Am Mittwoch, 30. Juni, fand in Bochum die erste Klimaschutzkonferenz für Schulen statt.
Teilgenommen haben rund 20 Schülerinnen und Schüler sowie zehn Lehrerinnen und Lehrer der Willy-Brandt-Gesamtschule, der Köllerholzschule, des Neuen Gymnasiums, der Hildegardis-Schule, der Matthias-Claudius-Gesamtschule, der Rudolf-Steiner-Schule und der Schiller-Schule. Außerdem präsentierte die Nelson-Mandela-Schule ihre Aktivitäten auf einer extra für die Konferenz eingerichteten digitalen Pinnwand.
Viele Schulen sind schon von sich aus aktiv geworden und setzen in ihrer Einrichtung klimafreundliche Projekte um. So werden auf Schulhöfen bienenfreundliche Beete angelegt und Insektenhotels gebaut, Schülerinnen und Schüler stellen in UpCycling-Kursen und AGs aus alten, vermeintlich nicht mehr brauchbaren Dingen und Verpackungen neue Produkte her, wie Taschen, Blumentöpfe, Schmuck und vieles mehr. Sie motivieren ihre Schulgemeinschaft durch Wettbewerbe und den Bau von Fahrradständern, mehr mit dem Fahrrad zur Schule zu kommen. In Schulläden werden ökologische Schulmaterialien, faire Süßigkeiten sowie Produkte aus eigener Herstellung – auch aus dem eigenen Schulgarten – verkauft. Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich mit Müllvermeidung und stellen Bienenwachstücher her. Im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht und in Workshops wird in spannenden Experimenten der Frage nach Alternativen zum Verbrennungsmotor, nach erneuerbaren Energien oder aber nachhaltiger Versorgung mit Lebensmitteln nachgegangen. Selbstgedrehte Stop-Motion-Filme halfen dabei, auch komplexe Sachverhalte auf leichte und unterhaltsame Art und Weise verständlich zu machen.
Was die gesamtstädtische Entwicklung betrifft, formulierten die Konferenzteilnehmerinnen und –teilnehmer drei Hauptziele: Die Stadt solle autofrei werden, es müsse mehr für das Rad getan werden, der Nahverkehr müsse günstiger werden. Insgesamt solle Bochum grüner und erneuerbar werden – so die Wünsche der Konferenz für Schulen und Stadt.
Die Bochumer Klimaschutzkonferenz für Schulen fand statt als Online-Veranstaltung im Rahmen des Projektes „Klimaschutz: So machen WIR’s!“. Dieses wird gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch die Nationale Klimaschutzinitiative.
Wirkung eines generellen Tempolimits auf Bundesautobahnen auf die Treibhausgasemissionen
Ein generellen Tempolimits auf Bundesautobahnen kann zum Klimaschutz im Verkehrs beitragen. Mit aktuellen Daten zu den Geschwindigkeiten von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen auf Bundesautobahnen und detaillierten Werten zu deren Kohlendioxid-Emissionen in Abhängigkeit der Geschwindigkeit wurde die Wirkung eines generellen Tempolimits auf Bundesautobahnen auf die Treibhausgasemissionen des Verkehrs berechnet.
Die Vorgehensweise, Berechnungsschritte, verwendeten Eingangsdaten und getroffenen Annahmen werden in der vorliegenden Kurzstudie detailliert beschrieben. Als Ergebnis werden für ein generelles Tempolimit von 100 km/h, 120 km/h und 130 km/h auf Autobahnen die Treibhausgas-Minderungen bestimmt. Downloaden
Von “purer Ideologie” bis “zentraler Baustein für Vision Zero”
heise online hat bei verschiedenen Unternehmen und Organisationen nachgefragt, die mit dem Straßenverkehr auf Autobahnen zu tun haben.
So unterschiedlich können die Sichtweisen auf einen Fakt sein. Ein allgemeines Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen sei kein Allheilmitteln, denn die Zahl der Verunglückten in Ländern mit einem Limit hebten sich nicht pauschal positiv von der Zahl in Deutschland ab, schreibt das Institut für Zweiradsicherheit (IFZ) in einer Stellungnahme für heise online. “Deutschland liegt hinsichtlich der Getötetenzahlen pro 1000 Autobahnkilometer im europäischen Vergleich im Mittelfeld.” Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) versah in einem Beschluss vom 11. Mai 2020 diesen Umstand mit einem anderen Unterton: “Im Vergleich aller EU-Staaten auf Basis der OECD-Daten liegt Deutschland in der Verkehrssicherheit auf Autobahnen nur im Mittelfeld.”
Ein generelles Tempolimit sei “pure Ideologie”, meint der AvD, der gegenüber heise online auf seine allgemeinen Standpunkte verweist. Darin schreibt er, mehrspurige Fahrstraßen, also Autobahnen seien statistisch gesehen die sichersten. So sei es 2014 pro 1 Milliarde Kilometer kumulierter Fahrleistung zu 1,6 unfallbedingten Sterbefällen gekommen, Lkw- und Bus-Unfälle eingeschlossen.
Getötete Motorradfahrende
Ähnlich sieht es das IFZ; es erklärte, “trotz höherer möglicher Geschwindigkeiten sind Autobahnen in Deutschland hinsichtlich der gefahrenen Kilometer ein vergleichsweise sicherer Verkehrsbereich”. Der Anteil der dort verunglückten Verkehrsteilnehmenden sei relativ gering. “Der detaillierte Blick auf die Gruppe der Motorradfahrenden zeigt, dass von allen verunglückten Kraftradnutzern rund 3 Prozent auf Autobahnen verunglücken. Bei den getöteten Motorradfahrenden ist es ein Anteil von 5,6 Prozent”.
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Volkswagen-Chef Herbert Diess, der Autobahnen mit Freiheit in Verbindung bringt, geht ebenfalls auf “Disharmonie” auf Autobahnen ein: “Heute stellen große Geschwindigkeitsunterschiede zwischen einem Lkw mit 80 km/h und einem Pkw mit 250 km/h noch eine Gefahrenquelle dar.” Er meint aber, dass diese in Zukunft leicht vermieden werden könne, und zwar mit intelligenten Verkehrsleitsystemen und autonomem Fahren. Diess kann sich nicht vorstellen, “dass wir in zehn oder 15 Jahren noch in nennenswertem Umfang größere Autobahnunfälle haben werden”.
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So wie sich Volkswagen in Sachen Elektromobilität als Vorreiter sieht, durch die auch nach Meinung des CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet das Argument Umweltschutz für ein Tempolimit entkräftet wird, sieht sich Mercedes-Benz als “Pionier von Sicherheitstechnologien”. Systeme wie aktive Geschwindigkeitsassistenten würden von den Kunden sehr akzeptiert, schreibt das Unternehmen heise online. “Aus unserer Sicht sollte die Entscheidung der Geschwindigkeitsvorgaben nicht allgemein, sondern zielgenau und angepasst an die Situation erfolgen. Digitale Lösungen können dabei eine intelligente Steuerung des Verkehrs ermöglichen und dynamisch auf Faktoren wie Witterung, Uhrzeit oder Verkehrslage reagieren.” Künftig werde das Thema durch Elektromobilität und autonomes Fahren ohnehin eine andere Relevanz haben.
Analoge Schilder
So passen auch für den Verband der Automobilindustrie (VDA) “analoge Blechschilder” nicht in das digitale Zeitalter, wie der VDA gegenüber heise online erläutert. Eine starre Verkehrsregelung sei nicht mehr zeitgemäß, das Tempo müsse digital an die Verkehrssituation und die Wetterbedingung angepasst werden können.
“Auf einer leeren Autobahn bei trockener Fahrbahn und guter Sicht eine generelle Tempobegrenzung vorzusehen, wird von den Menschen zu Recht als nicht sinnvoll empfunden”, meint der VDA. Dynamische Limits, die sich an der jeweiligen Lage orientieren, fänden unter den Verkehrsteilnehmern nachweislich viel höhere Akzeptanz.
Diesem Tenor folgt auch der BGL, der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung. Er spricht sich gegenüber heise online für eine intelligente Verkehrsführung aus, bei der dynamische Verkehrszeichen die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit der jeweiligen Verkehrssituation anpassen. “Die Praxis zeigt zudem, dass die Akzeptanz dynamischer Geschwindigkeitsanzeigen deutlich höher ist als die von stationären Verkehrsschildern.”
Der VDA meint – im Gegensatz zum ACE –, auf Strecken ohne Tempolimit des deutschen Autobahnnetzes gebe es durchschnittlich nicht mehr Unfälle mit Personenschäden als auf gebremsten Strecken. Auch sei der Klimaeffekt durch ein generelles Tempolimit gering. Die CO2-Emissionen in Deutschland ließen sich durch ein Tempolimit von zum Beispiel 120 km/h um etwa 0,3 Prozent senken. Ein Tempolimit von 130 km/h hätte einen entsprechend noch geringeren Klimaeffekt.
Made in Germany
Für den AvD erscheint “wenig plausibel, dass die Einführung einer generellen Tempobeschränkung auf weiteren 1,4 Prozent des deutschen Straßennetzes einen relevanten Effekt auf die CO2-Emissionen und damit auf den Klimaschutz haben soll”. Bei der Angabe des Einsparungspotenzials werde offensichtlich von der falschen Annahme ausgegangen, dass auf Autobahnabschnitten ohne Tempolimit alle Autofahrer permanent mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs seien. Nicht selten sei die Verkehrsdichte auf solchen Strecken so hoch, dass ohnehin kaum mehr als Richtgeschwindigkeit gefahren werden könne. Lasse die Verkehrslage es doch zu, auch schneller zu fahren, werde dies nur von einem Teil der Autofahrer genutzt.
Der ACE, der ein Tempolimit von 130 km/h hervorhebt als “zentralen Baustein, um die Vision Zero zu erreichen”, sieht die Geschwindigkeitsbegrenzung als Antrieb für die deutsche Automobilindustrie, sich durch Innovationen in die Verkehrssicherheitstechnik im weltweiten Wettbewerb zu behaupten. “Insbesondere für den enormen Exportanteil der in Deutschland gefertigten Fahrzeuge ist Höchstgeschwindigkeit weniger ein Verkaufsargument als technischer Fortschritt in Sicherheit sowie in nachhaltigen Antriebsformen mit dem Gütesiegel ‘Made in Germany’. Unter “Vision Zero” versteht der ACE wie die Bundesregierung, möglichst wenige Tote im Straßenverkehr zu erreichen. Die Regierung erwähnte in ihrem Verkehrssicherheitsprogramm allerdings kein Tempolimit für Autobahnen.
Ein generelles Tempolimit auf Bundesautobahnen könnte die Treibhausgasemissionen jährlich je nach Ausgestaltung um 1,9 bis 5,4 Millionen Tonnen verringern. Das ist das Ergebnis aktueller Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA). Dirk Messner, Präsident des UBA: „Ein Tempolimit auf Autobahnen hilft uns, die Treibhausgasemissionen des Verkehrs in Deutschland zu senken. Bei Tempo 120 km/h liegen die Einsparungen bei 2,6 Millionen Tonnen jährlich. Selbst ein Tempolimit von 130 km/h reduziert die Emissionen bereits um 1,9 Millionen Tonnen – und zwar sofort und praktisch ohne Mehrkosten.“ Für ein Tempolimit von 100 km/h ergäben sich sogar jährliche Treibhausgasminderungen in Höhe von 5,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten. Die Berechnungen des UBA basieren auf aktuellen Verbrauchsdaten von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Zudem wurden Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen zu Geschwindigkeiten auf Autobahnen herangezogen.
Grünen-Chef Robert Habeck nannte erst kürzlich die Einführung von Tempo 130 als oberstes Ziel, sollte seine Partei nach der kommenden Bundestagswahl Teil der Regierung sein. Selbst gegen einen möglichen Koalitionspartner wolle man das Vorhaben durchboxen. Die Meinungen der anderen Parteien zu einem Tempolimit sind verschieden: Während die Linke sogar ein Limit von 120 Stundenkilometern fordert, gibt es in der Union noch Vorbehalte. Die SPD würde ein Tempolimit ebenfalls begrüßen.
(09.07.21, von Wirtschaftswoche , Original : hier)
Schafe und Pferdestärken – in der ländlichen Gegend um die südchilenische Stadt Punta Arenas entsteht in den kommenden Monaten eine Anlage zur Herstellung von klimaneutralem Sprit. Der soll künftige Porsche 911 mit Verbrennungsmotor sauber machen.
Porsche-Chef Oliver Blume ist bekennender Fan des Elektroantriebs: „Wir werden bis 2025 bereits über 50 Prozent unserer Fahrzeuge elektrisch verkaufen“, sagt er im Podcast „Chefgespräch“ mit WirtschaftsWoche-Chefredakteur Beat Balzli. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen es gar mehr als 80 Prozent der Produktion sein, die mit E-Antrieb ausgestattet ist. Doch Blume weiß auch, dass nicht jedes Modell elektrisch funktioniert.
Der klassische 911-er Sportwagen mit seinem röhrenden Boxermotor und den Glubschaugen-Scheinwerfern etwa – ein Kultauto, das wie kein anderes für die Marke steht. Er soll weiter als Verbrenner vom Band rollen. Damit das die Klimabilanz des Konzerns nicht allzu sehr verhagelt, hat sich Porsche einem Projekt von Siemens Energy und dem italienischen Versorger Enel angeschlossen.
Das Konsortium baut in Chile die weltweit erste Produktionsanlage auf, die Sprit ausschließlich aus Grünstrom, Wasser und Luft herstellt. Was sich nach moderner Alchemie anhört, heißt im Fachjargon Power-to-Liquid-Verfahren.
Mithilfe von Windenergie werde am Produktionsstandort künftig aus Wasser Wasserstoff hergestellt und aus dem CO2 in der Luft Kohlenstoff herausgefiltert, sagt Blume. Aus beiden Komponenten lasse sich dann grünes Methanol machen und aus dem wiederum Benzin für Autos, Kerosin für Flugzeuge, Treibstoff für Schiffe – allesamt Kohlenwasserstoffverbindungen. Blume will den in Chile hergestellten CO2-neutralen Sprit nicht nur den CO2-Ausstoß der neu ausgelieferten 911-er kompensieren, sondern auch im Motorsport und in der Fahrzeugerprobung einsetzen sowie wenn die Autos in der Fabrik das erste Mal betankt werden.
1,2 Millionen Tonnen Methanol
Die Bauarbeiten für die Anlage sollen noch diesen Monat beginnen, sagt Markus Speith, der das Projekt bei Siemens Energy federführend vorantreibt. Patagonien ist ihm zufolge geradezu prädestiniert, um dort eine solche Produktion aufzubauen. Während ein Windrad in der Nordsee 2000 bis 2500 Stunden im Jahr unter Volllast laufen kann, sind es an der Südspitze von Chile etwa 6000 Stunden. Dadurch ist die Ausbeute und Effizienz extrem hoch, was die Produktionskosten massiv senkt. „Hinzu kommt, dass die Anden verhindern, dass die Region ans chilenische Stromnetz angeschlossen wird. Daher kann man die Windenergie dort gar nicht anders nutzen, als sie in ein transportables Mediumumzuwandeln“, sagt Speith.
Solche „synthetischen Kraftstoffe machen nur dann Sinn, wenn man sie an Orten auf der Welt produziert, wo nachhaltige Energie im Überschuss vorhanden ist“, erklärt auch Porsche-Chef Blume.
In der chilenischen Provinz Magallanes weht ein außergewöhnlicher starker und beständiger Wind, liegt sie doch nicht weit vom Kap Hoorn entfernt, das für extreme Windstärken bei Seefahrern berüchtigt ist. Bild: imago images
Für die Demonstrationsanlage, die 2022 anlaufen soll, ist anfangs nur eine Windturbine geplant. In der ersten Ausbaustufe aber sollen dann 50 Windturbinen 300 Megawatt liefern. Und in der finalen Stufe 300 große Windräder zwei Gigawatt. Das reicht laut Siemens Energy für etwa 1,2 Millionen Tonnen Methanol im Jahr. Genug für 550 Millionen Liter Fahrzeugbenzin, der Jahresverbrauch von etwa einer Million deutschen Autos.
Mit dem Ausbau der Haru Oni genannten und vom Bund geförderten Anlage sollen auch die Kosten sinken. In der ersten Ausbaustufe rechnet Siemens Energy mit einem Preis von 1,30 Euro je Liter Sprit – einschließlich Transport zur Tankstelle, und das ebenfalls klimaneutral. Bei der zweiten Ausbaustufe, die deutlich vor 2030 erreicht werden soll, ist es gar nur noch ein Euro. Je nachdem, wie viel Mineralölsteuer die Politik aufschlägt, könnte der Sprit also dann mit konventionellem preislich mithalten.
Das Methanol selbst lasse sich außerdem in der Schifffahrt nutzen. So will etwa die Rederei Maersk ihre Schiffe auf Methanolantrieb umstellen. Eine andere Industrie, die Porsche-Chef Blume zufolge bei dem Vorhaben mitmischen will, ist die Luftfahrt. Die Branche arbeitet zwar an elektrischen oder wasserstoffbetriebenen Flugzeugen für Kurz- und Mittelstrecken. Aber auf der Langstrecke wird sie auch nach dem Jahr 2050 nicht an Kerosin vorbeikommen. Darüber sind sich die Experten einig.
Einziger Ausweg aus der Klimafalle: Es muss klimaneutrales Kerosin her. „Das Kernproblem ist, es gibt bisher kein Verfahren, was den Treibstoff in großem Maßstab zu vernünftigen Kosten herstellen kann“, sagt Manfred Hader, Luftfahrtberater und Partner bei der Strategieberatung Roland Berger. Die Produktion des grünen Sprits könne daher nur über Quoten, die die Airlines verpflichten, sauberen Sprit beizumischen, langsam hochgefahren werden. Das sei ein Prozess von 10 bis 15 Jahren.
Porsche und Siemens Energy sind daher nicht die Einzigen, die an Power-To-Liquid-Anlagen arbeiten. In Norwegen will das Norsk-e-Fuel-Konsortium Europas erste Fabrik zur Herstellung von klimaneutralem synthetischen Flugbenzin aufbauen. 2023 soll sie in Betrieb gehen und 2026 etwa 100 Millionen Liter produzieren. Ein Airbus-Jumbo A380 könnte damit etwa 1000 Mal den Atlantik überqueren. An dem Projekt ist unter anderem das Dresdner Elektrolyse-Start-up Sunfire beteiligt, aber auch das Schweizer Unternehmen Climeworks.
Auch in der Wüste wird geplant
Ein weiteres Projekt will Siemens Energy mit Partnern in Abu Dhabi aufziehen. Das dort gewonnene klimafreundliche Flugbenzin soll an die Lufthansa und Etihad Airways gehen. Das Konsortium will dieses aus Wasserstoff gewinnen, der mithilfe von Solarenergie erzeugt wird. Der nötige Kohlenstoff wird hier allerdings aus einer Müllverbrennungsanlage kommen. Der ist dann zwar nicht komplett CO2-neutral, aber ein erster Schritt.
Check von WiWo und ADAC Der große E-Auto-Test Der EU-Klimapakt bringt den Durchbruch des Elektroautos. Doch Fragen bleiben: zu Kosten, Reichweite, Sicherheit, Emissionen. Daten des ADAC geben Antworten. von Martin Seiwert, Stefan Hajek
Und der ist wichtig, denn der Druck auf die Luftfahrt wird zunehmen, prophezeit Berater Hader. Synthetischer Sprit sei der einfachste Weg, den CO2-Ausstoß der Flieger einzudämmen, ohne an die Betankungstechnik an Flughäfen ran zu müssen, oder an das Flugzeugdesign selbst. Wasserstoff- und Elektroflugzeuge erfordern da höhere Infrastrukturinvestitionen.
Zwar gibt es auch grünes Flugbenzin, das aus Pflanzenölen hergestellt wird. So richtig nachhaltig ist das aufgrund des Wasser- und Flächenbedarfs aber nicht. In einer Studie der Beratung Roland Berger heißt es außerdem: „Während aus Pflanzenölen und Fetten hergestelltes nachhaltiges Flugbenzin zurzeit am preisgünstigsten ist, wird es wahrscheinlich aus Grünstrom hergestelltes sein, das am ökonomisch wettbewerbsfähigsten sein wird, wenn die Preise für erneuerbare Energie fallen.“
Keine Massenalternative zum E-Auto
Da auf Flugbenzin anders als bei dem an der Tankstelle kaum Steuern aufgeschlagen werden, wird der Weg zur Wettbewerbsfähigkeit hier wohl etwas schwieriger. Vor der Coronakrise kostete der Liter konventioneller Sprit etwa 45 Cent, beim Höchststand des Ölpreises 2008 waren es um die 70 Cent. Ob sich diese Preise mit Power-to-Liquid in absehbarer Zeit erreichen lassen, bezweifeln Fachleute momentan.
Daraus, dass die Flugindustrie auch künftig auf Sprit setzt, den Rückschluss zu ziehen, dass dies für die Masse der Autos auf der Straße eine ebenso sinnvolle Lösung wäre, hält Porsche-Chef Blume für falsch. „Die Elektromobilität hat eine deutlich bessere Energieeffizienz“, sagt er im Podcast. Luftfahrt und Schifffahrt hätten anders als die Autobranche „in Zukunft keine anderen Möglichkeiten“, als weiter auf synthetischen Treibstoff zu setzen. Batterien würden in einem Containerfrachter oder einem Langstreckenflugzeug einfach zu viel Platz wegnehmen.
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climatecentral.org Weite Teile der deutschen Küste sollen den Forschern nach in Zukunft unter Wasser stehen.
Wurde die Bedrohung durch den Anstieg des Meeresspiegels bislang unterschätzt? Eine Studie kommt zu gravierenden Ergebnissen. Demnach könnten in Zukunft viel mehr Menschen von jährlichen Überflutungen betroffen sein als bislang gedacht- auch in Deutschland
Nach Berechnungen der beiden Forscher Scott Kulp und Benjamin Strauss, die in der Zeitschrift “Nature Communications” veröffentlicht wurden, könnten im Jahr 2100 zwischen 150 und 250 Millionen Menschen in Überflutungsgebieten leben. Sollte der Klimawandel durch unverändert hohen CO2-Ausstoß ungebremst voranschreiten, könnten Ende des Jahrhunderts sogar bis zu 630 Millionen in Bereichen leben, die im Schnitt einmal im Jahr von Hochwasser betroffen sind.
Bislang waren Messungen zu ungenau
Die neuen Schätzungen beruhen auf Messungen mit Laserstrahlen und auf von Algorithmen erzeugten Simulationen. Bislang wurden die Folgen des Meeresspiegelanstiegs auf Grundlage ungenauer Radarmessungen bewertet. Das Problem dabei: Die Topographie von Küstengebieten wurde dabei teilweise falsch eingeschätzt, weil statt der Bodenfläche zum Beispiel die Höhe von Baumkronen gemessen wurde. Viele Städte liegen in Wahrheit also weiter unterhalb des Meeresniveaus als angenommen.
Die neuen Erkenntnisse zeigen, vor welcher Bedrohung die Bewohner in Küstengebieten stehen: Bereits heute sollen schätzungsweise eine Milliarde Menschen in Regionen leben, die weniger als zehn Meter über der derzeitigen Flutlinie liegen, 250 Millionen liegen sogar nur einen Meter darüber. Vor allem in Entwicklungsländern, die sich nicht mit teuren Sicherheitsmaßnahmen schützen können, richten Überflutungen und andere Wetterextreme schon jetzt verheerende Schäden an.
Vor allem Asien wäre von Fluten betroffen
“Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass viel mehr Menschen in bedrohten Gebieten leben als wir dachten”, sagte Co-Autor Benjamin Strauss laut CNN. Strauss ist Geschäftsführer der gemeinnützigen Organisation Climate Central. Die betroffenen Gebiete müssten nun unmittelbare Maßnahmen ergreifen, so Strauss, um “ökonomische und wirtschaftliche Katastrophen” zu verhindern.
Besonders gefährdet sind der Studie zufolge asiatische Staaten. Etwa 70 Prozent der betroffenen Bevölkerung leben in China, Bangladesch, Indien, Vietnam, IndonesienThailand, den Philippinen und Japan. Aber auch in Deutschland würde der Meeresspiegelanstieg Städte unter Wasser setzen.
Auch deutsche Küsten bedroht
Eine interaktive Karte von Climate Central zeigt allerdings, dass auch Küstengebiete in Niedersachsen, die Stadtstaaten Bremen und Hamburg und weite Teile Schleswig-Holsteins betroffen wären. Mit dramatischen Folgen rechnen die Forscher auch in den Niederlanden, Belgien und an der Ostküste Großbritanniens.
(26.10.20 , aus spiegel.de , Original : hier , Auswertung des IPCC-Berichtes)
Der SPIEGEL-Klimabericht zeigt, wie der Klimawandel voranschreitet. Ständig aktuell, basierend auf dem etablierten Stand der Forschung und vollständig transparent. Lesen Sie hier alles über sein Zustandekommen.
Zu den größten Herausforderungen im Kampf gegen den Klimawandel zählt das Auseinanderfallen von Ursache und Wirkung. Die Klimafolgen jeder einzelnen Entscheidung – sei es die Wahl des Verkehrsmittels auf dem Weg zur Arbeit, das Konsumverhalten, oder der gewählte Wohnort – werden nie direkt sichtbar. Dabei führt die Summe all dieser jetzt weltweit getroffenen Entscheidungen zu einer Veränderung des Klimas von morgen.
… Weltweit geht Primärwald verloren und das verbleibende CO2-Budget zur Einhaltung des 2-Grad-Ziels schwindet, während der Ökostromanteil wenigstens bereits andeutet, wie der Wandel zu einer nachhaltigeren Lebensweise aussehen könnte. Der Klimabericht – Daten zur Lage des Planeten
… Welche Daten wir hierfür nutzen, wie wir einzelne Werte berechnen und wie oft sich die Angaben aktualisieren, ist hier dokumentiert:
Erderwärmung
Die dargestellte Temperaturdifferenz ist die Veränderung der globalen Durchschnittstemperatur (gemessen als Lufttemperatur in Bodennähe sowie Oberflächentemperatur der Wasserflächen) gegenüber der vorindustriellen Zeit. Die Angabe stammt aus dem Sonderbericht des Weltklimarats IPCC zur globalen Erwärmung aus dem Jahr 2018 (Zusammenfassung des Berichts).
Basierend auf historischen Beobachtungsdaten aus vier verschiedenen Peer-Review Publikationen wird im IPCC-Bericht für den Zeitraum 2006 bis 2015 eine Erderwärmung von +0,87 Grad (mit mindestens 66 Prozent Wahrscheinlichkeit zwischen +0,75 und +0,99 Grad) gegenüber der Periode 1850-1900 ermittelt.
In Kombination mit der aktuellen Geschwindigkeit der Erderwärmung von circa 0,2 Grad pro Jahrzehnt, ergibt sich für das Jahr 2020 als wahrscheinlichster Wert eine Erderwärmung von rund +1,1 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit (vollständiges Kapitel “Framing and Context” des IPCC-Sonderberichts, S. 56-59). Der dargestellte Wert ist fest in der Grafik hinterlegt und wird nur angepasst, falls sich Änderung am etablierten Stand der Forschung ergeben sollten.
Prinzipiell fällt die Erderwärmung über Landflächen höher aus als über dem Meer und so leben Menschen in zahlreichen Weltregionen bereits heute mit einem Temperaturanstieg von mehr als einem Grad. Dies gilt auch für Deutschland: Die Jahresmitteltemperatur ist bundesweit seit dem Jahr 1881 um wohl mindestens +1,6 Grad (linearer Trend auf Basis von DWD Temperatur-Zeitreihen), wenn nicht gar bereits +2,0 Grad angestiegen (nicht-linearer Trend, der die zunehmende Geschwindigkeit der Erderwärmung berücksichtigt. Mehr dazu hier).
Meeresspiegelanstieg
Die Grafik zeigt den durchschnittlichen globalen Meeresspielanstieg zum aktuellen Zeitpunkt gegenüber dem Jahr 1880. Als Grundlage dienen auch hier Angaben des IPCC, in diesem Fall aus dessen fünftem Sachstandsbericht (Arbeitsgruppe The Physical Science Basics,Kapitel Observations: Ocean, S. 285-287). Ihnen gefällt diese Art Journalismus?
Daten, Zahlen, Analysen: Hier finden Sie unsere besten datengetriebenen Recherchen und Datenvisualisierungen. Mehr von SPIEGEL Data
Basierend auf Daten von Gezeitenstationen weltweit wird darin für den Zeitraum 1880 bis 2009 ein durchschnittlicher globaler Meeresspiegelanstieg von 210 Millimetern berechnet (nach Church & White 2011). Die Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs hat sich in den vergangenen Jahrzehnten beschleunigt und wird für den Zeitraum von 1993 bis 2009 auf 3,2 Millimeter jährlich geschätzt. Satellitengestützte Beobachtungen liefern weitestgehend übereinstimmende Werte.
Für die Grafik berechnet wurde der Anstieg bis 2009 (210 Millimeter), plus ein jährlicher Anstieg von 3,2 Millimetern. Gerundet ergibt sich ein Meeresspiegelanstieg von 25 Zentimetern gegenüber dem Jahr 1880. Dieser Wert ist fest in der Grafik hinterlegt und wird nur angepasst, falls sich Änderungen am etablierten Stand der Forschung ergeben sollten.
Arktisches Meereis
Die Ausdehnung des arktischen Meereises ist jahreszeitlich bedingt starken Schwankungen unterworfen. Für den Klimabericht wird folglich ein Vergleich der derzeitigen Fläche des Meereises mit dem langjährigen Durchschnitt (1981-2010) für denselben Tag des Jahres angestellt. Beide dabei verwendeten Werte stammen vom National Snow & Ice Data Center (NSIDC), einer US-amerikanischen Forschungseinrichtung, die auf die Bereitstellung von Daten sowie die Kryosphärenforschung spezialisiert ist.
Das NSIDC veröffentlicht täglich Daten zur Ausdehnung von Meereisflächen weltweit, die mittels kontinuierlicher Satellitenbeobachtung gewonnen werden (genannt Sea Ice Index), sowie historische Referenzdaten. Für die Berechnung der Größenabweichung des arktischen Meereises gegenüber dem historischen Durchschnitt wird alle sechs Stunden automatisiert der neueste verfügbare Wert des Sea Ice Index abgerufen und mit dem arithmetischen Mittel für denselben Tag des Jahres aus der Periode 1981-2010 abgeglichen. Die ermittelte Differenz wird im Klimabericht als Prozentwert dargestellt.
Waldverlust
Statistiken zum Waldverlust weltweit sind oft mit großer Unsicherheit behaftet. Mittels Satellitenbeobachtung kann der Verlust von Waldflächen weltweit beobachtet werden. Weniger eindeutig ist allerdings die Erfassung der anschließenden Nutzung (findet eine Wiederaufforstung statt oder ist die Waldfläche dauerhaft verloren?).
Ökologisch besonders wertvoll sind Primärwälder, also ursprüngliche Waldflächen frei von menschlichen Eingriffen – auch “Urwälder” genannt. Sie weisen eine besonders große Biodiversität auf, speichern große Mengen CO2 und selbst eine Wiederaufforstung an derselben Stelle hätte ökologisch nicht denselben Wert.
Im Klimabericht dargestellt wird eine laufende Hochrechnung der Fläche an besonders wertvollem tropischen und subtropischen Primärwald, die derzeit weltweit verloren geht. Präzise tagesaktuelle Daten liegen hierfür nicht vor. Stattdessen wurde der durchschnittliche jährliche Flächenverlust dieser Wälder aus den Jahren 2001 bis 2018 (basierend auf Satellitenbeobachtungen, Auswertung durch Global Forest Watch) als Grundlage genommen. Die in diesem Zeitraum verloren gegangenen 60,5 Millionen Hektar entsprechen einem Flächenverlust von 0,149 Fußballfeldern pro Sekunde.
CO2-Budget
Durch menschliche Aktivitäten ausgestoßene Treibhausgase (zu rund 80 Prozent CO2) sind der Haupttreiber der Erderwärmung. Basierend auf diesem Zusammenhang lässt sich eine verbleibende Menge an CO2 berechnen, die die Menschheit noch ausstoßen darf, um die Erderwärmung auf einem bestimmten Maximalwert zu begrenzen. Das sogenannte CO2-Budget.
Für die Darstellung im Klimabericht wird das verbleibende CO2-Budget verwendet, um den Temperaturanstieg mit 67 Prozent Wahrscheinlichkeit auf maximal 2,0 Grad zu begrenzen (basierend auf Klimamodellrechnungen, die durchgehend mit Lufttemperaturen arbeiten. Methodische Details können Sie hier nachlesen).
Laut IPCC verblieben der Menschheit hierfür zum 1.1.2018 noch Emissionen in Höhe von 1170 Milliarden Tonnen. Pro Jahr werden weltweit derzeit 42 Milliarden Tonnen freigesetzt, oder in Sekunden umgerechnet: 1332 Tonnen (Kapitel Mitigation Pathways im IPCC-Sonderbericht zur globalen Erwärmung, S. 107-108).
In der Grafik werden vom 1.1.2018 insgesamt zur Verfügung stehenden Budget sekündlich 1332 Tonnen abgezogen. Ausgangswert sowie sekündliche Änderungsrate werden nur angepasst, falls sich Änderungen am etablierten Stand der Forschung ergeben sollten.
Ökostrom
Als Ökostromanteil wird hier der Anteil regenerativer Energien an der Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung in Deutschland dargestellt. Im Gegensatz zur Bruttostromerzeugung werden bei der Nettostromerzeugung elektrische Verluste der Kraftwerke, die direkt im Kraftwerk verbraucht werden, nicht mitberücksichtigt. Die Angaben entsprechen somit dem Strommix, der tatsächlich zu Hause aus der Steckdose kommt und der im Haushalt verbraucht wird oder mit dem auch Elektrofahrzeuge öffentlich geladen werden.
Die Angabe stammt von energy-charts.info, einer Webseite des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, die Angaben der Netzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet, TransnetBW sowie der europäischen Strombörse EEX und der ENTSO-E Transparency Platform aufbereitet und veröffentlicht.
Als Ökostromanteil wird der Anteil der erneuerbaren Energien, also von Wasserkraft, Windkraft, Biomasse und Solarenergie, an der Nettostromerzeugung berechnet (genauere Informationen zu den einzelnen Energieträgern finden Sie hier). Die Daten werden stündlich aktualisiert und stehen in der Regel mit einer Verzögerung von zwei bis drei Stunden bereit.
Seit dem 30.10.2020 wird das verbleibende CO2-Budget als “Wert bis die Zwei-Grad-Marke erreicht ist” beschriftet. Zuvor wurde der Begriff “Zwei-Grad-Ziel” verwendet, der sich nur schwer eindeutig in ein CO2-Budget umrechnen lässt.
Seit dem 3.12.2020 wird die Erderwärmung mit +1,1 Grad Celsius anstatt zuvor mit +1,0 Grad angegeben. Hintergrund ist der Wechsel der Berechnungsgrundlage für die Erderwärmung im vergangenen Jahrzehnt. Zuvor wurde hier ein Wert aus einer im IPCC-Bericht zitierten Einzelpublikation verwendet (+0,17 Grad), mittlerweile ein an derselben Stelle veröffentlichter Wert, der sich auf mehrere Publikationen stützt (+0,2 Grad).
Eine neue Studie belegt: Die Erderwärmung macht Hitzewellen weltweit wahrscheinlicher. Der Klimawandel ist längst eine reale Bedrohung.
Abstrakte Sachen stellt sich jeder ein bisschen anders vor. Gerechtigkeit zum Beispiel. Gött:innen wahrscheinlich auch. Selbst ein einfaches Wort wie Tisch erweckt bei dem einen das Bild einer reich gedeckten Tafel, bei der nächsten das einer kleinen Ablage. Beim Klimawandel scheinen die Bilder besonders weit auseinanderzuliegen.
Manche Politiker:innen stellen ihn sich wohl ungefähr wie einen Staubsaugervertreter vor. Der klopft vorsichtig an, dann kann man bei einer Tasse Kaffee endlos über Preise und Lieferzeiten verhandeln. Ein bisschen nervig, na klar, aber irgendwann geht er schon wieder.
Dass der Klimawandel ganz anders aussieht, legt die gegenwärtige Wirklichkeit leider allzu deutlich offen: In das westkanadische Dorf Lytton kam er in der vergangenen Woche zum Beispiel als Feuerwalze. Fast der gesamte Ort brannte nieder, mindestens zwei Menschen starben. Der Brand wurde begünstigt durch eine extreme Hitzewelle, die im Westen Kanadas und im Nordwesten der USA herrschte und Hunderte Hitzetote forderte. In Lytton hatte man zuvor 49,6 Grad Celsius gemessen. Absoluter Rekord in Kanada.
Da hört man diejenigen, deren Weltbild in einer Zeit verhakt ist, in der es noch Staubsaugervertreter:innen gab, direkt fragen: Kann man sich überhaupt sicher sein, dass das jetzt der Klimawandel ist? Kurz gesagt: Ja. Laut dem Weltklimarat IPCC hat der Klimawandel Hitzewellen mit „hoher Zuverlässigkeit“ in den meisten Regionen schon jetzt häufiger und intensiver gemacht. Dass es generell schon merkliche Auswirkungen gibt, ist eigentlich auch kein Wunder, schließlich hat sich die Erde schon um rund 1,2 Grad erhitzt.
Die Klimatolog:innen der Forschungsgruppe World Weather Attribution haben nun aber in einer Schnellstudie noch mal ganz genau hingeguckt und ermittelt: Die vom Menschen ausgelöste Erderhitzung hat die Hitzewelle in Nordamerika mindestens 150-mal wahrscheinlicher gemacht. Anders gesagt wäre sie ohne Klimawandel „praktisch unmöglich“ gewesen. Die Zeiten, in denen der Klimawandel abstrakt war, sind leider vorbei.
Die CO2-Uhr des MCC veranschaulicht, wieviel CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden darf, um die globale Erwärmung auf maximal 1,5°C beziehungsweise 2°C zu begrenzen. Mit wenigen Klicks können Sie die Schätzungen für beide Temperaturziele vergleichen und sehen, wieviel Zeit im jeweiligen Szenario bleibt.
Als wissenschaftliche Grundlage für die CO2-Uhr verwenden wir ausschließlich Daten des Weltklimarats IPCC, die den gesicherten Stand der Forschung darstellen. Der IPCC hat seine Abschätzung des verbleibenden CO2-Bugets zuletzt im Herbst 2018 aktualisiert, mit der Vorlage seines Sonderberichts über „1,5 Grad Celsius globale Erwärmung“. Die nächste Aktualisierung der CO2-Uhr wird wahrscheinlich mit Blick auf den Sechsten Sachstandsbericht des IPCC erfolgen.
Laut dem Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel (siehe hier, Tabelle 2.2) können, gerechnet ab Ende 2017, noch knapp 420 Gigatonnen (Gt) CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden, um das 1,5-Grad-Ziel nicht zu verfehlen. Zugleich wird der jährliche Ausstoß von CO2 – durch Verbrennen fossiler Brennstoffe, Industrieprozesse und Landnutzungsänderungen – auf circa 42 Gt beziffert; rechnerisch entspricht dies 1332 Tonnen pro Sekunde. Bei konstanten Emissionen wäre dieses Budget von jetzt ab gerechnet in weniger als sieben Jahren aufgebraucht. Das Budget von circa 1170 Gt für das Zwei-Grad-Ziel wäre in etwa 25 Jahren erschöpft.
Die Uhr tickt also weiter und zeigt wie wenig Zeit den politischen Entscheidern bleibt. Als Besucher der MCC-Website können Sie interaktiv nachvollziehen, welche politischen Ziele welchen Zeitrahmen für konkretes Handeln lassen:
Links oben wird Ihnen mit einem Klick das Szenario für das 2-Grad-Ziel angezeigt, rechts für das 1,5-Grad-Ziel – in beiden Fällen zeigt die Uhr das noch verbleibende CO2-Budget – und die verbleibende Zeit. Die CO2-Uhr des MCC bezieht sich ausschließlich auf das verbleibende Restbudget für CO2. Aber bei der Berechnung des Restbudgets wird die Beitrag anderer Treibhausgase zur Erderwärmung im Voraus abgezogen.
Die Idee des CO2-Budgets fußt auf einem nahezu linearen Zusammenhang zwischen den kumulativen Emissionen einerseits und dem Temperaturanstieg andererseits. Aus dem Ablaufen des verfügbaren CO2-Budgets zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels lässt sich indes nicht ableiten, dass sich die Erde dann um 1,5 Grad erwärmt hätte. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Reaktion der Emissionen auf die Temperatur erst später sichtbar wird als beim reinen Blick auf die Konzentration der Emissionen in der Atmosphäre.
Mit der Aktualisierung der CO2-Uhr des MCC auf Grundlage des IPCC-Sonderberichts geht zugleich eine technische Veränderung einher: Bisher hatte der Weltklimarat die Größe des Budgets in Form von einer geringeren (33 prozentigen), einer mittleren (50 prozentigen) und einer hohen Wahrscheinlichkeit (66 prozentigen) abgebildet. Im Lichte der neuen Erkenntnisse sprechen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun davon, dass das errechnete Budget von 420 Gt für das 1,5-Grad-Ziel mit 66 Prozent der untersuchten Szenarien erreichbar ist. Damit werden Unsicherheiten verlagert: Weg von der Wahrscheinlichkeit, das Temperaturziel einzuhalten – und hin zu der Wahrscheinlichkeit, dass die Modelle das Ziel einhalten.
Auch wenn die CO2-Uhr eine präzise Messung der verbleibenden Zeit für aktiven Klimaschutz suggeriert, so bleiben doch viele Unsicherheitsfaktoren bestehen, die sich unter anderem aus unterschiedlichen Definitionen des 1,5°C-Ziels, unterschiedlichen Annahmen über die Klimasensitivität und den Grad der bisherigen Erwärmung sowie der zukünftigen Entwicklung anderer Treibhausgase ergeben. Weiterhin ist der Berechnung zugrunde gelegt, dass die jährlichen Emissionen auf dem Niveau von 2017 verharren, während die neuesten Zahlen zeigen, dass die Emissionen immer noch steigen.
In einem Interview mit der Züricher Wochenzeitung WOZ hat MCC-Generalsekretärin Brigitte Knopf ausführlich erklärt, wie die CO2-Uhr den Klimawandel veranschaulicht und die Dringlichkeit politischen Handelns anzeigt.
Die Sintflut kommt – und die Feuerwehr ist schon da. Forscher aus Bochum sind lokalem Starkregen auf der Spur. Wie ihre Prognose funktioniert.
Stellen Sie sich vor, die Sintflut kommt, der Keller läuft voll — und die Feuerwehr steht schon vor der Tür und packt Pumpen und Schläuche aus. Möglich machen könnte dieses Szenario ein Projekt aus Bochum. Forscher wollen die lokale Starkregen-Prognose in unserer Stadt mit Hilfe eines aus 580 Sensoren bestehenden Messsystems revolutionieren.
‟Bei Unwetter und Starkregen hilft jede Minute”, sagt Henning Oppel, einer der Entwickler. ‟Bislang können alle, auch die Feuerwehr, immer nur auf den Starkregen reagieren. Mit Hilfe unseres Systems wird es künftig möglich sein, ihn auf den Meter genau vorherzusagen.”
Forscher aus Bochum wollen lokalen Starkregen vorhersagen
Die Feuerwehr könne so frühzeitig am Einsatzort sein, die Stadt das Wasser in ihren Kanälen wettergerecht steuern, die Bogestra ihre U-Bahnen stoppen, Bürger Fenster und Türen schließen und ihr Hab und Gut im Keller sichern. Wer Wäsche zum Trocknen in den Garten hänge, könne auch das genauer planen. Die Daten des Projektes sollen öffentlich einsehbar sein.
Pro Viertel-Quadratkilometer wollen die Forscher in Bochum in den kommenden Monaten einen Regensensor aufstellen. Ein sogenannter Prellteller zeichnet live auf, wie viel Regen wo vom Himmel fällt. Die Daten lassen Rückschlüsse zu auf die Wassermenge, aber auch auf die Zugrichtung der Wolken. So sollen Starkregen-Prognosen kurzfristig möglich werden. Drei Firmen arbeiten an dem Projekt
An dem Projekt ‟25 square” arbeiten drei Firmen aus Bochum: Okeanos Consulting, Auto-Intern und das Bochumer Institut für Technologie.
Okeanos ist eine junge Ausgründung aus der Ruhr-Universität Bochum, die sich auf die Digitalisierung der Wasserwirtschaft spezialisiert hat. Im Fokus stehen praktische Probleme in der Versorgung und Aufbereitung von Wasser. Gründer sind Henning Oppel und Benjamin Mewes.
Auto-Intern entwickelt und produziert bereits seit über 20 Jahren Diagnose-Elektronik. Unter der Leitung von Odin Holmes und Stephan Bökelmann hat sich die GmbH in den vergangenen sechs Jahren von einem reinen Kfz-Diagnoseunternehmen hin zu einem Dienstleister für Auftragsforschung und -Entwicklung gewandelt.
Das Bochumer Institut für Technologie wurde gemeinsam von Unternehmen, Hochschulen und der Stadt Bochum gegründet, um wissenschaftliche Erkenntnisse der Region vermehrt für wirtschaftliche Wertschöpfung zu nutzen.
‟25 square” heißt das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und Stadt Bochum geförderte Forschungsprojekt. 94.000 Euro flossen in die Machbarkeitsstudie, die Ende des Monats abgeschlossen sein soll. Im Herbst wollen die Entwickler den Förderantrag zur Realisierung stellen. Bei Kosten von 250 bis 300 Euro pro Messstation geht es inklusive Material und Personalkosten um eine mittlere sechsstellige Summe.
Sensoren messen 105 Liter Regen pro Quadratmeter
Pünktlich zum ersten großen Unwetter dieses Sommers installierten die Forscher im Juni erste Sensoren. An der Sternwarte in Bochum zeichnete das System am vergangenen Dienstag — hochgerechnet — 105 Liter Regen pro Quadratmeter auf.
Eine Kachelmann-Wetter-Station in Bochum habe indes in der Spitze nur 60 Liter ausgewiesen — für die Forscher ein Beleg, wie groß die Unterschiede auf kleinstem Raum sein können.
‟Diese Unterschiede lassen sich mit den vorhandenen Messnetzen kaum erfassen”, sagt Projektleiterin Tabea Röthemeyer, Ingenieurin der Auto-Intern-Gmbh. Zusammen mit ihren Kollegen vom Bochumer Institut für Technologie und Okeanos Consulting entwickelte sie das kleinteilige Sensorensystem ‟25 square”.
Forscher arbeiten an einem Fahrplan für Wolken
Herzstück ist eine Software, die die Daten der Sensoren auswertet. Zurzeit arbeitet das Team daran, die Menge dieser Daten zu reduzieren, um eine drahtlose Übertragung möglich zu machen. Perspektivisch soll das engmaschige Netz von Sensoren ‟einen präzisen Verlauf und die Intensität einer Regenwolke analysieren und vorhersagen”, heißt es. ‟Wir wollen einen Fahrplan für Wolken anbieten”, so Röthemeyer. Feuerwehr Modernisierung der Feuerwehr schreitet trotz Corona voran
Nicht nur das. Auch die Architektur der Stadt soll in die Berechnungen mit einbezogen werden. Antworten soll es geben auf Fragen wie ‟Beeinflussen versiegelte Flächen wie Parkplätze die Intensität des Regens? Was bewirken hohe Gebäude? Wo regnen Wolken eher ab?”
Weitere Sensoren sollen noch im Juli aufgestellt werden. Feuerwehrchef Simon Heußen habe alle Dächer der Feuerwachen als Standorte angeboten. Das Interesse der Feuerwehr an den Daten sei groß. Mit Hilfe der 25-square-Prognosen könne die Leitstelle Notrufe besser einordnen, heißt es.
Feuerwehr Bochum ist an den Daten interessiert
‟Es fehlen oft objektive Daten, um die Dringlichkeit bei Unwettern zu bewerten”, sagt Stephan Bökelmann von Auto-Intern. 25 square könne diese liefern. Wie wichtig das ist, zeigte das jüngste Unwetter. Die Leitstelle der Feuerwehr war völlig überlastet.
Sollte das Projekt der Bochumer Forscher seine eigene ‟Vorhersage” bestätigen, könnte das Messsystem in den kommenden Jahren ausgerollt werden. Städte wie Essen, Bielefeld und Frankfurt seien interessiert, berichten die Forscher.
Im nächsten Schritt soll es aber erst einmal um Hagel gehen. ‟Für die Landwirtschaft wäre das ein Fortschritt. Unsere Daten könnten bei einem Versicherungsschaden wichtige Erkenntnisse liefern”, sagt Oppel.
In ferner Zukunft könnten weitere Daten gesammelt werden. ‟Warum sollen wir nur Regen messen können”, sagt Tabea Röthemeyer. ‟Sensoren können auch Luftverschmutzung und Lärm messen. Und Lichtsensoren erklären uns die Bewegungen der Wolken.”
Bochum. Das Nein der Grünen zu neuen Bauprojekten auf freien Flächen ruft Reaktionen hervor. Die CDU spricht von Chaos, der Mieterverein ist irritiert.
10.000 neue Wohnungen bis 2030 seien genug für eine schrumpfende Stadt. Das wichtigste Argument der Grünen, das Handlungskonzept Wohnen früher als verabredet auf den Prüfstand zu stellen und vorerst Neubauprojekte im Grünen auf Eis zu legen, dürfte im Koalitionsausschuss am Dienstagabend für heftige Diskussionen sorgen. Die SPD spricht immerhin von Wortbruch und Klientelpolitik.
Grüne in Bochum ernten viel Kritik für Nein zu Neubauprojekten
‟Wie Grüne und SPD miteinander umgehen, geht uns natürlich nichts an. Aber vor der Evaluation des Handlungskonzepts Wohnen bereits jetzt die gewünschten Ergebnisse zu definieren, ist überaus irritierend”, so Wenzel. Immerhin solle die Evaluation ja vorrangig über die neu gegründete Allianz für Wohnen gesteuert werden.
Wenzel fordert sowohl von den Grünen als auch vom Koalitionspartner SPD klare Aussagen zu den ‟Kernproblemen auf dem Bochumer Wohnungsmarkt”. Der soziale Wohnungsbau funktioniere nicht, bezahlbare Wohnungsbestände müssten gesichert, Leerstände zurückgebaut und die städtische VBW gemeinwohlorientiert umgebaut werden.
CDU fordert verlässliche Planung zur Schaffung von Wohnraum
‟Anstatt unsere Stadt nach vorne zu bringen, werden ideologische Grabenkämpfe ausgetragen.” Das sei ein Offenbarungseid für Rot und Grün in Bochum. ‟Niemand will jedes grüne Fleckchen in Bochum zubauen”, so Christian Haardt. ‟Wir brauchen aber eine verlässliche Planung für die Schaffung von Wohnraum. Dazu müssen wir in einzelnen Fällen auch Gebiete neu entwickeln.”
Linke: Steigende Mietpreise sind das Problem
Die Linksfraktion fordert mehr Ehrlichkeit in der Debatte. Grüne und SPD weigerten sich, wirkungsvolle Maßnahmen gegen steigende Mietpreise zu ergreifen. Neubau auf der grünen Wiese sei dafür nicht notwendig. ‟Es ist schon beeindruckend, wie sich beide Parteien wortgewaltig erklären, ohne das zentrale soziale Problem der Bochumer Wohnungspolitik auch nur zu erwähnen”, sagt Mehriban ×zdogan, Ratsmitglied der Linken. ‟52,6 Prozent der Bochumer Miethaushalte sind laut einer aktuellen Studie mit den Wohnkosten überlastet. Sie müssen mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens für die Miete, Heizung und Nebenkosten ausgeben.”
FDP setzt auf Verbesserungen im Bestand
Die FDP indes setzt sich ein für Verbesserungen im Bestand und eine Beschleunigung von Baugenehmigungen. ‟Insbesondere Modernisierungen, Aufstockungen und Dachausbauten bei Neubauten können dafür sorgen, dass neuer Wohnraum entsteht, ohne dass neue Flächen versiegelt werden”, sagt die stellvertretende Vorsitzende der Ratsfraktion, Luisa-Maximiliane Pischel.
Wohnungsbau : Grüne in Bochum stoppen den Wohnungsbau auf Freiflächen
Die Koalition in Bochum steht vor einer Zerreißprobe. Die Grünen wollen Wohnungsbau auf unversiegelten Flächen stoppen. Die SPD ist erschüttert.
Knapp zehn Monate nach der Kommunalwahl steht die rot-grüne Koalition in Bochum vor einer Zerreißprobe. Grund ist eine Abkehr der Grünen vom Wohnungsbau auf unversiegelten Flächen. Die SPD spricht von einem Verstoß gegen den Koalitionsvertrag und einem ‟Spiel mit dem Feuer”.
Das umstrittene Neubauprojekt Hattinger Straße/Hinter der Kiste in Linden soll das letzte auf einer unversiegelten Fläche sein, dem die Partei zustimmen will. ‟Die Zustimmung zum Wohnungsbau auf dieser Fläche im Südwesten ist für uns schwierig. Die Zielkonflikte zwischen Wohnungsneubau und Naturschutz treten immer offener unauflösbar zu Tage”, sagt Sebastian Pewny.
Grüne in Bochum stoppen Wohnungsbau auf unversiegelten Flächen
Nicht weiter verfolgen will die Partei daher folgende Projekte, die auf unversiegelten Flächen mit größtenteils schützenswerten Böden geplant sind: Am Rübenkamp, Ridderstraße Nord, Im Vogelspoth/ Südstraße, Schulte-Hiltrop-Straße, Everstalstraße, Im Meerland, Im Haarmannsbuch und Ministerstraße.
Handlungskonzept Wohnen kommt auf den Prüfstand
364.454 Einwohner in Bochum
Grundlage für das Handlungskonzept Wohnen war u.a. eine Wohnraumbedarfsprognose, der eine Prognose zur Bevölkerungsentwicklung der Stadt Bochum für die Jahre 2015 bis 2030 zugrunde lag.
Drei Varianten wurden dabei berechnet: eine Fortschreibung des Trends zum Prognosezeitraum und zwei Wachstumsvarianten.
Für 2020 sah die Prognose 367.000, 369.000 oder 370.000 Einwohner in Bochum vor. Das Landesamt Information und Technik hat für den 31.12. 2020 indes nur 364.454 Einwohner in Bochum registriert.
Für die Grünen ist dies ein Indiz, dass Bochumer künftig doch eher schrumpf als wächst.
Auch das mit der SPD vereinbarte Handlungskonzept Wohnen, das den Bau von jährlich durchschnittlich 800 Wohnungen vorsieht, müsse mit Blick auf neue Studien und Bevölkerungsprognosen neu bewertet und hinterfragt werden. Der grünen Ratsfraktion zufolge werden in Bochum bis Ende des Jahrzehntes über 10.000 neue Wohnungen entstehen. Das Ziel sei damit mehr als erreicht.
Die neue Position der Grünen, die auf einem Parteitag am Dienstag bei einer Gegenstimme und wenigen Enthaltungen beschlossen wurde, sorgt beim Koalitionspartner SPD für Entsetzen. ‟Ich bin erschüttert”, sagt der Vorsitzende der Fraktion, Burkhard Jentsch. ‟Das ist ein klarer Verstoß gegen den Koalitionsvertrag.” Neubauprojekte Bauen in Bochum: Wo Wohnungen entstehen — eine Übersicht
‟Wir haben in Bochum ein gewaltiges Problem mit Wohnraum”, so Jentsch. Es kann nicht sein, dass junge Familien keine finanzierbaren Immobilien finden, ältere Menschen, die sich räumlich verkleinern wollen, das nicht können, weil es an barrierearmen Wohnungen fehlt und sozial Schwache keine finanzierbare Bleibe finden, die aktuellen Standards entspricht.”
Koalitionsausschuss tagt am Dienstag
Der Wortbruch der Grünen sei ‟ein Schlag ins Gesicht”. Die Grünen setzten ‟alles auf die Karte, dass einige Prognosen einen Bevölkerungsrückgang herbei orakeln”. Ignoriert werde dabei aber der Trend zu Single-Haushalten und Kleinfamilien. ‟Die einseitige Betrachtung der Grünen kann sich für die Menschen unserer Stadt bitter rächen”, so der SPD-Fraktionschef.
Was der Streit um die Wohnungsbaupolitik für die seit 1999 bestehende rot-grüne Koalition am Ende bedeutet, könnte sich in der kommenden Woche zeigen. Für Dienstagabend ist kurzfristig eine Sitzung des großen Koalitionsausschusses angesetzt worden.