Original : hier , bzw. die Site : hier
Wichtig : bis ganz nach unten scrolen … 🙂
Tip von Ingo
(23.07.21) aus tagesspeigel.de , Original : hier
Kritiker sind skeptisch, doch das DIW hat nachgerechnet: Deutschland kann seinen Energiebedarf bald komplett aus erneuerbaren Energien decken. Marion Koch
Ganz auf fossile Brennstoffe, auf Braunkohle, Steinkohle, Erdgas und auch Atomkraft zur Energieversorgung verzichten – das geht offenbar doch. Deutschland könnte seinen Bedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien decken, wenn das Ausbautempo bei Wind- und Solarenergie stark gesteigert wird, ergeben Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.
Das gab die Energieökonomin Claudia Kemfert, Leiterin der DIW-Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt, bekannt. Möglich werde das in zehn bis 15 Jahren nicht nur für die Stromnachfrage, sondern für die gesamte Energienachfrage.
„100 Prozent erneuerbare Energien sind technisch möglich und ökonomisch effizient“, sagte Kemfert. Für die aktuelle Studie berechneten die Wissenschaftler Szenarien einer Vollversorgung auf der Grundlage von Photovoltaik, Windkraft an Land und auf See und anderen erneuerbaren Energien.
Das Thema wird kontrovers diskutiert. Weil Deutschland seine Klimaziele erreichen muss, bis Ende 2022 aus der Atomkraft aussteigt und bis spätestens 2038 Schritt für Schritt aus der Kohle, geht es um die Frage, woher der Strom dann kommen soll – und ob die erneuerbaren Energien den kompletten Bedarf decken.
Laut der DIW-Studie würde zwar der Trend zur Elektrifizierung stark steigen und dadurch auch mehr Strom gebraucht. Die Wissenschaftler gehen von über 1000 Terrawattstunden aus, im Jahr 2018 lag der Bedarf bei 500 Terrawattstunden. Der gesamte Energieverbrauch sei aber mit 1200 Terrawattstunden weniger als halb so hoch wie 2018, als er bei 2600 Terrawattstunden gelegen habe.
Zwei Szenarien haben die Forscher entwickelt: Beide fußen auf einem Erzeugungsmix erneuerbarer Energien in ganz Europa
….
Wichtig dabei sei, dass das Potenzial für erneuerbare Energien in allen Regionen vorhanden sei. Es werde bisher nur sehr ungleich genutzt, sagt DIW-Forschungsdirektor für internationale Infrastrukturpolitik und Industrieökonomie, Christian von Hirschhausen. https://cdn.podigee.com/podcast-player/podigee-podcast-player.html?id=pdg-fcb8be2&iframeMode=script
Die Vollversorgung sei dadurch nicht gefährdet. Darauf ließen Berechnungen schließen, bei denen die Forscher:innen Stromerzeugung und Stromverbrauch im Winter zum Zeitpunkt der niedrigsten Einspeisung von Sonnen- und Windenergie gegenüberstellten. „Hohe Anteile fossiler Erdgasverstromung im Netzentwicklungsplan für Deutschland sind die Schatten einer Energiepolitik von gestern“, sagt Kemfert.
Malte Küper vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln sieht die Studie indes kritisch: „Das DIW hat Potenziale beleuchtet, die tatsächliche Umsetzung bei gleichzeitigem Erhalt der Versorgungssicherheit ist aber sehr ambitioniert, zumal allein die Anzahl der neuen Windräder in den letzten Jahren viel zu langsam gestiegen ist“, erklärt der IW-Referent für Energie auf Anfrage.
Auch den Verzicht auf außereuropäische Importe von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen hält Küper in Anbetracht der benötigten Mengen nicht für sinnvoll, da hier große Potenziale ungenutzt blieben. Das Ausbautempo bei Wind- und Solarenergie allerdings müsse tatsächlich stark zulegen.
Die fossile Stromversorgung hat weltweit ihren Zenit bereits im Jahr 2018 überschritten. Das besagt eine Studie zweier Nichtregierungsorganisationen, die auch am Mittwoch vorgestellt wurde.
Menschgemachter Klimawandel Solar- und Windenergie könnte die Sahara feuchter machen Roland Knauer
Weil Sonnen- und Windenergie immer weniger koste, würden viele Entwicklungsländer Kohle und Gas beim Ausbau ihrer Energieversorgung quasi überspringen, erklärten die britische Initiative Carbon Tracker und das indische Institut CEEW. Grundlage der Untersuchung sind die Daten und Prognosen der Internationalen Energieagentur IEA und der OECD. mit AFP/dpa
Tip von Ingo
(20.07.21) , ZDF , Original : hier ; bzw. direkt von MediaThekView : hier
Dramatische Bilder: Bei der Hochwasserkatastrophe im Westen und Süden Deutschlands haben mehr als 150 Menschen ihr Leben verloren. Werden solche Wetterextreme angesichts der Klimakrise zum Normalfall?
31 min Verfügbarkeit: Video verfügbar bis 20.07.2026
Professor Harald Lesch geht in der Sondersendung den Fragen nach, die sich jetzt stellen: Was ist über die Ursachen der Flutkatastrophe bekannt, und was ist in der Zukunft zu erwarten? Und er holt sich Expert*innen ins Studio: Klimaforscherin Professor Friederike Otto von der Universität Oxford und Professor Christian Kuhlicke vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung.
Terra X –
Klimawandel und Klimaforschung
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Klimaneutrales Europa – aber wie?
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Leschs Kosmos – Klima im Wandel – Keiner stirbt für sich …
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Wie viel Grün braucht der Blaue Planet?
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Steigende Pegel – Wenn das Wasser kommt
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Terra X –
Wetter und aktuelle Klimaforschung
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In verschiedenen Regionen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und auch im Süden, etwa im Berchtesgadener Land, herrscht vielerorts der Ausnahmezustand. Gegenden, in denen niemand eine Katastrophe solchen Ausmaßes vermutet hätte. Wieso hatte der Starkregen gerade in diesen Gebieten solche Auswirkungen? Heftige Unwetter und langanhaltender Starkregen mit Niederschlagsmengen von über 180 Litern pro Quadratmeter wurden gemessen. Damit gab es an einem einzigen Tag mehr als doppelt so viel Regen wie sonst in einem ganzen Monat. Das Problem war die sogenannte Trogwetterlage: Drei aufeinanderfolgende Tage bleibt das Wetter unverändert. Das ist kein neues Phänomen, doch bis Ende der 1960er Jahre trat eine solche Trogwetterlage durchschnittlich an 14 Tagen im Jahr auf. Seit 1970 hat sich die Anzahl der Tage auf etwa 28 Tage verdoppelt.
In den betroffenen Regionen spielten auch die topographischen Bedingungen eine große Rolle. Wenn 150 Liter in bergigen Landschaften niedergehen und die Hänge runter rauschen, dann kann ein kleiner Fluss fünf bis sieben Meter anschwellen und schnell zu einem lebensgefährlichen Strom werden. Das Wasser ist dann kaum zu bewältigen. Vor allem weil die Böden zum Teil kaum Wasser aufnehmen können. Täglich werden 52 Hektar als Siedlungs- und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Seit 1992 ist der Anteil versiegelter Flächen in Deutschland um 20 Prozent gestiegen. Manche Gegenden wirken auf den ersten Blick naturbelassen. Doch rund die Hälfte der gesamten Fläche ist geprägt von der Landwirtschaft. Rollen Fahrzeuge oder Maschinen über die Felder, wird je nach Gewicht Druck auf die Böden erzeugt. Dadurch werden die Bodenpartikel dichter zusammengedrückt, die Böden so sehr verdichtet, dass Regenwasser und Wasseransammlungen nicht mehr richtig versickern können. So können Landschaften, denen man es auf den ersten Blick nicht ansieht, zu Katastrophengebieten werden.
Seit wir Menschen fossile Brennstoffe im Megamaßstab verheizen, haben wir etwa zwei Billionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre gepustet. Ein großer Teil ist wieder aus der Luft verschwunden. Denn ein Viertel des vom Menschen freigesetzten CO2 haben die Meere aufgenommen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die einzellige Alge Emiliania huxleyi, die gigantische Algenblüten bildet: Sie panzert sich mit Kalkplättchen, in denen Kohlenstoff gebunden ist. Sterben die Algen ab, sinken sie samt ihrer „Rüstung“ auf den Meeresgrund. Dabei entziehen sie der Atmosphäre viele Gigatonnen CO2 pro Jahr. Doch C02 in Verbindung mit Wasser bildet Kohlensäure. Dadurch wurden die Ozeane in den vergangenen 50 Jahren um fast 30 Prozent saurer. Versauerte Ozeane bedrohen Korallen, Fische und Kleinstlebewesen – und auch die Alge Emiliana selber. Die Folge: Sie vermehrt sich schlechter und bildet keine Algenblüten mehr. Das heißt, die Ozeane sind in ihrer Funktion als CO2-Puffer, also als Klimawandelbremse, deutlich geschwächt.
Dauerregen, der sich oft wochenlang hält, extreme Kälteeinbrüche oder – wie gerade entlang der Westküste der USA – Hitzerekorde mit verheerenden Folgen. Das Wetter spielt weltweit immer häufiger verrückt. Extremwetter scheinen zur Regel zu werden.
Forschende gehen davon aus, dass die Extremwetterlagen etwas mit dem Höhenwind, dem Jetstream, zu tun haben. Er zirkuliert an der Grenze zwischen Troposphäre und Stratosphäre in acht bis zwölf Kilometern Höhe und erreicht dabei Geschwindigkeiten von bis zu 500 Kilometern pro Stunde. Seit Jahren schon beobachten Forschende, dass der Jetstream schwächer wird und dadurch instabil. Die Ursache sehen sie in der rasanten Erwärmung der Arktis. Wenn das Eis schmilzt, wird von den dunklen Flächen mehr Sonnenlicht absorbiert. Seit 1971 hat sich die Polarregion dreimal schneller als der Rest der Erde erwärmt. In der Folge verringert sich der Temperaturunterschied zwischen Arktis und Tropen, der Jetstream verliert an Kraft. Er beginnt zu mäandern. Dadurch kann beispielsweise heiße Saharaluft bis weit in den Norden vordringen. Im Sommer 2019 war sie verantwortlich für den Hitzerekord in Deutschland. Auch die aktuelle Flutkatastrophe sehen Forschende im Zusammenhang mit dem geschwächten Jetstream. Expertinnen und Experten warnen, dass wir in Zukunft häufiger mit Extremwettern jeglicher Art rechnen müssen.
Die Prognosen, wie sich die globale Durchschnittstemperatur in Zukunft verändert, wenn wir so weitermachen wie bisher, sind alarmierend: Laut Weltklimarat könnte die Erwärmung um 1,5 Grad Celsius im Jahr 2030 erreicht sein, und um zwei Grad schon etwa 15 Jahre später. Welchen Unterschied auch nur ein halbes Grad mehr macht, haben Forschende ermittelt. Hier vier Beispiele:
In der niederländischen Küstenmetropole Rotterdam müssen die Menschen ständig mit Hochwasser rechnen. 80 Prozent der Stadt liegen unter Meeresniveau. Das Risiko einer Überflutung ist hier allgegenwärtig. Doch der größte europäische Hafen ist mit einem umfassenden Hochwasserkonzept gesichert. Und auch im Rest der Stadt gibt es viele kleine und flexible Hochwasserlösungen. Alles ist auf die Macht des Wassers ausgerichtet. Auch auf die Wassermassen aus der Luft. Bei Trockenheit ist der Benthemplein bei Schülern einer angrenzenden Schule ein beliebter Spielplatz. Doch bei Starkregen wird die Fläche zu einem großen Rückhaltebecken. Später lässt man das aufgestaute Wasser von hier in den Hafen ablaufen. Auch jeder Quadratmeter, der nicht mit Beton versiegelt ist, hilft beim Hochwasserschutz. Immer mehr Dächer werden in Rotterdam bepflanzt. Bei Starkregen wird so das Wasser aufgenommen und dann nur noch zum Teil und vor allem erst viel später in die Kanalisation abgegeben. Ganz Rotterdam ist ein einziges großes Wasserlabor. Unzählige Pilotprojekte wurden hier entwickelt. Niederländische Architekten sind berühmt dafür, dass sie ständig auf der Suche sind nach neuen Formen des Wohnens am Wasser. Sogar ganze Siedlungen haben sie schon aus schwimmenden Häusern gebaut. Die Gebäude sind nicht nur hochwassersicher, sie schaffen auch neue Flächen. Eine Antwort auf den steigenden Platzbedarf in den großen Küstenstädten der Welt.
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(20.07.21) WDR 5 Morgenecho – Kommentar , Original : hier
Verfügbar bis 20.07.2022. WDR 5. Von Katharina Wilhelm.
Drei US-Milliardäre liefern sich ein Weltraumrennen. Es gehe darum, einen Plan B zur Erde zu finden. Das sei zynisch, kommentiert Katharina Wilhelm. Denn in der Klimakrise seien die Milliardäre und ihre Unternehmen Teil des Problems.
Sammlung in unserem PresseArchiv : Presse ==> PresseSpiegel zu Bochum
und bei den Leserbriefen : Presse ==> Leserbriefe
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(13.10.20 , Wuppertal Institut , Original : hier )
Die Gletscher schmelzen, die Meeresspiegel steigen, Hitzewellen und Starkregen nehmen zu: Die Folgen des Klimawandels sind weltweit sicht- und spürbar und das Zeitfenster zum Handeln verkleinert sich. Um die weltweiten Auswirkungen des Klimawandels deutlich zu begrenzen, muss der Ausstoß von Treibhausgasen auf der Erde drastisch reduziert werden. Die von der internationalen Staatengemeinschaft im Jahr 2015 in Paris beschlossene Vereinbarung gibt das Ziel vor, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius, möglichst aber auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Nun legte das Wuppertal Institut eine Studie mit möglichen Eckpunkten vor, die helfen können, das 1,5-Grad-Ziel bis 2035 zu erreichen. Die Studie zeigt, dass ein klimaneutrales Energiesystem bis 2035 zwar sehr ambitioniert, aber grundsätzlich machbar ist; sofern alle aus heutiger Sicht möglichen Strategien gebündelt werden. Notwendig dafür ist vor allem ein Vorziehen und Intensivieren von Maßnahmen, die in vielen Studien als notwendig beschrieben werden, um Treibhausgasneutralität bis 2050 zu erreichen.
Um einen angemessenen Beitrag für das Erreichen der 1,5-Grad-Grenze leisten zu können, wird Deutschland bis etwa 2035 auf ein klimaneutrales Energiesystem umstellen müssen. Die Forschenden des Wuppertal Instituts haben in der Studie “CO2-neutral bis 2035: Eckpunkte eines deutschen Beitrags zur Einhaltung der 1,5-°C-Grenze” untersucht, welche Transformationsschritte und -geschwindigkeiten notwendig sind, um dieses Ziel zu erreichen. Die Studie, die das Forscherteam mit finanzieller Unterstützung der GLS Bank für Fridays for Future Deutschland erarbeitet hat, stellten sie heute in Berlin während einer Pressekonferenz vor. Ergebnis der Studie: Ein klimaneutrales Energiesystem bis 2035 ist zwar sehr ambitioniert, aber grundsätzlich machbar, sofern alle aus heutiger Sicht möglichen Strategien gebündelt werden.
Das im vergangenen Jahr beschlossene Klimaschutzgesetz der Bundesregierung sieht vor, dass Deutschland bis 2050 treibhausgasneutral wird. Dies ist allerdings nicht vereinbar mit einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) geht davon aus, dass in Deutschland CO2-Neutralität schon bis etwa 2035 erreicht werden muss, wenn ein angemessener Beitrag zum globalen 1,5-Grad-Ziel geleistet werden soll. Die über CO2 hinausgehenden Treibhausgasemissionen müssen danach ebenfalls sehr schnell sinken. Der SRU legt dabei zugrunde, dass die Pro-Kopf-Emissionen weltweit gleich verteilt werden und Deutschland keinen überproportionalen Anteil beanspruchen darf. Doch wie lässt sich dieses Ziel noch rechtzeitig erreichen? Hierzu versucht die Studie Diskussionsimpulse zu geben.
“Um eine Chance zu haben, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, müssten die deutschen Emissionen insbesondere in den kommenden fünf Jahren – und damit vor allem in der nächsten Legislaturperiode – dramatisch abnehmen” mahnt Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts.
“Ein fairer Beitrag zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze kann nur noch geleistet werden, wenn die kommende Bundesregierung die Transformation des Energiesystems als Kernthema angeht und ihre Politik konsequent auf das Ziel eines klimaneutralen Energiesystems bis 2035 ausrichtet. Ohne schnelle CO2-Emissionseinsparungen und eine Priorisierung von Klimaschutz in allen Politikbereichen dürfte das nicht zu schaffen sein”, betont Dr. Sascha Samadi, Mitautor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Zukünftige Energie- und Industriesysteme am Wuppertal Institut.
Um das 1,5-Grad-Budget einzuhalten, sind unter der Voraussetzung weltweit gleicher Pro-Kopf-Emissionen CO2-Minderungen von mindestens minus 60 Prozent bis 2025 und mindestens minus 85 Prozent bis 2030 (jeweils gegenüber 1990) erforderlich. Denn entscheidend dafür, die Risiken und Auswirkungen des Klimawandels erheblich verringern zu können, sind die kumulierten Emissionen. Eine gleichmäßige, lineare Minderung bis 2035 ist dafür allerdings nicht ausreichend (siehe Grafik).
Die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr und Gebäude im Fokus
In ihrer Studie untersuchten die Forschenden des Wuppertal Instituts auf der Basis bestehender Energieszenarien und weitergehender Überlegungen, wie sich CO2-Neutralität besonders in den Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr und Gebäude bereits bis 2035 umsetzen ließe. Dafür sind aus ihrer Sicht unter anderem folgende Maßnahmen erforderlich:
In der Energiewirtschaft müssten die Ausbauziele der Bundesregierung von Wind- und Solarenergie insgesamt mindestens 25 Gigawatt pro Jahr betragen – mehr als eine Verdopplung gegenüber den aktuellen Zielen der Regierung.
In einigen energieintensiven Industriebranchen erreicht rund die Hälfte der Industrieanlagen in den kommenden zehn Jahren das Ende ihrer vorgesehenen Lebensdauer.
“Auch, wenn möglicherweise noch Unsicherheiten über die langfristig beste Lösung bestehen, muss der Aufbau der Infrastruktur für eine klimaneutrale Industrie schon heute beginnen. Andernfalls reicht die Zeit für den Umbau gegebenenfalls nicht aus. Daher müssen jetzt Entscheidungen getroffen werden und die Umsetzung sehr schnell beginnen”, betont Dr. Georg Kobiela, ebenfalls Mitautor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Zukünftige Energie- und Industriesysteme am Wuppertal Institut.
Der Verkehr in Deutschland muss für die Zielerreichung CO2-Neutralität bis 2035 erheblich verringert werden. Verantwortlich für den hohen Energiebedarf ist maßgeblich der Auto- und Lkw-Verkehr. Im Vergleich zur Bahn benötigt ein Auto mit Verbrennungsmotor das 4,8-fache an Energie pro Kilometer und Person, ein Lkw sogar das 5,6-fache pro Tonne und Kilometer gegenüber der Güterbahn. Den Verkehr betreffende Schritte sind insbesondere:
Im Gebäudebereich ist eine massive und nie dagewesene Steigerung der energetischen Sanierungsrate auf eine Höhe von etwa 4 Prozent pro Jahr notwendig – aktuell liegt die Rate bei lediglich rund 1 Prozent.
Die skizzierten Szenarien zur Zielerreichung bis 2035 erfordern in allen Sektoren die parallele Umsetzung vielfältiger Maßnahmen. Sie stellen jeweils für sich stehend schon große Herausforderungen dar und erfordern beispiellose politische Anstrengungen. Auch Unternehmen müssen bereit sein und die Möglichkeit haben, den Transformationsprozess mitzugestalten – ohne die globale Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen. “Um die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, ist vor allem aber die breite Zustimmung der Gesellschaft notwendig. Dafür muss der Transformationpfad gerecht ausgestaltet und soziale Aspekte berücksichtigt werden”, betont Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick.
Pressemitteilung
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
VisdP: Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer
Kontakt: Christin Hasken, Leitung Kommunikation
E-Mail: christin.hasken@wupperinst.org
CO2-Emissionspfad
Die Grafik zeigt den beispielhaften CO2-Emissionspfad zur Einhaltung des deutschen 1,5-Grad-Budgets bis 2035, inklusive des Zielpfads der Bundesregierung. Quelle: Wuppertal Institut auf Basis des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU), 2020
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© 2021 Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Tip von Ingo
(16.07.21, Bilder eigene BG , WAZ , )
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Nie war die Ruhr in Bochum so hoch wie am Donnerstag. Am Tag danach ist die Lage nur etwas entspannt. Viele Bilder des Jahrhunderthochwassers.
Der Pegel der Ruhr in Bochum hat am Donnerstag die Marke von sieben Meter gerissen — der höchste Stand, der je gemessen wurde. ‟Eine solche Hochwasserlage in unserem Einzugsgebiet hatten wir seit den 1960er Jahren nicht mehr,” so eine Sprecherin des Ruhrverbandes. Starkregen Hochwasser in Bochum: Trinkwasserversorgung nicht gefährdet
Um wie viele Zentimeter der Ruhrpegel die Sieben-Meter-Marke genau überschritten hat, war am Donnerstag noch nicht zu ermitteln. Mitarbeiter vom Ruhrverband vor Ort konnten den Pegel nicht ablesen, da die Pegellatte komplett unter Wasser war.
In Bochum wurden viele Häuser geflutet, sie stehen gerade in Dahlhausen zum Teil bis zum Erdgeschoss unter Wasser. Unsere Redaktion war vor Ort — und hat viele Bilder mitgebracht. Leichte Entwarnung gab es am Freitag. Der Pegelstand beträgt etwa sechs Meter.
weitere WAZ-Infos :
https://www.waz.de/staedte/bochum/hochwasser-rund-um-die-schwimmbruecke-id232806867.html
Hochwasser in Bochum : Häuser können noch nicht abgepumt werden
Tip von Brigitte
(16.07.21, deutschlandradio , Original : hier )
Sind diese Starkregenfälle noch ein Teil der bisher üblichen Wetter-Varianz, und welchen Anteil hat die Klimaerwärmung? Das Science Media Center hat Aussagen von Wissenschaftlern zusammengetragen.
Forschungsgruppenleiter, Geographisches Institut, Humboldt-Universität zu Berlin, und Head of Climate Science, Climate Analytics
„Im Jahre 2021 stellt sich nicht mehr die Frage, ob der Klimawandel dazu beigetragen hat. Die Frage ist nur noch, wieviel. Wir wissen, dass es aufgrund der Erwärmung zu einer Zunahme von Starkregen kommt und damit auch leider zu häufigeren, verheerenden Flutereignissen wie tragischerweise jetzt in Westdeutschland, Belgien und Luxemburg. Gleichzeitig nehmen Wetterlagen zu, die zu solchen Extremwetterereignissen führen.“
leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Klimaphysik, Institut für Klima und Atmosphäre, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Schweiz
„Es ist nach wie vor sehr schwierig, Einzelereignisse kausal auf den Klimawandel zurückzuführen. Das dürfte auch für den aktuellen Starkregen gelten. Jedoch kann die Attributionsforschung mittlerweile in vielen Fällen aufzeigen – zum Beispiel für viele Hitzeereignisse und Starkregen –, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten solcher Ereignisse, wie auch häufig die Intensität solcher Ereignisse, durch den Klimawandel zunehmen. Das ist auch durch physikalische Gesetzmäßigkeiten und Analysen von Trends in Beobachtungsdaten vielfach belegt. In der Attributionsforschung konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass Starkregenereignisse im Mai und Juni 2016 in Frankreich, die zu Überschwemmungen an der Seine und Loire führten, durch den Klimawandel etwa doppelt so häufig auftreten. Dennoch kann dies nicht für jedes Ereignis gezeigt werden, denn beispielsweise für Starkregen im Mai und Juni 2013 an Elbe und Donau konnte kein signifikanter Einfluss gezeigt werden. Für das aktuelle Ereignis gibt es noch keine solche Studie. Pro ein Grad Celsius Temperaturerhöhung kann die Atmosphäre etwa sieben Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Diese durch Erwärmung zusätzliche Feuchte führt daher in der langfristigen Tendenz zu höheren Niederschlagsmengen, insbesondere bei Starkregen. Es ist daher aufgrund dieser einfachen physikalischen Gesetzmäßigkeit davon auszugehen, dass langfristig in den mittleren Breiten Starkregenereignisse zunehmen, obwohl auch die natürliche Variabilität bei Niederschlagsereignissen sehr groß ist – was unter anderem bei potenzieller Zuordnung zum Klimawandel berücksichtigt werden muss. Diese langfristige Zunahme von Starkregenereignissen ist vielfach in Beobachtungsdaten belegt. Abgesehen von der Zunahme von Starkregenereignissen ist insbesondere eine Zunahme von Hitzewellen zu erwarten.“
Arbeitsgruppe Großräumige Dynamik und Vorhersagbarkeit, Institute für Meteorologie und Klimaforschung – Department Troposphärenforschung, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Eggenstein-Leopoldshafen
„In der Nacht zu Donnerstag, 15. Juli 2021, gingen Regenmengen von mehr als 150 Litern pro Quadratmeter in kurzer Zeit über Teilen von Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Belgien, Luxemburg, und Nordfrankreich nieder. Wettervorhersagemodelle hatten dieses Ereignis seit Tagen angedeutet und bereits drei Tage im Voraus zeichneten sich für die betroffenen Regionen sehr hohe Niederschlagsmengen ab. Entsprechend warnte der Deutsche Wetterdienst frühzeitig vor extremem Niederschlag und Hochwasser. Leider konnte dennoch insbesondere in den westdeutschen Mittelgebirgsregionen eine Flutkatastrophe nicht abgewendet werden und es sind viele Todesopfer und Sachschäden zu beklagen. Besonders betroffen ist die Eifel, wo beispielsweise der Pegel der Ahr in Altenahr die bisherige Rekordmarke von 3,71 Metern vom Juni 2016 um mehr als 2 Meter übertraf, bis die Messung bei 5,75 Metern ausfiel. Meteorologisch führten verschiedene Faktoren zu den enormen Niederschlagsmengen. Eingebettet in eine stark ausgelenkte Höhenströmung und festgehalten von stationären Hochdruckgebieten über dem Atlantik und Nordosteuropa wurde Tief ‚Bernd‘ in den letzten Tagen nahezu ortsfest über Mitteleuropa. Zunächst steuerte das Tief aus dem Mittelmeerraum sehr feuchte und warme Luft nach Deutschland und löste bereits am Wochenende vielerorts lokalen Starkregen und Hagelunwetter aus. Von Westen wurde gleichzeitig kühlere Atlantikluft herangeführt. Am Mittwoch steuerte Tief ‚Bernd‘ nun die warme Mittelmeerluft von der Nordsee und Osteuropa her zurück nach Süden wo sie über Westdeutschland und Benelux über die kühlere Luftmasse südwärts aufstieg, was zu den extremen Niederschlagsmengen führte. Zusätzlich waren die Böden in Mitteleuropa aufgrund der Niederschläge in den letzten Wochen gesättigt. Das stark gegliederte Gelände der betroffenen Region mit teils tief eingeschnittenen Flusstälern verstärkte weiterhin den Oberflächenabfluss. All diese Faktoren führten zusammengenommen letztlich zur verheerenden Flutkatastrophe von Juli 2021.
Zwangsläufig stellen sich die Fragen, wie ungewöhnlich das Ereignis war, ob es mit dem Klimawandel zu tun hat, und ob man sich in Zukunft verstärkt auf solche Extremereignisse einstellen muss. Von Extremereignissen spricht man, wenn eine Kenngröße, wie zum Beispiel die Niederschlagsmenge, am Rande des Spektrums vergangener Messwerte liegt – zum Beispiel im oberen Prozent der je aufgetretenen Messwerte – oder bisher gemessene Werte sogar überschreitet. Das aktuelle Ereignis lag für viele Kenngrößen außerhalb jeglicher bisheriger Beobachtungen. Die sehr hohen Niederschlagsmengen in kurzer Zeit, das relativ große betroffene Gebiet und die hohen Abflussmengen kleiner und mittlerer Bäche und Flüsse sind extrem. Vergleichbare Wetterlagen betrafen in der Vergangenheit eher das Erzgebirge und die Alpen. Doch sollte das Augenmerk auf dem hohen Wassergehalt der Luftmasse im Kontext der Klimaerwärmung liegen. Der Wassergehalt erreichte Werte, die statistisch gesehen nur alle 40 Jahre zu erwarten sind. Physikalische Gesetze sagen uns, dass wärmere Luftmassen mehr Wasserdampf speichern können – in etwa 7 Prozent mehr pro Grad Celsius Erwärmung. Dieser steht dann für Niederschlag zur Verfügung. Dies verändert die Stärke möglicher Niederschlagsereignisse, so dass auch bisher unbeobachtete Extremniederschläge möglich werden. Dabei können in Zukunft bei entsprechenden meteorologischen Faktoren die kurzfristigen Extremniederschläge auch mehr als 7 Prozent ansteigen.
Daher ist es so, dass wir vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung generell bei uns mit mehr und stärkeren Extremereignissen rechnen müssen. Dies betrifft nicht nur Starkregenereignisse, sondern auch Hitze- und Dürreperioden. Denn wäre die Höhenströmung einige tausend Kilometer nach Westen verschoben, würden wir jetzt eine Hitzewelle erleben wie gerade in Nordosteuropa oder bei uns in den letzten Jahren. Und auch solche Hitzewellen werden vor dem Hintergrund der Klimaerwärmung extremer als bisher beobachtet. Dass ortsfeste Wettermuster – wie zuletzt häufig beobachtet – durch den Klimawandel verstärkt auftreten, wird von vielen Expert*innen vermutet und ist gegenwärtig Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Forschung.“
Geschäftsführende Direktorin des Environmental Change Institute (ECI), und Associate Professor, Climate Research Programme, University of Oxford
„Bei den extremen Niederschlägen, die wir in den letzten Tagen in Europa erleben, handelt es sich um Extremwetter, deren Intensität sich durch den Klimawandel verstärkt und mit zunehmender Erwärmung weiter verstärken wird. Das wissen wir sowohl aus der Physik als auch von Beobachtungen und Klimaprojektionen. Allerdings ist die Erhöhung der Häufigkeit des Auftretens solcher Starkregenfälle geringer als bei Hitzeextremen. Dass derartige Starkregenfälle so dramatische Konsequenzen haben, liegt zu einem großen Teil an der Versiegelung der Böden.“
Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Erdsystem-Modellierung: Biogeochemische Kreisläufe, Institut für Klima und Umweltphysik (KUP), Universität Bern, Schweiz
„Schon vor mehr als zehn Jahren hat die Klimaforschung vorausgesagt, dass extreme Niederschläge mit dem Klimawandel stärker ausfallen und häufiger vorkommen werden. Das hängt vor allem damit zusammen, dass eine wärmere Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen kann, welcher dann bei einem Niederschlagsereignis als Regen fällt. In den letzten Jahren konnte man diesen Zusammenhang auch von Beobachtungsdaten ableiten und damit die Theorie bestätigen. In der Zukunft werden solche Starkniederschläge also noch extremer werden, solange wir weiterhin CO2 ausstoßen.“
Professor im Fach Physik der Ozeane, Leiter des Forschungsbereiches Erdsystemanalyse, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Potsdam
„Das Wettergeschehen ist heute immer ein Zusammenspiel aus dem üblichen Wetterzufall und den veränderten Randbedingungen durch die stark erhöhte Treibhausgasmenge in unserer Atmosphäre. Bei Hitzerekorden sind manche derart extrem, dass sie ohne Erderwärmung praktisch unmöglich wären, wie jüngst im Westen Nordamerikas. Bei Niederschlagsextremen ist die Zunahme noch nicht so groß, weil die natürlichen Schwankungen im Vergleich zum Effekt der Erderwärmung stärker sind. Man kann daher nicht sagen, ob dieses Ereignis eine Folge der Erderwärmung ist, aber man kann festhalten, dass derartige Ereignisse durch die Erderwärmung häufiger werden.
Schon vor über 30 Jahren haben Klimamodelle vorhergesagt, dass Extremniederschläge häufiger werden, während Tage mit schwachem Regen seltener werden. Das ist eine Folge der Physik: Pro Grad Erwärmung kann die Luft sieben Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen und dann auch abregnen. Weil mehr Wasser an starken Regentagen fällt, bleibt weniger für den Rest der Zeit. Denn der Wasserdampfnachschub durch Verdunstung nimmt nur um zwei bis drei Prozent pro Grad Erwärmung zu und kann daher die Zunahme um sieben Prozent pro Grad nicht ausgleichen. Die Zunahme der Starkregen und Abnahme von Tagen mit schwachem Regen ist inzwischen auch in den Messdaten gut nachgewiesen, vor allem in den mittleren nördlichen Breiten, zu denen auch Deutschland gehört.
Ein weiterer in der Forschung viel diskutierter Effekt ist die Abschwächung der Sommerzirkulation der Atmosphäre, die zu weniger Wetterwechsel und länger anhaltenden Wetterlagen führt – so werden ein paar heiße Tage zur Hitzewelle, ein ‚steckengebliebenes‘ Tief führt zu Dauerregen. Das hat mit der Tatsache zu tun, dass die Arktis sich in den letzten Jahrzehnten dreimal so stark erwärmt hat wie der Rest der Erde. Dadurch schwächt sich das Temperaturgefälle von den Subtropen zum Pol ab, das die typische Luftbewegung von Westen nach Osten in den mittleren Breiten antreibt.“
Leiter der Forschungsgruppe Regionales Klima, Associate Professor Wegener Center für Klima und Globalen Wandel, Karl-Franzens-Universität Graz, Graz
„Das Unwetter wurde durch Tief Bernd ausgelöst, das feuchte und warme Luft nach Deutschland gebracht hat. Zudem ist das Tief sehr stabil und nur langsam weitergezogen, sodass die starken Regenfälle vor allem auch sehr langanhaltend waren. Laut dem Deutschen Wetterdienst hat es eine vergleichbare Wetterlage zuletzt vor 15 Jahren gegeben. Solche Wetterlagen treten ganz natürlich auch ohne Klimawandel auf, und auch ohne Klimawandel wären die Niederschläge heftig gewesen. Allerdings kann wärmere Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Man kann deshalb davon ausgehen, dass der Klimawandel die Niederschläge gestern um sicher 10 bis 20 Prozent verstärkt hat.“
Auf die Frage, ab wann man von einem Extremwetter-Ereignis spricht, wodurch diese zustande kommen und wie genau man diese auf den Klimawandel zurückführen kann: „Eine genau definierte Grenze gibt es nicht. Man beschreibt die Stärke eines Extremereignisses durch die Jährlichkeit: Alle wie viel Jahre erwartet man im Mittel ein vergleichbares Ereignis? Je nachdem, wer oder was betroffen ist, können unterschiedliche Jährlichkeiten relevant sein: Die Kanalisation ist häufig auf Jährlichkeiten von wenigen Jahren ausgelegt, ein Damm sollte einem 100-Jahres-Ereignis standhalten, ein Kernkraftwerk einem 10.000-Jahres-Ereignis.
Extremereignisse entstehen meist durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, zum Beispiel eine auslösende Wetterlage, dazu besonders feuchte und warme instabile Luft, vielleicht auch ein mit Wasser gesättigter Boden, und vielleicht eine zufällig sehr ungünstige Lage: Vor einigen Jahren gab es in Schleswig-Holstein eine Konvergenzlinie, an der feuchte Luft aufgestiegen ist und sich abgeregnet hat. Dummerweise ist das genau über einer Senke passiert, in der sich alles Wasser gesammelt hat. Der Ort Gelting wurde damals überflutet. Der Klimawandel beeinflusst vor allem alle Faktoren, die direkt an die Temperatur gekoppelt sind: Starkniederschläge können stärker werden, weil mehr Luftfeuchte zur Verfügung stehen kann, Hitzewellen werden heißer und Dürren trockener, weil der Boden stärker austrocknen kann. Starkniederschläge können um 7 bis 14 Prozent pro Grad globaler Erwärmung intensiver werden. Aber der Klimawandel kann prinzipiell auch die Häufigkeit und Dauer von Wetterlagen beeinflussen, die Extremwetter auslösen. Wie stark dieser indirekte Einfluss ist, und ob der tatsächlich verstärkend wirkt, ist aber noch unklar.“
Auf die Frage, inwiefern Extremwetter-Ereignisse in naher Zukunft zunehmen werden und welche besonders zu erwarten sind: „Auch hier gilt: Die an die Temperatur gekoppelten Effekte werden relativ schnell spürbar stärker werden. Hitzewellen werden heißer werden, Dürren trockener, Starkregen intensiver. Ihre Häufigkeit und Dauer sind aber sehr stark von natürlichen Klimaschwankungen bestimmt, die in den nächsten Jahrzehnten den Klimawandel überlagern. Es ist deshalb unklar, ob Dürresommer wie der von 2018, Hitzewellen wie die aktuell in Kanada oder Starkregen wie der in NRW in den nächsten 20 bis 30 Jahren häufiger werden. Doch wenn sie auftreten, werden sie heftiger ausfallen.“
Diese Nachricht wurde am 16.07.2021 im Programm Deutschlandfunk gesendet.
Tip von Ingo