Selbst der Bauernverband stimmt nun Klimaschützern zu. Das zeigt der Abschlussbericht der Zukunftskommission Landwirtschaft.
Auch die Tierhaltung in Deutschland soll besser werden
Die Zukunftskommission Landwirtschaft, an der auch der Bauernverband beteiligt war, hat wichtige Forderungen von Umwelt- und TierschützerInnen übernommen. Das von der Bundesregierung eingesetzte ExpertInnengremium empfiehlt aus Klimaschutzgründen zum Beispiel, dass „der Konsum und damit einhergehend die Produktion tierischer Produkte zurückgehen“. Das geht aus dem Abschlussbericht hervor, den 30 große Verbände der Landwirte, Händler, Hersteller, Verbraucher, Natur- und Tierschützer sowie führende Wissenschaftler nun unterzeichnet haben.
Die Landwirtschaft verursacht laut dem bundeseigenen Thünen-Agrarforschungsinstitut rund 14 Prozent des Treibhausgasausstoßes in Deutschland. Zugleich fordern die meisten Bürger Umfragen zufolge eine bessere Tierhaltung. Forscher sehen die Agrarbranche als zentrale Verantwortliche dafür, dass immer mehr Tier- und Pflanzenarten aussterben.
Doch Tausende Bauern demonstrierten 2019 gegen strengere Vorschriften. Daraufhin beauftragte das Bundeskabinett die Kommission, einen Plan für eine umweltverträgliche und ökonomisch überlebensfähige Landwirtschaft zu erarbeiten.
Die ExpertInnen einigten sich auf die Forderung, die bisher vom Bauernverband vehement verteidigten wichtigsten EU-Agrarsubventionen – die Direktzahlungen – in ihrer aktuellen Form abzuschaffen. Derzeit wird das Geld pro Hektar Agrarland gezahlt, weitgehend unabhängig davon, wie umweltfreundlich dieses bewirtschaftet wird.
Es fehlen bis zu 4,5 Milliarden Euro – pro Jahr
In den „nächsten zwei Förderperioden ab 2023“ sollten die Subventionen in Zahlungen für „konkrete Leistungen im Sinne gesellschaftlicher Ziele“ umgewandelt werden, also zum Beispiel mehr Artenschutz, rät die Kommission.
Der Bauernverband unterschrieb auch die Empfehlung, Moore wieder zu vernässen, die für die Landwirtschaft trockengelegt worden sind. Denn dort werden besonders viel Treibhausgase frei. Zudem sollten Tiere besser gehalten werden. Auch eine Forderung der Gewerkschaften hat die Kommission übernommen: ErntehelferInnen und andere Saisonarbeitskräfte sollten anders als bisher „in der Regel sozialversicherungspflichtig beschäftigt“ sein.
Die umwelt- und tierfreundlichere Produktion soll der Kommission zufolge vor allem durch wirtschaftliche Anreize wie Zahlungen für Naturschutzleistungen erreicht werden. Das werde aber pro Jahr 1,5 bis 4,5 Milliarden Euro mehr kosten, als der Staat bisher für die Landwirtschaft ausgebe, so die ExpertInnen. Die Lücke wollen sie zum Beispiel durch eine Tierwohlabgabe auf Fleisch schließen: „Mittel- und langfristig dürften damit auf die Bürger:innen höhere Kosten für ihre Ernährung zukommen.“
Deshalb müssten einkommensschwache VerbraucherInnen entlastet werden, etwa durch eine Mehrwertsteuersenkung auf Obst und Gemüse sowie höhere Zahlungen für Lebensmittel an Hartz-IV-EmpfängerInnen. Laut Kommission wäre es dennoch teurer, die Landwirtschaft nicht zu ökologisieren. Denn dann müsste die Gesellschaft weiter hohe Gesundheitskosten, etwa infolge von Pestizidbelastung im Wasser, tragen.
Schärfere Vorschriften nur mit Ausgleich
Für den Kompromiss haben Umweltverbände wie Nabu und BUND weitgehend auf Forderungen verzichtet, Vorschriften ohne Einkommensausgleich für Landwirte zu verschärfen. So empfiehlt die Kommission, erst einmal abzuwarten, ob die neue Düngeverordnung die Stickstoffbelastung genügend verringert. Falls nicht, sollten „marktwirtschaftliche Instrumente“ zur Reduktion erwogen werden – also keine neuen Vorschriften.
Der Vorsitzende der Kommission, Peter Strohschneider, bezeichnete die Empfehlungen als einen betriebswirtschaftlich gangbaren Weg“. Kommissionsmitglied Elisabeth Fresen, Vorsitzende der ökologisch orientierten Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), forderte die kommende Bundesregierung auf, die Vorschläge umzusetzen.
Friedrich Ostendorff, Sprecher für Agrarpolitik der Grünen im Bundestag, sagte, hinter dem Kommissionsbericht stehe ein „echter gesellschaftlicher Konsensprozess“. „Jetzt muss aber auch der Deutsche Bauernverband zum Kompromiss stehen und die Union den verhandelten Zielkatalog in ihre eigene Politikgestaltung aufnehmen.“
Warum schickte der Verband nicht seinen Präsidenten Joachim Rukwied, sondern lediglich den Vizepräsidenten Werner Schwarz in die Kommission? Rukwied hätte den Zeitaufwand nicht leisten können, antwortete Schwarz auf diese Frage der taz. Der Tierschutzbund etwa war aber durch seinen Präsidenten Thomas Schröder in der Kommission vertreten.
Kritik von Greenpeace
Der kleine Verband „Freie Bauern“, der bäuerliche Familienbetriebe vertritt, kritisierte das Ergebnis als „Unsinn“: „Aus Sicht der Freien Bauern besteht für neunzig Prozent der deutschen Landwirtschaft überhaupt kein Umbaubedarf“, so die Organisation.
Auch Greenpeace kritisierte den Abschlussbericht. Die Umweltorganisation hatte die Kommission im Frühjahr verlassen, weil die Bundesregierung die Empfehlungen der ExpertInnen nicht bei der gerade vereinbarten Reform der EU-Agrarsubventionen berücksichtigen wollte. Die Landwirtschaft müsse sich schneller ändern, als der Abschlussbericht vorgebe.
„Dieser wird bereits von der Realität überholt. So wird die aktuelle Ankündigung von Aldi, auf Billigfleisch zu verzichten, den Umbau der Ställe für eine bessere Tierhaltung beschleunigen.“ Das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts lasse keine weitere Verzögerung beim Klimaschutz in der Landwirtschaft zu. „Die Klimaziele für Deutschland lassen sich nur mit einer Halbierung der Tierzahlen erreichen.“
Bundesagrarministerin Julia Klöckner erklärte: „Der Abschlussbericht ist Rückenwind für meine Arbeit. Vieles habe ich bereits angestoßen“, teilte die CDU-Politikerin mit. „Künftig wird es keinen Euro Fördergeld aus Brüssel mehr geben, der nicht an Umwelt- und Klimaschutzleistungen gekoppelt ist.“ Allerdings werden die im Detail noch festzulegenden Anforderungen WissenschaftlerInnen zufolge voraussichtlich kaum zu mehr Umweltschutz führen.
zu dem Statement der Grünen : “”Grüne: Nein zum Wohnungsbau auf Freiflächen”, WAZ vom 02.07.2021″ hat die BI ‘Hinter der Kiste’ folgenden Offenen Brief an die Stadt geschrieben :
Viele Menschen wollen alternative Energien und das am liebsten aus der Region. 2017 haben die Wuppertaler Stadtwerke das Internetportal „Tal.markt“ gegründet. Da kann jeder grünen Strom quasi beim Nachbarn kaufen.
Ein großes Dach, 300 qm Sonnenpaneele und fertig ist das eigene Kraftwerk. 40.000 Euro hat das Familienunternehmen SFS in Velbert investiert und das lohnt sich, sagt Firmengründer Holger Heis: „Wir produzieren derzeit komplett CO2 frei und haben keine Stromkosten mehr.“
Grüner Strom vom Nachbarn
Möglich ist das, weil die überschüssige Energie in das Netz der Wuppertaler Stadtwerke eingespeist und über das Internetportal „Tal.Markt“ verkauft wird. Derzeit beziehen etwa 2.500 WSW-Kunden auf diese Weise ihren grünen Strom. Das Besondere ist, dass sie selber auswählen können, von wem sie welchen Strom kaufen wollen.
Angeboten wird neben Sonnenenergie auch Windenergie sowie Strom aus Wasserkraft oder Biogas. Die Produzenten kommen überwiegend aus der Region. Manche können nur wenige Haushalte versorgen, andere einige Hundert. Die Preise liegen nur geringfügig über dem „Normalstrom“-Tarif.
CO2 frei bis 2035
Grüner Strom aus der Region ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie der kommunalen Stadtwerke. „Die Stadt Wuppertal will bis 2035 CO2 frei sein“, sagt Andreas Brinkmann, Geschäftsführer der WSW 3/4/5 Energie GmbH. „Das geht nur, wenn alle in der Stadt umdenken. Energie vor der Haustüre zu produzieren und nicht mehr über viele Kilometer Überlandleitungen hierher zu transportieren, ist einfach nachhaltiger.“
Zukunftsmodell für Unternehmen
Für den Velberter Unternehmer Holger Heis ist die regionale Stromerzeugung und Vermarktung ein Zukunftsmodell vor allem für mittelständische Unternehmen. „Wir müssen uns mit Nachhaltigkeit und der Klimakrise beschäftigen, das erwarten unsere Kunden. Jeder Unternehmer ist gut beraten, schon jetzt mehr dafür zu tun, als vorgeschrieben.“
Klimaschutz ist nötig, aber die Unterschichten werden am stärksten belastet. Dabei stoßen sie eher wenig CO2 aus – anders als viele Umweltbewusste.
Es gibt sie, die Grünenwähler, die einen SUV fahren. Immerhin 24 Prozent der grünen Anhänger können sich grundsätzlich vorstellen, einen Allradpanzer anzuschaffen, wie jüngst eine Umfrage für den Spiegel ergab. Bei anderen Parteien sieht es allerdings noch deutlich düsterer aus: Bei der Union liebäugeln 48 Prozent mit einem SUV, bei der FDP sind es 52 Prozent und bei der AfD sogar 54 Prozent. Doch auch für die grüne Basis gilt, dass ihr Umweltbewusstsein oft eher politisch denn privat ist.
Der ökologische Fußabdruck wird nämlich nicht so sehr von den eigenen Ansichten bestimmt – sondern schlicht vom Geld. Wer ein hohes Einkommen hat, gibt es meist auch aus. Konsum ist aber nicht umsonst zu haben, sondern verbraucht immer Energie und Rohstoffe.
Das Umweltbundesamt hat 2016 eine umfangreiche repräsentative Studie veröffentlicht, um den ökologischen Fußabdruck der verschiedenen Milieus zu untersuchen. Dabei kam heraus, dass die unterste Einkommensgruppe einen Gesamtenergieverbrauch von nur 10.000 Kilowattstunden pro Jahr und Kopf hatte – die Befragten mit hohem Einkommen aber mit knapp 20.000 Kilowattstunden auf fast das Doppelte kamen.
Gutverdiener sind zwar überdurchschnittlich umweltbewusst und achten auf die Effizienz ihrer Geräte – aber sie unternehmen auch viele und weite Reisen, gönnen sich mehr als einen Computer und wohnen meist üppig. Jedenfalls zeigte sich, dass ausgerechnet jene Schichten, die die Umwelt am meisten belasten, sich am stärksten für ökologische Zusammenhänge interessieren. Oft ist den Gutverdienern und dem „kritisch-kreativen“ Milieu gar nicht bewusst, wie hoch ihr Umweltverbrauch ist. Stattdessen sei „die Auffassung weit verbreitet, sparsam mit Ressourcen umzugehen“, wie das Umweltbundesamt feststellte. Die Behörde vermutet, dass sich die Umweltbewussten vor allem mit anderen Mitgliedern der eigenen Schicht vergleichen – und völlig aus dem Blick verlieren, dass die ärmeren Milieus deutlich weniger konsumieren können.
Die EEG-Umlage machte beim ärmsten Zehntel 1,5 Prozent des Nettoeinkommens aus, beim reichsten nur 0,2 Prozent
Dieser Tunnelblick hat reale Folgen: Umweltpolitik wird vor allem für die Gutverdiener gemacht. Sie profitieren von den Ökosubventionen, während die armen Schichten dafür zahlen dürfen. Diese Schieflage war schon bei Rot-Grün festzustellen. Im Jahr 2000 wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eingeführt, um den Ökostrom zu fördern. Die Idee war eigentlich richtig, hatte aber absurde Konsequenzen, wie ein Blitzlicht aus dem Jahr 2015 zeigt: Beim ärmsten Zehntel machte die EEG-Umlage 1,5 Prozent ihres Nettoeinkommens aus – beim reichsten Zehntel waren es nur 0,2 Prozent. Dafür waren es dann aber vor allem Wohlhabende, die Solaranlagen auf ihren Eigenheimen installierten – und dafür staatliche Hilfen kassierten.
Die EEG-Umlage ist eine Konsumsteuer, die beim Stromverbrauch anfällt, und wie alle Verbrauchsteuern trifft sie die Ärmsten besonders hart, weil diese ihr gesamtes Einkommen ausgeben müssen, um über die Runden zu kommen. Wohlhabende hingegen werden von Konsumsteuern weit weniger getroffen, da sie einen großen Teil ihrer Einkünfte sparen können.
Natürlich ist es richtig, dass es Geld kosten soll, klimaschädliche Treibhausgase zu emittieren. Aber wieder trifft diese Konsumsteuer am stärksten die Armen, die jedoch im Gegenzug nicht entlastet wurden. Stattdessen profitieren erneut die Gutverdiener, sofern sie weite Strecken zur Arbeit zurücklegen. Um die CO2-Steuern abzufedern, wurde nämlich die Pendlerpauschale erhöht: Ab dem 21. Kilometer gibt es jetzt 35 Cent, ab 2024 dann 38 Cent.
Die Pendlerpauschale ist gleich doppelt tückisch. Erstens: Arme pendeln kaum, wie Sozialerhebungen gezeigt haben. In den fernen Vororten wohnen vor allem die Wohlhabenden. Zweitens: Die Pendlerpauschale wird vom zu versteuernden Einkommen abgezogen, was den Effekt hat, dass die Steuerersparnis umso größer ist, je höher der eigene Steuersatz ist. Die Reichen werden also automatisch begünstigt.
Die Armen werden jedoch nicht nur am stärksten durch die Umweltsteuern belastet – gleichzeitig sind sie es, die am meisten unter der Umweltverschmutzung leiden. Sie wohnen an den lauten und dreckigen Durchgangsstraßen, die auch deswegen so voll sind, weil sich Besserverdienende ins Grüne zurückziehen konnten und dann die Pendlerpauschale kassieren.
So bitter es ist: Die deutsche Klimapolitik war bisher zutiefst ungerecht. Zumindest auf dem Papier geloben die meisten Parteien auch Besserung, wie den Wahlprogrammen zu entnehmen ist: Um die steigende CO2-Steuer zu kompensieren, wollen die Grünen das sogenannte Energiegeld einführen, SPD und CDU zunächst die EEG-Umlage abschaffen.
Umweltökonomen sind sich einig, dass das Energiegeld am gerechtesten wäre. Die Einnahmen aus der CO2-Steuer würden an die Bürger zurückverteilt – und zwar gleichmäßig pro Kopf. Da die Armen nur halb so viel Energie verbrauchen wie die Reichen, würden sie also mehr Geld erhalten, als sie je an Steuern gezahlt haben. Endlich einmal würden die unteren Schichten vom Klimaschutz profitieren.
Die Nichtwähler sind längst die zweitgrößte Partei bei Bundestagswahlen, unter anderem weil Geringverdiener weitaus seltener zur Urne gehen als die Oberschicht. Die Armen fühlen sich von der Politik verraten, und dieser Eindruck täuscht bisher leider nicht.
Ziel des Förderprogramms ist es, grüne Infrastruktur vorwiegend im urbanen Umfeld zu entwickeln, zu erhalten und zu verbessern sowie naturtouristische Angebote in Nordrhein-Westfalen zu schaffen. Umweltministerin Heinen-Esser: „Gerade zu Corona-Zeiten sind die Natur und ihre Leistungen umso wichtiger für uns. Grüne Infrastruktur schafft gesunde Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten, erhöht unser Wohlbefinden und ist gut für die Artenvielfalt. Das bedeutet mehr Lebensqualität und daher nutzen wir sie sehr intensiv. Auch aufgrund des Klimawandels und der Versiegelung von Flächen, investieren wir deshalb gerade jetzt in grüne Infrastruktur, um ihre wertvollen Leistungen zu erhalten und auszubauen.“
Dafür stehen rund 20 Millionen Euro zur Verfügung. Das Förderspektrum ist sehr breit und richtet sich an Kommunen und andere Akteure im Naturschutz. Beispiele für förderfähige Maßnahmen sind die Entsiegelung von Flächen zur ökologischen Aufwertung, das Anlegen naturnaher Wasserflächen und Feuchtbereiche sowie größere Blühflächen, aber auch das Anpflanzen von Bäumen.” so das MULNV in einer Pressemeldung.
Das Förderprogramm steht nicht in Verbindung mit der Offensive Grüne Infrastruktur 2030 des RVR, dennoch besteht natürlich auch die Möglichkeit, mit Hilfe des neuen Förderprogramms Maßnahmen aus dem Aktionsprogramm Grüne Lückenschlüsse weiterzuentwickeln und umzusetzen. Die Förderquote beträgt bis zu 100%. Die Maßnahmen müssen dabei mindestens eine Umfang von 100.000 € besitzen.
Save the date: Workshops zur Erarbeitung der Regionalen Biodiversitätsstrategie für das Ruhrgebiet
In der vergangenen Woche hat die Auftaktveranstaltung „Regionale Biodiversitätsstrategie – eine Chance für das Ruhrgebiet!“ beim RVR stattgefunden. Für Ihre Mitarbeit möchten wir uns ganz herzlich bedanken! Zurzeit läuft die Auswertung und eine Dokumentation wird in Kürze folgen.
In der Zwischenzeit möchten wir Sie bereits auf die nächsten Veranstaltungen zur Erarbeitung der Regionalen Biodiversitätsstrategie für das Ruhrgebiet hinweisen: In den Wochen vom 06.09. – 10.09.2021 und vom 04.10. – 08.10.2021 werden wir Workshops zu neun verschiedenen Themen durchführen, die die Basis für die Strategie bilden sollen:
06.09. Wildnis in der Stadt 07.09. Industrienatur 08.09. Biodiversität auf öffentlichen Grünflächen 09.09. Aquatische Biodiversität 10.09. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
04.10. Biodiversität auf Waldflächen 05.10. Biodiversität auf privaten Grünflächen 06.10. Biodiversität in der Agrarlandschaft 07.10. Biotop- und Artenschutz
Bitte merken Sie sich diese Termine bereits vor! Anmeldungen werden demnächst möglich sein. Weitere Informationen hierzu finden Sie zeitnah auf der Website des Netzwerkes Urbane Biodiversität Ruhrgebiet (https://urbane-biodiversitaet.de/).
Mit dem Balkonkraftwerk gegen die Klimakrise aktiv werden und dabei noch Geld sparen! Zur Miete, mit eigener Wohnung oder gar mit eigenem Haus: Mit einem Balkonkraftwerk kannst du jetzt Ökostrom im Handumdrehen selber machen!
Wenn du an einem der beiden Webinare teilgenommen hast, bist du dazu bereit und wirst bestimmt gleich loslegen und den Photovoltaik-Virus weiterverbreiten.
Beispiele von Balkonkraftwerken: hier (via youtube) ; Zur Sicherheit von Balkonkraftwerken: hier (via youtube) (Natürlich ist ein Balkonkraftwerk nur der “Gruß aus der Küche”.)
Wasserstoff ist kein Allheilmittel in der Klimakrise
In ihrer heutigen Stellungnahme warnen Expertinnen des Sachverständigenrats für Umweltfragen davor, Wasserstoff als große Lösung in der Klimakrise zu betrachten. Sie widersprichen damit den Wahlprogrammen deutscher Parteien und der europäischen Lobby der Gasindustrie.
Wasserstoff gilt kurz vor der Bundestagswahl in allen Parteiprogrammen als Heilsbringer in der Klimakrise: „Deutschland soll zum Wasserstoffland Nummer 1 werden”, schreibt die Union, auch die Grünen sagen, Deutschlands Führungsrolle bei Wasserstoff solle weiter ausgebaut werden, und die SPD will Deutschland bis 2030 zum Leitmarkt für Wasserstofftechnologien machen – für die klimaneutrale Erzeugung von Stahl, für CO2-arme PKWs, LKWs und den Schiffs- und Flugverkehr. Ähnlich klingen die Lobeshymnen auf den Energieträger auch bei FDP und Linken.
Heute meldet nun der Sachverständigenrat für Umweltfragen in einer Stellungnahme große Bedenken gegenüber dieser Euphorie für das Gas an:
„Wasserstoff wird ein knapper und kostbarer Energieträger bleiben“, sagt die Vize-Vorsitzende des Experten-Gremiums, Claudia Kemfert. In dem 165 Seiten starken Papier, das CORRECTIV vorab vorliegt, wird klar: Bei der Nutzung des Gases sind so viele Fragen noch nicht geklärt – etwa, wo es produziert werden soll –, dass sich in der Klimakrise niemand darauf verlassen kann. „Zurzeit wird das Gas zwar sehr stark diskutiert, aber große Fragen sind ungeklärt – sowohl für grünen als auch für blauen Wasserstoff: Wo ergeben Pipelines überhaupt Sinn? Ist das wirklich ökologisch und vereinbar mit den Klimazielen?”, so die Ökonomin Kemfert.
Dreimal so viele Windräder wie bisher – nur für Wasserstoff-Autos
Blauen Wasserstoff, der also aus fossilen Brennstoffen wie Gas hergestellt wird, lehnt der SRU grundsätzlich ab. Aber auch der grüne, oft als klimafreundliche Alternative gehandelte Wasserstoff, ist kein Allheilmittel. Denn noch ist nicht geklärt, woher die Menge an grünem Wasserstoff aus Wind- und Solarenergie kommen soll. Ein Beispiel zeigt, welche unrealistischen Dimensionen die Wasserstoffproduktion annehmen müsste: Um beispielsweise damit alle deutschen Autos zu betanken, wie es die meisten Parteien vorschlagen, bräuchte es erstaunlich viele Windräder und Sonnenpaneele.
Experten der europäischen Organisation „Transport and Environment” haben das für synthetische Kraftstoffe kalkuliert, umgerechnet auf Wasserstoff würde dies bedeuten: Wir bräuchten rund 160 Gigawatt an Windrädern – rund dreimal soviel, wie bislang in Deutschland insgesamt installiert wurde. Ohne, dass damit auch nur eine Stahl- oder Zementfabrik beliefert werden könnte. Bedenkt man, dass es heute um jedes Windrad große Debatten in den Dörfern gibt, erscheint dies unrealistisch.
Wer also Ja zu Wasserstoff für Autos sagt, plant damit zugleich riesige neue Flächen ein – Flächen, die ohnehin noch gebraucht werden, um unser Handy umweltfreundlich aufzuladen oder Fabriken zu elektrifizieren. Daher sagt der Sachverständigenrat, grüner Wasserstoff sollte nur da angewandt werden, wo es keine Alternativen gibt, etwa in der Stahlindustrie oder für den internationalen Schiffs- und Flugverkehr. „Entscheidend ist es aber, dies einzubetten in eine umfassende Strategie für eine Verkehrswende – dazu gehören beispielsweise ein verbesserter Schienenverkehr, mehr ÖPNV und Radinfrastruktur”, so die Ökonomin Kemfert.
Blauer Wasserstoff: „Klimaschädliche Energie auf Jahrzehnte“
Der Sachverständigenrat hat keinen direkten Einfluss auf die Gesetze der Bundesregierung, aber das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen April hat deutlich gemacht, wie entscheidend seine Stellungnahmen sind: Die Karlsruher Richter bezogen sich in ihrer Urteilsbegründung mehr als zwanzig Mal auf die Prognosen und Berichte des mit sieben Professorinnen besetzten Gremiums. Seine Expertise war somit entscheidend für das wegweisende Urteil, das die Bundesregierung zu schnellerem Klimaschutz verpflichtete.
Ein zweiter großer Kritikpunkt ist der zumindest von CDU, FDP und SPD geforderte blaue Wasserstoff. „Wenn die Regierung sich jetzt entscheidet, in blauen Wasserstoff zu investieren, also aus fossilen Quellen, dann legen wir uns für Jahrzehnte auf klimaschädliche Energien fest“, sagt Kemfert. Denn für blauen Wasserstoff bräuchten wir CO2-Pipelines, und damit eine ganz neue Infrastruktur. „Das wäre eine kontraproduktive Entwicklung.“
Tatsächlich rechnen nicht nur einige Parteien in Deutschland mit dem fossilen Wasserstoff, sondern auch die EU. Sie will in weniger als 30 Jahren komplett emissionsfrei sein. Um das zu erreichen, stuft sie in Strategien und Entwürfen ein, welche Energiequellen als sauber gelten und somit von ihren Mitgliedstaaten verwendet werden dürfen. Entscheidend für die wirklich klimafreundliche Verwendung von Wasserstoff ist dabei, ob die EU auch die Produktion aus fossilen Energien gutheißt.
Blockade innerhalb der EU
Genau das wird von der sogenannten EU-Taxonomie für Nachhaltigkeit festgelegt, die anhand von sechs Kriterien definiert, ob eine Investition nachhaltig ist. Zu den Kriterien gehören der Schutz der Wasser- und Meeresressourcen, der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, die Vermeidung und Kontrolle von Umweltverschmutzung und der Schutz der Biodiversität. Unternehmen müssten anhand dieser Richtlinien erklären, wie nachhaltig ihre Aktivitäten sind. Die Europäische Kommission spricht von einer weltweit ersten „grünen Liste“.
Diese Abschätzung wurde im Juni 2020 veröffentlicht – um jedoch in Kraft zu treten, muss die Kommission zunächst die sogenannten „delegierten Rechtsakte“ genehmigen, die die technischen Kriterien der nachhaltigen Aktivitäten definieren. Die Debatte über diese Verordnungen kam aufgrund des erbitterten Widerstands von fast der Hälfte der Mitgliedstaaten fast zum Stillstand. Einer der Gründe war, dass in einem der Anfangsentwürfe Erdgas nicht als „Übergangskraftstoff“ anerkannt wurde – Länder wie Bulgarien, Kroatien, Zypern, Tschechien oder Polen rebellierten, da sie in der Energieerzeugung stark von diesem Brennstoff abhängig sind.
Die EU vertagt Entscheidungen – und gibt der Gaslobby Zeit
Im April diesen Jahres veröffentlichte die EU den ersten delegierten Rechtsakt, der für die Umsetzung der Taxonomie-Regeln in den jeweiligen Ländern notwendig ist. Allerdings fehlen darin Regelungen für die Gas- und Kernenergie. Die endgültige Entscheidung soll nun erst 2022 fallen, sie wird dann gemeinsam mit dem zweiten delegierten Rechtsakt veröffentlicht.
Dass die Entscheidung verschoben wurde, ist laut Luca Bonaccorsi, Mitglied der NGO „Transport & Environment“, bereits ein großer Gewinn für die Gasindustrie.
Tatsächlich hätte der alte Entwurf eine nachhaltige gasbasierte Energieerzeugung nur in drei Fällen in Betracht gezogen: Wenn sie eine ältere Anlage auf Basis fossiler Brennstoffe ersetzt und die Emissionen pro Kilowattstunde um mindestens die Hälfte reduziert, und wenn sie kohlenstoffarme Kraftstoffe mit weniger als 270 Gramm CO2 pro kWh verwendet.
Bonaccorsi sagt, dass diese Kriterien so streng waren, dass sie de facto alle Gasaktivitäten von der Liste der nachhaltigen Aktivitäten ausgeschlossen hätten, außer denen, die dazu dienen, Kohlenstoffkraftwerke in Osteuropa zu ersetzen. Die Verzögerung bedeutet also, dass die Gasunternehmen Zeit gewinnen.
Der zweite delegierte Rechtsakt wird aktuell noch debattiert, doch selbst wenn er anerkannt werden würde, müsste er noch vom Parlament verabschiedet werden. Laut dem Online-Medium Euractiv hat sich eine große Opposition gebildet, die verhindern könnte, dass die Taxonomie überhaupt durchgesetzt wird.
Die Erzählung von „sauberem“ Wasserstoff
Ein weiteres Beispiel dafür, wie blauer Wasserstoff – und damit die Interessen der fossilen Brennstoffindustrie – durch in das EU-Gesetzgebungsverfahren sickert, ist der Vorschlag, über den das Europäische Parlament im vergangenen Mai abgestimmt hat. Er war von Jens Geier (SPD), Mitglied des Europäischen Parlaments, und befasste sich mit der Europäischen Strategie für Wasserstoff. Geiers Bericht besagt, dass blauer Wasserstoff als Wasserstoff mit „geringer Emission“ betrachtet und daher für den Übergang zum grünen Wasserstoff verwendet werden sollte. Claudia Kemfert vom Umwelt-Sachverständigenrat warnt hingegen: „Bisher haben die so genannten Übergangs- oder Brückentechnologien nirgendswohin geführt.“ Nur grüner Wasserstoff sei klimafreundlich.
Bisher ist das Dokument nicht rechtlich bindend. Doch eine gute Nachricht für Projekte mit blauem Wasserstoff ist es allemal – denn es fördert die Erzählung, dass Wasserstoff aus umweltschädlichen Quellen „sauber“ sei.
Und die Strategie wirkt: Am 28. Mai 2021 haben das Berliner Wirtschafts- und Verkehrsministerium für Energie eine Liste mit 62 Projekten zur Wasserstoffproduktion und -infrastruktur veröffentlicht, die als wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI) zu betrachten sind. Dadurch können die Projekte öffentliche Zuschüsse erhalten. Auf der Liste stehen bereits drei, die Wasserstoff aus Kohle und Ammoniak gewinnen wollen.
In der Nacht auf Freitag hat in Tschechien ein außergewöhnlich starker Tornado gewütet. Auch in Deutschland und Österreich kam es zu heftigen Hagel- und Sturmunwettern. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) spricht von der „schlimmsten Gewitterlage seit Jahrzehnten in Europa“.
Doch was steckt hinter den Wetterextremen? Hat es die „immer schon gegeben“ oder sind es bereits Vorboten einer „neuen Normalität“? Und welche Rolle spielt die Klimakrise dabei?
„Tornados dieser Intensität sind äußerst selten in Europa“, sagte Rainer Kaltenberger, Meteorologe bei der ZAMG, gegenüber ORF.at. Auf der fünfteiligen Fujita-Skala wurde er vorerst als Tornado der Klasse drei eingestuft. Dabei handelt es sich um Sturmgeschwindigkeiten von 254 bis 332 km/h, die schwere Schäden verursachen können. Dächer und leichte Wände werden abgetragen, Züge entgleisen, Wald wird großteils entwurzelt, Autos werden umgeworfen, verschoben oder sogar angehoben.
Prinzipiell seien Tornados in Europa nicht ungewöhnlich. Auch in Österreich gebe es im Durchschnitt etwa zwei bis fünf im Jahr. Allerdings seien diese meist nur im Bereich F0 bis F2 zu verorten, also mit Windspitzen bis zu 220 km/h, erklärte Kaltenberger. Einen ähnlich starken wie in Tschechien gab es in Österreich zuletzt vor mehr als einem Jahrhundert, im Jahr 1916 in Wiener Neustadt. Damals starben über 30 Menschen. Tornados in Österreich1950-2020
Auch heftige Unwetter mit tennisballgroßen Hagelkörnern wie sie in den vergangenen Tagen vorkamen und zu Schäden in Millionenhöhe führten, seien an sich nichts Neues, diese habe es so bereits in den Jahren zuvor gegeben, so Kaltenberger. Schnell ließe sich daher zu dem Schluss kommen, dass es Extremwetterereignisse wie diese eben „immer schon gegeben hat“ und sie daher keinen „Beweis“ für die Existenz der menschengemachten Klimakrise darstellen – so zumindest die gängige Argumentation der Klimawandelskeptiker. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Was Hagel betrifft, meint Kaltenberger zwar: „Man kann nicht sagen, aufgrund dieser Hagelkorngröße war das jetzt der Klimawandel.“ Ähnlich verhält es sich mit Tornados: Da es sich bei Tornados nicht nur um sehr kleinräumige und kurzlebige, sondern auch um eher seltene Ereignisse handle, könne aufgrund der Datenlage tatsächlich nicht von einer Zunahme in Bezug auf den Klimawandel gesprochen werden, so Kaltenberger. Auch in der „Warnsignale Klima“-Broschüre der Uni Hamburg ist zu lesen, dass eine Zunahme von Tornados infolge des Klimawandels „bis jetzt nicht nachgewiesen werden“ konnte. Zweifellos zählten diese jedoch zu den „schlimmsten Naturgewalten“.
Potenzial für Extremwetterereignisse steigt
Was hingegen allerdings sehr wohl mit der Klimakrise zusammenhänge, sei ein steigendes Potenzial für Extremwettereignisse, erklärte Kaltenberger. „Das ist beobachtbar. Da gibt es eine statistische Häufung. Laut Berechnungen von Klimamodellen werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten die Grundlagen für Extremwetter einfach häufiger werden.“
Buchhinweis
Stefan Rahmstorf und Schellnhuber: Der Klimawandel. Verlag: C. H. Beck Wissen, 144 Seiten, 10,30 Euro.
Die deutschen Klimaforscher Stefan Rahmstorf und Hans Joachim Schellnhuber schreiben in ihrem Werk „Der Klimawandel“, dass Wetterextreme wie Stürme, Überschwemmungen und Dürren jene Auswirkungen des Klimawandels seien, die viele Menschen „am direktesten zu spüren bekommen“. Eine Zunahme sei allerdings nicht so leicht nachweisbar, „da die Klimaerwärmung bislang noch moderat und Extremereignisse per Definition selten sind – über kleine Fallzahlen lassen sich kaum gesicherte statistische Aussagen machen“.
Ein paar Zeilen weiter darunter heißt es allerdings: „Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen. Doch man kann zeigen, dass sich die Wahrscheinlichkeit (oder Häufigkeit) bestimmter Ereignisse durch die globale Erwärmung erhöht.“ Vergleichbar sei das mit der Tatsache, dass Raucher und Raucherinnen häufiger Lungenkrebs bekämen, es sich im Einzelfall aber nicht beweisen ließe, ob der Patient nicht auch ohne zu rauchen Krebs bekommen hätte.European Severe Storms Laboratory/OpenStreetMap 500 km+− Die 25 stärksten Tornados in Europa von 1950 bis 2020
Mehr Wärme, mehr Energie, mehr Unwetter
Die Zahlen scheinen den Klimaforschern recht zu geben: Laut ZAMG nahmen Wetterlagen, die schwere Gewitter verursachen können, in Europa seit den 2000er Jahren „deutlich“ zu, in Europa um 30 bis 50 Prozent, in Österreich um rund 20 Prozent. Ein Hauptfaktor sei die Bodenfeuchtigkeit, wie Georg Pistotnik, Klimaforscher bei der ZAMG, gegenüber Ö1 erklärte.Radiothek 25.6.2021, 10.00 Uhr
Auch die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb von der Universität für Bodenkultur (BOKU) erklärte bei einer Pressekonferenz am Freitag den Mechanismus, der der zunehmenden Häufigkeit von Unwettern zugrunde liegt. „Wenn sich die Lufthülle der Erde erwärmt, entsteht mehr Energie. Zudem kann die wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen.“ Wenn sich Energie und Wasser entlüden, seien heftigere Regenfälle, Unwetter und Hagel sowie eventuell sogar Tornados die Folge. Damit sich ein Tornado bilden kann, braucht es große Wolken, Gewitter und unterschiedliche Windrichtungen in verschiedenen Höhen.
Beim Hagel müsse man davon ausgehen, dass sowohl die Ereignisse häufiger als auch die Körner größer werden, das zeige die Statistik bereits jetzt deutlich. Grund für diese Entwicklung sei, dass die Luftmassen mit der Erwärmung unbeständiger werden. Debatte Extremwetter: Wie die Klimakrise aufhalten?
Exponentielle Entwicklung erwartet
Die Ereignisse dieses Sommers seien insgesamt nicht überraschend, „es entwickelt sich so, wie die Wissenschaft das erwartet hat“, sagte die Klimaforscherin und betonte, dass die weitere Entwicklung nicht linear, sondern exponentiell verlaufen werde. Das nächste halbe Grad Erwärmung werde daher deutlich mehr Probleme bringen als das vorangegangene.
„Wir spielen mit dem Feuer“, und da dürfe man sich nicht wundern, „wenn man sich die Finger verbrennt. Wir als Gesellschaft und als Österreich haben unsere Hausaufgaben nicht gemacht.“ Die Politik sei immer noch mit dem Formulieren von Zielen beschäftigt anstatt mit der Umsetzung von Maßnahmen. Grund sei vermutlich die „Angst vor Verzicht“, wobei Klimaschutzmaßnahmen nicht nur Verzicht, sondern vor allem auch „ein besseres Leben“ bringen würden, appellierte Kromp-Kolb.
Appell: Augen nicht vor Realität verschließen
Der Klimapolitikexperte Reinhard Steurer von der BOKU konstatierte im Gespräch mit ORF.at eine weit verbreitete Verleugnung und Verharmlosung in Krisenzeiten, „weil sie helfen, mit der zunehmend bedrohlichen Realität besser zurechtzukommen. Wenn man ein Problem oder dessen Folgen nicht zur Kenntnis nimmt, kann man weitermachen wie bisher – zumindest kurzfristig.“
Langfristig gewinne aber immer die Realität.” Er warnt daher davor, die Augen zu verschließen. „Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann bedeutet das im Fall der Klimakrise sehr viel vermeidbares Leid, ja sogar eine Gefährdung der menschlichen Zivilisation, wie wir sie heute kennen.“
Text: Tamara Sill, Grafik: Sandra Schober; beide ORF.at/Agenturen
… “Es ist alles viel zu wenig. Wir brauchen systemische Veränderungen“, sagte der Klimaforscher Mojib Latif im Deutschlandfunk. Er kritisierte das Klimaschutzgesetz als ein “Larifari-Gesetz”. Die Bundesregierung “verpasst die Chancen, jetzt Maßnahmen einzuführen, die sofort das Klima wirksam schützen würden“, kritisierte auch die BUND-Klimaexpertin Antje von Broock. Sie forderte etwa ein Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen. Zudem müssten Mehrkosten etwa durch die CO2-Bepreisung sozial fairer verteilt werden. …
Das neue Klimaschutzgesetz sei weit hinter dem zurückgeblieben, was man eigentlich hätte vereinbaren müssen, sagte der Klimaforscher Mojib Latif im Dlf. Was man brauche sei eine „systemische Veränderung“. Man müsse die Wirtschaft „vom Kopf auf die Füße stellen“, so Latif.
Klimaschutz soll Wohlstand sichern und muss außerdem sozial ausgewogen sein, sagt Klimaforscher Mojib Latif –Deutschland-Chef des Club of Rome– (dpa)
In der vorletzten Sitzung in dieser Legislaturperiode werden die Mitglieder im Deutschen Bundestag wohl den Entwurf zur Verschärfung des Klimaschutzgesetzes verabschieden. Die Regierungskoalition will unter anderem festschreiben, dass Deutschland seinen Kohlendioxid-Ausstoß bis 2030 um 65 Prozent statt bisher 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 verringert. Bis 2045 soll die Klimaneutralität erreicht sein. Nötig wurde die Verschärfung, weil das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das erste Klimaschutzgesetz Ende April 2021 in Teilen für verfassungswidrig erklärt hatte. Dem Gericht ging das erste Gesetz, das 2019 beschlossen worden war, nicht weit genug.
(imago / Westend61)Die neuen Klimaziele für Deutschland Die Bundesregierung hat die Klimaziele für Deutschland nachgeschärft. Gründe sind neue EU-Vorgaben sowie das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Welches sind die neuen Ziele, wie sollen sie erreicht werden und welche Kritik gibt es?
Der Klimaforscher Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung, kennt das verschärfte Gesetz – und hält auch das für unzureichend. Im Dlf sagt er unter anderem: „Man ist sehr vage geblieben, es ist wenig Konkretes zu lesen“. Der Grund dafür sei die Bundestagswahl. Offenbar wollte man jetzt niemanden verschrecken. Deswegen habe man hier so ein Larifari-Gesetz verabschiedet, sagte der Klimaforscher.
Das Interview im Wortlaut:
Tobias Armbrüster: Der Bundestag trifft sich heute zur vorletzten Sitzung in dieser Legislaturperiode und er wird dabei aller Voraussicht nach heute eines der folgenreichsten Gesetze der letzten Jahre verabschieden – das verschärfte Klimaschutzgesetz nämlich. Es war hart umstritten zwischen den Koalitionspartnern und es könnte den Alltag in Deutschland in den kommenden Jahren drastisch verändern. Nötig wurde dieses verschärfte Gesetz, weil das Bundesverfassungsgericht das erste Klimaschutzgesetz kassiert hat.
Wir wollen das noch etwas genauer wissen. Am Telefon ist jetzt Mojib Latif, Klimaforscher am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Schönen guten Morgen, Herr Latif.
Mojib Latif: Guten Morgen!
Tobias Armbrüster: Herr Latif, kann dieses Gesetz das Klima schützen?
Mojib Latif: Na ja, schützen schon. Die Frage ist nur in welchem Ausmaß und da ist doch dieses Gesetz weit hinter dem zurückgeblieben, was man eigentlich hätte vereinbaren müssen, um tatsächlich die 65 Prozent dann auch zu schaffen bis 2030, 65 Prozent Reduktion gegenüber 1990. Insbesondere ist man sehr vage geblieben. Wenig Konkretes ist dort zu lesen. Und das Ganze – das verwundert natürlich auch nicht – ist der Bundestagswahl geschuldet. Man möchte jetzt niemanden verschrecken und deswegen hat man so ein Larifari-Gesetz hier verabschiedet.
„Wir brauchen systemische Veränderungen“
Armbrüster: Das ist jetzt eine scharfe Kritik, Larifari-Gesetz. Wo hätten Sie sich denn mehr Konkretes gewünscht?
Latif: Ja! Niemand weiß, wie jetzt der Weg bis 2030 und darüber hinaus aussehen soll. Man hat zwar ein neues Ziel festgelegt, die 65 Prozent, aber wie man da hinkommen soll, das ist völlig unklar. Man hat ein paar kleine Maßnahmen beschlossen wie zum Beispiel, dass es jetzt einfacher ist, Windkraftanlagen etwas zu verstärken. Das heißt, dass man sie zum Beispiel höher bauen kann, dass sie leistungsfähiger werden können. Man hat ein bisschen beim grünen Wasserstoff gemacht, dass der nicht mehr die Erneuerbare-Energien-Umlage zahlen muss. Aber das ist alles viel zu wenig. Wir brauchen systemische Veränderungen und man kann nicht ein bisschen Herumdoktern an dem, was man heute hat. Wir brauchen eine sogenannte Transformation. Wir müssen die Wirtschaft vom Kopf auf die Füße stellen. All das fehlt einfach, zum Beispiel auch die Frage, wo soll eigentlich der grüne Wasserstoff herkommen.
(IMAGO / CHROMORANGE)Deutsches Klimagesetz in Teilen verfassungswidrig Dem deutschen Klimaschutzgesetz fehlen nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts Maßgaben, wie der Treibhausgas-Ausstoß nach 2031 reduziert werden solle. Auslöser für das Urteil waren mehrere Klimaklagen.
„Der Markt wird es nicht regeln“
Armbrüster: Das wäre dann mehr, ich sage mal, staatliche Lenkung, die Sie sich wünschen?
Latif: Absolut! Staatliche Lenkung. Der Markt wird es nicht regeln. Das haben wir ja immer gesehen. Deswegen muss der Staat hier wirklich eingreifen. Ich hätte mir so gewünscht, dass nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil die Politikerinnen und Politiker das auch verstanden haben. Aber genau das, was dort moniert wurde, dass nicht klar ist, wie agiert wird, genau das ist jetzt wieder in diesem Gesetz nachzulesen. Es gibt überhaupt keinen konkreten Plan für die Zeit bis 2030 und danach.
„Wir brauchen einen Zubau an erneuerbarer Energie“
Armbrüster: Was schätzen Sie denn? Was wird in den kommenden Jahren bis 2030 in Deutschland passieren?
Latif: Ich fürchte, dass wir auf eine Ökostromlücke hinauslaufen. Ich glaube, viele haben noch nicht begriffen, dass beispielsweise Wasserstoff enorm energieintensiv ist. Das heißt, wir müssen ihn doch erst einmal erzeugen, und das geht natürlich nicht, indem Sie Kohle verbrennen, sondern das geht nur, indem Sie erneuerbare Energien nutzen. Das heißt, wir brauchen einen enormen Zubau an erneuerbarer Energie, und das ist überhaupt nicht absehbar, dass das tatsächlich in den nächsten Jahren passiert. Deswegen wäre es so wichtig gewesen, auch ein Signal zu setzen und zu sagen, okay, wir steigen jetzt doch früher aus der Kohle aus und bauen jetzt wirklich ganz, ganz stark die erneuerbaren Energien aus. Aber genau das ist dort in dem Gesetz nicht zu sehen und es obliegt jetzt den nachfolgenden Bundesregierungen, da etwas zu tun, insbesondere der nächsten Bundesregierung. Denn eines dürfen wir auch nicht vergessen: Es gibt ja über die EU Sektorenziele. Die muss die Bundesregierung einhalten. Wenn sie es nicht tut, dann drohen doch enorme Strafzahlungen, die Deutschland besser vermeiden sollte.
„Das Ganze muss sozial ausgewogen sein“
Armbrüster: Und genau das ist ja der Punkt. Es drohen Strafzahlungen und – wir haben es gerade im Beitrag gehört – es kommt die CO2-Bepreisung, beziehungsweise die ist schon da. Die wird natürlich auch eine Lenkungswirkung haben. Warum kann man sich nicht darauf verlassen, dass Unternehmen und Menschen wissen, Moment, wenn ich mich jetzt nicht klimakonform verhalte, dann muss ich draufzahlen? Das wird die Leute doch dazu bringen, CO2 einzusparen.
Latif: Ja, im Prinzip ist das schon richtig. Ein CO2-Preis oder die CO2-Bepreisung insgesamt – ob das ein Preis ist oder ob es über den Emissionshandel geht, sei mal dahingestellt – ist das Mittel der Wahl. Aber eins – und das hat die Bundesregierung auch jetzt wieder nicht hinbekommen – ist doch klar: Das Ganze muss doch sozial ausgewogen sein. Auch schon beim ersten Klimaschutzgesetz gab es keine Sozialkomponente. Auch jetzt gibt es wieder keine soziale Komponente. Das wird ja gerade bei den Gebäuden klar, wo die Mieter nicht entlastet werden sollen, und das geht nicht. Wir brauchen doch eine breite Bewegung. Wir brauchen eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung. Wenn die Leute das Gefühl haben, ich werde hier nur abgezockt, insbesondere dann, wenn ich überhaupt selbst nicht mehr weiß, wie ich meine eigene Miete eigentlich bezahlen soll, weil die Mietpreise sind ja nun mal explodiert in vielen Gegenden, dann werden die Leute nicht mitgehen und dann werden sie rebellieren gegen Klimaschutz. Deswegen muss Klimaschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein und natürlich auch die gesellschaftlichen Verhältnisse mitberücksichtigen. Wenn man das nicht tut, dann hat man eigentlich keine Chance, auch Wahlen zu gewinnen. Deswegen hätte ich mir so gewünscht, dass man hier offensiv herangeht, Klimaschutz als Innovationsmotor verkauft und vor allen Dingen auch als Sicherung des Wohlstands. Im Moment haben die Menschen einfach nur Angst und das ist ganz, ganz schlecht, wenn man wirklich einen ambitionierten Klimaschutz betreiben will.
„Klimaschutz ist kein Selbstzweck“
Armbrüster: Herr Latif, geht das denn überhaupt? Kriegen wir diese Klimawende hin, ohne dass wir alle uns einschränken müssen und möglicherweise auch an der einen oder anderen Stelle draufzahlen müssen, dass es für uns etwas teurer und etwas unbequemer wird? Kriegen wir das ohne das hin?
Latif: Na ja. Es ist doch völlig klar, dass es auch positive Aspekte gibt, und diese positiven Aspekte, die werden nie hervorgehoben. Ich möchte nur ein Beispiel nennen. Wenn wir zum Beispiel es hinbekommen, den öffentlichen Nahverkehr so auszubauen und die Bahn so auszubauen, dass die Menschen mit Freude diese Angebote nutzen, dann wird keiner freiwillig pendeln wollen. Das machen die Leute doch nur, weil sie keine andere Möglichkeit haben. Das ist es doch! Wir müssen doch die Angebote liefern und dafür ist doch der Staat da. Dann steigen die Menschen von ganz alleine um. Und noch mal: Die Menschen dürfen nicht das Gefühl haben, abgezockt zu werden. Natürlich kommen jetzt Einnahmen rein und diese Einnahmen müssen einerseits natürlich für die neue Technologie ausgegeben werden. Aber andererseits auch dafür, dass man gerade die Menschen auch entlastet. Wenn es jetzt um Einschränkungen geht – das sind ja nicht immer Einschränkungen; es sind ja auch Dinge, von denen man letzten Endes profitiert. Aber langfristig müssen wir doch sehen: Die nächste industrielle Revolution wird natürlich mit den erneuerbaren Energien zusammenhängen. Wer bei diesen neuen Technologien nicht vorne auf der Lokomotive sitzt, der wird auch ökonomisch das Nachsehen haben. Das Beispiel dafür ist die deutsche Automobilindustrie. Wenn diese Industrie nicht aufpasst, dann wird sie möglicherweise komplett aus Deutschland verschwinden, weil Deutschland einfach zu lange geschlafen hat. Das ist es doch, worum es geht. Wir müssen Deutschland zukunftsfest machen und das ist letzten Endes Klimaschutz. Klimaschutz ist kein Selbstzweck, sondern ist tatsächlich die Sicherung des Wohlstands für dieses Land.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Der Deutschland-Chef des Club of Rome, Mojib Latif, übt vernichtende Kritik am Klimaschutzgesetz, das die Bundesregierung auf Druck des Bundesverfassungsgerichts noch schnell verabschiedet hat.
„Wenig Konkretes ist dort zu lesen. Und das Ganze – das verwundert natürlich auch nicht – ist der Bundestagswahl geschuldet. Man möchte jetzt niemanden verschrecken und deswegen hat man so ein Larifari-Gesetz hier verabschiedet.“ So hart geht Mojib Latif, Präsident der deutschen Sektion des Club of Rome, mit der Bundesregierung und der schwarz-roten Koalition wegen des Klimaschutzgesetzes ins Gericht. Im Deutschlandfunk fand der renommierte Meteorologe klare Worte zu dem Plan, mit dem Berlin den Ausstoß des klimaschädlichen CO2 bis 2030 nun um 65 statt bisher um 50 Prozent reduzieren will.
Vom Kopf auf die Füße
„Niemand weiß, wie jetzt der Weg bis 2030 und darüber hinaus aussehen soll. Man hat zwar ein neues Ziel festgelegt, die 65 Prozent, aber wie man da hinkommen soll, das ist völlig unklar“, so Latif. „Man hat ein paar kleine Maßnahmen beschlossen wie zum Beispiel, dass es jetzt einfacher ist, Windkraftanlagen etwas zu verstärken. Das heißt, dass man sie zum Beispiel höher bauen kann, dass sie leistungsfähiger werden können. Man hat ein bisschen beim grünen Wasserstoff gemacht, dass der nicht mehr die Erneuerbare-Energien-Umlage zahlen muss. Aber das ist alles viel zu wenig. Wir brauchen systemische Veränderungen und man kann nicht ein bisschen Herumdoktern an dem, was man heute hat. Wir brauchen eine sogenannte Transformation. Wir müssen die Wirtschaft vom Kopf auf die Füße stellen. All das fehlt einfach, zum Beispiel auch die Frage, wo soll eigentlich der grüne Wasserstoff herkommen.“
Der Markt wird es nicht regeln
Auf die Frage, ob er sich staatliche Lenkung wünsche, sagte Latif: „Absolut! Staatliche Lenkung. Der Markt wird es nicht regeln. Das haben wir ja immer gesehen. Deswegen muss der Staat hier wirklich eingreifen. Ich hätte mir so gewünscht, dass nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil die Politikerinnen und Politiker das auch verstanden haben. Aber genau das, was dort moniert wurde, dass nicht klar ist, wie agiert wird, genau das ist jetzt wieder in diesem Gesetz nachzulesen. Es gibt überhaupt keinen konkreten Plan für die Zeit bis 2030 und danach.“