2-Emissionen pro Kopf anzugeben:

CO2 Ausstoss weltweit pro Kopf - CO2-Ausstoß weltweit: Treibhausgasemissionen pro Kopf nach Ländern
  • 38,2 tCO2/Kopf: Luxembu

https://www.tech-for-future.de/wordpress/wp-content/uploads/2021/07/CO2-Ausstoss-weltweit-kumuliert-treemap.png

CO2 Ausstoss weltweit kumuliert treemap - CO2-Ausstoß weltweit: Treibhausgasemissionen pro Kopf nach Ländern

Tip von Ingo

Globales Beteiligungsprojekt: Klima-Bür­ge­r:in­nen­rat startet (taz.de)

(05.10.21, taz.de) , Original : hier

Zufällig ausgewählte Menschen aus aller Welt erstreiten seit Dienstag klimapolitische Einigungen. Sie sollen der Weltklimakonferenz Druck machen.

Wie kommt die Kohle aus der Energiewelt?

BERLIN taz | Sie sind nicht gewählt, sondern ausgelost, haben weder ausgewiesene Expertise noch ein erkennbares Eigeninteresse: 100 Menschen aus aller Welt sollen in einem globalen Bürgerrat darüber diskutieren, wie die Menschheit die Erde bewohnbar halten soll, die sie selbst gefährlich aufheizt.

Das Projekt startete am Dienstag. Initiiert haben den Bürgerrat NGOs, unterstützt wird er auch von den Vereinten Nationen und Regierungen, allen voran Großbritannien.

Das Vereinigte Königreich richtet im November in Glasgow die diesjährige Weltklimakonferenz aus, die oft mit „COP 26“ abgekürzt wird. Dort soll der Bürgerrat auch seine politischen Empfehlungen präsentieren. Von einer „fantastischen Initiative“ sprach der diesjährige Klimagipfelpräsident Alok Sharma.

Dass sie zufällig ausgewählt sind, ist der Clou an Bürger:innenräten. Nur auf eine repräsentative Verteilung von demographischen Faktoren wie Geschlecht oder Bildungsstand wird geachtet. Im Rahmen des Projekts bekommen alle Teil­neh­me­r:in­nen dieselben wissenschaftlich gesicherten Informationen – dann müssen sie diskutieren.

Worauf kann sich die Gesellschaft einigen?

Damit unterscheiden sie sich von Beteiligungsgremien wie beispielsweise der Kohlekommission in Deutschland, die das Kohleausstiegsgesetz vorbereitet hat. An der waren zwar auch Bür­ge­r:in­nen beteiligt, aber nur solche, die etwa durch ihren Wohnort besonders von der Kohlewirtschaft betroffen sind.

Daneben saßen darin auch Unternehmensverbände, Umweltverbände und Wissenschaftler:innen, also Personen mit besonderen Perspektiven auf das fragliche Thema. Das ist bei Bür­ge­r:in­nen­rä­ten bewusst anders. Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, worauf sich die Gesellschaft einigen kann.

….


Das brauchen wir auch für Bochum …..

Klimaforscher Hasselmann erhält Physik Nobelpreis

Wenige Wochen vor der Weltklimakonferenz in Glasgow hat sich das Nobelkomitee entschieden, drei Wissenschaftler für ihre Beiträge zur Erforschung des Klimas zu ehren: Der Physiknobelpreis geht in diesem Jahr an den deutschen Wissenschaftler Klaus Hasselmann sowie den in den USA forschenden Japaner Syukuro Manabe und den Italiener Giorgio Parisi. Sie werden für ihre “bahnbrechenden Beiträge zu unserem Verständnis komplexer physikalischer Systeme” ausgezeichnet, wie das Nobelkomitee mitteilte.

Sie hätten mit ihrer Forschung die Grundlage für das Wissen über das Erdklima und den Einfluss des Menschen gelegt und die Theorie ungeordneter Materialien und zufälliger Prozesse revolutioniert.

Einige Links und Auszüge :

(05.10.21, tagesschau.de) Erneut Physik-Nobelpreis für Deutschen

Original : hier

Hervorgehoben wurde die Bedeutung von Hasselmanns und Manabes Forschung für das physikalische Modellieren des Klimas der Erde. Sie hätten die Grundlage für das Wissen über das Erdklima und den Einfluss des Menschen gelegt. Parisis Forschung beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel von Unordnung und Fluktuationen physikalischer Systeme von der atomaren bis hin zur planetarischen Ebene.

Hasselmann zählt zu den führenden deutschen Klimaforschern und war zunächst Professor und später Direktor des Instituts für Geophysik und Planetarische Physik an der Universität Hamburg. Nach mehreren Auslandsstationen übernahm er von 1975 bis November 1999 die Leitung des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg und war von 1988 bis 1999 erster wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Klimarechenzentrum in Hamburg.

(05.10.21, taz.de) , Nobelpreis für Klimaforscher: Klaus Hasselmann gewinnt

Original : hier

https://taz.de/picture/5146033/948/28562132-1.jpeg

Der Hamburger Meteorologe Klaus Hasselmann musste 89 Jahre alt werden, bis er mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde.

Gilt als „Erfinder“ des menschengemachten Klimawandels: der Physik-Nobelpreisträger Klaus Hasselmann

Foto: Fabian Bimmer/reuters

BERLIN taz | Wahrscheinlich wäre es für alle – also wirklich für alle – besser gewesen, wenn dieser Mann diesen Preis schon einige Jahrzehnte früher erhalten hätte. So musste der Meteorologe Klaus Hasselmann 89 Jahre alt werden, bevor er an diesem Dienstag mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Hasselmann gilt als „Erfinder“ des menschengemachten Klimawandels. Er hat eine Methode entwickelt, mit der der Effekt menschengemachter Treibhausgase auf die globale Durchschnittstemperatur nachgewiesen werden konnte.

Sein Modell wies nach, dass die globale Erderwärmung nicht mit natürlichen Ursachen zu erklären ist.

Wegen Hasselmann stellte der zweite große Bericht des UNO-Weltklimarats IPCC 1995 erstmals fest, der Einfluss des Menschen auf die Erderwärmung sei erkennbar. Damit war die Handschrift der Schöpfung im Klima eingraviert. Dies ist heute Gemeinwissen für fast die gesamte Wissenschaft – auch wenn AfD oder Donald Trump immer noch Zweifel daran sähen wollen.

In den kommenden 100 Jahren würde der Meeresspiegel um einen Meter zulegen und sich der Globus um zwischen 2 und 6 Grad erwärmen, deshalb habe Hasselmann „die Klimaentwicklung als weitreichendstes Umweltproblem in der Katastrophenliste ganz oben angesiedelt“, schrieb die taz bereits 1988. Er sei „wirklich einer der Helden unseres Forschungsfeldes, einer der Gründer der modernen Klimawissenschaft“, betonte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung am Dienstag.

„Ich will gar nicht aufwachen“, sagte Hasselmann, „für mich ist das ein schöner Traum“

Hasselmann studierte Physik und Mathematik in Hamburg, von 1975 …

Doch dann wies Hasselmann bereits 1979 auf den Abdruck des Menschen beim Klima hin. Nur: Diese Arbeit sei „für Außenstehende völlig unverständlich“ gewesen, gab der Emeritus erst vor zwei Wochen in einem Interview zu. Bei der nächsten Veröffentlichung habe er dann eine Pressekonferenz gegeben, danach wusste „plötzlich der Friseur, wer ich war“, sagte Hasselmann. Aber nur für kurze Zeit.

Beitrag zum Verständnis des Erdklimas

zusammen mit seinem US-japanischen Kollegen Syukuro Manabe für deren physikalische Modelle für eine „zuverlässige Vorhersage der Erderwärmung“ geehrt

(05.10.21, mpg.de) , Physik-Nobelpreis für Klaus Hasselmann

Original : hier

Klaus Hasselmann, ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie, erhält gemeinsam mit Syukuro Manabe (USA)  und Giorgio Parisi (Italien) den Nobelpreis für Physik 2021 5. Oktober 2021 Geoforschung Klima Preise

Klaus Hasselmann und Syukuro Manabe werden für ihre fundamentalen Beiträge zur Klimaforschung, Giogio Parisi für seine Forschung an ungeordneten Materialien und Zufallsprozessen geehrt. Klaus Hasselmann hat unter anderem ein Modell entwickelt, wie kurzfristige Wetterphänomene und langfristige Entwicklungen des Klimas zusammenhängen, wie also etwa die schnellen Temperaturschwankungen der Atmosphäre die langfristige Veränderung der Ozeantemperatur beeinflussen. Er lieferte so Belege, warum Klimamodelle trotz kurzfristiger Wetterschwankungen zuverlässige Vorhersagen liefern können.

Auf diese Weise wies er gemeinsam mit anderen Forschenden den Zusammenhang zwischen dem Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre und der Erderwärmung nach.

Der 89-Jährige beschäftigte sich schon früh mit dem menschengemachten Klimawandel und dem Treibhauseffekt.

“In 30 bis 100 Jahren, je nachdem, wieviel fossiles Brennmaterial wir verbrauchen, wird auf uns eine ganz erhebliche Klimaänderung zukommen. Klimazonen werden sich verschieben, Niederschläge anders verteilen. Dann wird man nicht mehr von Zufallsergebnissen reden können”,

sagte er vorausschauend in einem Interview von 1988. “Man sollte sich bewusst werden, dass wir in eine Situation hineinkommen, wo es keine Umkehr mehr gibt.”

Klaus Hasselmann hat ein Modell entwickelt, das Wetter und Klima miteinander verknüpft und damit die Frage beantwortet, warum Klimamodelle zuverlässig sein können, obwohl das Wetter wechselhaft und chaotisch ist. Er entwickelte auch Methoden zur Identifizierung spezifischer Signale,  Fingerabdrücke, die sowohl natürliche Phänomene als auch menschliche Aktivitäten im Klima hinterlassen. Mit seinen Methoden wiesen Forschende unter anderem des Max-Planck-Instituts für Meteorologie nach, dass der Temperaturanstieg in der Atmosphäre auf den Kohlendioxidausstoß des Menschen zurückzuführen ist.

(05.10.21, rp-online.de) , Physik-Nobelpreis geht an drei Klimaforscher – auch Deutscher dabei

Original : hier

Stockholm Für seine Klimamodellierungen erhält der deutsche Klaus Hasselmann als einer von drei Forschern den Nobelpreis für Physik. Er habe mit seinen Kollegen den „Grundstein für unser Wissen zum Klima der Erde“ gelegt, begründete die Akademie.

Wenige Wochen vor der wichtigen Weltklimakonferenz in Glasgow werden drei Wissenschaftler für ihre Beiträge zur Erforschung des Klimas und anderer komplexer Systeme mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet. Der Deutsche Klaus Hasselmann und der Japaner Syukuro Manabe teilen sich eine Hälfte des Preises, die andere geht an den Italiener Giorgio Parisi. Alle drei hätten entscheidend zum Verständnis des Erdklimas und anderer komplexer Systeme beigetragen, teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm zur Begründung mit.

… Er entwickelte ein Modell, das verdeutlichte, dass Klimamodelle verlässlich sein können, obwohl sich das Wetter selbst chaotisch verhält, schreibt das Nobel-Komitee. Er entwickelte zudem Methoden, die es ermöglichten, Spuren menschlicher Aktivitäten im Klima nachzuweisen.

Der in 1931 in Japan geborene Manabe forscht an der Princeton University in den USA. Er zeigte mit seinen Arbeiten, dass ein erhöhter Kohlendioxid-Gehalt in der Atmosphäre einen Anstieg der Temperatur an der Erdoberfläche zur Folge hat, so das Komitee. Seine Arbeiten seien grundlegend für die Entwicklung der gegenwärtigen Klimamodelle gewesen.

Manabe und Hasselmann hätten im Geiste von Alfred Nobel zum größten Nutzen für die Menschheit beigetragen, indem sie eine solide physikalische Grundlage für unser Wissen über das Erdklima geschaffen haben, begründet das Nobelkomitee seine Entscheidung. „Wir können nicht mehr sagen, wir hätten es nicht gewusst – die Klimamodelle sind eindeutig. Erwärmt sich die Erde? Ja. Ist die Ursache dafür die erhöhte Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre? Ja. Kann dies allein durch natürliche Faktoren erklärt werden? Nein. Sind die Emissionen der Menschheit der Grund für den Temperaturanstieg? Ja.“

(05.10.21, sueddeutsche.de) , Ohne vernünftigen Zweifel

Original : hier

Seit etwa dreißig Jahren kann die Erwärmung in den Daten nachgewiesen werden: Eisplatten auf dem Arktischen Ozean am Nordpol.

Mit der Auszeichnung von zwei Klimaforschern setzt Stockholm ein Zeichen: Die Modellierung der Erderwärmung basiert auf solider Physik. Wenn trotzdem nicht genug passiert – an der Wissenschaft liegt das nicht.

Kommentar von Marlene Weiß

Es ist normalerweise eher die Aufgabe des Friedensnobelpreises, politische Botschaften zu senden. In der Vergangenheit ist das manchmal geglückt, manchmal ging es ziemlich daneben. In diesem Jahr jedoch liegt ein ungewöhnlicher Fokus auf den Aussagen, die man in die wissenschaftlichen Preise hineinlesen kann. Viele hatten erwartet, das Nobelpreis-Komitee würde den am Montag bekannt gegebenen Medizinnobelpreis nutzen, um sich für den Segen der Corona-Impfungen starkzumachen. Diese Gelegenheit hat die Akademie verstreichen lassen, vorerst jedenfalls.

Nun jedoch enthält stattdessen der Physiknobelpreis eine ziemlich deutliche Botschaft. Er geht unter anderem an zwei Forscher, die vor Jahrzehnten die Grundlagen dafür gelegt haben, dass man heute erstens die Erderwärmung hervorragend messen und vorhersagen kann. Und dass man sie zweitens zum größten Teil eindeutig den Taten des Menschen zuordnen kann.

Der Klimawandel ist real, dagegen hilft auch keine schlechte Laune

Was das heißen soll, wäre selbst dann klar gewesen, wenn es nicht bei der Verkündung der Entscheidung noch einmal explizit gemacht worden wäre: Die Modellierung des Klimas basiert auf absolut solider Wissenschaft, es handelt sich schlicht und einfach um Physik, die bestens verstanden und gesichert ist. Wer es also weiter vermeiden möchte, im Klimaschutz zu Taten zu schreiten, soll sich auf irgendetwas berufen – Bequemlichkeit, Ängste, schlechte Laune, Zahnschmerzen. Aber bitte nicht auf Zweifel an der Wissenschaft.

Es ist natürlich ein Jammer, dass es im Jahr 2021 noch nötig ist, diese Tatsache festzuhalten. Seit rund fünfzig Jahren gibt es Modelle, die die Entwicklung des Klimas vorhersagen können, seit etwa dreißig Jahren kann die reale Erwärmung in den Daten nachgewiesen werden. Ähnlich lange gibt es Bemühungen, dem politisches Handeln entgegenzusetzen – noch reichen sie bei Weitem nicht aus, trotz aller Fortschritte.

Doch eines ist mit dem diesjährigen Physiknobelpreis nochmals klargestellt: An der Wissenschaft liegt das nicht.

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So viel CO2 stößt der Straßenverkehr aus

(05.10.21, heise), Original : hier

Statistik der Woche: So viel CO2 stößt der Straßenverkehr aus

Pkw, Busse, Schwerlaster: Unsere Infografik zeigt, wie der CO2-Ausstoß auf deutschen Straßen verteilt ist. Von Mathias Brandt

158 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO₂) hat der Straßenverkehr in Deutschland 2019 verursacht – das sind 22 Prozent des hierzulande emittierten CO₂. Größter Umweltverschmutzer ist der Individualverkehr, wie der Blick auf die Statista-Grafik zeigt.

Personenkraftwagen (PKW) sind für rund 63 Prozent des CO2-Austoßes auf deutschen Straßen verantwortlich. Auf Schwerlastwagen und Busse entfallen 29 Prozent. Unter den PKW sind die größten auch die schädlichsten. Ein Kleinwagen stößt pro Jahr im Schnitt 870 Kilogramm weniger CO₂ aus als ein großer SUV. Bei einem Mittelklassewagen beträgt die Differenz im Vergleich zu einem großen SUV 720 Kilogramm.

Moderne PKW verursachen zwar weniger CO₂ aus als frühere Fahrzeuggenerationen – weil es aber insgesamt mehr Autos gibt, steigen die Emissionen unterm Strich trotzdem. So sind die Emissionen pro Verkehrsleistung dem Umweltbundesamt zufolge seit 1995 um rund fünf Prozent gesunken, während die absolute Summe der Emissionen um rund fünf Prozent zugelegt haben.

Alarmierender Bericht: Die Arktis schmilzt, der Meeresspiegel steigt

(22.09.21, heise) , Original : hier

Den Weltmeeren geht es immer schlechter. Das geht aus dem fünften Bericht des Copernicus-Meeresumweltüberwachungsdienstes hervor. In dem jährlich erscheinenden Bericht zeigen 150 Wissenschaftler:innen im Auftrag der Europäischen Kommission, wie schnell sich die Ozeane durch den Eingriff des Menschen verändern. Von dpa

Der Report nennt die schlimmsten Folgen: Die Erwärmung der Weltmeere und das schmelzende Landeis führen demnach zu einem Anstieg des Meeresspiegels – im Mittelmeerraum um 2,5 Millimeter pro Jahr und weltweit bis zu 3,1 Millimeter. Als Beispiel für die drohenden Folgen wird im Bericht die Überflutung Venedigs im November 2019 genannt, als der Wasserstand auf bis zu 1,89 Meter anstieg. Die Erwärmung der Ozeane habe zudem zur Folge, dass Meeresbewohner in kühlere Gewässer abwandern oder die Bestände von Arten schrumpfen.

Das arktische Meereis geht laut Bericht stetig zurück: Zwischen 1979 und 2020 habe die Arktis eine Eisfläche verloren, die etwa sechs Mal so groß wie Deutschland ist. Seit 1979 sei das Eis um 12,89 Prozent pro Jahrzehnt zurückgegangen. Die Tiefststände wurden dabei in den vergangenen beiden Jahren verzeichnet. Der Report warnt: Wenn das arktische Meereis weiter schmelze, könne das zur regionalen Erwärmung, der Erosion der arktischen Küsten und zu einer Veränderung der globalen Wettermuster beitragen.

Eine weitere Erkenntnis: Extreme Schwankungen aufgrund von Hitze- und Kältewellen in der Nordsee stehen in einem direkten Zusammenhang mit Veränderungen im Fischfang. Genannt werden hier die Seezunge, der Europäische Hummer, Seebarsch und Taschenkrebse.”

Klimawandel, Umweltverschmutzung und Übernutzung haben eine nie dagewesene Belastung für den Ozean verursacht”, sagt Karina von Schuckmann, Vorsitzende des Ocean State Reports in einer Mitteilung zum Bericht. Die Weltmeere bedeckten den Großteil der Erdoberfläche und regulierten das Klima, eine genaue und zeitnahe Überwachung sei entscheidend, um die Ozeane besser zu verstehen und auf Veränderungen reagieren zu können.

Copernicus ist das Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union. Sein Ziel ist es, auf Grundlage von Satellitenbeobachtungen und Messungen auf der Erde den Zustand von Land, Meeren und Atmosphäre oder den Klimawandel und seine Folgen zu überwachen.

Amazon, Apple, Microsoft & Co. unterstützen Lobby gegen US-Klimaschutzgesetz

(03.10.21, heise) , Original : hier

Große Technologie- und Medienkonzerne in den USA versprechen, die Klimakrise zu bekämpfen. Sie gehören aber Lobby-Gruppen an, die das Gegenteil fordern.

Von Stefan Krempl

Führende US-Unternehmen wie Amazon, Apple, Disney und Microsoft unterstützen Lobby-Organisationen, die Millionen US-Dollar ausgeben, um den Entwurf für ein weitreichendes US-Klimaschutzgesetz auszuhöhlen. Dies geht aus einem Bericht hervor, den die zivilgesellschaftliche Organisation Accountable.us am Freitag herausgegeben hat. Die Konzerne und ihre Chefs selbst behaupten dagegen gerne, beim Kampf gegen den Klimawandel mit Zielen für mehr Nachhaltigkeit und zur CO2-Reduktion an vorderster Front dabei zu sein.

Über 50 großen Firmen wirft Accountable.us daher Heuchelei vor. Sie seien aktive Mitglieder in Lobby-Institutionen, die massiven Widerstand gegen das von Präsident Joe Biden und den Demokraten im US-Kongress vorangetriebene Budgetpaket mit Ausgaben in Höhe von rund 3,5 Billionen US-Dollar angekündigt haben. Dieses gilt Beobachtern als das “bislang größte Gesetz gegen den Klimawandel”. Es umfasst etwa ein Programm für die Förderung erneuerbarer Energien in Höhe von 150 Milliarden US-Dollar, das den Umstieg von Versorgern auf Wind-, Solar- und Wasserkraft erleichtern würde. Atomkraft soll allerdings auch gefördert werden, was in der EU umstritten ist.

Die Autoren der Analyse verweisen etwa auf den Schwur der US-Handelskammer, “alles zu tun, was wir können, um zu verhindern, dass dieses steuererhöhende und arbeitsplatzvernichtende” Gesetz beschlossen werde. Dem Vorstand der Vereinigung gehören Führungskräfte von Unternehmen wie Microsoft, Intuit, United Airlines, der Fluglinie Delta und Deloitte an, die sich alle besorgt über den Klimawandel geäußert und ein Gegensteuern angekündigt haben.

Eine andere Wirtschaftsallianz, der Business Roundtable, hat sich “zutiefst besorgt” über das als “Versöhnungsgesetz” bezeichnete Paket gezeigt, da es unter anderem die Steuern für Reiche erhöhen würde. Der Organisation gehören Firmenchefs wie Tim Cook von Apple an, der von Regierungen und Unternehmen stärkere Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise gefordert hat. Weitere Mitglieder sind Andy Jassy, der neue Chef von Amazon, Sundar Pichai, CEO der Google-Muttergesellschaft Alphabet, und Darren Woods, Chef des Ölriesen Exxon.

Die Gruppe Pharmaceutical Research and Manufacturers of America (PhRMA), der unter anderem Bayer, AstraZeneca sowie Johnson & Johnson angehören, hat laut der Untersuchung Anzeigen geschaltet, in denen sie den Gesetzentwurf angreift. Die Rate Coalition, die AT&T, Disney, FedEx, UPS und Verizon zu ihren Mitgliedern zählt, plant ebenfalls eine Werbekampagne, um die Initiative für den Corona-Wiederaufbau zu verhindern. Erklärtes Ziel der National Association of Manufacturers, bei der etwa Dow, Goodyear und SchneiderElectric mitmischen, ist es, die Biden-Agenda “auf jede erdenkliche Weise” zu kippen.

Der Guardian bat eine Vielzahl der genannten Konzerne um einen Kommentar. Der Zeitung zufolge wollte aber keiner davon die Haltung der jeweiligen Lobbygruppen, denen sie angehören, kritisieren. Kein Mitglied habe erklärt, dass man die Verbindungen zu diesen Lobby-Verbänden überprüfen werde.

Dies steht im Kontrast zu öffentlichen Klimaschutzbekenntnissen. Jeff Bezos, der zu den reichsten Menschen der Welt zählt, hält die Klimakrise offiziell für die “größte Bedrohung für unseren Planeten”. Der von ihm gegründete Handelsriese Amazon hat sich verpflichtet, seine Emissionen bis 2040 auf null zu reduzieren und klimaneutral zu werden. Microsoft hat versprochen, schon in einem Jahrzehnt “kohlenstoffnegativ” zu sein. Disney will innerhalb des gleichen Zeitraums nur noch Strom aus erneuerbaren Energiequellen verwenden.

Kyle Herrig, Präsident von Accountable.us, monierte, die Unternehmen versteckten sich hinter “zwielichtigen Gruppen” und finanzierten hinter verschlossenen Türen den Widerstand gegen das Gesetzespaket. Damit gefährdeten sie aber nicht nur die Umwelt massiv, sondern auch ihren eigenen Ruf.

Das Vorhaben Bidens und der Demokraten ist derzeit an einem kritischen Punkt. Die oppositionellen Republikaner lehnen es geschlossen ab. Auch in den eigenen Reihen gibt es Abweichler wie den Senator Joe Manchin, der den Entwurf für unsinnig hält und die bestehenden Subventionen für Kohle, Öl und Gas beibehalten will. Bidens Klima-Ambitionen erlitten bereits im Sommer einen Dämpfer. Bei einem ersten Infrastrukturpaket musste der Präsident einen Kompromiss eingehen, weil den Republikanern gerade die enthaltenen Klimaschutzmaßnahmen nicht passten. Nun soll es der zweite Korb richten. Umweltorganisationen und Wissenschaftlern geht auch dieser aber nicht weit genug.

Alleebäume der Schloßstraße bleiben stehen ! ?

(x) ich war heute beim Stadtteilspaziergang durch Weitmar zusammen mit ca.50 Mitbürger*innen, überwiegend 70+. Das war ziemlich erhellend.

Habe sehr viel mit Gräf und Eiskirch sprechen können, weil die anderen einfach nur mitgelaufen sind.
Zunächst war ich überrascht, dass unser OB meinen Namen kennt, denn als …

Kurzum: ich habe dem Bezbümei und dem OB zu mehreren Themen eine Rückmeldung (auch positive) gegeben und

Eiskirch vor Zeugen die Aussage entlockt, dass alle Alleebäume der Schloßstraße stehen bleiben werden,

mit Ausnahme eines Baumes, der aufgrund des Schleppradius für Rettungsfahrzeuge für die Zufahrt gefällt werden müsse.

Er hat sich über die Trauerschleifen aufgeregt, es sei doch ein Ratsbeschluss bereits vor zwei Jahren erfolgt, dass die Alleebäume stehen bleiben dürfen! Also ich kenne diesen Ratsbeschluss nicht. Frau Janura hat das zwar angeregt und der Investor wurde beauftragt die Pläne zu überarbeiten, aber diese überarbeiteten Pläne scheint nur der OB zu kennen (wg. Schleppradius-Aussage).

Es war so lange eine Friede-Freude Eierkuchen Veranstaltung, bis ich ihn bei der abschließenden Tasse Kaffee unter 4 Augen auf diesen Grundstückskauf ansprach und er mir das ganze Blabla von wegen Naturschutzgebieterweiterung erzählte, ich ihm darauf aber antwortete, dass es im Grunde doch nur darum geht Ökopunkte zu sammeln, damit in Bochum fleißig weitergebaut werden kann. Da wurde der Sportkamerad plötzlich persönlich: “Sie glauben wohl, dass Sie immer Recht haben und dann müssen Sie sich auch stets öffentlich äußern….” Der OB war sichtlich angefressen und hat sich dann auch nicht von mir verabschiedet als er ging. Ich hab’s verschmerzen können.

Hab natürlich einen Leserbrief zu diesem Artikel geschrieben, der war aber heute morgen noch nicht in der WAZ.

Liebe Grüße x
(Name der Red bekannt)


Bochumer Flächenkauf

Die Stadt Bochum plant in den Ruhrauen Flächen von Hattingen und Witten
zu kaufen um Ökopunkte zu generieren, damit die Flächenversiegelung auf
Bochumer Stadtgebiet hemmungslos weitergehen kann. WAZ-Artikel von
heute. Man kann gar nicht so viel essen, wie man kotzen möchte. Für die
Natur in den Ruhrauen ändert sich absolut nichts. Da wird kein
bestehendes Naturschutzgebiet größer.

Der Traum von der grünen Cloud — Wie wirken Cloud-Dienste auf Klima und Umwelt?

(03.10.21, heise.de ) , Original : hier

Wie wirken Cloud-Dienste auf Klima und Umwelt? Darüber ist wenig bekannt, doch Gerichtsurteile, und politische Vorgaben erhöhen den Druck auf die IT-Branche.
Von Christiane Schulzki-Haddouti

Wie viel CO2-Emissionen sind mit “Hallo Siri!” verbunden? Wie hoch ist der Wasserverbrauch? Welcher Rohstoffaufwand steht hinter der Rechenleistung? Und wie viel Energie kostet der kleine Sprachbefehl? Die Antwort ist kurz: Man weiß es nicht. Noch nicht. Denn Siri ist eine verteilte Anwendung. Was in der iPhone-App und was auf der Server-Anwendung abläuft, ist Firmengeheimnis von Apple.

Um mehr Licht in die “Blackbox Cloud” zu werfen, untersuchten Forscher des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration sowie des Berliner Öko-Instituts für das Umweltbundesamt im Projekt “Green Cloud-Computing” vier typische Nutzungsszenarien: Storage, Streaming, Videokonferenz und virtueller Desktop. Zu diesen einzelnen Cloud-Dienstleistungen lassen sich nun Aussagen treffen, wenn diese sich auf den Umweltverbrauch eines bestimmten Cloud-Dienstes in einem bestimmten Rechenzentrum beziehen. Die Studie wurde vor kurzem veröffentlicht.

Die neue Green-Cloud-Computing-Methodik (GCC-Methodik) erfasst den Umweltaufwand zur Herstellung von Informationstechnik und zum Betrieb von Rechenzentren in vier Wirkungskategorien: Rohstoffaufwand (ADP), Treibhausgasemissionen (GWP), Kumulierter Energieaufwand (CED) und Wasserverbrauch. Der Umweltaufwand lässt sich für einzelne Serviceeinheiten benennen. Dabei kann es sich um eine Stunde Nutzung, um einen einzelnen Kunden oder eine einheitliche Datenmenge handeln. Die GCC-Methodik kann für eine umweltbezogene Produktdeklaration wie einen CO2-Fußabdruck oder eine Energieverbrauchskennzeichnung für Cloud-Services genutzt werden.

Um den Umweltaufwand verschiedener Nutzungsarten für ein “Proof of Concept” beispielhaft erfassen und bewerten zu können, suchten die Forscher Cloud-Dienste, die genau eine Nutzungsart als Dienstleistung anbieten, um aus deren Verbräuchen eine Aussage zu den spezifischen Cloud-Nutzungen ableiten zu können. Der Wasserverbrauch wurde dabei nicht berücksichtigt, da keines der untersuchten Rechenzentren über Wasser-relevante Kühlsysteme und -Gebäudetechnik verfügte. Die Kennzahlen zum Rohstoffverbrauch konnten nur für zwei Rechenzentren gebildet werden.

Für die Bewertung von Online-Storage untersuchten die Wissenschaftler vier Rechenzentren und stellten fest, dass die Bandbreite der GCC-Kennzahlen von 166 bis zu 280 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Terabyte Speicherplatz reichte. Die Aussage besagt, wie viele CO2-Emissionen jährlich pro Terabyte belegtem Online-Speicher freigesetzt werden.

Für Videostreaming wurde ein Streamingdienst untersucht, der wie eine Art Online-Videorekorder funktioniert: Nutzer können jeden beliebigen Film online aufnehmen und sich zu einem späteren Zeitpunkt ohne Lizenzgebühren abspielen lassen. Das bedeutet, dass die Server- und Speicherinfrastruktur ausschließlich für Streaming genutzt wird. Pro Stunde Videostream wurde ein CO2-Fußabdruck von 1,46 Gramm CO2-Äquivalenten erzeugt. Hinzu kommen 0,014 Mikrogramm Antimon-Äquivalente für den Rohstoffverbrauch und 24 Kilojoule für Primärenergie. Eine vollständige CO2-Bilanz für Videostreaming müsste allerdings auch die CO2-Emissionen in Netzwerken und in Haushalten einbeziehen.

Für Videokonferenzen wurde eine Online-Plattform untersucht, die auf Basis der Open-Source-Software Jitsy Videokonferenzen anbietet. Die Treibhausgasemissionen zur Teilnahme an einer Stunde Videokonferenz betragen 2,27 Gramm CO2-Äquivalente für die Herstellung der Server (15 Prozent) und für den Energieverbrauch im Rechenzentrum (85 Prozent). Für die Gesamt-Bilanz spielt die Endgeräte-Auswahl die entscheidende Rolle: Während mit Laptop die Teilnahme an einer Videokonferenz mit 55 Gramm CO2-Äquivalenten/Stunde verbunden ist, sind es mit einem großen Videomonitor bereits 295 Gramm CO2-Äquivalente/Stunde.

Für das Rechenbeispiel für die virtuelle Desktop-Infrastruktur versorgte eine Behörde 890 Thin Client-Arbeitsplätze über ein eigenes Rechenzentrum: Dafür werden im Rechenzentrum jährlich Rohstoffe in Höhe von 0,22 Gramm Antimon-Äquivalente, Treibhausgasemissionen von 59 Kilogramm Kohlendioxid-Äquivalente sowie Primärenergie in Höhe von 995 Megajoule aufgewendet. Etwa Dreiviertel dieser Aufwände entfallen auf die Server-Seite.

Die Forscher zeigten in ihrem Projekt, dass eine Erfassung der Umweltverbräuche möglich ist und dass sich die Verbräuche auch einzelnen Diensten zuordnen lassen.

Der Weg in die Praxis ist allerdings noch weit. Sowohl der IT-Branchenverband Bitkom wie auch der Internet-Verband eco halten bereits eine genauere Erfassung des Energieverbrauchs für wenig praxisfreundlich, von Wasser, CO2-Emissionen und Rohstoffen ganz zu schweigen. Immerhin spricht sich der Bitkom-Verband dafür aus, ein europaweit einheitliches Energielabel auf Basis bestehender Normen wie etwa der Rechenzentrumsnorm EN50600 zu entwickeln. Grundsätzlich solle ein Energieausweis für Rechenzentren, wie er dem Bundesumweltamt vorschwebt, “nur auf Basis branchenüblicher Kriterien”ausgestellt werden. Das heißt: Energieverbrauch erfassen: ja, die Energieeffizienz messen: nein. Den “Blauen Engel” für Rechenzentren lehnt er im Übrigen als “nicht praxistauglich” ab.

Milliardengeschäft Kohle: Warum RWE sogar an steigenden CO2-Preisen verdient

(19.09.21, Handelsblatt) , Original : hier

Zukunft der Energie

Von: Jürgen Flauger, Kathrin Witsch

Die Kohle ist zwar ein Auslaufmodell, trotzdem wird RWE noch blendend an ihr verdienen – weil Deutschlands größter Stromkonzern gut gezockt hat.

Deutschlands größter Stromkonzern verdient weiterhin gut am klimaschädlichen Energieträger.

Düsseldorf Auf den ersten Blick ist die Kohlesparte für RWE nur noch lästiger Ballast. Der Ausstieg ist besiegelt, und Deutschlands Kohlekonzern Nummer eins muss seine Kraftwerke bis spätestens 2038 schrittweise abwickeln.

Tatsächlich kann der Stromproduzent mit dem klimaschädlichen Energieträger nach Informationen des Handelsblatts aber noch viele Jahre lang satte Gewinne erwirtschaften. RWE hat sich äußerst geschickt gegen das größte Risiko abgesichert: die stetig steigenden CO2-Preise.

„Das darf man nicht laut sagen, aber mit Kohle verdient RWE richtig gutes Geld“, sagt ein RWE-Insider. „Was wir im Moment sehen, ist, dass die Nachfrage nach Braunkohle auch bei einem höheren CO2-Preis da ist, weil die Kapazitäten im Strommarkt knapp geworden sind“, sagt eine Sprecherin des Konzerns auf Anfrage. 

Im ersten Halbjahr liefen die Kohlekraftwerke des Konzerns trotz Kohleausstieg und Klimadebatte auf Hochtouren. Mit den Braunkohlekraftwerken erzeugte RWE 21.500 Gigawattstunden (GWh) Strom, fast 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Steinkohlekraftwerke steigerten die Produktion um gut ein Drittel auf 3400 GWh.

Themen des Artikels


RWEKlimawandelUmweltschutzEnergie- und UmweltpolitikJP Morgan ChaseEnBW

Dabei hatte RWE im Zuge des Kohleausstiegs sogar schon zwei Steinkohleblöcke und einen Braunkohleblock stillgelegt. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in der Sparte Kohle/Kernenergie kletterte um 75 Prozent auf 545 Millionen Euro.

RWE verweist auf „günstige Marktbedingungen“. Eigentlich verwundert das, schließlich ist zwar der Strompreis im Großhandel sprunghaft geklettert, aber genauso der Preis für CO2-Zertifikate, die insbesondere die Kohleverstromung verteuern sollen. Aktuell kostet ein Zertifikat, das zum Ausstoß einer Tonne des Treibhausgases berechtigt, rund 60 Euro. Im vergangenen Jahr waren es im Schnitt nur 25 Euro.

Ausgerechnet bei Deutschlands größtem Kohlekonzern verpufft der Effekt aber. „Wir können den steigenden CO2-Preisen gelassen entgegenblicken“, heißt es von RWE selbst. Das Unternehmen hat sich schließlich schon vor Längerem zu äußerst günstigen Konditionen gegen das CO2-Preis-Risiko gewappnet – und zwar für das ganze Jahrzehnt.

„Wir haben schon vor Jahren angefangen, uns im großen Stil mit Zertifikaten einzudecken“

„Die finanziellen Auswirkungen steigender CO2-Preise sind bis 2030 vollständig abgesichert“, hält RWE in einem Bericht gegenüber der Klimaschutzorganisation Carbon Disclosure Project nüchtern fest: „Um diese Risiken zu mindern, setzen wir Absicherungsinstrumente ein. Daher sehen wir bis 2030 keine potenziellen Auswirkungen.“

Dahinter steckt eine Glanzleistung der eigenen Tradingabteilung. „Wir haben schon vor Jahren angefangen, uns im großen Stil mit Zertifikaten einzudecken, als die Preise im Keller waren“, berichtet ein Ex-RWE-Manager.

Der Konzern will zwar nicht beziffern, wie viele CO2-Zertifikate er sich bis 2030 gesichert hat und zu welchen Preisen. Für 2019 und 2020 hatte er den durchschnittlichen CO2-Preis je Megawattstunde aber mit fünf Euro angesetzt, für 2021 mit acht und für 2022 mit 16 Euro, wie aus einer Präsentation hervorgeht. Dabei fallen pro Megawattstunde Strom in einem Braunkohlekraftwerk etwa eine Tonne CO2 an. RWE hat sich die Zertifikate also zu einem Bruchteil des jeweiligen Marktpreises gesichert.

„Die detaillierten Informationen dazu werden gut gehütet“, sagt Analyst Peter Crampton von Barclays: „Das ist ja auch politisch eher sensibel.“

Die Analysten von JP Morgan bezeichneten jüngst in einem großen Bericht zur RWE-Aktie das CO2-Hedging des Konzerns als „Blackbox“ und „große Unbekannte“ – und eben als entscheidend für die Bewertung des Kraftwerksparks.

Die Analysten schätzen, dass RWE sich aktuell Zertifikate für 200 Millionen Tonnen CO2 gesichert hat. Dabei könne RWE beim Hedging einkalkulieren, dass steigende CO2-Preise auch den Großhandelspreis nach oben treiben. Andere Analysten und Branchenvertreter halten die Schätzung von JP Morgan aber sogar für viel zu tief gegriffen.

RWE muss Debatte um früheren Kohleausstieg fürchten

Tatsächlich ist das Thema brisant. Der RWE-Konzern, der wegen seines Kohleengagements für Klimaschützer noch immer das Feindbild Nummer eins ist und als „Dinosaurier“ gilt, richtet sich endlich auf die Energiewende aus. Seit dem milliardenschweren Tauschgeschäft mit Eon 2019 ist RWE wieder ein großer Spieler bei erneuerbaren Energien.

Während das letzte Atomkraftwerk im kommenden Jahr vom Netz geht und der Kohleausstieg beschlossen ist, hat der Ruhrkonzern Wind- und Solarenergie zum neuen Kerngeschäft erkoren, investiert Milliarden und will bis 2040 klimaneutral werden. Im vergangenen Jahr akzeptierte er auch den Fahrplan zum schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung und der Förderung von Braunkohle im Tagebau.

Dafür wird RWE vom Bund mit 2,6 Milliarden Euro entschädigt. Berichte über gute Geschäfte mit der Kohle dürften die ohnehin starke Kritik an den Entschädigungszahlungen befeuern und den Druck auf die nächste Bundesregierung erhöhen, den Kohleausstieg noch vorzuziehen.

RWE-Chef Markus Krebber

Der Energiekonzern will bis 2040 klimaneutral werden.

Dabei muss RWE nach Einschätzung von Branchenexperten gar keine Angst vor einem noch schnelleren Abschalten seiner Kraftwerke haben. „RWE hat schon in den Jahren 2017 und 2018 die Entwicklungen am CO2-Markt richtig eingeschätzt“, sagt Analyst Crampton: „Es war letztlich klar, dass der Preis deutlich ansteigen würde. So ist es ja politisch auch gewollt.“ RWE habe sich für den damaligen Kraftwerkspark bis 2030 komplett gegen das CO2-Risiko abgesichert. Nicht aus spekulativen Gründen, sondern um das absehbare Risiko zu mildern.

„Das war ein hervorragender Move“, sagt Analyst Crampton: „RWE sollte deshalb trotz der steigenden CO2-Preise die Braunkohlekraftwerke auch in den kommenden Jahren gewinnbringend betreiben können.“ Und da inzwischen das Aus für einige Kohlekraftwerke besiegelt wurde, dürfte RWE sogar „überzählige Zertifikate“ haben – und könnte sie möglicherweise mit Gewinn auf den Markt bringen.

In Branchenkreisen wird sogar vermutet, dass RWE bereits damit begonnen hat, CO2-Zertifikate zu Geld zu machen. Die Tradingabteilung hatte zuletzt sehr gut performt. Das könnte an guten Geschäften mit den CO2-Rechten liegen, heißt es.

Es wird sogar spekuliert, dass RWE in den kommenden Jahren vorrangig die CO2-Rechte am Markt verkaufen und die eigenen Kraftwerke wiederum mit teureren Rechten am Markt versorgen könnte. Die Tradingabteilung würde dann hohe Gewinne verbuchen, die Gewinne mit den Kohlekraftwerken würden dagegen nicht zu üppig ausfallen – was politisch opportun wäre.

Riskante Wette auf den Strompreis

„Es ist wahrscheinlich, dass die Tradingabteilung nach und nach manche der CO2-Zertifikate verkaufen wird“, meint Analyst Crampton.

Nach Einschätzungen von Enkraft Capital muss das Geschäft mit den CO2-Rechten sogar so lukrativ sein, dass der Investor „signifikante stille Reserven“ sieht. In einem Brief an RWE forderte die aktivistische Investorengruppe in der vergangenen Woche die Abspaltung des Erneuerbaren-Geschäfts von RWE.

Sie hält das Unternehmen aufgrund der Braunkohleaktivitäten am Aktienmarkt für massiv unterbewertet. „Und da sind die CO2-Zertifikate noch gar nicht mit eingerechnet“, sagt Enkraft-Geschäftsführer Benedikt Kormaier im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Nach unseren Schätzungen liegen die aus den CO2-Zertifikaten und Derivaten resultierenden stillen Reserven zwischen zehn und 13 Milliarden Euro.“ Und das sei noch konservativ kalkuliert. 

In der Tat könnte sich die Frage nach einem Verkauf der Zertifikate in den nächsten Jahren noch öfter stellen. „Wenn die Strompreise auf dem heutigen Niveau bleiben, dann kann RWE damit die Kosten decken. Aber die Tendenz geht eher dahin, dass die Strompreise nicht auf diesem hohen Niveau bleiben“, glaubt Energieexperte Felix-Christian Matthes vom Öko-Institut. Wenn die Strompreise sinken, könne es durchaus attraktiv sein, die gesicherten Zertifikate zu verkaufen, so Matthes.

So positiv die Aussichten für RWEs Kohlekraftwerke in diesem Jahrzehnt auch sind, so unsicher sind sie darüber hinaus.

Es ist eine riskante Wette auf die Zukunft der Strompreise. Trotzdem ist RWE nicht der einzige Akteur, der clever mit CO2-Rechten handelt. Viele Hedgefonds haben sich langfristig mit den Verschmutzungsrechten eingedeckt und spekulieren auf steigende Preise. Und auch Konkurrenten von RWE haben sich nach Informationen des Handelsblatts eingedeckt – in Einzelfällen ebenfalls bis 2030.

Aber auch die Konkurrenz hält sich bei dem Thema offiziell lieber bedeckt. Ein Sprecher der ostdeutschen Leag, des zweitgrößten Förderers von Braunkohle in Deutschland, teilte auf Anfrage mit, das Unternehmen wolle „zu diesen Fragen, die betriebsinterne Details betreffen, keine Stellung nehmen“.

Ähnlich äußerte sich der Düsseldorfer Energiekonzern Uniper. „Da die Märkte nur auf wenige Jahre im Voraus liquide sind, hedgen wir meist nicht weiter als drei bis vier Jahre in die Zukunft“, teilte ein Sprecher des Unternehmens auf Anfrage lediglich mit.

Auch EnBW wollte sich „aus Wettbewerbsgründen“ nicht genauer zu dem Kauf von CO2-Zertifikaten äußern. Aus einer Präsentation für Investoren geht allerdings hervor, dass auch der Energiekonzern aus Baden-Württemberg vorgesorgt hat. So sind selbst 2024 immerhin schon bis zu 30 Prozent der Emissionen abgesichert. 

So positiv die Aussichten für RWEs Kohlekraftwerke in diesem Jahrzehnt auch sind, so unsicher sind sie darüber hinaus. Zumindest bei einer Regierungsbeteiligung der Grünen wird mit einer Debatte um einen auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg gerechnet.

Und selbst wenn nicht, sind die wirtschaftlichen Aussichten düster, da dann die Absicherung gegen die CO2-Preise ausläuft. „Wir erwarten, dass RWEs Braunkohleflotte in die Verlustzone rutscht, sobald das strategische Hedging 2030 ausläuft – und die Flotte komplett dem CO2-Preis ausgesetzt ist“, schreiben die Analysten von JP Morgan.


Tip von Ingo