Risikoforschung: “Hohe Spritpreise spürt man sofort, der Klimawandel kommt schleichend”

(04.07.21, aus ‘Die Zeit’ , Original : hier )

Wir wissen, was zu tun ist, aber begreifen die Gefahr nicht, sagt die Risikoforscherin Pia-Johanna Schweizer.

Warum sich der Klimawandel nicht so leicht bekämpfen lässt. Interview: Alexandra Endres

“Hohe Spritpreise spürt man sofort, der Klimawandel kommt schleichend” – Seite 1

Der Klimawandel ist kein Thema unter wichtigen anderen, sondern bedingt viele Risiken unserer Zeit. Das macht träge, angemessen auf ihn zu reagieren, sagt die Risikoforscherin Pia-Johanna Schweizer. Wie lässt sich das ändern? Ein Gespräch über Ausnahmesituationen und vermeintliche Wege aus der Krise, die gleich wieder neue Probleme schaffen

Pia-Johanna Schweizer

leitet am Institute for Advanced Sustainability Studies Potsdam die Forschungsgruppe Systemische Risiken. In ihrer Promotion beschäftigte sich die Soziologin mit der Frage, wie gesellschaftliche Diskurse dazu beitragen können, Risiken einzuhegen.

ZEIT ONLINE: Frau Schweizer, wann haben Sie sich selbst zuletzt in eine riskante Situation begeben?

Pia-Johanna Schweizer: Erst vor ein paar Stunden. Ich habe heute um 12.30 Uhr meine erste Corona-Impfung erhalten und mich sehr darauf gefreut.

ZEIT ONLINE: Obwohl Sie die Impfung als riskant ansehen?

Schweizer: Für mich selbst bewerte ich das Risiko von Nebenwirkungen als gering. Und den Nutzen der Impfung nehme ich gern in Anspruch. Der formale Umgang mit Impfrisiken ist in Deutschland sehr genau geregelt und sie sind durch klinische Studien recht gut erforscht – ebenso wie übrigens das Risiko, sich ungeimpft mit Covid-19 anzustecken, mit allen möglichen Folgen.

ZEIT ONLINE: Sie erforschen systemische Risiken, die ungleich komplexer und schwieriger zu verstehen und abzuwägen sind. Was genau ist das, ein systemisches Risiko?

Schweizer: Es gibt Risiken, deren Ursachen und Wirkungen sich klar verbinden lassen. Mit ihnen umzugehen, ist relativ einfach. Zum Beispiel im Autoverkehr: Geschwindigkeitsbegrenzungen und andere Verkehrsregeln helfen, die Zahl der Verkehrstoten zu senken. Oder am Arbeitsplatz. Dort reduzieren Arbeitsschutzbestimmungen das Risiko von Unfällen. Systemische Risiken sind anders. Newsletter

Sie lösen Wechselwirkungen und Rückkopplungen aus. Deshalb sind sie schwer zu verstehen und noch schwerer zu beherrschen. Sobald man meint, ein systemisches Risiko zu bewältigen, hat man sich zwei neue eingehandelt. Sie lassen sich nicht eingrenzen, weder räumlich – also auf eine bestimmte Region – noch inhaltlich – also auf ein bestimmtes Politikfeld. 

ZEIT ONLINE: Geben Sie bitte ein Beispiel.

Schweizer: Die Corona-Pandemie. Das Virus hat sich rapide über den ganzen Erdball ausgebreitet und seine Auswirkungen betreffen nicht nur das Gesundheitssystem, sondern vielerlei andere wichtige Systeme der Gesellschaft: die Lebensmittelversorgung, das Wirtschafts- und Finanzsystem, die Bildung, die Möglichkeit zur Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben. Und der Klimawandel ist vielleicht das beste Beispiel für ein weiteres systemisches Risiko.

ZEIT ONLINE: Eine gängige Definition von Risiko ist: Man schaut sich die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Ereignis eintritt, und multipliziert sie dann mit dem zu erwartenden Schaden. Ließe sich das Risiko, das der Klimawandel für Deutschland birgt, auf diese Art beziffern?

Schweizer: Das wäre zu einfach. Das Risiko des Klimawandels ist sehr komplex. Wir können zwar abschätzen, wie sich das Klima in verschiedenen deutschen Regionen über die Zeit hinweg entwickeln könnte. Aber wie das Leben der Menschen in Mecklenburg in 50 Jahren aussieht, hängt von sehr vielen Faktoren ab, auch davon, wie die Politik auf den Klimawandel reagiert – und ob die Menschen diese Maßnahmen akzeptieren.

ZEIT ONLINE: Zumindest für die nahe Zukunft lässt sich doch aber relativ genau abschätzen, welche klimatischen Veränderungen auf die deutschen Regionen zukommen. Die Treibhausgase sind ja bereits in der Luft.

Schweizer: Es stimmt, dass wir enorm viel über den Klimawandel wissen. Aber als Gesellschaft tun wir uns schwer, angemessen auf die Risiken zu reagieren, die der Klimawandel mit sich bringt – dabei wird genau von unserer Reaktion abhängen, wie groß der Schaden sein wird, den er letztlich in Deutschland anrichtet.

ZEIT ONLINE: Warum können wir als Gesellschaft nicht so leicht reagieren?

Schweizer: Jedes Individuum nimmt die Realität auf eigene Weise wahr. Daraus eine gemeinsame Risikoabschätzung für die Gesellschaft zu entwickeln, ist kaum möglich. Ich komme beispielsweise aus einer sehr technikgläubigen Familie, in der man stark darauf vertraut, dass man schon eine technische Lösung gegen den Klimawandel finden wird. Durch mein Soziologiestudium habe ich aber eine ganz andere Perspektive. Ich bin eher darauf trainiert, die Dinge kritisch zu hinterfragen. Und dadurch, dass ich seit Jahren zu systemischen Risiken forsche, achte ich ganz genau auf Zusammenhänge: Welche Risiken können weitere Risiken auslösen – oder gar positive Auswirkungen haben?

“Ein Einzelner kann den Klimawandel nicht so leicht beeinflussen”

ZEIT ONLINE: Wie reagieren Sie persönlich auf das Risiko des Klimawandels?

Schweizer: Ich lasse das Auto stehen, wenn ich es nicht unbedingt brauche, und bald will ich es ganz abschaffen. Ich versuche, bewusst zu konsumieren. Den CO2-Ausstoß meiner Einkäufe lasse ich mir von einer App berechnen. Sonst hätte ich gar keine Vorstellung davon, wie viele Treibhausgase beispielsweise die Herstellung eines Baumwoll-T-Shirts verursacht, das ich für meine Kinder kaufe.

ZEIT ONLINE: Reicht das aus? Gegen ein systemisches Risiko wie den Klimawandel bräuchte es doch gesamtgesellschaftliche Maßnahmen. 

Schweizer: Es braucht ein Maßnahmenbündel, das Anreize bietet, dass Individuen ihr Handeln an Maximen der sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit ausrichten. Zudem ist eine gesamtgesellschaftliche Nachhaltigkeitstransformation notwendig. Mit der Energiewende ist Deutschland bereits auf dem richtigen Weg, auch wenn noch eine längere Strecke vor uns liegt bis zu Netto-Nullemissionen.

ZEIT ONLINE: Welche Rolle spielt es, wie stark man selbst von einem Risiko betroffen ist?

Schweizer: Ich denke, es ist wichtig, ob jemand bereits Erfahrungen mit einem bestimmten Risiko gesammelt hat, beispielsweise mit einer Pandemie. Corona wurde zu Beginn in Deutschland noch von vielen unterschätzt.

ZEIT ONLINE: Verhält es sich mit der Klimakrise vielleicht ähnlich? Lange dachte man, Deutschland sei kaum betroffen. Dass das nicht stimmt, ist mittlerweile klar, aber statt darüber zu diskutieren, wie man dem am besten begegnet, streiten wir über den Benzinpreis.

Schweizer: Dafür gibt es Gründe. Höhere Spritpreise spürt man sofort im Portemonnaie, der Klimawandel aber kommt schleichend. Manche freuen sich womöglich auch auf längere, ausgedehnte Sommer. Ursache und Wirkung des Klimawandels klaffen zeitlich und räumlich stark auseinander, und auch die Frage, wer Verantwortung für den Klimawandel trägt, ist nicht so eindeutig zu beantworten wie beispielsweise die Frage nach den Schuldigen an einem Chemieunfall. Das beeinflusst unsere Risikowahrnehmung eklatant.

Thema: Spritpreise: Wie teuer wird Autofahren nach der Wahl? Ökonomie: Keine Selbstbedienung, bitte!

ZEIT ONLINE: Aber die entscheidenden Punkte stehen doch außer Frage. Der Klimawandel ist gut erforscht. Er ist real, er ist menschengemacht, er bringt uns in Gefahr. Wir können etwas gegen ihn tun, indem wir aufhören, Kohle, Öl und Gas zu verbrennen, Wälder abzuholzen, Feuchtgebiete trockenzulegen. Und selbst wenn wir dazu auf manches verzichten müssen: Menschen schränken sich ebenfalls ein, um ihren Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen oder um aufs Eigenheim zu sparen. Warum fällt uns das in der Klimapolitik so schwer?

Schweizer: Ein Häuslebauer weiß ganz genau, für wen er spart und mit welcher Strategie er zu seinem Eigenheim kommt. Das Risiko Klimawandel ist im Vergleich dazu kaum zu begreifen. Ein Einzelner kann den Klimawandel nicht so leicht beeinflussen und die Informationen über ihn sind oft widersprüchlich. Deshalb fällt es uns schwer, ihn zu begreifen. Einmal steht das Fliegen im Fokus, dann die Kohle, dann wieder die globale Zementindustrie. Und wie der oder die Einzelne dann darauf reagiert, hängt stark vom sozialen Umfeld ab. Eine Studentin in der Stadt positioniert sich anders als ein Arbeitnehmer auf dem Land, der täglich weite Strecken mit dem Auto pendelt. Und viele Familien können sich den Luxus höherer Benzinpreise unter den derzeitigen Rahmenbedingungen schlicht nicht leisten.

ZEIT ONLINE: Klar, Klimaschutz kostet. Aber kein Klimaschutz ist doch noch viel teurer.

Schweizer: Aber wer zahlt? Die Schäden des Klimawandels treffen die künftigen Generationen. Das macht es schwer, heute zu guten Entscheidungen zu kommen.

Thema: Anders Levermann: Wie verbietet man richtig, Herr Levermann?

ZEIT ONLINE: Ändert sich das, sobald wir die Folgen des Klimawandels stärker spüren?

Schweizer: Ich finde, es gibt eine Sache, die die Corona-Pandemie gezeigt hat: In einer Krise sind viele Menschen in der Lage, mit großer Disziplin harte Einschränkungen in Kauf zu nehmen, sofern sie überzeugt sind, dass es etwas bringt. Aber irgendwann erschöpft sich das. Die Krise wird zur Routine. Die Menschen gewöhnen sich an die neue Situation und sind dann auch bereit, höhere Risiken einzugehen, um sich wieder so verhalten zu können wie zuvor. Ähnlich könnte es mit dem Klimawandel sein.

ZEIT ONLINE: Grüne, SPD und selbst die FDP versprechen einen sozialen Ausgleich für höhere Benzinpreise. Kann es sein, dass viele das in einer stark polarisierten Debatte gar nicht mitbekommen?

Schweizer: Ich denke schon, dass die Leute es mitbekommen. Vielleicht fehlt es am Vertrauen in die Politik. Wahlkampfversprechen werden nicht immer gehalten. Und in einer repräsentativen Demokratie wie der unsrigen haben die Bürgerinnen und Bürger eben viel weniger direkte Einflussmöglichkeiten als beispielsweise in der Schweiz, wo jeder mitentscheiden kann. Das ändert auch die Risikowahrnehmung und -akzeptanz. Wer an Entscheidungen beteiligt ist, fühlt sich eher für die Folgen verantwortlich.

ZEIT ONLINE: Volksabstimmungen mögen gut sein, weil sie den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden. Eignen sie sich auch, um sinnvolle Lösungen für komplexe Probleme zu finden?

“Ich habe großes Zutrauen, vor allem in die jüngere Generation”

Schweizer: Bürgerbeteiligung funktioniert ja nicht nur über reine Abstimmungen. Eine andere Form sind Bürgerräte, die sich im Austausch mit Fachleuten eine fundierte Meinung zu einem bestimmten Thema bilden und dann die Politik beraten. Wir müssen die Debatte über mögliche Wege aus der Krise aber auf allen Ebenen führen: im Parlament, wo die Gesetze beschlossen werden; in Bürgerräten und anderen Beteiligungsformaten; mit Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft; mit Vertreterinnen und Vertretern aller anderen betroffenen Gruppen.

Thema: Bürgerrat Klima: Mit ihnen soll Deutschland klimafreundlich werden Bürgerrat Klima: Was wollen die Bürger sich zumuten?

ZEIT ONLINE: Das klingt sehr unübersichtlich. Wie lässt sich so etwas organisieren?

Schweizer: Das hängt davon ab, um welches Problem es konkret geht. Beim Bau von Windkraftanlagen an Land beispielsweise sind die Zuständigkeiten und die Betroffenen recht klar. In den Kommunen kann man die Menschen leichter beteiligen als in abstrakten Debatten über eine unübersichtliche, komplexe, riesenhafte Krise.

ZEIT ONLINE: Sie haben gesagt, wenn man ein systemisches Risiko in den Griff bekommt, können sich dafür zwei neue auftun. Wie lässt sich das verstehen?

Schweizer: Zum Beispiel haben die Schulschließungen in der Corona-Pandemie zwar das Ansteckungsrisiko eingehegt. Aber sie hatten Bildungsdefizite und auch psychische Probleme bei vielen Kindern und Jugendlichen zur Folge.

ZEIT ONLINE: Wie ist es in der Klimapolitik?

Schweizer: Da gibt es ähnliche Mechanismen. Wenn die Benzinpreise steigen und es keinen finanziellen Ausgleich dafür gibt, können neue soziale Nachteile entstehen, etwa für Haushalte mit geringem Einkommen, die auf ein Auto angewiesen sind. Die Transformation des Energiesystems birgt ebenfalls Risiken. In Zukunft werden beispielsweise Stromangebot, -speicherung und -nachfrage noch stärker digital reguliert werden müssen als bisher, damit es nicht zu Ausfällen kommt. Damit steigt die Anfälligkeit für Hackerangriffe. Für systemische Risiken gibt es keine schnellen, einfachen Lösungen.

ZEIT ONLINE: Haben wir überhaupt eine Chance, ein systemisches Risiko wie den Klimawandel zu stoppen?

Schweizer: Ich habe da großes Zutrauen, vor allem in die jüngere Generation. Es gibt da eine große politische Mobilisierung und viel Gestaltungswillen – und zugleich das Wissen, dass es ganz unterschiedliche Wertvorstellungen gibt und eben nicht den einzig richtigen Weg, um alle glücklich zu machen. Ich denke, das sind gute Voraussetzungen.


tip von Ingo

Studie – Eisschmelze in Grönland kaum noch zu stoppen

(18.05.21, Zdf , Original : hier )

Die Ausrufung eines weltweiten Klimanotstandes ist dringendst notwendig. Wirtschaftliche Aktivitäten sind drastisch zurückzufahren

Das Eis der Arktis schmilzt, zahlreiche Gletscher drohen zu verschwinden. Das Abschmelzen des Grönland-Eisschildes wird einer Studie zufolge kaum mehr zu stoppen sein.

In Teilen des grönländischen Eisschilds dürfte laut einer neuen Studie bald ein kritischer Kipppunkt überschritten werden, ab dem ein Abschmelzen kaum noch zu stoppen wäre. Aufgrund der steigenden Temperaturen habe die Destabilisierung zentral-westlicher Gebiete bereits begonnen, teilte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) unter Berufung auf Erkenntnisse deutscher und norwegischer Forscher mit.

Das Abschmelzen könnte dann auch bei einer nur noch begrenzten Erderwärmung weiter fortschreiten.

Wir haben Belege dafür gefunden, dass sich der zentral-westliche Teil des Grönland-Eisschildes destabilisiert hat.

PIK-Wissenschaftler Niklas Boers

“Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es in der Zukunft zu einem deutlich verstärkten Abschmelzen kommen wird – was sehr besorgniserregend ist”, erklärte der PIK-Wissenschaftler Niklas Boers.

Temperaturen müssten unter vorindustrielles Niveau absinken

Ursache sind demnach Rückkopplungseffekte, wodurch die Erwärmung des Eisschildes schneller voranschreitet, wenn sich seine Höhe verringert. Um dann noch ein Abschmelzen zu verhindern, müsste daher nicht nur die Erwärmung gestoppt werden, sondern die Temperaturen müssten deutlich unter das vorindustrielle Niveau absinken, um wieder die Eisschildhöhe der vergangenen Jahrhunderte zu erreichen.

“Praktisch wird also der gegenwärtige und in naher Zukunft zu erwartende Massenverlust des Eises weitgehend irreversibel sein”, erklärte dazu Boers.

Deshalb ist es höchste Zeit, dass wir die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe schnell und deutlich reduzieren und das Eisschild und unser Klima wieder stabilisieren.

PIK-Wissenschaftler Niklas Boers

Gesamter Eisschild könnte vollständig abschmelzen

Nach bisherigen Modellergebnissen ist laut PIK das Abschmelzen des Grönland-Eisschildes ab einer kritischen Schwelle der globalen Mitteltemperatur von 0,8 bis 3,2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau unvermeidlich.

Sobald diese Schwelle überschritten wird, könnte der gesamte Eisschild über hunderte oder Tausende von Jahren vollständig abschmelzen, was zu einem globalen Meeresspiegelanstieg von mehr als sieben Metern und einem Zusammenbruch der atlantischen meridionalen Umwälzzirkulation (AMOC) führen könnte, die für die relative Wärme in Europa und Nordamerika verantwortlich ist.

Der Anstieg des Meeresspiegels bedroht in Virginia ganze Wohngebiete. Das Projekt “Blue Line Project” fordert ein Umdenken in der Klimapolitik. Beitragslänge: 1 min Datum: 08.05.2021

Forscher in Ohio: Schneefall im Winter reicht nicht

Zu einem ähnlichen Ergebnis sind im vergangenen Jahr ebenfalls Wissenschaftler der Ohio State University gekommen, die ihre Untersuchung in der Fachzeitschrift “Nature Communications Earth & Environment” veröffentlicht hatten. Ihnen zufolge ist das allmähliche Abschmelzen der Eisdecke auf Grönland wahrscheinlich nicht mehr aufzuhalten.

Die Experten haben Daten zu 234 Gletschern in der Arktis ausgewertet. Die Erhebung umfasst 34 Jahre bis 2018. Ihrem Fazit zufolge dürfte der alljährliche Schneefall im Winter nicht ausreichen, um die Auswirkungen der Schneeschmelze im Sommer wettzumachen.

US-Außenminister Antony Blinken hat zu Beginn einer mehrtägigen Reise nach Dänemark, Island und Grönland die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen getroffen. Die Regierungschefin von Deutschlands nördlichstem Nachbarn empfing den Chefdiplomaten von US-Präsident Joe Biden am Montagmorgen in ihrem Sommersitz Marienborg nördlich von Kopenhagen, wo sie erst im Juli 2020 Blinkens Amtsvorgänger Mike Pompeo begrüßt hatte. Themen des Treffens waren unter anderem der Kampf gegen die Klimakrise, die Sicherheitspolitik und die Zusammenarbeit in der Arktis.

Für den Gast aus Washington standen außerdem eine Audienz bei Königin Margrethe II. sowie Treffen mit Dänemarks Außenminister Jeppe Kofod und den Außenbeauftragten Grönlands und der Färöer-Inseln, Pele Broberg und Jenis av Rana, an. Grönland und die Färöer sind weitgehend autonom, gehören offiziell aber zum dänischen Königreich. Beide streben eine engere Kooperation mit den USA an, die wiederum vor allem aus sicherheitspolitischer Hinsicht ein Interesse an ihnen haben.


Tip von Ingo

Faktencheck : Nein, die Produktion einer Tesla-Batterie verursacht keine 17 Tonnen CO2

(06.07.21, correctiv.org, Original : hier )

Faktencheck

Angeblich verursache die Produktion einer Tesla-Batterie mehr CO2 als ein Verbrennungsmotor auf 200.000 Kilometer, wird auf Facebook behauptet. Das stimmt nicht, wie unser Faktencheck zeigt. (von Matthias Bau 06. Juli 2021)

Behauptung Die Produktion einer Tesla-Batterie stoße 17 Tonnen CO2 aus, so viel wie ein Verbrennungsmotor auf 200.000 Kilometer. Aufgestellt von: Viraler Facebook-Beitrag Datum: 03.06.2021 Bewertung Falsch
Über diese Bewertung Falsch. Die Produktion einer Tesla-Batterie verursacht keine Emissionen von 17 Tonnen CO2. Ein Verbrennungsmotor produziert zudem auf 200.000 Kilometern durchschnittlich deutlich mehr als 17 Tonnen CO2.

Auf Facebook kursiert ein Bild mit Text, auf dem es heißt: „Die Produktion einer Tesla-Batterie stößt 17 Tonnen CO2 aus. Also so viel wie ein Verbrenner in 200.000 km seiner Lebenszeit.” Bisher wurde der Beitrag 10.000 Mal geteilt. 

Eine Recherche von CORRECTIV.Faktencheck zeigt: Die Behauptung ist falsch. Ein Auto mit Verbrennungsmotor produziert durchschnittlich mehr als 35 Tonnen CO2 auf 200.000 Kilometer. Die Produktion einer Batterie für ein Elektrofahrzeug des Herstellers Tesla verursacht hingegen im schlechtesten von uns berechneten Fall 13 Tonnen CO2-Emissionen. 

Auf Facebook wird behauptet, die Produktion einer Tesla-Batterie wäre klimaschädlicher, als der Betrieb eines Autos mit Verbrennungsmotor
Auf Facebook wird behauptet, die Produktion einer Tesla-Batterie wäre klimaschädlicher, als der Betrieb eines Autos mit Verbrennungsmotor (Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Ein Auto mit Verbrennungsmotor produziert auf 200.000 Kilometern im Schnitt 35 bis 39 Tonnen CO2

Um zu überprüfen, ob der Vergleich korrekt ist, haben wir zunächst berechnet, wie viel CO2 ein Auto mit Verbrennungsmotor im Durschnitt auf 200.000 Kilometer verursacht. 

Laut dem Kraftfahrtbundesamt waren am 1. Januar 2021 in Deutschland 48,2 Millionen PKW mit einem Durchschnittsalter von 9,8 Jahren zugelassen. Zahlen des Bundesumweltamtes zufolge verbrauchten PKW und Kombis im Jahr 2019 durchschnittlich 7,4 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer. Dabei handelt es sich um einen Mittelwert, unabhängig von der Art des Kraftstoffs (Benzin oder Diesel).

Bei der Verbrennung eines Liters Diesel entstehen laut der Helmholtz-Gemeinschaft etwa 2,65 Kilogramm CO2, bei einem Liter Benzin etwa 2,37 Kilogramm CO2. Anhand dieser Angaben können wir den CO2-Ausstoß eines Autos mit Verbrennungsmotor auf 200.000 Kilometer berechnen. Wenn ein Auto im Schnitt auf 100 Kilometern 7,4 Liter Kraftstoff verbraucht, dann verbraucht es auf 200.000 Kilometern 14.800 Liter. 

Den Gesamtverbrauch an Kraftstoff multiplizieren wir mit der Menge CO2, die laut der Helmholtz-Gemeinschaft entsteht, wenn ein Liter Diesel beziehungsweise ein Liter Benzin verbrannt wird. Im Ergebnis entstehen bei der Verbrennung von 14.800 Litern Benzin 35,076 Tonnen CO2. Bei der Verbrennung von Diesel sind es 39,220 Tonnen CO2. 

Die Behauptung im Facebook-Beitrag ist demnach falsch: ein Verbrennungsmotor verursacht im Schnitt auf 200.000 Kilometern etwa doppelt so viel CO2 wie darin behauptet wird. 

Als nächstes schauen wir uns an, ob die angegebenen 17 Tonnen CO2, die bei der Produktion einer Tesla-Batterie entstehen sollen, korrekt sind. 

Inwiefern verursacht die Produktion einer Elektroauto-Batterie CO2-Emissionen?

In Elektroautos werden sogenannte Lithium-Ionen Batterien verbaut. Der Hersteller Tesla vertreibt Elektroautos mit verschieden großen Batterien. Die Leistung der Batterien liegt laut Medienberichten zwischen 50 und 130 Kilowattstunden

Batterien stoßen selbst – anders als die Verbrennung von Kraftstoff – kein CO2 aus, aber bei ihrer Produktion werden Energie und Rohstoffe verbraucht. Als Emissionsquellen von Treibhausgasen nennt eine Studie des Fraunhofer-Instituts von Januar 2020 beispielsweise den Abbau der für die Batterie-Produktion benötigten Rohstoffe. Das sind zum Beispiel Lithium oder Kobalt.

Wie viel CO2 bei der Herstellung dieser Batterien verursacht wird, ist nicht so eindeutig zu beantworten. Ein Bericht der Universität Eindhoven geht davon aus, dass bei der Produktion zwischen 40 und 100 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde Batterieleistung anfallen. 

CO2-Äquivalent ist eine Maßeinheit, mit der der Einfluss verschiedener Treibhausgase auf die Erwärmung der Erde so umgerechnet werden kann, dass er mit dem Erwärmungspotential von CO2 vergleichbar ist.  

Produktion einer Batterie verursacht im schlechtesten Fall 13 Tonnen CO2

Eine Studie des schwedischen Umweltforschungsinstituts, die im Jahr 2019 überarbeitet wurde, kam auf Werte zwischen 61 und 106 Kilogramm CO2-Äquivalente Emissionen pro Kilowattstunde Batterieleistung, die produziert wird. Die Studie bezieht ebenfalls den Abbau der benötigten Rohstoffe mit ein, aber auch, aus welchen Quellen der Strom stammt, der bei der Produktion verwendet wird.

Wir berechnen den CO2-Ausstoß für den ungünstigsten Fall, also für eine 130 Kilowattstunden starke Batterie und einen Ausstoß von 106 Kilogramm CO2  pro Kilowattstunde bei der Produktion dieser Batterie. Das ergibt 13 Tonnen CO2. 

Der Wert liegt somit immer noch deutlich unter dem auf Facebook angegebenen und ist etwa dreimal so niedrig wie derjenige, der sich in unserer Berechnung für einen Verbrennungsmotor auf 200.000 Kilometern ergeben hat. Ein Faktencheck der DPA kam zu dem gleichen Ergebnis wie wir. 

Laut Fraunhofer-Institut verursacht die Produktion eines Elektroautos mehr Emissionen als die Produktion eines Diesel- oder Benzinfahrzeugs. Die Nutzung des Elektroautos verursache dann aber wesentlich weniger Emissionen, so dass es am Ende „über seine Lebensdauer 15 bis 30 Prozent niedrigere Treibhausgasemissionen“ verursache als ein konventioneller PKW. 

Update 7. Juli 2021: Wir haben den Satz ergänzt, dass es sich bei dem angegebenen Durchschnittsverbrauch von 7,4 Litern um einen Mittelwert unabhängig von der Art des Kraftstoffs (Benzin oder Diesel) handelt.

Redigatur: Till Eckert, Alice Echtermann

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Studie der Universität Eindhoven „Vergleich der lebenslangen Treibhausgasemissionen von Elektroautos mit den Emissionen von Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselmotoren“: Link
  • Studie des schwedischen Umweltforschungsinstituts „Lithium-Ion Vehicle Battery Production Status 2019 on Energy Use, CO2 Emissions, Use of Metals, Products Environmental Footprint, and Recycling“: Link

Tip von Ingo

Hintergrund : Der Klimabericht – Daten zur Lage des Planeten

(26.10.20 , aus spiegel.de , Original : hier , Auswertung des IPCC-Berichtes)

Der SPIEGEL-Klimabericht zeigt, wie der Klimawandel voranschreitet. Ständig aktuell, basierend auf dem etablierten Stand der Forschung und vollständig transparent. Lesen Sie hier alles über sein Zustandekommen.

Zu den größten Herausforderungen im Kampf gegen den Klimawandel zählt das Auseinanderfallen von Ursache und Wirkung. Die Klimafolgen jeder einzelnen Entscheidung – sei es die Wahl des Verkehrsmittels auf dem Weg zur Arbeit, das Konsumverhalten, oder der gewählte Wohnort – werden nie direkt sichtbar. Dabei führt die Summe all dieser jetzt weltweit getroffenen Entscheidungen zu einer Veränderung des Klimas von morgen. 

… Weltweit geht Primärwald verloren und das verbleibende CO2-Budget zur Einhaltung des 2-Grad-Ziels schwindet, während der Ökostromanteil wenigstens bereits andeutet, wie der Wandel zu einer nachhaltigeren Lebensweise aussehen könnte.
Der Klimabericht – Daten zur Lage des Planeten

… Welche Daten wir hierfür nutzen, wie wir einzelne Werte berechnen und wie oft sich die Angaben aktualisieren, ist hier dokumentiert:

Erderwärmung

Die dargestellte Temperaturdifferenz ist die Veränderung der globalen Durchschnittstemperatur (gemessen als Lufttemperatur in Bodennähe sowie Oberflächentemperatur der Wasserflächen) gegenüber der vorindustriellen Zeit. Die Angabe stammt aus dem Sonderbericht des Weltklimarats IPCC zur globalen Erwärmung aus dem Jahr 2018 (Zusammenfassung des Berichts). 

Basierend auf historischen Beobachtungsdaten aus vier verschiedenen Peer-Review Publikationen wird im IPCC-Bericht für den Zeitraum 2006 bis 2015 eine Erderwärmung von +0,87 Grad (mit mindestens 66 Prozent Wahrscheinlichkeit zwischen +0,75 und +0,99 Grad) gegenüber der Periode 1850-1900 ermittelt.

In Kombination mit der aktuellen Geschwindigkeit der Erderwärmung von circa 0,2 Grad pro Jahrzehnt, ergibt sich für das Jahr 2020 als wahrscheinlichster Wert eine Erderwärmung von rund +1,1 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit (vollständiges Kapitel “Framing and Context” des IPCC-Sonderberichts, S. 56-59). Der dargestellte Wert ist fest in der Grafik hinterlegt und wird nur angepasst, falls sich Änderung am etablierten Stand der Forschung ergeben sollten.

Prinzipiell fällt die Erderwärmung über Landflächen höher aus als über dem Meer und so leben Menschen in zahlreichen Weltregionen bereits heute mit einem Temperaturanstieg von mehr als einem Grad. Dies gilt auch für Deutschland: Die Jahresmitteltemperatur ist bundesweit seit dem Jahr 1881 um wohl mindestens +1,6 Grad (linearer Trend auf Basis von DWD Temperatur-Zeitreihen), wenn nicht gar bereits +2,0 Grad angestiegen (nicht-linearer Trend, der die zunehmende Geschwindigkeit der Erderwärmung berücksichtigt. Mehr dazu hier).

Meeresspiegelanstieg

Die Grafik zeigt den durchschnittlichen globalen Meeresspielanstieg zum aktuellen Zeitpunkt gegenüber dem Jahr 1880. Als Grundlage dienen auch hier Angaben des IPCC, in diesem Fall aus dessen fünftem Sachstandsbericht (Arbeitsgruppe The Physical Science Basics,Kapitel Observations: Ocean, S. 285-287). Ihnen gefällt diese Art Journalismus?

Daten, Zahlen, Analysen: Hier finden Sie unsere besten datengetriebenen Recherchen und Datenvisualisierungen. Mehr von SPIEGEL Data

Basierend auf Daten von Gezeitenstationen weltweit wird darin für den Zeitraum 1880 bis 2009 ein durchschnittlicher globaler Meeresspiegelanstieg von 210 Millimetern berechnet (nach Church & White 2011). Die Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs hat sich in den vergangenen Jahrzehnten beschleunigt und wird für den Zeitraum von 1993 bis 2009 auf 3,2 Millimeter jährlich geschätzt. Satellitengestützte Beobachtungen liefern weitestgehend übereinstimmende Werte.

Für die Grafik berechnet wurde der Anstieg bis 2009 (210 Millimeter), plus ein jährlicher Anstieg von 3,2 Millimetern. Gerundet ergibt sich ein Meeresspiegelanstieg von 25 Zentimetern gegenüber dem Jahr 1880. Dieser Wert ist fest in der Grafik hinterlegt und wird nur angepasst, falls sich Änderungen am etablierten Stand der Forschung ergeben sollten.

Arktisches Meereis

Die Ausdehnung des arktischen Meereises ist jahreszeitlich bedingt starken Schwankungen unterworfen. Für den Klimabericht wird folglich ein Vergleich der derzeitigen Fläche des Meereises mit dem langjährigen Durchschnitt (1981-2010) für denselben Tag des Jahres angestellt. Beide dabei verwendeten Werte stammen vom National Snow & Ice Data Center (NSIDC), einer US-amerikanischen Forschungseinrichtung, die auf die Bereitstellung von Daten sowie die Kryosphärenforschung spezialisiert ist.

Das NSIDC veröffentlicht täglich Daten zur Ausdehnung von Meereisflächen weltweit, die mittels kontinuierlicher Satellitenbeobachtung gewonnen werden (genannt Sea Ice Index), sowie historische Referenzdaten. Für die Berechnung der Größenabweichung des arktischen Meereises gegenüber dem historischen Durchschnitt wird alle sechs Stunden automatisiert der neueste verfügbare Wert des Sea Ice Index abgerufen und mit dem arithmetischen Mittel für denselben Tag des Jahres aus der Periode 1981-2010 abgeglichen. Die ermittelte Differenz wird im Klimabericht als Prozentwert dargestellt.

Waldverlust

Statistiken zum Waldverlust weltweit sind oft mit großer Unsicherheit behaftet. Mittels Satellitenbeobachtung kann der Verlust von Waldflächen weltweit beobachtet werden. Weniger eindeutig ist allerdings die Erfassung der anschließenden Nutzung (findet eine Wiederaufforstung statt oder ist die Waldfläche dauerhaft verloren?).

Ökologisch besonders wertvoll sind Primärwälder, also ursprüngliche Waldflächen frei von menschlichen Eingriffen – auch “Urwälder” genannt. Sie weisen eine besonders große Biodiversität auf, speichern große Mengen CO2 und selbst eine Wiederaufforstung an derselben Stelle hätte ökologisch nicht denselben Wert.

Im Klimabericht dargestellt wird eine laufende Hochrechnung der Fläche an besonders wertvollem tropischen und subtropischen Primärwald, die derzeit weltweit verloren geht. Präzise tagesaktuelle Daten liegen hierfür nicht vor. Stattdessen wurde der durchschnittliche jährliche Flächenverlust dieser Wälder aus den Jahren 2001 bis 2018 (basierend auf Satellitenbeobachtungen, Auswertung durch Global Forest Watch) als Grundlage genommen. Die in diesem Zeitraum verloren gegangenen 60,5 Millionen Hektar entsprechen einem Flächenverlust von 0,149 Fußballfeldern pro Sekunde.

CO2-Budget

Durch menschliche Aktivitäten ausgestoßene Treibhausgase (zu rund 80 Prozent CO2) sind der Haupttreiber der Erderwärmung. Basierend auf diesem Zusammenhang lässt sich eine verbleibende Menge an CO2 berechnen, die die Menschheit noch ausstoßen darf, um die Erderwärmung auf einem bestimmten Maximalwert zu begrenzen. Das sogenannte CO2-Budget. 

Für die Darstellung im Klimabericht wird das verbleibende CO2-Budget verwendet, um den Temperaturanstieg mit 67 Prozent Wahrscheinlichkeit auf maximal 2,0 Grad zu begrenzen (basierend auf Klimamodellrechnungen, die durchgehend mit Lufttemperaturen arbeiten. Methodische Details können Sie hier nachlesen).

Laut IPCC verblieben der Menschheit hierfür zum 1.1.2018 noch Emissionen in Höhe von 1170 Milliarden Tonnen. Pro Jahr werden weltweit derzeit 42 Milliarden Tonnen freigesetzt, oder in Sekunden umgerechnet: 1332 Tonnen (Kapitel Mitigation Pathways im IPCC-Sonderbericht zur globalen Erwärmung, S. 107-108).

In der Grafik werden vom 1.1.2018 insgesamt zur Verfügung stehenden Budget sekündlich 1332 Tonnen abgezogen. Ausgangswert sowie sekündliche Änderungsrate werden nur angepasst, falls sich Änderungen am etablierten Stand der Forschung ergeben sollten.

Ökostrom

Als Ökostromanteil wird hier der Anteil regenerativer Energien an der Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung in Deutschland dargestellt. Im Gegensatz zur Bruttostromerzeugung werden bei der Nettostromerzeugung elektrische Verluste der Kraftwerke, die direkt im Kraftwerk verbraucht werden, nicht mitberücksichtigt. Die Angaben entsprechen somit dem Strommix, der tatsächlich zu Hause aus der Steckdose kommt und der im Haushalt verbraucht wird oder mit dem auch Elektrofahrzeuge öffentlich geladen werden.

Die Angabe stammt von energy-charts.info, einer Webseite des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, die Angaben der Netzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet, TransnetBW sowie der europäischen Strombörse EEX und der ENTSO-E Transparency Platform aufbereitet und veröffentlicht.

Als Ökostromanteil wird der Anteil der erneuerbaren Energien, also von Wasserkraft, Windkraft, Biomasse und Solarenergie, an der Nettostromerzeugung berechnet (genauere Informationen zu den einzelnen Energieträgern finden Sie hier). Die Daten werden stündlich aktualisiert und stehen in der Regel mit einer Verzögerung von zwei bis drei Stunden bereit.

Seit dem 30.10.2020 wird das verbleibende CO2-Budget als “Wert bis die Zwei-Grad-Marke erreicht ist” beschriftet. Zuvor wurde der Begriff “Zwei-Grad-Ziel” verwendet, der sich nur schwer eindeutig in ein CO2-Budget umrechnen lässt.

Seit dem 3.12.2020 wird die Erderwärmung mit +1,1 Grad Celsius anstatt zuvor mit +1,0 Grad angegeben. Hintergrund ist der Wechsel der Berechnungsgrundlage für die Erderwärmung im vergangenen Jahrzehnt. Zuvor wurde hier ein Wert aus einer im IPCC-Bericht zitierten Einzelpublikation verwendet (+0,17 Grad), mittlerweile ein an derselben Stelle veröffentlichter Wert, der sich auf mehrere Publikationen stützt (+0,2 Grad).

So schnell tickt die CO₂-Uhr

(von Mercator Research Institute Berlin , Original : hier )

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So schnell tickt die CO₂-Uhr

Die CO2-Uhr des MCC veranschaulicht, wieviel CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden darf, um die globale Erwärmung auf maximal 1,5°C beziehungsweise 2°C zu begrenzen. Mit wenigen Klicks können Sie die Schätzungen für beide Temperaturziele vergleichen und sehen, wieviel Zeit im jeweiligen Szenario bleibt.

Als wissenschaftliche Grundlage für die CO2-Uhr verwenden wir ausschließlich Daten des Weltklimarats IPCC, die den gesicherten Stand der Forschung darstellen. Der IPCC hat seine Abschätzung des verbleibenden CO2-Bugets zuletzt im Herbst 2018 aktualisiert, mit der Vorlage seines Sonderberichts über „1,5 Grad Celsius globale Erwärmung“. Die nächste Aktualisierung der CO2-Uhr wird wahrscheinlich mit Blick auf den Sechsten Sachstandsbericht des IPCC erfolgen.

Laut dem Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel (siehe hier, Tabelle 2.2) können, gerechnet ab Ende 2017, noch knapp 420 Gigatonnen (Gt) CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden, um das 1,5-Grad-Ziel nicht zu verfehlen. Zugleich wird der jährliche Ausstoß von CO2 – durch Verbrennen fossiler Brennstoffe, Industrieprozesse und Landnutzungsänderungen – auf circa 42 Gt beziffert; rechnerisch entspricht dies 1332 Tonnen pro Sekunde. Bei konstanten Emissionen wäre dieses Budget von jetzt ab gerechnet in weniger als sieben Jahren aufgebraucht. Das Budget von circa 1170 Gt für das Zwei-Grad-Ziel wäre in etwa 25 Jahren erschöpft.

https://www.mcc-berlin.net/fileadmin/data/clock/carbon_clock.htm?i=3267263

Die Uhr tickt also weiter und zeigt wie wenig Zeit den politischen Entscheidern bleibt. Als Besucher der MCC-Website können Sie interaktiv nachvollziehen, welche politischen Ziele  welchen Zeitrahmen für konkretes Handeln lassen:

Links oben wird Ihnen mit einem Klick das Szenario für das 2-Grad-Ziel angezeigt, rechts für das 1,5-Grad-Ziel – in beiden Fällen zeigt die Uhr das noch verbleibende CO2-Budget – und die verbleibende Zeit. Die CO2-Uhr des MCC bezieht sich ausschließlich auf das verbleibende Restbudget für CO2. Aber bei der Berechnung des Restbudgets wird die Beitrag anderer Treibhausgase zur Erderwärmung im Voraus abgezogen.

Die Idee des CO2-Budgets fußt auf einem nahezu linearen Zusammenhang zwischen den kumulativen Emissionen einerseits und dem Temperaturanstieg andererseits. Aus dem Ablaufen des verfügbaren CO2-Budgets zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels lässt sich indes nicht ableiten, dass sich die Erde dann um 1,5 Grad erwärmt hätte. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Reaktion der Emissionen auf die Temperatur erst später sichtbar wird als beim reinen Blick auf die Konzentration der Emissionen in der Atmosphäre. 

Mit der Aktualisierung der CO2-Uhr des MCC auf Grundlage des IPCC-Sonderberichts geht zugleich eine technische Veränderung einher: Bisher hatte der Weltklimarat die Größe des Budgets in Form von einer geringeren (33 prozentigen), einer mittleren (50 prozentigen) und einer hohen Wahrscheinlichkeit (66 prozentigen) abgebildet. Im Lichte der neuen Erkenntnisse sprechen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun davon, dass das errechnete Budget von 420 Gt für das 1,5-Grad-Ziel mit 66 Prozent der untersuchten Szenarien erreichbar ist. Damit werden Unsicherheiten verlagert: Weg von der Wahrscheinlichkeit, das Temperaturziel einzuhalten – und hin zu der Wahrscheinlichkeit, dass die Modelle das Ziel einhalten.

Auch wenn die CO2-Uhr eine präzise Messung der verbleibenden Zeit für aktiven Klimaschutz suggeriert, so bleiben doch viele Unsicherheitsfaktoren bestehen, die sich unter anderem aus unterschiedlichen Definitionen des 1,5°C-Ziels, unterschiedlichen Annahmen über die Klimasensitivität und den Grad der bisherigen Erwärmung sowie der zukünftigen Entwicklung anderer Treibhausgase ergeben. Weiterhin ist der Berechnung zugrunde gelegt, dass die jährlichen Emissionen auf dem Niveau von 2017 verharren, während die neuesten Zahlen zeigen, dass die Emissionen immer noch steigen.

In einem Interview mit der Züricher Wochenzeitung WOZ hat MCC-Generalsekretärin Brigitte Knopf ausführlich erklärt, wie die CO2-Uhr den Klimawandel veranschaulicht und die Dringlichkeit politischen Handelns anzeigt.

Klimaanpassungsgesetz und 15-Punkte-Offensive: Umweltministerin Heinen-Esser ruft eindringlich auf, Klimafolgen vorzubeugen

(01.07.21 ….)

Ministerin Heinen-Esser: Der Klimawandel ist vor unserer Haustür angekommen. Daher müssen wir vorsorgen und die Widerstandsfähigkeit von Umwelt, Natur und Mensch stärken

Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat für das bevölkerungsreichste Bundesland das bundesweit erste eigenständige Klimaanpassungsgesetz beschlossen.  

Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz teilt mit:

Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat am Donnerstag (1. Juli 2021) für das bevölkerungsreichste Bundesland das bundesweit erste eigenständige Klimaanpassungsgesetz beschlossen. Mit eindringlichen Worten ruft Umweltministerin Ursula Heinen-Esser zu einer umfassenden Klimawandel-Vorsorge auf allen Ebenen auf. Zur Umsetzung und Unterstützung bei der Klimafolgenanpassung hat das Umweltministerium eine 15-Punkte-Offensive erarbeitet.
 
„Mit fortschreitenden Klimaänderungen drohen große ökologische und ökonomische Schäden und nicht zuletzt Gefahren für Leib und Leben. Die zurückliegenden Jahre haben es deutlich gezeigt: Der Klimawandel ist Realität und vor unserer Haustür angekommen. Parallel zum Klimaschutz müssen wir daher mit aller Kraft die Widerstandsfähigkeit von Umwelt, Natur und Menschheit stärken. Das Klimaanpassungsgesetz ist ein wichtiger Schritt, mit dem wir den unabwendbaren Klimafolgen vorbeugen“, so Umweltministerin Ursula Heinen-Esser.
 
Im März 2021 hatte die Landesregierung das Gesetz in den Landtag eingebracht. Mit dem Gesetz schreibt die Landesregierung das Ziel fest, die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen. Alle Träger öffentlicher Aufgaben sind fortan dazu verpflichtet, Klimafolgen bei allen Planungen und Entscheidungen zu berücksichtigen. Zudem ist die Erstellung und Fortschreibung einer Klimaanpassungsstrategie, die Durchführung eines Klimafolgen- und Anpassungsmonitorings sowie die Einrichtung eines Beirates für Klimaanpassung gesetzlich festgeschrieben.
 
Die 15-Punkte-Offensive des Umweltministeriums enthält vielfältige Maßnahmen zur Umsetzung des Gesetzes und zur Unterstützung von Kommunen, Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen. Wesentliche Bestandteile der Offensive zur Klimaanpassung sind:

  • Ein umfangreiches Klimafolgen- und Anpassungsmonitoring des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen. Die Veröffentlichung ist in Vorbereitung.
  • Die Einrichtung des neuen „Beirat Klimaanpassung“, der die Erarbeitung der Klimaanpassungsstrategie begleiten wird.
  • Die Erstellung einer Klimaanpassungsstrategie unter Einbindung der gesamten Landesregierung und weiterer gesellschaftlicher Akteure.
  • Die Erarbeitung eines Leitfadens für einen Klimaresilienz-Check als Hilfestellung bei der Umsetzung des im Klimaanpassungsgesetz enthaltenen Berücksichtigungsgebotes für öffentliche Stellen.
  • Die Unterstützung kommunaler Initiativen zur Konzeption und Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen. Klimaanpassungskonzepte, Hitzeaktionspläne und Starkregengefahrenanalysen sollen dabei ebenso gefördert werden wie investive Maßnahmen zur Klimaanpassung.
  • Die Unterstützung insbesondere kleiner und mittelständischer Unternehmen bei der Anpassung an den Klimawandel durch ein „Kompetenznetzwerk Klimaanpassung“. Das Netzwerk soll als zentrale Anlaufstelle für die Privatwirtschaft zur Verfügung stehen.
  • Der Ausbau grüner Infrastruktur. Ein landesweites und ressortübergreifendes Konzept soll eine abgestimmte und vernetzte Entwicklung der grünen Infrastruktur sicherstellen und eine zukunftsorientierte Flächennutzung unterstützen.
  • Die Entwicklung klimastabiler und vielfältiger Mischwälder. Das Umweltministerium unterstützt dies mit breiten Förderangeboten. Allein 2021 stehen insgesamt rund 75 Millionen Euro zur Verfügung.
  • Die Entwicklung und Umsetzung überbetrieblicher Wasserkonzepte zur Entnahme, Speicherung und Zuleitung von Wasser. Unter den Trockenjahren 2018 – 2020 haben insbesondere auch Landwirtschaft und Gartenbau gelitten.
  • Eine gesamtheitliche Konzeption zum Umgang mit langhaltenden Trockenphasen soll langfristig eine ausreichende Wasserversorgung für die verschiedenen Nutzungen sicherstellen. Diese soll dabei helfen, Probleme und Nutzungskonkurrenzen vor Ort zu identifizieren und mögliche regionale Lösungsansätze und Maßnahmenoptionen zu entwickeln.

  • „Mehr Grün am Haus“ – Initiative der Verbraucherzentrale
    In Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen wird das Umweltministerium zudem die intensive Informationsarbeit zur Klimawandel-Vorsorge fortsetzen und ausbauen. Die Initiative „Mehr Grün am Haus“ bietet umfangreiche Informationen, wie zum Beispiel eine Entsiegelung von Schottergärten sowie Dach- und Fassadenbegrünungen einen eigenen Beitrag für mehr Klimaresilienz leisten können. Weitere Informationen zu der vom Umweltministerium geförderten Initiative unter: https://www.mehrgruenamhaus.de .

Stadtnatur: Hort der biologischen Vielfalt, Erholungsraum und zentrales Instrument der Klimawandelvorsorge

(28.06.21)

Umweltministerin Heinen-Esser und Bauministerin Scharrenbach rufen zu einer Stärkung der grünen und blauen Infrastruktur im urbanen Raum auf – Land bietet breite Unterstützung

Ursula Heinen-Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, und Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, haben heute (28. Juni 2021) die Bedeutung der Stadtnatur für die Bevölkerung, die biologische Vielfalt und die Klimawandelvorsorge betont. Im Rahmen der Veranstaltung „Lebenswert, nachhaltig, resilient – Grüne Städte und historische Gärten im Klimawandel“ riefen die Ministerinnen gemeinsam zu einer Stärkung der grünen und blauen Infrastruktur im urbanen Raum auf. 

Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung teilen mit:

Ursula Heinen-Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, und Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, haben heute (28. Juni 2021) die Bedeutung der Stadtnatur für die Bevölkerung, die biologische Vielfalt und die Klimawandelvorsorge betont. Im Rahmen der Veranstaltung „Lebenswert, nachhaltig, resilient – Grüne Städte und historische Gärten im Klimawandel“ riefen die Ministerinnen gemeinsam zu einer Stärkung der grünen und blauen Infrastruktur im urbanen Raum auf. Das Land bietet hierzu umfangreiche Förderangebote. Rund 180 Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Kommunen, Planungs- und Fachinstitutionen nahmen an der digitalen Veranstaltung teil. Organisiert hatte die Veranstaltung das Umweltministerium in Zusammenarbeit mit der Stiftung „Die grüne Stadt“ und dem Initiativbündnis „Historische Gärten im Klimawandel“.
 
„Grünflächen bieten in aufgeheizten Innenstädten Abkühlung, dienen als Wasserspeicher und Puffer für Starkregen, sind wertvoller Hort der biologischen Vielfalt und haben häufig auch eine große kulturelle Bedeutung. Gerade auch mit Blick auf den Klimawandel müssen wir uns alle gemeinsam für eine Stärkung der grünen und blauen Infrastruktur einsetzen. Für ein gesundes Stadtleben benötigen wir eine gesunde Stadtnatur“, so Umweltministerin Heinen-Esser.
 
Ministerin Ina Scharrenbach: „Im Rahmen der Stadtentwicklung kommt der natürlichen Stadtentwicklung eine besondere Bedeutung zu: Mehr Natur und da wo es geht, mehr Wasser in die Stadt. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat die natürliche Stadtentwicklung seit 2017 konsequent gestärkt und im Rahmen der Städtebauförderung 2022 legen wir zusätzlich Wert darauf, dass die Kreislaufwirtschaft gestärkt und wiederverwendbares Baumaterial zum Einsatz kommt.“

Weitere Informationen zur Förderung von Klimaanpassung, grüner und blauer Infrastruktur

Zur Förderung der Natur im urbanen Raum hat das Umweltministerium das Förderprogramm “Grüne Infrastruktur” veröffentlicht, für das rund 20 Millionen Euro aus EU-Mitteln zur Verfügung stehen.
 
Förderfähig sind beispielsweise die Entsiegelung von Flächen, das Anlegen naturnaher Wasserflächen und Feuchtbereiche sowie größere Blühflächen und Baumpflanzungen. Über das Sonderprogramm „Klimaresilienz in Kommunen“ hat das Land zudem zwölf Millionen Euro für kommunale Maßnahmen zum Schutz vor Überhitzung und Trockenheit, zur Schaffung von Verdunstungskühle sowie zur Starkregenvorsorge bereitgestellt.
 
Als Beitrag für einen erfolgreichen und nachhaltigen Strukturwandel stehen zudem umfangreiche Förderangebote zur Klimaanpassung und zur Stärkung der grünen und blauen Infrastruktur im Ruhrgebiet und im Rheinischen Revier bereit. Im Rahmen des Projektes „Klimaresiliente Region mit internationaler Strahlkraft“ werden im Ruhrgebiet neben dem Bau von Anlagen zur Regenwasserversickerung auch die Entsiegelung von Flächen sowie die Begrünung von Dächern und Fassaden gefördert, um das Mikroklima zu verbessern. Hierzu stehen Fördermittel des Landes in Höhe von über 140 Millionen Euro zur Verfügung, inklusive der Beiträge der Wasserverbände können so Projekte mit einem Volumen von insgesamt rund 250 Millionen Euro realisiert werden. Im Rheinischen Revier werden aktuell Projekte zur Stärkung der grün-blauen Infrastruktur und der Klimaresilienz im Rahmen des Projektaufrufs REVIER.GESTALTEN gefördert.

Weitere Informationen und Tipps der Verbraucherzentrale:

Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen setzt einen Schwerpunkt auf die Klimawandelvorsorge und stellt Verbraucherinnen und Verbrauchern umfangreiche Informationen zur Verfügung, damit sie zum Beispiel anhand der Entsiegelung von Schottergärten sowie Dach- und Fassadenbegrünung einen eigenen Beitrag für mehr Klimaresilienz leisten können. Weitere Informationen zu der vom Umweltministerium geförderten Initiative „Mehr Grün am Haus“ unter: https://www.mehrgruenamhaus.de/


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Tip von Heidi

Strom vom Nachbarn in Wuppertal — ein Model für Bochum ?

(05.07.21, von wdr.de, Original : hier )

Viele Menschen wollen alternative Energien und das am liebsten aus der Region. 2017 haben die Wuppertaler Stadtwerke das Internetportal „Tal.markt“ gegründet. Da kann jeder grünen Strom quasi beim Nachbarn kaufen.

Ein großes Dach, 300 qm Sonnenpaneele und fertig ist das eigene Kraftwerk. 40.000 Euro hat das Familienunternehmen SFS in Velbert investiert und das lohnt sich, sagt Firmengründer Holger Heis: „Wir produzieren derzeit komplett CO2 frei und haben keine Stromkosten mehr.“

Grüner Strom vom Nachbarn

Möglich ist das, weil die überschüssige Energie in das Netz der Wuppertaler Stadtwerke eingespeist und über das Internetportal „Tal.Markt“ verkauft wird. Derzeit beziehen etwa 2.500 WSW-Kunden auf diese Weise ihren grünen Strom. Das Besondere ist, dass sie selber auswählen können, von wem sie welchen Strom kaufen wollen.

Angeboten wird neben Sonnenenergie auch Windenergie sowie Strom aus Wasserkraft oder Biogas. Die Produzenten kommen überwiegend aus der Region. Manche können nur wenige Haushalte versorgen, andere einige Hundert. Die Preise liegen nur geringfügig über dem „Normalstrom“-Tarif.

CO2 frei bis 2035

Grüner Strom aus der Region ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie der kommunalen Stadtwerke. „Die Stadt Wuppertal will bis 2035 CO2 frei sein“, sagt Andreas Brinkmann,  Geschäftsführer der WSW 3/4/5 Energie GmbH. „Das geht nur, wenn alle in der Stadt umdenken. Energie vor der Haustüre zu produzieren und nicht mehr über viele Kilometer Überlandleitungen hierher zu transportieren, ist einfach nachhaltiger.“

Zukunftsmodell für Unternehmen

Für den Velberter Unternehmer Holger Heis ist die regionale Stromerzeugung und Vermarktung ein Zukunftsmodell vor allem für mittelständische Unternehmen. „Wir müssen uns mit Nachhaltigkeit und der Klimakrise beschäftigen, das erwarten unsere Kunden. Jeder Unternehmer ist gut beraten, schon jetzt mehr dafür zu tun, als vorgeschrieben.“

Von Tornado bis Hagel – Was hinter den Wetterextremen steckt

(25.06.21 , ORF , Original : hier )

In der Nacht auf Freitag hat in Tschechien ein außergewöhnlich starker Tornado gewütet. Auch in Deutschland und Österreich kam es zu heftigen Hagel- und Sturmunwettern. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) spricht von der „schlimmsten Gewitterlage seit Jahrzehnten in Europa“.

Doch was steckt hinter den Wetterextremen? Hat es die „immer schon gegeben“ oder sind es bereits Vorboten einer „neuen Normalität“? Und welche Rolle spielt die Klimakrise dabei?

„Tornados dieser Intensität sind äußerst selten in Europa“, sagte Rainer Kaltenberger, Meteorologe bei der ZAMG, gegenüber ORF.at. Auf der fünfteiligen Fujita-Skala wurde er vorerst als Tornado der Klasse drei eingestuft. Dabei handelt es sich um Sturmgeschwindigkeiten von 254 bis 332 km/h, die schwere Schäden verursachen können. Dächer und leichte Wände werden abgetragen, Züge entgleisen, Wald wird großteils entwurzelt, Autos werden umgeworfen, verschoben oder sogar angehoben.

Prinzipiell seien Tornados in Europa nicht ungewöhnlich. Auch in Österreich gebe es im Durchschnitt etwa zwei bis fünf im Jahr. Allerdings seien diese meist nur im Bereich F0 bis F2 zu verorten, also mit Windspitzen bis zu 220 km/h, erklärte Kaltenberger. Einen ähnlich starken wie in Tschechien gab es in Österreich zuletzt vor mehr als einem Jahrhundert, im Jahr 1916 in Wiener Neustadt. Damals starben über 30 Menschen. Tornados in Österreich1950-2020

Quelle: European Severe Storms Laboratory

Tennisballgroße Hagelkörner „normal“?

Auch heftige Unwetter mit tennisballgroßen Hagelkörnern wie sie in den vergangenen Tagen vorkamen und zu Schäden in Millionenhöhe führten, seien an sich nichts Neues, diese habe es so bereits in den Jahren zuvor gegeben, so Kaltenberger. Schnell ließe sich daher zu dem Schluss kommen, dass es Extremwetterereignisse wie diese eben „immer schon gegeben hat“ und sie daher keinen „Beweis“ für die Existenz der menschengemachten Klimakrise darstellen – so zumindest die gängige Argumentation der Klimawandelskeptiker. Doch ganz so einfach ist es nicht.

Was Hagel betrifft, meint Kaltenberger zwar: „Man kann nicht sagen, aufgrund dieser Hagelkorngröße war das jetzt der Klimawandel.“ Ähnlich verhält es sich mit Tornados: Da es sich bei Tornados nicht nur um sehr kleinräumige und kurzlebige, sondern auch um eher seltene Ereignisse handle, könne aufgrund der Datenlage tatsächlich nicht von einer Zunahme in Bezug auf den Klimawandel gesprochen werden, so Kaltenberger. Auch in der „Warnsignale Klima“-Broschüre der Uni Hamburg ist zu lesen, dass eine Zunahme von Tornados infolge des Klimawandels „bis jetzt nicht nachgewiesen werden“ konnte. Zweifellos zählten diese jedoch zu den „schlimmsten Naturgewalten“.

Potenzial für Extremwetterereignisse steigt

Was hingegen allerdings sehr wohl mit der Klimakrise zusammenhänge, sei ein steigendes Potenzial für Extremwettereignisse, erklärte Kaltenberger. „Das ist beobachtbar. Da gibt es eine statistische Häufung. Laut Berechnungen von Klimamodellen werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten die Grundlagen für Extremwetter einfach häufiger werden.“


Buchhinweis

Stefan Rahmstorf und Schellnhuber: Der Klimawandel. Verlag: C. H. Beck Wissen, 144 Seiten, 10,30 Euro.


Die deutschen Klimaforscher Stefan Rahmstorf und Hans Joachim Schellnhuber schreiben in ihrem Werk „Der Klimawandel“, dass Wetterextreme wie Stürme, Überschwemmungen und Dürren jene Auswirkungen des Klimawandels seien, die viele Menschen „am direktesten zu spüren bekommen“. Eine Zunahme sei allerdings nicht so leicht nachweisbar, „da die Klimaerwärmung bislang noch moderat und Extremereignisse per Definition selten sind – über kleine Fallzahlen lassen sich kaum gesicherte statistische Aussagen machen“.

Ein paar Zeilen weiter darunter heißt es allerdings: „Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen. Doch man kann zeigen, dass sich die Wahrscheinlichkeit (oder Häufigkeit) bestimmter Ereignisse durch die globale Erwärmung erhöht.“ Vergleichbar sei das mit der Tatsache, dass Raucher und Raucherinnen häufiger Lungenkrebs bekämen, es sich im Einzelfall aber nicht beweisen ließe, ob der Patient nicht auch ohne zu rauchen Krebs bekommen hätte.European Severe Storms Laboratory/OpenStreetMap 500 km+ Die 25 stärksten Tornados in Europa von 1950 bis 2020

Mehr Wärme, mehr Energie, mehr Unwetter

Die Zahlen scheinen den Klimaforschern recht zu geben: Laut ZAMG nahmen Wetterlagen, die schwere Gewitter verursachen können, in Europa seit den 2000er Jahren „deutlich“ zu, in Europa um 30 bis 50 Prozent, in Österreich um rund 20 Prozent. Ein Hauptfaktor sei die Bodenfeuchtigkeit, wie Georg Pistotnik, Klimaforscher bei der ZAMG, gegenüber Ö1 erklärte.Radiothek 25.6.2021, 10.00 Uhr

Klimaforscher: Unwetter nehmen zu

Ö1 Mittagsjournal

Auch die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb von der Universität für Bodenkultur (BOKU) erklärte bei einer Pressekonferenz am Freitag den Mechanismus, der der zunehmenden Häufigkeit von Unwettern zugrunde liegt. „Wenn sich die Lufthülle der Erde erwärmt, entsteht mehr Energie. Zudem kann die wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen.“ Wenn sich Energie und Wasser entlüden, seien heftigere Regenfälle, Unwetter und Hagel sowie eventuell sogar Tornados die Folge. Damit sich ein Tornado bilden kann, braucht es große Wolken, Gewitter und unterschiedliche Windrichtungen in verschiedenen Höhen.

Grafik zeigt die Entstehung eines Tornados

Beim Hagel müsse man davon ausgehen, dass sowohl die Ereignisse häufiger als auch die Körner größer werden, das zeige die Statistik bereits jetzt deutlich. Grund für diese Entwicklung sei, dass die Luftmassen mit der Erwärmung unbeständiger werden. Debatte Extremwetter: Wie die Klimakrise aufhalten?

Exponentielle Entwicklung erwartet

Die Ereignisse dieses Sommers seien insgesamt nicht überraschend, „es entwickelt sich so, wie die Wissenschaft das erwartet hat“, sagte die Klimaforscherin und betonte, dass die weitere Entwicklung nicht linear, sondern exponentiell verlaufen werde. Das nächste halbe Grad Erwärmung werde daher deutlich mehr Probleme bringen als das vorangegangene.

„Wir spielen mit dem Feuer“, und da dürfe man sich nicht wundern, „wenn man sich die Finger verbrennt. Wir als Gesellschaft und als Österreich haben unsere Hausaufgaben nicht gemacht.“ Die Politik sei immer noch mit dem Formulieren von Zielen beschäftigt anstatt mit der Umsetzung von Maßnahmen. Grund sei vermutlich die „Angst vor Verzicht“, wobei Klimaschutzmaßnahmen nicht nur Verzicht, sondern vor allem auch „ein besseres Leben“ bringen würden, appellierte Kromp-Kolb.

Appell: Augen nicht vor Realität verschließen

Der Klimapolitikexperte Reinhard Steurer von der BOKU konstatierte im Gespräch mit ORF.at eine weit verbreitete Verleugnung und Verharmlosung in Krisenzeiten, „weil sie helfen, mit der zunehmend bedrohlichen Realität besser zurechtzukommen. Wenn man ein Problem oder dessen Folgen nicht zur Kenntnis nimmt, kann man weitermachen wie bisher – zumindest kurzfristig.“

ZIB 2, 25.6.2021

Langfristig gewinne aber immer die Realität.” Er warnt daher davor, die Augen zu verschließen. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann bedeutet das im Fall der Klimakrise sehr viel vermeidbares Leid, ja sogar eine Gefährdung der menschlichen Zivilisation, wie wir sie heute kennen.“

Text: Tamara Sill, Grafik: Sandra Schober; beide ORF.at/Agenturen

Links:


Tip von Ingo

Erneuerbare Energien: In Bochum Immer mehr heizen mit Kraft der Sonne, Leserbrief

(18.06.21) aus waz.de , Original : hier

Immer mehr Menschen setzen zum Heizen erneuerbare Energien ein.

In Bochum wird immer häufiger auf erneuerbaren Energien gesetzt: So gab es bis Ende 2019 1963 Photovoltaik-‌Anlagen im Netz der Stadtwerke.


Weiter Informationen zum Netzwerk ‟Altbauneu” gibt es unter www.alt-bau-neu.de/bochum.



Leserbrief : Das Klima endlich effektiv schützen

Da macht die Leiterin der städtischen Stabsstelle Klima und Nachhaltigkeit Werbung für den Austausch von Öl-Heizungen durch Solarthermieanlagen in Kombination mit einer Gasheizung.

Welch ein Unfug!

Welche Verschwendung von Steuergeldern!

Die Umstellung sollte möglichst effektiv – also klimaneutral sein. Bei der Verbrennung von Gas wird CO2 ausgestoßen. Dieses bleibt für sehr sehr viele Jahrhunderte in der Atmosphäre.

Um die 1,5 Grad-Grenze einzuhalten dürfen wir nur noch max. 4200 Mill. t davon ausstoßen. Bei gleichbleibenden Emissionen werden wir diese Menge in 2025 und damit die 1,5-Grad-Grenze mit 50 % Wahrscheinlichkeit überschreiten.

Also eine Photovoltaikanlage aufs Dach oder an die Fassade und mit dem Ökostrom eine Erdwärmepumpe betreiben. Das ist die umweltfreundlichste Heizmöglichkeit.

Wann kapieren die Verantwortlichen in Stadtverwaltung und Politik endlich das es nicht um die Emissionssenkung von ein wenig Treibhausgasen geht sondern um möglichst effektiven Klimaschutz – sonst haben wir 2050 in Bochum jährlich mehr als 30 Tage mit einer Temperatur über 30 ° C
(Klimaanpassungskonzept der RUB, 2012).

Ingo Franke


Klimaschutz Fridays for Future Bochum warnt: ‟Es brennt. Immer noch!”

WAZ-Umweltgipfel Was Bochum jetzt für das Klima tun muss

Diesel verteuern – oder besser ein Tempolimit?

(11.06.21 ) von zeit.de , Original : hier https://www.zeit.de/mobilitaet/2021-06/klimaschutz-diesel-inlandsfluege-spritpreis-co2-verkehr?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

Der Wahlkampf hat mit Diskussionen über Inlandsflüge und Spritpreise begonnen. Aber was würde den Verkehr wirklich klimafreundlich machen? Ein Blick auf die Zahlen Von Jonas Schulze

Mit Anbruch des Sommers hat auch der Bundestagswahlkampf begonnen. Und wie üblich diskutiert das Autoland Deutschland über Verkehrspolitik. Mit Ausnahme der AfD sind sich alle Parteien im Bundestag einig, dass die Mobilität klimafreundlicher werden soll. Über die Frage, mit welchen Maßnahmen das gelingen soll, wird aber heftig gestritten.

Die Klimaschutzziele der Bundesregierung sind klar: Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland vollständig klimaneutral sein. Laut des überarbeiteten Klimaschutzgesetzes, das die Regierung am 12. Mai beschlossen hat, sollen die CO2-Emissionen im Verkehr von 163 Millionen Tonnen im Jahr 2019 auf 85 Millionen Tonnen im Jahr 2030 absinken, sich also fast halbieren.

Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor jedoch in einem Urteil festgestellt: Es reicht nicht, immer neue Klimaschutzziele zu formulieren. Damit künftige Generationen nicht zu stark belastet werden, muss schon heute klar werden, mit welchen Maßnahmen der CO2-Ausstoß reduziert werden soll. Ansonsten läuft Deutschland Gefahr, die selbstauferlegten Ziele zu verfehlen.

Bislang setzten Union und SPD dazu vor allem auf die Förderung von Elektroautos. Aber genügt das, um die Klimaziele zu erreichen? Oder sind zusätzliche Schritte notwendig? Ein Verbot von Inlandflügen oder höhere Steuern auf Benzin und Diesel? Was bringt mehr für den Klimaschutz? Der Blick auf die Zahlen zeigt, wie effektiv die Maßnahmen tatsächlich wären.

Übersicht:

Tempolimit 130 auf Autobahnen

Grünenchef Robert Habeck sagte schon vor einem Jahr, dass seine Partei nur einer Regierung beitreten werde, die ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen durchsetzt. Das Umweltbundesamt hat ausgerechnet, wie viel CO2 durch diese Maßnahme eingespart werden könnte. Bei 130 km/h würden sich die CO2-Emissionen demnach um 1,9 Millionen Tonnen pro Jahr reduzieren.

Inlandsflüge verbieten

Vor dem Ausbruch der Pandemie reisten pro Jahr etwa 23 Millionen Fluggäste innerhalb Deutschlands. Ob die Passagierzahlen in den kommenden Jahren wieder das Vorkrisenniveau erreichen, ist noch offen. Denn Videokonferenzen könnten in Zukunft viele Geschäftsreisen überflüssig machen, die bislang der Grund für etwa zwei Drittel der Flugzeugbelegungen waren. Doch dieser Rückgang geht etwa den Aktivistinnen und Aktivisten von Stay Grounded oder auch dem Mobilitätsforscher Andreas Knie nicht weit genug. Sie fordern ein Komplettverbot von Inlandsflügen. Auch hierzu hat das Umweltbundesamt eine Berechnung angestellt: Durch das Verbot könnten etwa 2,1 Millionen Tonnen CO2 im Jahr eingespart werden.

CO2-Preis von 60 Euro

Die Forderung von Grünenchefin Annalena Baerbock, dass Sprit in den kommenden Jahren um 16 Cent teurer werden müsse, hat vergangene Woche empörte Reaktionen hervorgerufen. Dabei unterscheidet sich der Vorschlag der Grünen kaum von den bereits beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung. Seit dem ersten Januar gilt in Deutschland ein CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne. Dadurch stieg der Benzinpreis um rund sieben Cent, der Dieselpreis um rund acht Cent.

Mehr zum Thema: Verkehrswende

Spritpreise: Wie teuer wird Autofahren nach der Wahl? Autofreie Innenstadt: “Für eine lebendige Innenstadt brauchen wir auch Autos”

Das Emissionsschutzgesetz gibt vor, dass der Preis bis zum Jahr 2025 schrittweise auf 55 Euro steigt. Den Grünen geht das nicht schnell genug: Sie fordern in ihrem Wahlprogramm, dass der Preis schon zwei Jahre früher auf 60 Euro steigen soll. Umgelegt auf den Spritpreis entspricht das laut Umweltbundesamt einem Aufschlag von 15,9 Cent pro Liter Diesel und 14,2 Cent pro Liter Benzin. Höhere Spritpreise erzeugen zusätzliche Anreize, umweltfreundlichere Transportmittel zu nutzen und bestehende Fahrzeuge besser auszulasten.

Der Bundesverband der Energiewirtschaft hat im Jahr 2019 eine Studie in Auftrag gegeben, in der die Auswirkungen eines höheren CO2-Preises auf den Straßenverkehr berechnet werden. Das Ergebnis: Bei einem Preis von 60 Euro pro Tonne würde sich der CO2-Ausstoß um 1,2 bis 2,4 Millionen Tonnen pro Jahr verringern.

Dieselsteuervorteil abschaffen

Diesel wird bislang geringer besteuert als Benzin, daher ist Diesel an der Tankstelle billiger. Ein Relikt aus den Neunzigerjahren: Damals wollte die Regierung die aufstrebende Antriebstechnik unterstützen – zunächst mit Erfolg, Diesel verkauften sich lange ausgezeichnet. Doch seit der Abgasaffäre im Jahr 2015 hat das Image des Diesels stark gelitten. In ihren vorläufigen Wahlprogrammen fordern die Linkspartei und die Grünen, die steuerliche Begünstigung abzuschaffen. Das käme eine Preiserhöhung von 18,4 Cent pro Liter Diesel gleich. Ähnlich wie die Erhöhung des CO2-Preises würde auch das die Nachfrage senken.

Auch Ruth Blanck hält die Erhöhung der Energiesteuer für Dieselkraftstoff für überfällig. Blanck ist Wissenschaftlerin am Öko-Institut und hat sich in einer Studie für die Stiftung Agora Verkehrswende mit der Frage auseinandergesetzt, wie die Transformation des Verkehrssektors gelingen kann. “Dieselfahrzeuge sind häufig groß und stark motorisiert”, sagt Blanck. Außerdem würden sie oft von Haushalten mit hohem Einkommen genutzt. Laut ihrer Modellrechnung könnte die jährliche Fahrleistung von Dieselautos und Lkw nach Wegfall des Steuervorteils um etwa 2,5 Prozent zurückgehen. Das entspräche einer Einsparung von 3,7 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.

Verbrennerverbot ab 2025

Der wichtigste Baustein im Verkehrskonzept der Bundesregierung ist die Förderung der Elektromobilität. Zwar belasten auch E-Autos das Klima, da bei ihrer Produktion oft viel CO2 ausgestoßen wird. Aber laut Berechnungen des Bundesumweltministeriums sind die Treibhausgasemissionen von E-Autos der Kompaktklasse zwischen 23 und 30 Prozent niedriger als bei vergleichbaren Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Laut Klimaschutzgesetz sollen im Jahr 2030 daher mindestens zehn Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sein.

Fazit

Angesichts von 78 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr, die der Verkehr laut Plan der Bundesregierung in den kommenden neun Jahren einsparen soll, sind die Effekte der genannten Maßnahmen verhältnismäßig gering. Sie können nur einzelne Bausteine einer erfolgreichen Verkehrswende sein. Besonders viel CO2 könnte Studien zufolge eingespart werden, wenn Sprit teurer wird – und wenn die Gesellschaft auf emissionsfreie Fahrzeuge umsteigt.


Tip von Ingo