Propagandaschlacht ums Klima (Buchtip)


Propagandaschlacht ums Klima
Wie wir die Anstifter klimapolitischer Untätigkeit besiegen

Im Original: The New Climate War (von Michael E. Mann)
In der deutschen Übersetzung von Matthias Hüttmann, Tatiana Abarzúa und Herbert Eppel

ISBN 978-3-933634-48-1, 2. Auflage 2021, 440 Seiten,
D: 29,00 € (AT: 29,80 EUR, CH: 33,80 SFr)
Verlag Solare Zukunft

Mit einem Vorwort des Science4Future-Wissenschaftlers Prof. Volker Quaschning und einem Nachwort des Meteorologen Özden Terli.

Klappentext

Propagandaschlacht ums Klima” von Michael E. Mann

Der renommierte Klimawissenschaftler Michael E. Mann zeigt, wie die fossile Brennstoffindustrie seit 30 Jahren eine Kampagne führt, um von Schuld und Verantwortung abzulenken und Maßnahmen gegen den Klimawandel zu verzögern. In dem Buch präsentiert er seinen Aktionsplan zur Rettung des Planeten.

Recyceln. Weniger Fliegen. Weniger Fleisch essen. Das sind einige der Maßnahmen, von denen uns gesagt wurde, dass sie den Klimawandel verlangsamen können. Aber die übermäßige Betonung des individuellen Verhaltens ist das Ergebnis einer Marketingkampagne, die es geschafft hat, die Verantwortung für die Bewältigung des drohenden Klimawandels vollständig auf die Schultern des Einzelnen zu legen.

Die Unternehmen der fossilen Brennstoffindustrie sind dem Beispiel anderer Branchen gefolgt, die ebenso die Schuld von sich weisen –man denke nur an »Waffen töten keine Menschen, Menschen töten Menschen« –oder an das Greenwashing der Getränkeindustrie mit der »Crying Indian« Kampagne in den 1970er Jahren. Gleichzeitig blockieren sie Bemühungen, den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid zu regulieren oder zu bepreisen, führen PR-Kampagnen durch, die darauf abzielen, praktikable Alternativen zu diskreditieren, und entziehen sich ihrer Verantwortung, das von ihnen geschaffene Problem zulösen. Das Ergebnis ist für unseren Planeten verheerend.

In »Propagandaschlacht ums Klima« vertritt Mann die Ansicht, dass noch nicht alles verloren ist. Er beschreibt die Fronten zwischen den Verbrauchern und den Verursachern –den Unternehmen der fossilen Brennstoffindustrie, den rechtsgerichteten Plutokraten und den Petrostaaten. Und er skizziert einen Plan, um unsere Regierungen und Konzerne zu zwingen, aufzuwachen und echte Veränderungen vorzunehmen, einschließlich:

  • Einer vernünftigen, realistischen Herangehensweise bei der Bepreisung von CO2 und einer Korrektur der gut gemeinten, aber fehlerhaften, derzeit vorgeschlagenen Version des Green New Deals
  • Einer fairen Konkurrenz zwischen Erneuerbaren Energien und fossilen Energieträgern
  • Der Entlarvung falscher Narrative und Argumente, die sich in die Klimadebatte eingeschlichen haben und einen Keil zwischen diejenigen treiben, die Lösungen für den Klimawandel unterstützen
  • Einer Bekämpfung von Klimauntergangsstimmung und Hoffnungslosigkeit.

Angesichts der immens mächtigen Interessen, die den Status quo der fossilen Brennstoffe verteidigen, wird der gesellschaftliche Wandel nur mit der aktiven Beteiligung der Bürger gelingen, die den gemeinsamen Vorstoß unterstützen. Dieses Buch will überalldie Menschen erreichen, informieren und befähigen, sich dem Kampf um unseren Planeten anzuschließen

24.09 – Vorstellung PV – Balkonmodul

Die aktuelle Seite mit weiteren Infos zu unserer Balkon-Solar-Initiative :
hier ( https://boklima.de/pv )


Das mobile Balkon – PV-Modul zum
ausprobieren (aus Dortmund-Dorstfeld)

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist balkon-pv-img-20210913-124536214-hdr-768x1024.jpg
(24.09.21) Impressionen vom KlimaStreik (DBM)

Flyer zum Photovoltaik Balkon Modul
hier : pdf

Was bringt es?

  • 2,5 kWh pro Tag (Sonnentag)
  • 300 kWh pro Jahr
    (Kühlschrank+Router+Waschmaschine )
  • 100€ weniger Stromkosten 
  • Rentiert sich in 6-8 Jahren
  • 150kg / Jahr weniger CO²
    (2,5 Tonnen CO2 in 20 Jahren gespart)

Was kostet es?

  • 1 Solarmodul 380W (2m x 1m)
  • 1 Wechselrichter
  • Stromzähler zum zeigen
  • Montagesystem
  • 2 Stunden Arbeit
  • 400€-500€

Verwirrt aber interessiert?

24.09 – Klimastreiktag vor dem DBM

Komm zum Stand von BoKlima,
Sieh es dir an

  • Am Stand von Boklima / Bochumer Initiativen

selebr ausprobieren :
Ausleihen (kostenlos) und testen

  • Für einen Monat kostenlos ausleihen.
  • Stecker in eine normale Steckdose stecken.
  • fertig und sich freuen.

Fragen an: testen@1megawatt.de , boklima@boklima.de


Infos für Mieter : (Verbraucherzentrale.nrw)
(mehr …)

Mit Stecker-Solargeräten können Sie auch als Mieter:in und Wohnungseigentümer:in eigenen Sonnenstrom erzeugen:

  • Auch auf dem Balkon etc können Sie selbst Solarstrom erzeugen und verbrauchen.
  • Stecker-Solargeräte produzieren Strom für den Eigenbedarf
  • Die Balkon-Modulsysteme sind sicher und lohnen sich langfristig betrachtet auch finanziell.
  • Einige Regeln und Anforderungen sind noch unnötig kompliziert, davon sollten Sie sich aber nicht abschrecken lassen.

Für Miet- und Eigentumswohnungen gilt:
Wenn Sie das Solarmodul an der Balkonbrüstung oder der Hauswand anbringen wollen, müssen Vermieter:in oder Eigentumsgemeinschaft in der Regel zustimmen.
Seit 2020 das Wohneigentumsgesetz (WEG) geändert wurde, ist hierfür keine Einstimmigkeit mehr nötig, sondern nur noch eine mehrheitliche Erlaubnis

Link : Verbraucherzentrale.nrw/… hier

Ausrichtung / Aufstellorte

Grundsätzlich eignen sich :

Süden , Westen , Osten

Eignung selber abfragen und prüfen via Solarkataster : hier ,
via Stadtwerke : hier

Bürokratisches

Jedes PV-Modul muß registriert werden —
ist aber einfach
(mehr …)

Anmelden :

  • die deutschen Netzbetreiber wollen, dass alle Erzeugungsanlagen, unabhängig von ihrer Leistung, bei ihnen gemeldet werden. Diese Forderung haben sie in die entsprechende Vorschrift (Anwendungsregel VDE-AR-N 4105) hineingeschrieben. Vorgesehen ist dabei für Erzeuger bis 600 Watt
  • Hier gibt es ein Anmelde-Formular : hier
  • UND ein Anmeldung bei : Bundesnetzagentur im Marktstammdatenregister.
    • Registrierung ist Pflicht : Alle neuen Anlagen, die Strom erzeugen, müssen (innerhalb eines Monats) in das neue Marktstammdatenregister eingetragen werden
    • Wenn Sie Ihre Anlage nicht registrieren, drohen ein Bußgeld und der Verlust Ihrer EEG-Vergütung.

Steckdosenmodule in Aktion

https://www.s-i-z.de/produkte/anlagen/steckdosenmodul/

Bezugsquellen fertig Module (Auswahl)
(mehr …)

Links zu fertig konfektionierten Balkon-Modulen
Stecker rein — fertig !

  • Solar Info Zentrum , Neustadt/W : Das SIZ-Plugin-System
    • auch via Balkonmodul.de
    • Das Alleinstellungsmerkmal: alle Bauteile werden komplett in Deutschland produziert.
    • Das 300 Wp-Modul aus monokristallinem Silizium wird von der Sonnenstromfabrik in Wismar für SIZ produziert.
    • Abmessungen: 1.550 x 1.010 x 60 mm (H x B x T) , Gewicht: 20 kg
    • Der integrierte Modulwechselrichter von AEConversion aus Bielefeld (315 W) erfüllt alle notwendigen rechtlichen Bestimmungen über eine Verteilerdose können einfach 2 Module (2 Wechselrichter) miteinander verbunden werden (600 Wp)
    • Ein eigens entwickelter Modulrahmen (C-Profil), gleichzeitig der Montagerahmen, ermöglicht eine schnelle, einfache und sichere Montage
  • Techwerke Bürgerenergie , Kirchheim
  • maxx solar & energie GmbH & Co. KG , 99880 Waltershausen, BalkonModul
  • indielux, Berlin

Bezugsquellen selbstbau (Auswahl)
(mehr …)

Beispiel-Modul von :

Das Beisiel Modul wurde freundlicher Weise von : http://1megawatt.de/ zur Verfügung gestellt. – Danke !


Weitere Möglichkeit : PV- Anlage mieten (auf eigenem Dach)

Angebot / Infos der Stadtwerke Bochum
(mehr …)

Erfahrungsberichte Aufbau und Anschluss von PV-Anlagen

  • Beschreibung: Aufbau einer Anlage auf einem Gartenhaus :
    Die Vision: Klimawandel wuppen – Dorstfeld klimaneutral ok, das wird noch.
    http://horstwessel.eu/solaranlage/
  • Initiative aus Dortmund Dorstfeld : “1 Megawatt für Dorstfeld”
  • !! Vorbild für Bochum , schaffen wir 10 Megawatt ? 🙂 !!


Quellenagabe / Bildmaterial / Hintergrundinfos
(mehr …)

Videos auf youtube

Was macht man, wenn man kein eigenes Haus hat, aber gerne selbst Strom, am besten über Solar, produzieren möchte? Man baut sich ein Balkonkraftwerk! Wie das ganze funktioniert, worauf man achten muss und ob es ma Ende überhaupt etwas bringt zeigt uns Mr. Balkonkraftwerk höchstpersönlich Holger Laudeley in diesem Video!

Link : hier

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Diskussion um Normen und Rechtliches
Link : hier
(Achtung Bayrisch )

https://youtu.be/mo1B5pMW2gk



Weitere Fragen , Wünsche , etc bitte an : boklima@boklima.de

Flyer vom 24.09


Einfach Grün. — Greening the City (Ausstellung DUS)

(10.09.21, baukultur.nrw) , Original : hier


<< Das wäre doch auch eine Ausstellung für Bochum !! >>


Die Ausstellung „Einfach Grün. Greening the City“ zeigt von 17.9 bis 17.10.2021 in Düsseldorf die Vorteile und Herausforderungen des städtischen Grüns. Präsentiert werden technische Möglichkeiten und praktische Lösungen anhand von Beispielen von Düsseldorf über Mailand bis Singapore.

Einfach Grün – Greening the City
Eine Ausstellung des Deutschen Architekturmuseums (DAM), Frankfurt, in Kooperation mit dem Museum der Baukultur Nordrhein-Westfalen, der Stadt Düsseldorf und dem BLB NRW. Unterstützt wird die Ausstellung durch ingenhoven architects.

Laufzeit

17. September – 17. Oktober 2021

Öffnungszeiten

täglich 9 – 18 Uhr

Ausstellungsort

Bürgerpark, Düsseldorf (Gegenüber vom Haupteingang
zum Landtag NRW; Adresse: Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf):  https://goo.gl/maps/jkmnZ5zARXf9VaZy9

Begleitveranstaltungen

16. September, 18 Uhr
Ausstellungeröffnung + Diskussion
Welchen Beitrag können insbesondere Bauherrn und Bürger*innen für eine grüne Architektur leisten?

12. Oktober 2021, 18–19:30 Uhr
Webinar der Verbraucherzentale NRW
Gründächer als Beitrag zur Klimaanpassung

Handbuch zur Ausstellung

Begleitend zur Ausstellung ist ein Handbuch zum Gebäudegrün erschienen mit vielen Beispielen, vor allem aber praktischen Tipps und Handreichungen zu Fragen rund um das Thema Begrünung von Gebäuden, von der Pflanzenauswahl, über den Aufbau einer Dachbegrünung bis hin zur Frage, ob und wie eine intensive Dachwiese gemäht wird.

„Einfach Grün. Greening the City“
hrsg.v. Hilde Strobl, Peter Cachola Schmal, Rudi Scheuermann

DAM, Frankfurt a. M. 2021, 304 Seiten, deutsch/ englisch
ISBN 978-3-939114-10-9; 2. erweiterte Auflage, 2021
19 Euro

Das Buch ist auch während der Laufzeit der Ausstellung beim Museum der Baukultur zu bestellen.


Tip von Stefan

Hungerstreik fürs Klima Umweltaktivisten protestieren vor dem Berliner Reichstag

(02.09.21 , tagesspiegel ) , Original : hier

Sieben junge Berliner fordern eine radikale Klimawende und Gespräche mit den Kanzlerkandidaten. Dafür protestieren sie vor dem Reichstagsgebäude. 

Für eine radikale Klimawende haben sieben junge Leute in Berlin nach eigenen Angaben einen unbefristeten Hungerstreik begonnen. Am Donnerstag demonstrierten einige der Aktivisten mit Unterstützern am Reichstagsgebäude. 

Erklärtes Ziel ist eine öffentliche Diskussion mit den Kanzlerkandidaten von CDU/CSU, SPD und Grünen sowie die Einsetzung eines Bürgerrats, der der Politik Sofortmaßnahmen gegen die Erderwärmung vorgeben soll.

„Keines der Wahlprogramme der etablierten Parteien greift auch nur ansatzweise das auf, was notwendig ist, (…) um ein Überleben auf diesem Planeten zu ermöglichen“, sagte der 22-jährige Simon Helmstedt, einer der Hungerstreikenden, der Deutschen Presse-Agentur. Aus Sicht der Wissenschaft blieben nur noch drei Jahre Zeit, um gegenzusteuern. „Ich finde das sehr erschütternd.“

Vor dem Hungerstreik hätten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vergeblich andere Protestformen gewählt. „Wir wurden ignoriert“, sagte der Biologiestudent. Man wisse, dass die Nahrungsverweigerung gefährlich sei. „Das ist ja eine fundamentale Entscheidung, in den unbefristeten Hungerstreik zu treten“, sagte der junge Berliner. „Für mich ist es klar geworden, dass es jetzt notwendig ist.“


Mehr zum Thema

„Bild am Sonntag“ druckt fast freie Seite Baerbock lehnt Interview ab – angeblich aus Termingründen Michael Schmidt Sven Lemkemeyer


Von den Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne) gebe es vorerst keine Rückmeldung, sagte die Sprecherin der Aktion, Hannah Lübbert, am Donnerstag. Der Hungerstreik begann den Angaben zufolge am Montag. Die Aktivisten kampieren auf einer Wiese im Spreebogen in der Nähe des Reichstagsgebäudes. (dpa)

Missing Link: Verkehrswende – wir brauchen ÖPNV, der besser als das Auto ist (heise)

(05.09.21, heise.de ) , Original : hier

Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs soll helfen, die Klimaziele zu erreichen. Wie soll das gehen, wenn auch im zweiten Corona-Jahr die Fahrgäste wegbleiben? Von Franziska Zehl , Timo Daum.

Bei der Forderung, den öffentlichen Personennahverkehr auszubauen, herrscht seltene Einigkeit quer durch alle politischen Lager. Damit wird die Hoffnung verbunden, dieser könne einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, zur Reduktion von Emissionen und Treibhausgasen sowie zu einer weniger autozentrierten Mobilität leisten. Eine Studie des Berliner Thinktanks Agora Verkehrswende hält gar eine Verdoppelung des Verkehrsaufkommens im ÖPNV bis 2035 für notwendig, um die Klimaziele zu erreichen.

Aber ist das überhaupt realistisch? In der Corona-Pandemie war ein Rückgang der Nutzung motorisierter Verkehrsmittel zu verzeichnen, auch die Nutzung des ÖPNV brach ein. Lag der Anteil des ÖPNV am Verkehrsaufkommen bereits vor der Pandemie bei schlappen 15 Prozent, hat er sich im Zuge dieser globalen Krise noch einmal halbiert. Repräsentative Befragungen zeigten bereits im Frühjahr und Herbst 2020 tiefe Einbrüche in Verkehrsaufkommen und -leistung des ÖPNV.

Aber auch mehr als zwei Jahre nach Beginn der Pandemie sieht es schlecht für den ÖPNV aus, wie quantitative Daten aus dem MOBICOR-Projekt eindrücklich zeigen. Ein kürzlich erschienener MOBICOR-Sonderbericht lieferte weitere Einblicke in die derzeitige Rolle des ÖPNV: Nur wer keine Wahl hat, nutzt zu Zeiten der Pandemie öffentliche Verkehrsmittel.

Verkehrsleistung pro Tag absolut nach Verkehrsmitteln, zurückgelegte Wege von Personen ab 16 Jahren (Hochrechnung in Mio Personenkilometern)
Modal Split vor und während der Pandemie, Angaben in Prozent; Datengrundlage: Verkehrsmittelnutzung für am Berichtstag zurückgelegte Wege von Personen ab 16 Jahren

Die geringe Beliebtheit des ÖPNV war vor allem zur Hochzeit der Pandemie eng mit der Angst vor Ansteckung mit dem Corona-Virus in Bussen und Bahnen verknüpft.

Allerdings sind es gerade diejenigen, die vor der Pandemie, wenn überhaupt, ohnehin nur selten mit Bus oder Bahn fuhren, die besonders häufig in ein abweisendes Narrativ verfallen. Leitsätze wie ‘safety first’ oder ‘Gesundheit geht vor’ werden als Gründe für die konsequente Meidung öffentlicher Verkehrsmittel genannt. Die Pandemie scheint damit gerade den Menschen, die der ÖPNV auch vor der globalen Krise schon nicht erreichen konnte, den letzten Grund zu liefern, Bussen und Bahnen endgültig den Rücken zu kehren.

Aber auch Menschen, die sonst regelmäßig den ÖPNV nutzten, steigen im Zuge der Pandemie verstärkt vom ÖPNV aufs Rad oder das Auto um. Dabei waren es im zweiten Corona-Jahr sogar nochmal mehr Befragte (44 Prozent) als im ersten Corona-Jahr 2020 (34 Prozent). Obgleich die derzeitige Datenlage gegen eine erhöhte Ansteckungsgefahr in öffentlichen Verkehrsmitteln spricht, wenden sich immer mehr selbst vormals treue ÖPNV-Fahrgäste von diesem ab. Dabei ist die Corona-Pandemie keineswegs der einzige Grund für die geringe Nutzung des ÖPNV.

Auch wenn die quantitativen Befragungsdaten offenlegen, dass rund die Hälfte der Befragten im Mai 2021 ihre Meidung des ÖPNV mit dem Corona-Virus begründet, zeigt sich auch, dass strukturelle Probleme genauso bedeutsam sind. Vor allem mangelnde Verbindungen stellen ein Problem für die Befragten dar und sind für 42 Prozent der Grund, Bus und Bahn zu meiden. Zur Wahrheit gehört also auch, dass neben der vermeintlichen Ansteckungsgefahr auch die fehlende Flexibilität und mangelnde Produktqualität starke Motive sind, den ÖPNV zu meiden.

Welches Verkehrsmittel von den Versäumnissen des ÖPNV in der Krise profitieren kann, legen die Daten der dritten Erhebungswelle im MOBICOR-Projekt offen: der motorisierte Individualverkehr (MIV) ist und bleibt auch im Mai 2021 Gewinner der Pandemie.

Doch nutzen nicht alle Menschen das vermeintlich Pandemie-resistente Verkehrsmittel Auto gleichermaßen. Stattdessen offenbart das zweite Corona-Jahr eine noch extremere soziale Schieflage in der Mobilität. Der Zugang zu einem oder mehreren Pkw steigt mit dem ökonomischen Status des Haushaltes. Diese Unterschiede machen sich entsprechend in der Autonutzung von Menschen mit unterschiedlichem ökonomischem Haushaltsstatus bemerkbar:

Nutzung privater PKW im Alltag nach ökonomischem Status des Haushaltes, Mai 2021

Hinzu kommt, dass Vielverdiener:innen noch häufiger als im ersten Corona-Mai vollkommen alleine im Auto sitzen – und das trotz der deutlich entspannteren Infektionslage als zu Beginn der Pandemie. So sind im Mai 2021 bereits mehr als drei Viertel der Wege von Vielverdiener:innen Alleinfahrten.

Darüber hinaus steigen im Mai 2021 aber auch Menschen mit niedrigem ökonomischem Status vermehrt vom ÖPNV aufs Auto um. Insgesamt versuchen auch Geringverdiener:innen im Mai 2021 öfter das Auto zu nutzen – nur die hohe ökonomische Schicht hat aber auch tatsächlich und häufiger die Mittel dazu, diesem durch die Pandemie befeuerten Wunsch nachzugehen.

Entlang des verfügbaren Nettoäquivalenzeinkommens betrachtet, wird so eine soziale Schieflage der ÖPNV-Nutzung sichtbar. Während der ÖPNV im Herbst 2020 nur 2 Prozent vom Verkehrsmittelmix der Vielverdienenden (über 2.200 €) ausmacht, wird im selben Zeitraum fast jeder zehnte Weg (9 Prozent) von Personen mit niedrigem Einkommen (bis 1.300 €) mit Bus oder Bahn zurückgelegt.

Gesamtniedrigmittelhoch
Mai 202057516060
Mai 202159526177
Anteil der Wege, die alleine im Auto zurückgelegt wurden nach ökonomischem Status des Haushaltes (Angaben in Prozent)

Genau wie die ÖPNV-Nutzung ist auch die Inanspruchnahme von Homeoffice sozial ungleich verteilt, so dass sich zeigt: die im ÖPNV verbliebenen, meist geringverdienenden Fahrgäste nutzen öffentliche Verkehrsmittel hauptsächlich noch aus beruflichen Gründen. Dementsprechend beginnen oder enden 58 Prozent der im Oktober/NÖPNVember 2020 getätigten ÖPNV-Wege im Nahverkehr an der Ausbildungs- bzw. Arbeitsstätte. Zum Vergleich: Im Corona-freien Oktober 2017 lag dieser Anteil noch bei 49 Prozent. Das heißt auch: Busse und Bahnen werden während der Pandemie vor allem von jenen genutzt, die weiterhin im Präsenzbetrieb arbeiten (müssen) und für ihren Arbeitsweg auf den ÖPNV angewiesen sind.

Ob das Ende der Pandemie also wirklich Voraussetzung für eine wieder unbeschwerte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sein könnte, bleibt zu bezweifeln. Weder unser Klima noch die Verkehrsbetriebe können es sich zudem leisten, am ‘weiter wie bisher’ festzuhalten und sich auf einen möglichen Zulauf im öffentlichen Verkehr zum noch unbestimmbaren Ende der Pandemie zu verlassen.

Stattdessen gilt es zu erkennen, dass die Corona-Krise als Brennglas wirkt, unter dem sich die Außenseiterrolle des ÖPNV unter den gegebenen Rahmenbedingungen immer weiter verstärkt. Statt der Pandemie die Schuld an den derzeitigen Missständen zu geben, sollte der ÖPNV einsehen, dass diese hausgemacht sind und er sie selbst seit Jahren am Leben hält. Viel zu lange pflegt der ÖPNV schon seine eigene Nische und wehrt sich gegen jegliche Modernisierung. Zuletzt erst Anfang des Jahres, als Verkehrsbetriebe sich im Zuge der NÖPNVelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) wieder einmal einer innÖPNVativen Angebotserweiterung verschlossen.

Warum also kommt der ÖPNV auch im zweiten Jahr der Pandemie nicht in die Gänge? Die Ergebnisse zeigen: Es liegt nicht nur an der Maskenpflicht, an den Corona-Einschränkungen, sondern an viel älteren, hausgemachten Problemen, eines Verkehrssystems, das “mal eine gute Idee war – vor einhundert Jahren”, so der Verkehrsforscher Andreas Knie.

Damit ist auch die Tatsache, dass sich der ÖPNV nicht einmal während einer globalen Krise wie der jetzigen traut über den eigenen Tellerrand zu blicken, nicht der Corona-Pandemie zuzuschreiben, sondern lediglich ein Symptom der grundlegenden Unfähigkeit des ÖPNV neu und größer zu denken. Die entscheidende Erkenntnis aus der Pandemie sollte daher sein, dass die derzeitige Strategie des ÖPNV nicht aufgeht. Statt die Scheuklappen aufzuziehen und tatenlos auf ein Leben ohne Corona zu warten, müssen Politik und Verkehrsbetriebe sich besser gestern als heute um ein sorgenfreies ÖPNV-Fahren trotz Corona bemühen.

Mit dem ÖPNV, wie wir ihn kennen, diesem Hartz-4 der Mobilität ist keine Verkehrswende zu machen. Er ist nicht kundenorientiert, sogar diskriminierend, nur auf den ersten Blick ökologisch vorteilhaft, und vor allem mit Blick auf die Zukunft nicht skalierbar, tritt auf der Stelle. Die Krise des ÖPNV ist durch Corona noch deutlicher geworden, er ist dringend reformbedürftig. Wenn statt stündlich ein leerer Bus bald halbstündlich ein leerer Bus fährt — das ist nicht Verkehrswende.

Er muss sich hingegen gründlich neu erfinden, muss in allen Belangen besser als das Auto werden – schneller, bequemer, gesünder, günstiger, ja luxuriöser! Vorschläge für eine nachhaltige und starke Zukunft des ÖPNV, mit der die Klimaziele erreicht werden können, gibt es genug. Verkehrsbetriebe und Politik müssen aber endlich und gerade jetzt in der Corona-Pandemie beginnen, außerhalb ihrer eigenen Komfortzone zu denken und zu handeln.

Klimawahlcheck

(06.09.21, klimawahlcheck.org) , Original : hier

Über den Klimawahlcheck

Der Klimawahlcheck nimmt die Wahlprogramme der großen Parteien zur Bundestagswahl 2021 klimapolitisch unter die Lupe. Wir haben die Programme von CDU, SPD, Grünen, FDP und Linken analysiert und zeigen, wer eine ambitionierte Klimaschutzpolitik verfolgt und wer nicht. Der Klimawahlcheck hilft dir dabei, deine eigene Position zum Klimaschutz im Parteienspektrum zu verorten und eine klimapolitisch informierte Wahlentscheidung zu treffen. Gleichzeitig findest du hier Antworten auf wichtige Fragen zur Erderwärmung sowie Forderungen der Zivilgesellschaft an die Parteien für einen wirksamen Klimaschutz. 

Der Klimawahlcheck ist keine Wahlempfehlung. … Der Klimawahlcheck gibt dir eine erste Orientierung sowie Informationen zu den klimapolitischen Inhalten der Parteien.

Die Bundestagswahl 2021 ist entscheidend für unsere Zukunft.

Steigen die CO₂-Emissionen weiter so an wie bisher, erwärmt sich die Erde um mehr als vier Grad. Die Folgen für Mensch und Natur wären dramatisch. Es bleiben noch zehn Jahre, um die globale Erwärmung auf ein erträgliches Maß von 1,5 Grad zu begrenzen.

Die nächste Bundesregierung ist also mitentscheidend dafür, in welcher Welt wir leben werden.

Mach den Klimawahlcheck!

Wir haben die Wahlprogramme der großen Parteien im Hinblick auf ihre Klimaschutzpolitik ausgewertet. Checke zuerst, was für dich selbst Klimaschutz bedeutet und vergleiche dann deine Einstellung mit den Positionen der großen Parteien.

Los geht’s

Aufruf : Internationaler Klimastreik am 24.9. in Bochum

InfoFilm von FFF warum Streik bei bo-alternativ : hier




Am 24.9. geht Fridays for Future wieder weltweit auf die Straße. Die Bochumer Gruppe organisiert ein Bühnenprogramm für den gesamten Nachmittag des Tages. Darin werden nicht nur in Redebeiträgen unterschiedliche Facetten von Klimagerechtigkeit beleuchtet, sondern auch ein umfangreiches Programm aus Live-Musik und Poetry Slams von unterschiedlichen Künstler*innen präsentiert werden. Nebenbei werden diverse Infostände bereitstehen, an denen verschiedene Initiativen und Organisationen über ihre Themen informieren.

Klimagerechtigkeit beinhaltet neben den Themen Ökologie, Energiewende und Verkehrswende auch die Bereiche globale Gerechtigkeit, Agrarwende und Verbraucher*innenschutz. Mit dem Fokus darauf machen wir die Bundestagswahl zur Klimawahl“, sagt Stefan Roth, der neben vielen weiteren Personen an der Organisation beteiligt ist.

Vor Pandemie-Beginn demonstrierten mit Fridays for Future bis zu 1,4 Millionen Menschen in Deutschland für Klimagerechtigkeit. Bislang hat keine der großen Parteien konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, um die Forderungen von FFF zu erfüllen und Deutschland bis 2035 klimaneutral zu machen. Mit dem geplanten Klimastreik richtet sich die Bewegung deshalb erneut an alle Generationen.

„Das Problem ist gesamtgesellschaftlich, also kann es auch nur gesamtgesellschaftlich gelöst werden. Wir brauchen deshalb kurz vor den Bundestagswahlen wieder alle fürs Klima.“, ergänzte Marina Koch.

Das für den 24.9. geplante Bühnenprogramm wird um 12:00 Uhr vor dem Bergbaumuseum beginnen. In das Programm wird ab ca. 14:00 Uhr eine klassische Demonstration durch die Innenstadt eingebettet sein. Anschließend werden ab ca. 16:00 Uhr bis zum Abendbeginn weitere Bands auftreten sowie Poetry Slams und Redebeiträge dargeboten werden. Das Programm wird Gebärden-Übersetzt, aktuelle Infos zu dem Programm können auf den Social Media Kanälen von Fridays for Future Bochum gefunden werden. Die Besucher*innen der Veranstaltung müssen geimpft, getestet oder genesen sein.

Für weitere Rückfragen stehen wir gerne unter anfragen@fffbochum.de .


Aufruf bei bo-alternativ : hier

Höherer C02-Ausstoß als vor 2020: Trend trotz Corona ungebrochen

(25.08.21, taz) , Original : hier

Weltweit steigen die Treibhausgas-Emissionen weiter stark an. Wissenschaftler fordern eine „blitzschnelle Energiewende“.

Nach der Coronakrise werden global mehr Treibhausgase ausgestoßen als vorher

BERLIN taz | Der weltweite Einbruch von Industrieproduktion und Verkehr in der Covidpandemie hat den Trend zu global immer weiter steigenden Treibhausgas-Emissionen nicht gebrochen – ganz im Gegenteil: Stromverbrauch und CO2-Ausstoß aus dem Energiesektor lagen im ersten Halbjahr 2021 um 5 Prozent höher als in der ersten Hälfte 2019, also vor der Pandemie. Das geht aus einer Studie des britischen Thinktanks Ember hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wird und 63 Länder analysiert, die 87 Prozent des weltweiten Stroms verbrauchen. „Die hochschießenden Emissionen sollten die Alarmglocken auf der ganzen Welt läuten lassen“, sagte Ember-Chef Dave Jones. „Wir bauen nicht besser wieder auf, sondern schlechter.“ Eine „blitzschnelle Energiewende“ sei nötig, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten.

Dabei wurde im letzten Jahr weltweit die Rekordsumme von 380 Milliarden Dollar in saubere Energien investiert. 57 Prozent des zusätzlichen Stromverbrauchs kamen laut Studie von Wind und Sonne – aber die restlichen 43 Prozent eben von dreckiger Kohle. Der Anteil von Gas blieb gleich, Wasserkraft und Atom nahmen ab. In den alten Industriestaaten der EU, in den USA, Japan und Südkorea sanken die Emissionen aus dem Strom und Erneuerbare wurden wichtiger, aber vor allem wegen langsamer wachsender Stromnachfrage, hieß es. Doch in China, Indien, der Mongolei, Vietnam oder Bangladesch sei das Wirtschaftswachstum noch nicht vom CO2-Ausstoß abgekoppelt: Hier stiegen die Emissionen rapide an.

Genau vor diesem Szenario hatte die Internationale Energieagentur IEA im Juli gewarnt. Von den weltweit 16 Billionen Dollar für den ökonomischen Wiederaufbau flossen demnach 2,3 Billionen in die Wirtschaft, aber nur 380 Milliarden in saubere Energie. Das öffentliche und private Geld ging vor allem in den Verkehr, effiziente Gebäude und neue Treibstoffe. Diese jährliche Summe werde bis 2030 etwa stabil bleiben, sei aber nur ein Drittel der jährlichen Billion, die für eine weltweite Energiewende gebraucht werde, so die IEA.

Zwischen den Staaten gibt es große Unterschiede: während die alten Industrieländer 76 Milliarden an Steuergeld für Investments in saubere Energien vorsahen, waren es bei Schwellenländern nur 8 Milliarden. Und während einige Länder wie Südafrika, Indien, China und Thailand teilweise auch in Stromleitungen oder Energieeffizienz investierten, gaben viele Länder ihre knappen Mittel für kurzfristige Hilfen bei Stromkosten der Haushalte oder für ihre Energiekonzerne aus.

Klimaschutz in Wahlprogrammen: Was die Parteien fürs Klima tun wollen (zeit.de)

(28.08.21, zeit.de) , Original : hier

Wer ist der bessere Klimaschützer, Staat oder Markt? Die Parteien schlagen vor der Wahl völlig unterschiedliche Wege vor. Von Alexandra Endres

Was die Parteien fürs Klima tun wollen – Seite 1

Sie wollen, dass Inhalte die Wahl entscheiden? Bitte schön. In der Serie “Welches Deutschland soll’s denn sein?” stellen wir die Antworten der Parteien auf die großen Fragen vor. Grundlage sind die Wahlprogramme. Teil drei: Klima. https://datawrapper.dwcdn.net/PHLCp/

Wahrscheinlich behaupten alle Parteien von sich, das Klima zu retten, richtig?

Nicht ganz. Die AfD findet, das Klima müsse gar nicht gerettet werden, sondern im Gegenteil das Land vor der Klimapolitik. Sie bestreitet, was wissenschaftlich Konsens ist: Die Erde erhitzt sich, die Menschheit ist dafür verantwortlich, und bringt damit nicht den Planeten in Gefahr – sondern sich selbst. Zum Beispiel, weil heftige Niederschläge, außergewöhnliche Hitze und extreme Trockenheit umso häufiger vorkommen und intensiver ausfallen, je mehr sich die Erde erwärmt. Deshalb, und weil in ihrem Wahlprogramm folgerichtig nichts Weiteres zum Thema steht, außer dass sie die entsprechenden Klimaschutzabkommen und Gesetze abschaffen will, kommt die AfD hier auch nicht weiter vor. 

Aber die anderen wollen es zumindest versuchen?

Das sagen sie, ja. Egal, ob Union, SPD, Grüne, FDP oder Linke: Sie alle kündigen an, das im Pariser Klimaabkommen formulierte 1,5-Grad-Ziel erreichen zu wollen. Das heißt: Die Welt soll sich bis zum Ende dieses Jahrhunderts im Vergleich zu vorindustrieller Zeit möglichst nicht um mehr als 1,5 Grad erwärmen. Zur Erinnerung: 1,2 Grad wärmer ist es schon jetzt.  Und der Weltklimarat IPCC kam in seinem neuesten Bericht zu dem Schluss: Werden die globalen Treibhausgasemissionen nicht sofort, schnell und umfassend gesenkt, könnte das 1,5-Grad-Ziel und sogar das 2-Grad-Ziel nicht mehr erreichbar sein. Eile ist also geboten.

das beste aus z+: Klimapolitik

CDU und die Grünen: Schwarz und Grün – ein Härtetest

Das kann Deutschland allein doch gar nicht erreichen, dafür sind wir viel zu klein.

Stimmt, es geht nur um den deutschen Beitrag dazu. Aber um den kann sich jede zukünftige Regierung auch schon deshalb kaum drücken, weil das Bundesverfassungsgericht sie dazu verpflichtet. In einem Beschluss vom März 2021 hatte das Gericht im deutschen Klimaschutzgesetz “hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031” durch die Politik vermisst und klargestellt, dass der Staat verpflichtet ist, Leben und Gesundheit seiner Bürgerinnen und Bürger vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen. Die Regierung hatte daraufhin das Klimaschutzgesetz nachgebessert. Es sieht nun vor, dass Deutschland bereits 2045 – statt erst 2050 – klimaneutral ist, also keine Treibhausgase mehr in die Atmosphäre entlässt, die es nicht anderweitig ausgleichen kann. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen im Vergleich zu vorindustrieller Zeit um 55 Prozent sinken, bis 2040 um 88 Prozent. Das Gesetz legt auch fest, wie viel Treibhausgase jeder einzelne Sektor – Verkehr, Gebäude, Industrie, Landwirtschaft, Energie – im Jahr verursachen darf. Und es schreibt vor, dass schnell gehandelt werden muss, wenn die zulässigen Höchstmengen überschritten werden. 

Welches Deutschland soll’s denn sein?

Welches Deutschland soll’s denn sein?

Unangebrachte Lacher, ungeschickte Bücher: Im bisherigen Wahlkampf zur Bundestagswahl wurde (wie in vorherigen auch) viel über Nebensächlichkeiten diskutiert. Dabei wissen eigentlich alle: Das Land muss und wird sich dramatisch verändern – die Frage ist nur, in welche Richtung. Darum geht es bei dieser Wahl. In dieser Serie dröseln wir deshalb auf, was die großen Parteien zu den für Deutschlands Zukunft wichtigsten Fragen in ihren Programmen sagen.

Ist mit dem Gesetz dann nicht schon alles geklärt?

Absolut nicht. Das Gesetz gibt ja nur die jährlichen Emissionsmengen vor. Es ist die Basis, auf der die konkrete Klimapolitik dann aufsetzen muss. Die muss von den Parteien erst noch kommen, weswegen ihre Vorschläge so wichtig sind. Dabei bewegen sich die Parteien, grob gesagt, zwischen den Polen Markt und Staat. 

Okay, aber was heißt das konkret, wer will denn nun am meisten fürs Klima tun?

Kommt drauf an, woran man das festmacht. Die Linke ist die einzige Partei, die fordert, dass Deutschland bis 2035 klimaneutral werden solle. Um einen “angemessenen Beitrag für das Erreichen der 1,5-Grad-Grenze leisten zu können”, sei 2035 das maßgebliche Datum, schreibt das Wuppertal Institut in einer im Auftrag von Fridays for Future erstellen Studie.

Die Union hält an der Klimaneutralität bis 2045 fest, die SPD bis “spätestens 2045”. Die FDP nennt in ihrem Wahlprogramm noch 2050 als Ziel. Doch sie schließt ein früheres Datum nicht aus, falls es sich “aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in den Sachstandsberichten des Weltklimarates” ergeben sollte. 

Die Grünen hingegen wollen das Land “in zwanzig Jahren” klimaneutral machen, ein genaueres Datum nennt das Wahlprogramm nicht. Dennoch spielt die Klimapolitik darin – anders als bei den anderen Parteien – die Hauptrolle. Sie wollen das ganze Handeln der kommenden Bundesregierung auf das Ziel ausrichten, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Alles andere wird dem untergeordnet. 

Was heißt das genau?

Die Grünen wollen gleich nach dem Amtsantritt der nächsten Regierung ein Klimasofortprogramm auflegen, das beispielsweise den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt, das Klimaschutzgesetz verschärft und seine Regeln noch genauer ausformuliert. Und sie wollen das ganze Land grundlegend umbauen: Industrie, Energieerzeugung, Verkehr, Wohnen, Mobilität – geht es nach den Grünen, muss sich alles ändern und zwar schnell. Dafür soll der Staat Milliarden Euro investieren. Neue Industriezweige und Arbeitsplätze sollen entstehen. Es soll ein Qualifizierungskurzarbeitergeld für Betriebe geben, die ihre Beschäftigten in der Transformation halten und weiterbilden wollen. Am Ende soll eine Marktwirtschaft stehen, die Ökologie, Arbeitsplätze und Soziales vereint.

CO2-Preis, Emissionshandel, Sozialer Ausgleich

Klimaschutz, Arbeitsplätze und Soziales verbinden: Klingt gut. Aber wollen das nicht alle?

Ja, aber sie setzen dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Union und SPD sorgen sich um die deutsche Industrie. Diese solle auch in Zukunft weltweit eine führende Rolle spielen, schreiben beispielsweise die Sozialdemokraten, “gerade weil sie CO2-neutral produziert”. Beide setzen auch auf Wasserstoff, die SPD vor allem als Energiespeicher und in Sektoren, die nicht direkt elektrifiziert werden können. Die Union kann sich hingegen auch Wasserstoffautos vorstellen, auch wenn die Technik aktuell von den meisten Experten nicht als aussichtsreich eingestuft wird. Aber ähnlich wie die FDP will die Union sich nicht vorab festlegen, welche klimafreundlichen Technologien, der Staat besonders fördern sollte. Auch Verbote – Stichwort Tempolimit – mögen beide Parteien nicht. Statt staatlicher Vorgaben bevorzugen sie marktwirtschaftliche Instrumente. Die FDP will deshalb auch das gültige Klimagesetz abschaffen. Parteichef Christian Lindner nennt es ein “Sammelsurium von Einzelmaßnahmen”, mit dem man im Klimaschutz nichts erreichen könne. Die Liberalen schlagen stattdessen vor, quasi den gesamten Klimaschutz dem europäischen Handel mit Emissionszertifikaten zu überlassen. Der gilt derzeit nur für Unternehmen der Energiewirtschaft und Industrie. Liberale und Union wollen ihn so bald wie möglich auf die anderen Sektoren der Wirtschaft ausweiten.  ZEIT-ONLINE-WahltrendGewichteter MittelwertEinzelne UmfrageNeueste Umfrage: YouGov, 3.9.SPD 25 %Union 20 %Grüne 15 %FDP 13 %AfD 12 %Linke 8 %Mögliche KoalitionenFür eine Mehrheit sind mindestens 50 % nötigKenia68 %Deutschland62 %Ampel57 %Jamaika55 %Rot-Grün-Rot52 %Rot-Schwarz49 %Rot-Grün44 %Schwarz-Grün42 %

Wie funktioniert dieser Emissionshandel noch mal und warum setzen Union und FDP da so stark drauf?

Das erklärt die FDP in ihrem Wahlprogramm am konsequentesten: Die Politik würde Jahr für Jahr festlegen, wie viele Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen dürfen und die passende Menge von Emissionsrechten ausgeben. Die funktionieren wie Wertpapiere: Es sind Zertifikate, die frei gehandelt werden können. Unternehmen, die CO2 ausstoßen, können sich also von anderen ein entsprechendes Zertifikat kaufen – die dürfen dafür dann entsprechend weniger CO2 ausstoßen. Nach und nach würden die Zertifikate knapper, und damit teurer. Mehr müsste die Politik nicht tun: Zum vorgegebenen Datum wäre der Treibhausgasausstoß automatisch bei null angelangt. Wie genau das geschieht, würde sich auf dem freien Markt im “Wettbewerb der besten Ideen” von selbst ergeben. 

Auch der CO2-Preis, der in Deutschland seit Beginn dieses Jahres auf Benzin, Diesel und Heizöl erhoben wird und der in Zukunft jährlich steigen soll, soll nach ihren Vorstellungen künftig in den europäischen Emissionshandel integriert werden.

Moment, das geht mir zu schnell. Was ist jetzt dieser CO2-Preis?

Das ist grob gesagt eine Abgabe, die Verbraucher auf besonders klimaschädliche Dinge zahlen – in Deutschland derzeit eben auf Benzin, Diesel und Heizöl. Bisher gehen die Einnahmen daraus an den Staat, der damit den Klimaschutz fördern soll. Der Grundgedanke ist einfach und der gleiche wie beim Emissionshandel: Wenn man dafür bezahlen muss, das Klima zu verschmutzen, tut man es weniger. Im Moment ist der deutsche CO2-Preis gesetzlich festgelegt. Ab dem Jahr 2026 soll er sich aber in einem freien Emissionshandel am Markt bilden.

Was ist, wenn ich mich nicht wie die FDP allein auf den Markt verlassen will?

Der extreme Gegenpol der FDP ist die Linkspartei, die ihre Klimapolitik mit Kapitalismuskritik verbindet und der Forderung nach sozialer Gerechtigkeit – und zwar weltweit. Da ist es nur konsequent, dass sie einen Emissionshandel ganz grundsätzlich ablehnt. Stattdessen plädiert sie für verbindliche Klimaziele für die Unternehmen, ergänzt um staatliche Förderung und Infrastrukturprogramme. So soll etwa ein öffentlicher Transformationsfonds – Umfang: 20 Milliarden Euro pro Jahr – Industriearbeitsplätze sichern, während die Unternehmen klimafreundlich umgebaut werden. Öffentliche Investitionen sollen bis 2025 eine Million gut bezahlter Arbeitsplätze schaffen. Wenn Wohnungen klimafreundlich saniert werden, sollen Mieterinnen und Mieter dadurch keine Nachteile erleiden dürfen. Der Bus- und Bahnverkehr soll ausgebaut und nach und nach für alle kostenlos angeboten werden, damit weniger Leute Auto fahren.

CO2-Preis, staatliche Milliardenprogramme: Das klingt alles ganz schön teuer.

Klar, Klimaschutz kostet viel Geld. Aber das Klima nicht zu schützen, kostet auf lange Sicht noch mehr. Eine kluge Politik verteilt die Einnahmen um, die der Staat durch einen Emissionshandel oder eine andere Art von CO2-Preis erzielt – und zwar so, dass Menschen mit geringem Einkommen unterstützt werden, aber klimaschädliches Verhalten trotzdem teuer bleibt. Ökonomische Analysen haben gezeigt, dass das funktionieren kann.

Strompreise, Verkehr, Kohleausstieg

Und wie wollen die Parteien das machen?

Zwei Ideen werden gerade besonders diskutiert: Der Staat kann das Geld nutzen, um den Strompreis zu senken, etwa indem er den Preisaufschlag wieder abschafft, mit dem die Erneuerbaren Energien gefördert werden (EEG-Umlage), und der derzeit 6,5 Cent pro Kilowattstunde beträgt. Und er kann die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung den Menschen direkt zurückgeben, beispielsweise in Form eines fixen Pro-Kopf-Betrags. 

Die Union hat angekündigt, “als Erstes” die EEG-Umlage abzuschaffen, um die Verbraucherinnen und Verbraucher zu entlasten, die FDP hat das Gleiche vor. Die SPD will die Umlage noch bis 2025 behalten, Linke und Grüne wollen sie senken. 

Aber das war’s noch nicht in Sachen Strom und Energie: Linke und FDP wollen auch die normale Stromsteuer senken, die Liberalen sogar auf den niedrigsten Satz, den die EU erlaubt. Dafür will die Linke die Strompreise stärker staatlich kontrollieren, beispielsweise durch die Einführung eines preisgünstigen Grundtarifs. Da sind sie wieder, die Pole Staat und Markt. Die Union wiederum will die Steuern und Abgaben für Energieverbrauch stärker am CO2-Ausstoß des jeweiligen Energieträgers ausrichten – bisher ist das noch nicht der Fall. Und die SPD findet: Wenn Heizöl durch den CO2-Preis teurer wird, sollen das die Vermieter zahlen, nicht die Mieter. 

Die Union kündigt zudem an, “Mehrbelastungen in den Bereichen Wohnen und Mobilität” auszugleichen – wie genau, wird allerdings nicht ganz klar. Die Grünen wollen auch hier aktiver eingreifen: Pendlerinnen und Pendler, die auf Bus und Bahn umsteigen oder sich ein emissionsfreies Fahrzeug anschaffen wollen, sollen “großzügig” finanziell unterstützt werden. 

Was ist aus der Idee mit der Pro-Kopf-Prämie für alle geworden?

Ja, wenn aus dem Emissionshandel noch Geld übrig bleibt, möchte die FDP das über eine solche Prämie zurückverteilen. Sie sind da am kategorischsten: Der Staat soll keinen Cent (beispielsweise für klimapolitische Investitionen) behalten dürfen. Die SPD will eine solche Prämie zumindest “prüfen”. Auch die Grünen planen eine Pro-Kopf-Prämie. Bei ihnen heißt sie “Energiegeld” und soll nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden dürfen. 

Was ist mit dem Kohleausstieg?

Spätestens Ende 2038 soll das letzte Kohlekraftwerk vom Netz sein – so ist es im Ausstiegsgesetz geregelt. Selbst wenn die künftige Regierung es nicht noch einmal anfasst: Manches spricht dafür, dass die Kraftwerke früher abgeschaltet werden. Zum Beispiel der Green Deal der Europäischen Union. Wird wegen ihm der EU-Emissionshandel verschärft, könnten die Preise für Zertifikate stark steigen. Ab einem gewissen Punkt würde es schlicht unprofitabel, Kohle für die Stromerzeugung zu verbrennen. 

Das sind so die Marktmechanismen. Politisch aber scheuten Union und SPD bislang davor zurück, öffentlich einen früheren Ausstieg in Betracht zu ziehen – ganz anders als Grüne und Linke, die sich in ihren Wahlprogrammen eindeutig festlegen: Spätestens 2030 soll die Kohleverstromung in Deutschland Geschichte sein. 

Doch gerade beginnen Union und SPD, sich in der Sache zu bewegen. In einer Podiumsdiskussion der Klima-Allianz und des Deutschen Naturschutzrings zum Klimawahlkampf am vergangenen Dienstag sagte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, falls die erneuerbaren Energien schnell genug ausgebaut würden, wolle er den Kohleausstieg “früher schaffen”. Und Unionskanzlerkandidat Armin Laschet verwies auf einer Diskussionsveranstaltung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung darauf, dass der steigende CO2-Preis den Ausstieg beschleunigen werde. 

Zum Schluss: Wird das, was die Parteien planen, denn reichen, um den Klimawandel schnell genug zu bremsen?

Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, kommt zum Urteil, dass keine der Parteien schlüssig darlege, wie sie das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen wolle. Auch die Grünen nicht. Es könnte also so oder so nach der Bundestagswahl entweder noch Präzisierungen und Verschärfungen der Vorschläge brauchen – oder schnell jene Art von innovativen Durchbrüchen, auf die Union und FDP hoffen. Sonst werden auch für die kommende Regierung die ehrgeizigen Klimaziele aus den Wahlprogrammen schnell unerreichbar.

Korrekturhinweis: Bei der Redigatur des Textes hatte sich leider ein Fehler eingeschlichen, es hieß fälschlicherweise, das 1,5-Grad-Ziel beziehe sich auf den Temperaturanstieg seit dem Jahr 1990. Richtig ist jedoch der Temperaturanstieg im Vergleich zu vorindustrieller Zeit. Wir bitten das zu entschuldigen.


Tip von Ingo, Stafan