Verschickt: So, 13. Jun. 2021 13:01 Betreff: Leserbrief Haus des Wissens
Hallo ich bitte um Veröffentlichung. Leserbrief zu WAZ+ vom 10.06.21:
Haus des Wissens: Benötigt Bochums ‘Leuchtturm’ neuen Namen
Kennen Herr Sporer und Frau Freis das Gebäude und den Unterschied zwischen Klimaschutz – also der Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen – und Maßnahmen zur Anpassung an die negativen Folgen des Klimawandels nicht?
Wie kommen sie zu der Aussage: der „Garten auf dem Dach leistet mehr als eine Photovoltaikanlage“? Die Bäume reduzieren nicht die CO2-Emissionen, da das CO2, welches sie während der Wachstumsphase aufnehmen in der Absterbephase wieder freisetzen.
Da weltweit – und das gilt leider auch für Bochum – die Biomasse der Bäume stark abnimmt, setzen Bäume in der Summe zur Zeit sogar CO2 frei. Die Bäume leisten wohl kaum einen wichtigen, sondern nur einen kleinen Beitrag zur Kühlung der Innenstadt, wohl aber zur Kühlung der Dachterrasse – vorausgesetzt sie werden entsprechend gepflegt.
Das dies nicht per se vorausgesetzt werden kann zeigt der Baumbestand auf dem Husemannplatz.
Ein Verzicht auf Photovoltaik ist ein Unding. Diesen Verzicht können wir uns nicht leisten, nur weil das Geschmacksempfinden des Architekten durch Photovoltaikmodule an dieser Stelle gestört würde.
Wenn die Platinplakette der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen angestrebt wird muss man schon konsequent alle Möglichkeiten des Klimaschutzes nutzen und Angesichts des vor zwei Jahren vom Rat der Stadt beschlossenen Klimanotstandes erst recht.
Das Bochumer Klimaschutzbündnis bemüht sich seit mehr als zwei Wochen vergeblich um nähere Informationen zur Vorentwurfsplanung.
Auf Abstimmung bestand die Ratsmehrheit auch beim Betriebskonzept für die Markthalle, die in einigen Jahren im Telekom-Block gegenüber des Rathauses eröffnet werden soll. „Leider haben Sie unseren Antrag abgelehnt, dieses während der Corona-Krise nicht dringliche Thema zu verschieben – obwohl der Beschluss erst in einigen Jahren tatsächlich Auswirkungen zeigen wird“, sagte unsere Fraktionsvorsitzende Gültaze Aksevi. Sie kritisierte, dass die Stadt laut Beschlussvorlage der Verwaltung ihre Markthalle nicht selbst betreiben soll, obwohl sie sich mitten in einem wichtigen städtischen Gebäude befinden wird. „Outsourcing ist grundsätzlich ein Problem, aber in diesem Fall würden wir uns damit ein paar besondere Konflikte ins Haus holen: Das Konzept sieht ja vor, dass es Flächen gibt, welche die Markthalle und kommunale Einrichtungen wie die VHS und die Stadtbücherei gemeinsam nutzen sollen. Für solidarische Aushandlungsprozesse über die Nutzung der Flächen ist es keinesfalls hilfreich, wenn die gemeinwohlorientierten städtischen Einrichtungen in Konkurrenz zu einem profitorientierten Markthallenbetreiber gesetzt werden.“ Deswegen forderte sie, die Markthalle ebenfalls in kommunaler Trägerschaft zu betreiben. „Außerdem fehlt bisher jede Beteiligung der Nutzerinnen und Nutzer an Entscheidungsprozessen. Als Linksfraktion stehen wir ausdrücklich hinter der Idee einer Markthalle, so lange sie ein zusätzliches kommunales Angebot ist, und nicht als Argument für die Abschaffung der traditionellen Wochenmärkte angeführt wird.“ Die Rede im Wortlaut. Trotz dieser Kritik ließ sich die Ratsmehrheit aus SPD, CDU und Grünen nicht auf Diskussionen über Nachbesserungen ein und verabschiedete das Konzept gegen die Stimmen der Linksfraktion.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
als Linksfraktion werden wir heute dem vorgeschlagenen Betriebskonzept für eine Markthalle im Telekom-Block so nicht zustimmen. Leider haben Sie unseren Antrag abgelehnt, dieses während der Corona-Krise nicht dringliche Thema zu verschieben – obwohl der Beschluss erst in einigen Jahren tatsächlich Auswirkungen zeigen wird. Bei dem Vorschlag, den Sie hier vorlegen, sehen wir einige Probleme, die durch eine Anpassung des Konzeptes zu lösen wären. Ein Kern dabei ist der Ansatz, dass die Stadt Bochum ihre Markthalle nicht selbst betreiben soll, obwohl sie sich mitten in einem wichtigen städtischen Gebäude befindet. Outsourcing ist grundsätzlich ein Problem, aber in diesem Fall würden wir uns damit ein paar besondere Konflikte ins Haus holen:
Das Konzept sieht ja vor, dass es Flächen gibt, welche die Markthalle und kommunale Einrichtungen wie der VHS und die Stadtbücherei gemeinsam nutzen sollen. Für solidarische Aushandlungsprozesse über die Nutzung der Flächen ist es keinesfalls hilfreich, wenn die gemeinwohlorientierten städtischen Einrichtungen in Konkurrenz zu einem profitorientierten Markthallenbetreiber gesetzt werden. Es wäre viel sinnvoller, die Markthalle ebenfalls in kommunaler Trägerschaft zu betreiben.
Außerdem fehlt in dem bisherigen Betriebskonzept bisher jede Beteiligung der Nutzerinnen und Nutzer an Entscheidungsprozessen. Auch deswegen haben wir hier Fragezeichen. Als Linksfraktion stehen wir ausdrücklich hinter der Idee einer Markthalle, so lange sie ein zusätzliches kommunales Angebot ist, und nicht als Argument für die Abschaffung der traditionellen Wochenmärkte angeführt wird. Aber wenn Sie heute auf eine Abstimmung über dieses noch nicht ausgegorene Betriebskonzept bestehen, müssen aus den genannten Gründen dagegen stimmen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Herr Franke, anbei sende ich Ihnen unsere Antworen zu den von Ihnen gestellten 10 Fragen zum Thema, ob bei dem Realisierungswettbewerb zum Haus des Wissens nachhaltige Gesichtspunkte berücksichtigt wurden. Nicht alles können wir zum jetzigen Zeitpunkt en detail ausführen, da wir ja, wie Sie wissen, noch mitten im Vergabeverfahren mit den drei Wettbewerbssiegern sind. In der Hoffnung, dass ich Ihnen hier schon einige Ihrer drängensten Fragen beantworten konnte verbeibe ich mit herzlichen Grüßen zum Wochenende Britta Freis ———————————————— Stadt Bochum -Projektbüro Haus des Wissens-
Fragen aus dem offenen Brief des Bochumer Klimaschutzbündnisses
(www.BoKlima.de), c/o Dr. I. Franke (Sprecher von BoKlima) an das Haus des Wissens:
Frage 1: War eigentlich bei der am 28. Juni 2019 veröffentlichen Wettbewerbs-Auslobung die Klimaproblematik grundlegender Teil des Anforderungskatalogs?
Inwiefern zeichnen sich der Entwurf des Preisträgers, des Büros cross architecture, im Hinblick auf die aus dem Klimanotstand resultierenden Notwendigkeiten besonders aus?
Antwort zu 1: Kern einer jeder Wettbewerbsauslobung ist es, aus einer Vielzahl von Entwürfen die beste Idee, den überzeugendsten städtebaulichen und architektonischen Entwurf zu prämieren. Gute Baukultur hat viel mit der Nachhaltigkeit unserer Städte zu tun. Selbstverständlich gehört zur Auslobung solch einer Wettbewerbsaufgabe auch immer das Kriterium des Klimaschutzes, zu einem guten architektonischen Entwurf immer eine überzeugende Nachhaltigkeit. Allerdings muss deutlich gemacht sein, dass der Entwurf in diesem Stadium hierzu Ideen formuliert, die technische Konkretisierung und Durcharbeitung naturgemäß erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann. So gesehen wären detaillierte Aussagen zu energetischen Aspekten auf Grundlage eines Wettbewerbsentwurfes unseriös. Die Idee und die Haltung zu dem Thema Klimaschutz, die in der Entwurfsidee abzulesen sind, sind wichtig. Hierzu hat der prämierte Entwurf von Cross Architecture mit dem Bekenntnis zum Umbau des Bestandsgebäudes und der Zentralen Entwurfsidee, eine begrünte Dachlandschaft zu schaffen, eine eindeutige Haltung und zwei ganz wesentliche Potentiale für das Thema Nachhaltigkeit geschaffen.’
Frage 2: Wie wird erreicht, dass der Gebäudekomplex künftig CO2-neutral betrieben werden kann?
Wie wird insbesondere erreicht, dass er nicht mehr Energie verbraucht, als er selbstzu erzeugen vermag und wie sehen Energiekonzept und Primärenergiebilanz des Komplexes künftig aus? Können wir davon ausgehen, dass bei dem Gebäude künftig regenerative Energietechniken umfassend zum Einsatz kommen werden?
Antwort zu 2: Siehe Antwort zu 1
Frage 3: Wie wird bei dieser großen Baumaßnahme erreicht, dass der Energieaufwand für die Herstellung und Verarbeitung der Baustoffe sowie der dabei entstehende Müll möglichst gering, und die spätere Recyclingfähigkeit des Gebäudes umfassend sein werden?
Antwort zu 3: Siehe Antwort zu 1
Frage 4: Auf den Visualisierungen sind u.a. großflächige Glasfassaden erkennbar, die bekanntermaßen für sommerliche Hitze sowohl innerhalb, aber auch in der direkten Umgebung sorgen können. Zudem sorgen sie für unangenehme Spiegelungen und können für Vögel tödliche Fallen darstellen. Wie wird diesen bedeutsamen Nachteilen begegnet?
Antwort zu 4: Siehe Antwort zu 1
Frage 5: Inwiefern werden hier die notwendigen Konzepte sogenannter „blau-grüner“ Infrastruktur zur Klimafolgenanpassung verfolgt? Fassadenbegrünungen, vertikale Gärten oder nennenswerte Wasserflächen sind nicht erkennbar.
Dürfen wir davon ausgehen, dass die vorgelegte Visualisierung der Außenansicht mit der traurigen Totalversiegelung im Bereich Willy-Brandt-Platz usw. so nicht zur Ausführung kommen wird?
Antwort zu 5: Siehe Antwort zu 1
Frage 6: Begrüßenswert scheint die Dachfläche des neuen Baukörpers im Innenhof: auf dem Dach der Hofüberbauung soll ein „urbaner Freiraum für die Bochumer“ entstehen, der „gemeinsames Lernen, Erleben und Erfahren in einer digitalen Welt sinnlich zelebriert“.
Bevor wir lange in Grübeleien über diese Formulierung verfallen möchten wir lieber konkret nachfragen: a) Wie wird erreicht, dass diese nach Wesen geneigte Dachfläche zu allen Jahreszeiten eine gute Aufenthaltsqualität für alle Bürgerinnen und Bürger bereithält? b) Wie wird in bis zu 25 Metern Höhe der Schutz vor Wind und Sonne realisiert? c) Wie kann hier eine üppige, Schatten spendende sowie insekten- und vogelfreundliche Vegetation entstehen und gepflegt werden? d) Wie können Nahrungsmittel produziert und die Dachlandschaft vor Austrocknung bewahrt werden? e) Wie wird Barrierefreiheit für alle Bochumerinnen und Bochumer hergestellt und wie eine Raumbildung erreicht, die für eine Aufenthaltsqualität ebenso wichtig ist?
Antwort zu 6: Siehe Antwort zu 1
Frage 7: Abgesehen von der neu entstehenden Dachfläche, deren Machart auch im Hinblick auf Regenwasserrückhaltung und Kleinklima noch weitgehend unbeschrieben ist, scheint bei allen anderen Oberflächen der ungehinderte Regenwasserabfluss in Kauf genommen zu werden. Es stellt sich daher die Frage, wie sich dieses Gebäude künftig in die Notwendigkeiten eines völlig veränderten Umgangs mit dem Niederschlagswasser in unserer Stadt einfügt?
Wie sehen die Wasser- und die Regenwasserbilanz für diesen Gebäudeentwurf konkret aus (Stichwort „sponge city“)?
Antwort zu 7: Siehe Antwort zu 1
Frage 8: Zwischen unserer Ernährung und dem Klimawandel besteht bekanntermaßen ein nicht unwesentlicher Zusammenhang. Wird das Marktangebot im Hinblick auf den Klimawandel spezifisch und innovativ ausgerichtet?
Dürfen wir damit rechnen, dass das Angebot frisch, regional und biologisch einwandfrei erzeugt sein wird?
Wird es auch aus eigener Produktion vor Ort stammen (Stichwort „urban farming“ siehe oben)?
Wie wird vermieden, dass Nahrungsmittel aus aller Welt klimaschädlich herangeflogen und herbeigeschifft werden?
Antwort zu 8: Märkte und Markthallen sind Urorte der Entwicklung von Stadt und Gesellschaft, an denen Menschen zusammenkommen, sich begegnen, kommunizieren, kooperieren und handeln. Der Markthalle im HdW kommt demnach über ihre grundsätzliche Eigenschaft als kommerzieller Nutzungsbaustein hinaus eine elementare gesellschaftliche Funktion zu, die positiv auf die Projektidentität des HdW einzahlt. Sie erfüllt eine Doppelfunktion. Zum einen wird ein kaufmännisches Ziel definiert, in dem die Markthalle: „Einer der besten Einkaufsorte für frische Qualitätslebensmittel zu vernünftigen Preisen in der Region“ sein wird. Daneben verfolgt die Errichtung einer solchen Halle das gesellschaftliche Ziel: „Attraktiver informeller gesellschaftlicher Treffpunkt im Haus des Wissens“ zu sein. Um dies professionell umsetzen zu können, bedarf es zur Qualitätssicherung ein Markthallen-Management, welches in enger Abstimmung mit der Projektleitung des HdW eingerichtet werden soll, um gemeinsam die Gesamtidee des Hauses umzusetzen. Es gab erste Treffen mit dem Ernährungsrat der Stadt Bochum, um die von Ihnen aufgeworfenen Fragen zu beleuchten. Die Volkshochschule hat ein großes Interesse den Dachgarten aktiv zu nutzen und dort auch urban farming Projekte umzusetzen. Auch hier wieder der Hinweis, dass viele Ihrer Anregungen selbstverständlicher Bestandteil unserer Überlegungen sind, aber es zum jetzigen Stadium noch keine Konkretisierung möglich sind.
Frage 9: Wie wird in der Markthalle vermieden, dass hier Wegwerfgeschirr wie etwa Coffee- To-Go Becher usw. ausgegeben werden?
Wie wird erreicht, dass die Markthalle, anders als üblich, eben nicht zum Anwachsen des Müllbergs beiträgt?
Antwort zu 9: Das „Haus des Wissens“ bietet die besondere Chance für die Stadt Bochum, ihre Angebote als Stadt des Wissens begehbar und erlebbar zu machen. Es ist ein Ort des Lernens, wie wir zukünftig leben wollen, da gehört u.a. Müllvermeidung selbstredend dazu. Die Betreiber und Nutzer des Hauses entwickeln zu all diesen Fragestellungen innovative Konzept.
Frage 10: Im Haus des Wissens werden täglich zahlreiche Besucher*innen erwartet, zudem werden in der VHS, der Stadtbücherei, den universitären Einrichtungen sowie der Markthalle viele Arbeitsplätze verortet sein. Wie wird erreicht, dass all diese Menschen umweltschonend und komfortabel das Haus des Wissens erreichen können und auch erreichen werden?
Welche Anreize werden dafür geschaffen, nicht mit dem eigenen PKW zu kommen?
Wo können Fahrräder diebstahlsicher aufbewahrt, wo E-Bikes aufgeladen werden?
Antwort zu 10: Ein Mobilitätskonzept wird in der weiteren Phase entwickelt. Auch hier zeigen Beispiele anderer Markthallen, wie vermehrt auf den Individualverkehr verzichtet werden kann. Dazu gehören z.B. auch innovative Lieferdienste.
Ein offener Brief des Bochumer Klimaschutzbündnisses
an den Oberbürgermeister der Stadt Bochum sowie die im Rat vertretenen Parteien zum
Betriebskonzept für die Markthalle im “Haus des Wissens” in Zeiten des Klimawandels
Sehr geehrter Herr Eiskirch, sehr geehrte Damen und Herren,
aus aktuellem Anlass möchten wir uns in Ergänzung unseres Klimanotstandsbriefs vom 16.2.2020 nochmals zu Wort melden.
Die Beschlussvorlage Nr. 20200932 sowie die zugehörige Präsentation haben wir uns vor dem Hintergrund des mit Ratsbeschluss vom 6.6.2019 ausgerufenen Klimanotstands und der daraus resultierenden Vorgaben für die Verwaltungsarbeit durchgesehen und geben dazu folgendes zu Bedenken:
Wäre für die Markthalle nicht eine klare und zukunftsgerichtete Aufgabenstellung von Nöten?
Anders als nach der Überschrift „Definition der Arbeitsaufgabe I und II“ zu erwarten, findet sich dort leider keine Aufgabenbeschreibung oder Definition. Es werden lediglich unsystematisch ein paar Merkmale genannt, die nicht neu sind.
Hätte man hier nicht zuerst eine zeitgemäße, das heißt zukunftsfähige Aufgabenstellung erwarten dürfen, die auch auf einer Analyse der komplexen Anforderungen, wie sie sich aus dem Klimanotstandsbeschluss ergeben, fußt?
Könnte die Markthalle nicht weit mehr als nur eine „Doppelfunktion“ wahrnehmen?
Soweit eine Doppelfunktion der Markthalle als „Erlebniseinkaufsort“ und als „gesellschaftlicher Begegnungsort“ aufgerufen wird bedauern wir, dass das Konzept hier nicht viel mehr in die Tiefe und Breite geht: denn neben den Funktionen ERLEBEN, EINKAUFEN und BEGEGNUNG drängen sich doch die Funktionen des ERFAHRENS und daraus resultierenden LERNENS geradezu auf. Wo sonst, als in einer Markthalle eines „Hauses des Wissens“ sollte eine solche breite Aufstellung zum Konzept werden?
Und was ist eigentlich mit einem „Erlebniseinkaufsort“ gemeint?
Ist hiermit ein Ort mit maximalen Umsatz- und Gewinnmöglichkeiten für den Handel gemeint, mit maximalen Verkaufsflächen und einer rein betriebswirtschaftlichen Optimierung, der ein exklusives Warenangebot für wenige exklusive Zielgruppen bereithält?
Oder ist ein Ort gemeint, an dem nachhaltig, fair, gesund und regional erzeugte Produkte und ohne Tierleid erzeugte Fleischwaren und Fische verkauft und zubereitet werden? An Marktständen aus nachhaltig und ökologisch hergestellten Materialien mit ebensolchen Sitzgelegenheiten für die Besucher*innen? Mit Präsentationsflächen, an denen sich die Konsument*innen multimedial informieren und einen sinnlich-anschaulichen Erfahrungszugewinn erhalten. An dem Universität, Stadtbücherei und VHS auf entsprechende Angebote hinweisen können oder temporäre Ausstellungen zur Ernährung gezeigt werden.
Ist ein Ort gemeint, an dem demonstriert wird, dass beim Einkauf der Zwischenmahlzeit oder des kleinen Mittagessens nicht zwangsläufig Müll anfallen muss? Ein Ort an dem vielmehr erfahrbar wird, dass Verpackung kompostierbar sein kann und der Imbiss ebenso auf mitgebrachtem Mehrweggeschirr portioniert werden kann?
Ist ein Erlebniseinkaufsort gemeint, an dem ein Wohlfühlklima herrscht, ohne dass in den immer länger währenden Hitzeperioden die gesamte Halle energieintensiv gekühlt werden muss und ein von einer Klimaanlage erzeugter Kaltluftstrom durch die Markthalle zieht? Vermeidet die Gebäudehülle durch eine erlebbare passive Konzeption die sommerliche Aufheizung? Ist in diesem Kontext z.B. an vertikale Begrünung der Innenwände gedacht?
Erfüllt dieser „Erlebniseinkaufsort“ die Voraussetzungen für Muße und Verweilen durch eine durchdachte Grundrissgestaltung und Materialwahl? Oder wird es womöglich ein Ort voller Lärm, der keine Gespräche zulässt?
Wirtschaftlichkeit und Erfolg sollen her, aber was bedeutet das in unserer heutigen Zeit?
Der Fokus des Betriebskonzeptes der Markthalle soll auf einer „Erfolgsstrategie“ und auf „Wirtschaftlichkeit“ für alle Beteiligten beruhen, ohne dass diese Begriffe näher erläutert werden.
Wäre es aber nicht vordringliche Aufgabe dieser Konzeption, die Begriffe „Erfolg“ und „Wirtschaftlichkeit“ im Kontext eines umfassenden Nachhaltigkeitsansatzes mit Leben zu erfüllen? Die Beschränkung auf herkömmliche ökonomische Teilaspekte und eine überwiegend betriebswirtschaftliche Sichtweise wird scheitern und dient den Menschen weder heute noch in Zukunft. Wir sind überzeugt, langfristig erfolgreich können nur Konzepte sein, die nachhaltig in einem umfassenden Sinne aufgestellt sind, so wie es auch in dem bekannten Nachhaltigkeitsdreieck zum Ausdruck kommt.
Was sind die Voraussetzungen für einen „gesellschaftlichen Begegnungsort“?
Bochum ist stolz auf die Diversität seiner Bevölkerung. Wird die Markthalle ein Ort werden, an dem sich die Bochumer*innen Zuhause fühlen, an dem sich unsere diverse Stadtgesellschaft widerspiegelt? Können sich alle Bevölkerungsgruppen eingeladen fühlen und was braucht es dafür? Die Analyse der „historischen Funktion“ der Markthallen könnte hierfür wesentlichen Input und Anregungen geben, tut dies aber leider genau nicht.
Erhält der Markt eine „Architektonisch einmalige Verkaufsumgebung“?
Hier stellt sich wieder die Frage, was darunter zu verstehen ist und ob diese durch die dargestellte Bauweise des prämierten Wettbewerbsentwurfs erreicht wird? Ebenso ist die Frage, inwieweit dieser Entwurf die vom Betriebskonzept gewünschte „Authentizität“ vermitteln kann.
Als gelungenes Beispiel für eine nachhaltige zeitgemäße Architektur kann vielleicht die mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnete „Alnatura Arbeitswelt“ in Darmstadt genannt werden.
Brauchen wir vordringlich einen „Produktinszenierungsstandort“?
Auch unter den qualitativen Zielvorstellungen findet sich kein Ansatz für einen spannenden zukunftsfähigen Markt: man will „einer der besten Einkaufsorte für frische Qualitätslebensmittel zu vernünftigen Preisen in der Region“ werden, sagt aber weder wie das geschehen soll noch was genau man unter „Qualität“ versteht. Frische und „Qualität“ im herkömmlichen Sinn sowie „vernünftige“ Preise lassen sich auf jedem Wochenmarkt finden.
Erreichbarkeit in einem 20-Minuten-PKW-Radius?
Tatsächlich ist die zentrale Lage des HdW dermaßen vorteilhaft, dass die Erreichbarkeit für den gesamten Einzugsbereich ohne weiteres umweltfreundlich möglich ist, zumal das Betriebskonzept die Markthalle schwerpunktmäßig als einen „Taschenkunden-Standort“ identifiziert. Zukunftsorientiert kann nur die Prüfung der Erreichbarkeit unter den Aspekten: Anbindung an die DB, Straßenbahn und Bus sowie Radverkehr sein. Wären dann aber nicht auch bewachte (Lasten-) Fahrradstellplätze, Ladestationen usw. in angemessener Größenordnung vorzusehen und in das Betriebskonzept aufzunehmen?
Trauriges Fazit: Ein Konzept von vorgestern!
Die geplante Markthalle bietet wertvolle Chancen für einen wirklich außergewöhnlichen Ort und für Angebote, die tatsächlich einzigartig sein könnten. Das vorgelegte Betriebskonzept bleibt aber weit hinter den sich bietenden Möglichkeiten zurück, wirkt durchschnittlich, ideenlos und unambitioniert. Die Chancen, die sich aus den neuen Anforderungen des Klimawandels und dringend notwendiger Konsequenzen für unser Konsumverhalten ergeben, werden nicht ansatzweise aufgegriffen. Die Worte Klima, regionale und ökologische Landwirtschaft, biologische Landwirtschaft und Tierhaltung, Fairer Handel (fair trade) oder Müllvermeidung sucht man in diesem Betriebskonzept vergebens.
Der gesamte Text ist zudem, bis auf vereinzelte Ausnahmen, im generischen Maskulin formuliert. Internationale Studien verweisen aber auf einen engen Zusammenhang zwischen einer gendergerechten Sprache und Erfolgen in der Erreichung von Klimazielen (UBA Texte 23/2018). Das bedeutet, auch Gendergerechtigkeit würde uns in der Klimakrise weiterhelfen!
Mit anderen Worten: Politik und Öffentlichkeit wurde hier ein Konzept von vorgestern vorgelegt, das weder die hochgesteckten Erwartungen, die an dieses Strategie-2030-Projekt zu stellen sind, erfüllt, noch wurde hier in irgendeiner Weise der Ratsbeschluss zum Klimanotstand umgesetzt, in dem es bekanntlich heißt:
„Die Kommune wird die Auswirkungen auf das Klima sowie die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit bei jeglichen davon betroffenen Entscheidungen berücksichtigen und wenn immer möglich jene Entscheidungen prioritär behandeln, welche den Klimawandel oder dessen Folgen abschwächen.“
Bochum, den 22. April 2020
Gez.: Ihre Bürger*innen des Bochumer Klimaschutzbündnisses (www.BoKlima.de) c/o Dr. I. Franke (Sprecher von BoKlima) AkU e.V., Alsenstraße 27, 44789 Bochum Mailkontakt: boklima@boklima.de Homepage: www.BoKlima.de (im Aufbau)
Betreff: Antw: Offener Klimanotstandsbrief zum Haus des Wissens
Sehr geehrter Herr Franke, vielen Dank fürs Nachhorchen. Der Stand des Vergabeverfahrens lässt im Moment viele Antworten noch nicht zu. Vieles wird erst in den kommenden Monaten detailliert geplant. Daher wollten wir uns ja sehr gerne mit Ihnen und Ihren Mitstreiter*innen treffen, um uns persönlich oder per ViKo auszutauschen. Wir wollten uns gegenseitig auf den Stand setzen, welche Ideen und Konzepte wir haben – vieles ist umfassender als in Ihren Fragen angedeutet. Leider haben Sie dies abgelehnt. Unser Angebot steht weiter. Ich werde Ihnen zudem die Antworten auf Ihre Fragen in der kommenden Woche zukommen lassen.
Vorab aber schon einmal zu ihrem Kernvorschlag: Das geplante „Haus des Wissens“ bietet die besondere Chance für die Stadt Bochum, ihre Angebote als Stadt des Wissens begehbar und erlebbar zu machen. Wissen der Zukunft umfasst selstverständlich das Thema Nachhaltigkeit in all seinen Facetten. Es wird also, wie schon einmal beschrieben, inhaltlich sehr stark gespielt werden und erlebbar sein. Es wird konzeptionell aber mehr sein als ein reines Klimahaus.
Beste Grüße ein schönes Wochenende und bleiben Sie gesund! Britta Freis
wir kommen zurück auf Ihre freundliche Mail vom 27.2.2020 und möchten uns heute mit unserem Anliegen nochmals in Erinnerung bringen. Hatten Sie zwischenzeitlich Gelegenheit zu unserem Kernvorschlag eine Haltung zu gewinnen? Wir gaben zu bedenken:
“Was liegt eigentlich näher, als dass ein in Zeiten des Klimawandels entstehendes „Haus des Wissens“ eben selbst Ausdruck und Träger desjenigen Wissens wird, das wir jetzt und in Zukunft so dringend benötigen? Denn vor dem Wissen steht das Erlernen und dieses erwächst aus dem Erleben!”
Bedauerlicherweise sucht man in den öffentlich zugänglichen Quellen zum “Haus des Wissens” vergeblich nach substanziellen Ansätzen zu Klimaschutz und Klimaanpassung. Dies divergiert zum Tenor Ihrer o.g. Mail, in der Sie die “Durchdringung sozialer, ökologischer und ökonomischer Fragen”, kurz die Behandlung der Nachhaltigkeit in einem umfassenden Sinne, versichern. Welche Ergebnisse liegen dazu vor, wann dürfen wir mit den erbetenen aussagekräftigen Informationen rechnen?
Dabei möchten wir nicht versäumen Ihnen unsere in 10 Punkten formulierten Fragen zum HdW in Erinnerung zu rufen.
Wir verbleiben in der Hoffnung auf gehaltvolle Antworten sowie mit freundlichen Grüßen Ihre Bürger*innen des Bochumer Klimaschutzbündnisses (www.BoKlima.de) (Sprecher von BoKlima)
Sehr geehrte Frau Dr. Freis, vielen Dank für Ihr freundliches Schreiben!
Dass die von uns angesprochenen Sachthemen zum Großteil schon mitgedacht und durchdrungen werden, sogar originärer Bestandteil des Bauvorhabens sein werden, stimmt uns optimistisch!
Umsomehr interessiert uns die konkrete konzeptionelle Umsetzung, zumal wir in den öffentlich zugänglichen Quellen dazu bislang keine brauchbaren Angaben finden konnten.
Bitte helfen Sie uns, unser diesbezügliches Informationsdefizit zu beheben. Bitte setzen Sie uns in die Lage ein vertieftes Bild von der Projektkonzeption im Hinblick auf seine ökologische Ausrichtung zu gewinnen. Unsere in 10 Punkten formulierten Fragen werden bei der strukturierten Beurteilung der notwendigen Nachhaltigkeit ganz sicher hilfreich sein.
Gerne wüssten wir auch, ob Sie unsere Anregung einer ökologischen Schwerpunktsetzung dieses zentralen Bochumer Vorhabens nachvollziehen können und unterstützen wollen. Dazu führten wir aus: “Was liegt eigentlich näher, als dass ein in Zeiten des Klimawandels entstehendes „Haus des Wissens“ eben selbst Ausdruck und Träger desjenigen Wissens wird, das wir jetzt und in Zukunft so dringend benötigen? Denn vor dem Wissen steht das Erlernen und dieses erwächst aus dem Erleben!”
Unseren Wunsch nach Fotos, Animationen und Zeichnungen des Preisträgerentwurfs zur vertieften Beschäftigung und zur Nutzung auf unserer Homepage möchten wir hiermit gerne in Erinnerung bringen.
Besonders danken möchten wir Ihnen für Ihr freundliches Gesprächsangebot, das wir natürlich sehr gerne annehmen werden. Zuvor wollen wir uns intensiv mit den erbetenen Unterlagen und Details beschäftigen, um damit die Grundlage für einen konstruktiven und gehaltvollen Dialog zu schaffen. Insofern ist der 12. März leider ungeeignet.
Wir verbleiben in der Hoffnung auf eine baldige Beantwortung unserer Fragen und Bereitstellung aussagekräftiger Unterlagen, einen anschließenden konstruktiven Dialog und eine sehr klimafreundliche Projektentwicklung.
Gerne hören wir wieder von Ihnen! Mit freundlichen Grüßen Ihre Bürger*innen des Bochumer Klimaschutzbündnisses (www.BoKlima.de) (Sprecher von BoKlima) AkU e.V., Alsenstraße 27, 44789 Bochum Mailkontakt: presse-boklima-de@boklima.de Homepage: www.BoKlima.de (noch im Aufbau) Kopie: OB Eiskirch, Homepage BoKlima.de
Von: … (Projekt-Büro Haus des Wissens) An: BoKlima Verschickt: Do, 27. Feb. 2020 16:20 Betreff: Antw: offener Klimanotstandsbrief zum Haus des Wissens
Sehr geehrter … , die Durchdringung sozialer, ökologischer und ökonomischer Fragen im Gesamtzusammenhang des Kontextes, wie wir zukünftig leben wollen, ist originär für die Konzeption des Haus des Wissens und ihrer Hauptnutzer.
Wir begrüßen daher Ihr Engagement und Ihre Ideen sehr, die wir zum Großteil schon mitdenken und teilen. Zu diesen Themen haben auch schon andere Gespräche , z.B. mit dem Ernährungsrat Bochum stattgefunden. Ein anderes Beispiel war der Bürgerdialog am 5.12. zu dem wir alle Bürger*innen geladen hatten, uns mitzuteilen, was sie für Wünsche an das Haus haben – auch hier spielte das Thema Nachhaltigkeit in all seinen Facetten eine große Rolle und wir haben viele Stimmen und Ideen eingesammelt.
Wir würden Sie gerne einmal zu einer kleine Runde einladen, um gemeinsam zu überlegen, welche Funktionen das HdW aus Ihrer Sicht erfüllen sollte.
<<Projekt-Büro>> und ich laden Sie dazu gerne ein. Wann würde Ihnen so ein Gespräch zeitlich gut passen?