“Das dichteste Luftmessnetz, das wir kennen” (Luftverschmutzung)

Unsere Luft soll dauerhaft besser werden – nicht nur im Corona-Lockdown. Dafür testet Breeze Technologies in Hamburg ein besonderes Messnetz. Ein Bericht von Werner Pluta veröffentlicht am 8. Mai 2020, 12:00 Uhr bei golem.de

Stickoxide, Kohlendioxid, Feinstaub: Während das öffentliche Leben wegen der Covid-19-Pandemie stark eingeschränkt war, wurden deutlich weniger Schadstoffe in die Atmosphäre emittiert. Die Luft war auf einmal nicht nur gefühlt besser. Satellitenbilder der US-Raumfahrtbehörde Nasa und des europäischen Pendants Esa verzeichneten deutlich geringere Emissionen von Schadstoffen aus Auspuffen von Kraftfahrzeugen und aus Fabrikschornsteinen. Inhalt:

  1. Luftverschmutzung: “Das dichteste Luftmessnetz, das wir kennen”
  2. Wie dicht muss das Sensornetz von Breeze sein?
  3. Anwendungen für die Messnetze von Breeze

Aber um diese Werte zu erfassen, muss man nicht in die Erdumlaufbahn aufsteigen. Auch auf dem Boden lassen sich die Luftqualität messen und die ersten Effekte der Maßnahmen zur Normalisierung erkennen. “Wir haben den Einfluss der Kontaktbeschränkungen durch Corona auf die Luftqualität gesehen. In einigen Wohngegenden hatte sich die Luftqualität teilweise sehr stark verbessert”, berichtet Robert Heinecke im Gespräch mit Golem.de.” Das nimmt jetzt langsam wieder ab.”

Breeze misst in Altona

Heinecke ist Gründer und Chef des Hamburger Unternehmens Breeze Technologies, das eigene Luftmesssensoren entwickelt hat und derzeit im Hamburger Bezirk Altona ein Messnetz testet. Mit rund 35 Sensoren überwacht das Startup ein Gebiet von 14,1 Quadratkilometern. Es sei “das dichteste Luftmessnetz, das wir kennen”. Weitere knapp 20 Sensoren sind über den Rest der Stadt verteilt. Acht davon hat Breeze im Auftrag der Umweltschutzorganisation Naturschutzbund (Nabu) entlang der Elbe installiert, um Schiffsemissionen zu messen.

“Wir erfassen alle wichtigen Parameter der urbanen Luftqualität”, sagt Heinecke und meint damit: Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Stickoxide, Feinstaub, Ozon, Ammoniak. Für jeden Parameter, der gemessen wird, gibt es ein dediziertes Sensorelement. Hinzu kommt eine Recheneinheit, die die Daten der Sensoren ausliest, sie kontrolliert und über ein entsprechendes Funkmodul zur Auswertung und Verarbeitung an einen Cloud-Server geschickt.

In Hamburg nutzt Breeze zur Übertragung Mobilfunk und WLAN. Das System beherrscht aber aber auch andere Standards wie Lora. Damit die Daten bei der Übertragung nicht verändert werden können, werden sie verschlüsselt.

Auf dem Server werden die Daten zunächst auf Plausibilität geprüft: Stimmen die Temperaturen mit dem aktuellen Wetterbericht überein? Ist die Luftfeuchtigkeit nicht über 100 Prozent oder nicht unter 0 Prozent? Passen die Werte zu denen anderer Sensoren in der Nähe? Dafür setzt das Unternehmen auch künstliche Intelligenz ein, die Daten nach ungewöhnlichen Mustern durchsucht und mit älteren vergleicht, die in der Datenbank gespeichert sind.

Die Software rechnet Sensorfehler heraus

Die Software korrigiert auch Fehler der Sensoren. Günstigere Sensoren für Stickoxide sind temperaturabhängig: Sie können bei gleicher Stickoxid-Konzentration in der Luft bei verschiedenen Temperaturen unterschiedliche Werte liefern. Gibt es ein festes Muster für diese Abweichungen, kann die Software sie herausrechnen.

Einige der Sensoren weisen zudem Querempfindlichkeiten auf: Stickoxid-Sensoren reagieren zum Beispiel auch auf Ozon. Auch das muss herausgerechnet werden. Erst nach diesen Prozeduren werden die Messwerte in der Datenbank abgelegt, können verwendet oder über das Bürgerportal eingesehen werden.

“Wir wollen zukünftig flächendeckend in der Lage sein, für jede Straße, für jeden Block im Stadtquartier zu sagen, wie sich dort die Luftqualität über die Zeit entwickelt, um dann intelligente Maßnahmen zur Luftreinhaltung beschließen zu können”, sagt Heinecke. Und das möglichst in Echtzeit: Alle 30 Sekunden senden die Sensorstationen einen Datensatz. “Teilweise messen wir mit den einzelnen Sensorelementen aber noch deutlich häufiger. Wir versuchen, das, was technisch machbar ist, herauszuholen, um so weit wie möglich in Echtzeit zu sein.”

Ziel des Projekts ist, den Einfluss der Verkehrsströme auf die lokale Luftqualität in Altona besser kennenzulernen.


Vollständiger Artikel bei golem.de

Wissenschaftlich belegt: Corona-Lockdown führt zu besserer Luft

Von heise , 06.05.20 , von Stefan Krempl

Oft ist zu hören, dass Ausgehverbote, Kontaktsperren und weniger Verkehr keinen großen Effekt auf die Luftqualität haben. Forscher kommen zu anderen Resultaten.

Zahlreiche Regierungen haben den Bürgern, der Verwaltung und der Wirtschaft einen weitgehenden Lockdown verordnet, um der Corona-Pandemie Einhalt zu gebieten. Daher ist es nicht verwunderlich, dass etwa der europäische Satellit Sentinel-5P im Vergleich zum Vorjahr global einen starken Rückgang von Stickstoffdioxid (NO2) und damit eine geringere Luftbelastung durch industrielle Produktion und Verkehr anzeigt. Skeptiker halten dagegen, dass die seit Wochen in weiten Teilen Europas vorherrschende Polarluft und eine andauernde Brise aus Nordwest bereits für ungewöhnlich saubere Luft sorgt.

Nun wollen Forscher des Earth Observation Center (EOC) im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) den “Corona-Effekt” aber wissenschaftlich stichhaltig belegt haben. Sie haben dazu unter anderem Langzeitanalysen des europäischen Satelliten MetOP-A herangezogen, der seit vielen Jahren täglich die globale Schadstoffverteilung ermittelt. Diese zeigen zunächst jedoch nur, dass starke witterungsbedingte Schwankungen des Luftschadstoffs NO2 nichts Besonderes sind.

MetOP-A erfasst dabei die gesamte Atmosphäre. In zunehmender Höhe können Winde schädliche Emissionen verfrachten, verdünnen oder Gase und Partikel aus entfernten Regionen hereintragen. Daher sind auch diese Messungen alleine kein Beweis für Thesen in die ein oder andere Richtung. Am Boden wiederum verlagern Winde Schadstoffe ebenfalls, Niederschläge waschen sie zusätzlich aus. Daher sind die Messdaten von Bodenstationen alleine auch nicht aussagekräftig genug.

Am Beispiel der Lombardei haben die DLR-Experten daher die Schadstoffbelastung am Computer simuliert. Die Region in Oberitalien ist bekannt für hohe Luftverschmutzung, was zur schnellen und vergleichsweise frühzeitigen Verbreitung des Coronavirus sowie schweren Krankheitsverläufen mit beigetragen haben soll. Am 8. März beschloss die italienische Regierung daher in rascher Folge ständig schärfere Quarantäne-Maßnahmen. Satelliten- und Bodenmessungen zeigen entsprechend seit dem Lockdown abweichende Ergebnisse vom langjährigen Mittelwert, was die Forscher als erstes Indiz werteten.

Um am Rechner auch den Einfluss des Wetters zu berücksichtigen, starteten die Wissenschaftler ihre Simulation mit Emissionswerten von Schadstoffen, die sie über mehrere Jahre mittelten und die so die Normalsituation abbildeten. Damit stellten sie sicher, dass das Modell von den Corona-bedingten Maßnahmen nichts weiß. Es berücksichtigt aber von Stunde zu Stunde die realen Wetterbedingungen.

Anschließend verglichen die Forscher diese Ergebnisse mit den diesjährigen Messdaten. Die modellierte Normalsituation zogen sie dazu von den tatsächlichen Bodenmesswerten ab. So konnten sie nachweisen: vom 8. März an führt der Lockdown in der Lombardei zu einer echten Reduktion der NO2-Belastung um etwa 20 Mikrogramm pro Kubikmeter, was einem Minus von 45 Prozent entspricht.

“Für pauschale Bewertungen ist das atmosphärische Geschehen zu komplex”, betont das DLR. Dies werde gerade in anderen Regionen dieser Welt deutlich. Dort lägen die derzeitigen Messwerte zum Teil innerhalb der Schwankungsbreite der vergangenen Jahre. Ob dies auf spezielle lokale Witterungsbedingungen oder ein späteres Einsetzen der Lockdown-Maßnahmen zurückzuführen sei, müsste auch dort genauer untersucht werden. Erst eine “kombinierte Betrachtung von Satellitenmessungen, In-situ-Daten und Computermodellierungen” ermögliche einen stichhaltigen Beleg einschlägiger Corona-Auswirkungen.

Mit Sentinel-5P stehen seit 2018 auch Messungen in weit höherer Auflösung als mit MetOP-A zur Verfügung. Diese werden dem DLR zufolge künftig helfen, Emissionsquellen und Schadstofftransporte noch besser nachvollziehen zu können. Um bei den ersten kleinen hier möglichen Zeitreihen den Wettereffekt zumindest zu reduzieren, bildeten die Wissenschaftler global Monatsmittel, wofür sie über zwei Monate hinweg 1,2 Billionen Einzelmessungen mithilfe eigener Algorithmen verarbeiteten und auf Qualität hin prüften. Auch diese Daten zeigen – allerdings nicht wetterunabhängig – einen klaren Emissionsrückgang.

Für März und April hat derweil das Startup Hawa Dawa Informationen aus Messstationen in München ausgewertet. Demnach ist ein deutliches Minus bei den NO2-Emissionen in der Anfangsphase des bayerischen Lockdowns von Mitte März an festzustellen. Die Konzentrationen steigen vor allem im April aber schon wieder an. Die dortigen Forscher bezogen daher zusätzliche Faktoren wie ein geändertes Mobilitätsverhalten, Wettereinflüsse und saisonale Bedingungen mit ein. Das Resultat: Für Standorte im Stadtzentrum mit hohem Verkehrsaufkommen sinkt die tägliche NO2-Konzentration bis auf ein Niveau von etwa 55 Prozent der normal zu erwartenden Werte und bis auf rund 70 Prozent an Stationen außerhalb des Innenstadtrings. (kbe)


Von heise.de , 06.05.20 : https://www.heise.de/newsticker/meldung/Wissenschaftlich-belegt-Corona-Lockdown-fuehrt-zu-besserer-Luft-4715189.html

Für einen Neustart in die grüne Mobilität: Geld für die Zukunft, nicht für Autos!

Hallo ,
wir brauchen in Zukunft nicht mehr, sondern weniger Autos. Wir brauchen nach der Corona-Pandemie eine nachhaltige, krisenfeste und zukunftsfähige Mobilitätsbranche. Dabei hat das alte und klimaschädliche Geschäftsmodell der deutschen Autoindustrie ausgedient. Es ist nicht zukunftsfähig.

Deshalb darf es auf keinen Fall eine Autokaufprämie für umweltschädliche Verbrenner geben. Das haben wir heute morgen anlässlich des Autogipfels vor dem Kanzleramt gemeinsam mit Kolleg*innen befreundeter Verbände und #FridaysForFuture Aktivist* innen deutlich gemacht. Endlich konnten wir wieder – natürlich mit Abstand und Masken – demonstrieren und unsere Fahne für eine Mobilität für Menschen hochhalten!  

Denn wir brauchen einen Neustart in eine grüne, sozialgerechte und menschenfreundliche Mobilität und dazu muss jetzt in zukunftsfähige Produkte und Konzepte investiert werden. Wir fordern deshalb statt einer reinen Autoprämie ein Startgeld für grüne Mobilität. Damit können wir alle Menschen beim Umstieg auf umweltschonende Verkehrsmittel unterstützen und die Wirtschaft ankurbeln. Jetzt ist der Moment, wo wir Mobilität neu denken und dabei mutig sein müssen.

Heute und in den zurückliegenden Wochen haben wir alles dafür getan, dass die richtigen Weichen gestellt werden. Wir arbeiten mit Hochdruck an konstruktiven Vorschlägen für die Verkehrswende und freuen uns, dass Sie mit dabei sind. Denn unser Einsatz ist nur dank der Unterstützung seitens unserer Spender*innen und Mitglieder möglich.



 VCD e.V. Kommunikationsreferat Wallstraße 58 10179 Berlin

( Von vcd via Holger )

Ein Drittel der Weltbevölkerung könnte 2070 unter großer Hitze leiden

von hesie.de , dpa , 9.36 Uhr

Es gibt viele Gründe, Treibhausgas-Emissionen zu senken und den Klimawandel zu bekämpfen. Einer davon: Die Welt wird sonst in vielen Regionen einfach zu heiß. Lesezeit: 1 Min. In Pocket speichern vorlesen Druckansicht Kommentare lesen 135 Beiträge

Wenn der Ausstoß der Treibhausgase nicht gemindert wird, könnten in 50 Jahren 3,5 Milliarden Menschen unter großer Hitze leiden. Sie würden in Gebieten leben, in der die jährliche Durchschnittstemperatur mehr als 29 Grad Celsius beträgt – so sie denn nicht auswandern. Damit befänden sie sich außerhalb der klimatischen Nische, die der Mensch seit mindestens 6000 Jahren bewohnt, berichten Wissenschaftler um Marten Scheffer von der Wageningen University (Niederlande) in den “Proceedings” der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS).

“Das Coronavirus hat die Welt in einer Weise verändert, die noch vor wenigen Monaten schwer vorstellbar war und unsere Ergebnisse zeigen, wie der Klimawandel etwas Ähnliches bewirken könnte”, wird Scheffer in einer Mitteilung seiner Universität und der anderen beteiligten Forschungseinrichtungen zitiert. Die Veränderungen würden zwar weniger schnell ablaufen, aber anders als bei der aktuellen Pandemie könne man nicht auf eine Erleichterung in absehbarer Zeit hoffen.

Für ihre Analyse blickten Scheffer und Kollegen zum einen in die Vergangenheit. Anhand vorhandener Datenbanken glichen sie die bevorzugten Siedlungsgebiete des Menschen mit den klimatischen Bedingungen in diesen Regionen ab. Sie fanden einen Höhepunkt der Bevölkerungsdichte bei Jahresdurchschnittstemperaturen von etwa 11 bis 15 Grad Celsius und einen kleineren Höhepunkt bei 20 bis 25 Grad Celsius. Diese Verteilung hat sich in den vergangenen 6000 Jahren kaum geändert, weshalb die Forscher diese Temperaturspanne als die “ökologische Nische des Menschen” bezeichnen.

Wenn sich der Treibhausgasausstoß wie im Modell RCP8.5 entwickelt, werden im Jahr 2070 die schwarz schattierten Regionen eine Durchschnittstemperatur von <29° haben. Bisher sind diese Gegebenheiten nur für Regionen der Sahara bekannt.
Wenn sich der Treibhausgasausstoß wie im Modell RCP8.5 entwickelt, werden im Jahr 2070 die schwarz schattierten Regionen eine Durchschnittstemperatur von mehr als 29 Grad haben. Bisher sind diese Gegebenheiten nur für Regionen der Sahara bekannt (schwarze Flächen). (Bild: “Future of the human climate niche”, Chi Xu, Timothy A. Kohler, Timothy M. Lenton, Jens-Christian Svenning and Marten Scheffer, first published May 4, 2020)

Beim Blick in die Zukunft verwendeten die Wissenschaftler eine Klimaprognose aus dem 5. Sachstandsbericht des Weltklimarates (RCP8.5, IPCC). Sie geht davon aus, dass sich die Konzentration der Treibhausgase weitgehend ungebremst wie in den vergangenen Jahrzehnten entwickeln wird. Die Temperaturen werden in den verschiedenen Weltregionen entsprechend steigen. Zudem nutzten die Forscher das sozioökonomische Szenario SSP 3 für die Entwicklung der Weltbevölkerung.

Die Modellrechnungen ergaben, dass sich Gebiete mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von mehr als 29 Grad Celsius von jetzt 0,8 Prozent der weltweiten Landfläche (vor allem in der Sahara) bis 2070 auf 19 Prozent ausdehnen werden. Die Gebiete lägen vor allem in Südamerika, Afrika, Indien, Südostasien und Nordaustralien. Allein in Indien wäre mehr als eine Milliarde Menschen davon betroffen, in Nigeria, Pakistan, Indonesien und Sudan jeweils mehr als 100 Millionen Menschen.

“Dies hätte nicht nur verheerende direkte Auswirkungen, sondern es wäre für Gesellschaften auch schwieriger, künftige Krisen wie neue Pandemien zu bewältigen”, betont Scheffer. Solche Temperaturanstiege bedeuteten nicht zwangsläufig, dass die Menschen aus den betroffenen Gebieten auswandern würden; denn für Migration gebe es ein komplexes Bündel an Gründen. Dennoch sieht Scheffer die Ergebnisse der Studie als Appell an die Weltgemeinschaft an, den Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) rasch zu senken. (kbe)


von heise.de : https://www.heise.de/newsticker/meldung/Ein-Drittel-der-Weltbevoelkerung-koennte-2070-unter-grosser-Hitze-leiden-4714496.html



Klimawandel

Der Weltklimarat (IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change) der UN hat mit der Zusammenfassung seiner drei jüngsten Reports die Bedrohung des Klimawandels auf den Punkt gebracht. Seit September 2013 hatte das Gremium seinen 5. Weltklimareport in drei Teilen veröffentlicht. Zwar hatte dieser gezeigt, dass der Klimawandel mit Macht voranschreitet und der Mensch daran einen gewaltigen Anteil hat. Die Forscher stellten aber auch klar, dass der Temperaturanstieg mit globalem Einsatz noch gebremst werden kann und ein rascher Wechsel auf alternative Energien wenig kostet.

Umweltschützer protestieren zum Autogipfel: “Kein Steuergeld für Spritschlucker”

Von heise.de , von dpa , 15:39 Uhr

Während sich Vertreter der Autoindustrie mit Gewerkschaftern und der Regierung trafen, haben Umweltschützer gegen eine mögliche “Abwrackprämie” protestiert.

Während der Beratungen zwischen Bundesregierung, Industrie und Gewerkschaften haben Umweltschützer gegen pauschale Staatshilfen für die Autobranche demonstriert. Greenpeace-Aktivisten forderten am Dienstag während einer Aktion vor dem Reichstag in Berlin, es dürfe keine erneute Abwrackprämie geben, die auch Diesel- und Benzinautos einschließe.

Ein SUV überfuhr symbolisch mehrere übereinandergestapelte Fahrräder, auf einem Transparent war zu lesen: “Autoprämie zerstört Verkehrswende.” “Statt jetzt Motoren aus dem letzten Jahrhundert zu retten, sollte Kanzlerin Merkel den klimafreundlichen Umbau der Autoindustrie ankurbeln”, erklärte der Verkehrsexperte der Umweltorganisation, Benjamin Stephan.

Mitglieder der Initiative Campact protestierten in der Hauptstadt ebenfalls, sie verlangten vor dem Kanzleramt ein Ende der Debatte über Abwrackprämien und “Vorfahrt fürs Klima”. Der Staat dürfe “kein Steuergeld für Spritschlucker” lockermachen.

Zu einer Aktion an der VW-Zentrale in Wolfsburg erklärte die Klimaschutzbewegung Fridays for Future: “Mehr Autos zu finanzieren, ist nicht mit unseren Klimazielen vereinbar – eine neue Abwrackprämie wäre verheerend.” Die rund 15 Aktivisten inszenierten einen “Tatort Klimamord” und hielten Transparente hoch.

Die Auto-Verkäufe liegen in der Corona-Krise brach, Hersteller und Zulieferer der Branche befürchten schwere Folgen für Produktion und Jobs. Nach Informationen aus Regierungskreisen soll es bis Anfang Juni Beschlüsse über die Ausgestaltung möglicher Kaufanreize geben. (anw)


von heise.de : https://www.heise.de/newsticker/meldung/Umweltschuetzer-protestieren-zum-Autogipfel-Kein-Steuergeld-fuer-Spritschlucker-4714895.html

Googles Rechenzentren brauchen viel Kühlwasser

Alphabet möchte den Wasserbedarf der GoogleRechenzentren gern geheim halten. Aus gutem Grund.

Artikel veröffentlicht am 2. April 2020, 13:05 Uhr, Werner Pluta

Wasser für die Suchmaschine: Google rühmt sich gern damit, dass seine Rechenzentren klimaneutral sind. Was Alphabet aber unter den Tisch fallen lässt, ist, welche Mengen einer wertvollen Ressource für die Rechenzentren genutzt werden: Wasser zum Kühlen der Rechner.

Wie viel Wasser Google benötige, werde wie ein Geschäftsgeheimnis behandelt, berichtet Bloomberg Green, ein relativ neuer, auf Umweltthemen spezialisierter Ableger der US-Nachrichtenagentur Bloomberg. Das Unternehmen wirke sogar auf Staatsbedienstete ein, dass diese keine Informationen über den Wasserverbrauch der Rechenzentren herausgeben.

Wenige Daten zu Googles Wasserbedarf

Entsprechend rar sind die Informationen. Die wenigen bekannten stammen beispielsweise aus gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Versorgungsunternehmen oder Umweltschutzorganisationen. Demnach wollte Google 2019 in drei US-Bundesstaaten 8,7 Millionen Kubikmeter für seine Rechenzentren nutzen.

Im vergangenen Jahr plante Google ein Rechenzentrum in Arizona. Dafür erhielt das Unternehmen eine Garantie über die Entnahme von 15.000 Kubikmetern pro Tag. Wenn die Anlage ihre volle Ausbaustufe erreicht hat, soll der Bedarf das Vierfache betragen. Für ein Rechenzentrum in der Peripherie von Dallas in Texas, das im kommenden Jahr fertig werden soll, will Google laut Gerichtsakten etwa 5,5 Millionen Kubikmeter nutzen. Zum Vergleich: Das ist etwa ein Zehntel des Wasserverbrauchs des gesamten Countys, in dem Google sein Rechenzentrum betreiben will. Zu dem County gehören rund 20 Städte.

Video: Videotour durch eines von Googles Rechenzentren (7:00)

Einige US-Bundesstaaten, darunter Texas oder Arizona, leiden ohnehin schon unter Wassermangel. Wegen des Klimawandels erwarten wir noch länger anhaltende Dürren, sagte Venki Uddameri, Leiter des Water Resources Center der Texas Tech University, Bloomberg Green. “Solche Wasser-intensiven Aktivitäten verstärken die lokalen Belastungen noch.”

Google bemühe sich, möglichst nachhaltig zu sein, sagte Gary Demasi, Leiter der Abteilung Energy and Location bei Google. “Wir sind stolz darauf, dass unsere Rechenzentren zu den effizientesten der Welt gehören, und wir haben uns bemüht, ihre Umweltauswirkungen zu reduzieren, obwohl die Nachfrage nach unseren Diensten stark gestiegen ist.” Eine Golem.de-Analyse zeigt jedoch, dass das Unternehmen knapp über dem Branchenziel einer Erwärmung von 1,6 Grad bis 2050 liegt.


von Golem.de : https://www.golem.de/news/alphabet-googles-rechenzentren-brauchen-viel-kuehlwasser-2004-147669.html

“Es bräuchte einen Aufstand gegen die Smartphone-Epidemie” (Niko Paech)

Heise.de , von Axel Kannenberg , 03.05

Einleitung

Auf einem endlichen Planeten kann man nicht leben, als gebe es unendliches Wachstum, sagt Ökonom Niko Paech und plädiert für eine “Postwachstumsökonomie”.

Der Klimawandel stellt Wirtschaft und Gesellschaft vor enorme Herausforderungen. Nur eine Lebensweise, die ökologische und psychologische Wachstumsgrenzen respektiert und den Verzicht übt, sei da zukunftsfähig, sagt der Volkwirtschaftsprofessor Niko Paech. Er nennt sein Konzept “Postwachstumsökonomie”. Im Interview mit heise online legt er dar, was das für Politik, Wirtschaft und die Technikwelt bedeuten würde. Coronabedingt fand das Interview per E-Mail statt.

heise online: Deutschlands derzeitige Klimapolitik setzt mehr- oder minder auf einen New Green Deal – also im Wesentlichen die Fortführung unserer Lebens- und Produktionsweise auf Basis erneuerbarer Energien, besserer Energie-Effizienz und verstärktem Recycling. Reicht das ihrer Meinung nach aus?

Niko Paech: Dieses Konzept ist nicht nur wirkungslos, sondern selbst Teil des Problems, weil es gefährliche Lernresistenzen befördert. Ökologisch ruinöse Lebensstile werden gegen Wandel immunisiert, indem die Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung auf die technischen und politischen Zuständigkeiten abgewälzt wird. Aber beides scheitert an der Hartnäckigkeit einer mehrheitlich praktizierten Daseinsform, deren zerstörerischer Charakter nicht durch Technik oder Politik repariert werden kann.

Nachdem bereits die Flugscham für Debatten gesorgt hatte, wurde inzwischen auch über “Streamingscham” gestritten. Sollte man sich schämen, wenn man Videos streamt?

Auf einem endlichen Planeten ist alles eine Frage des Maßes. Wer nie fliegt, kein Fleisch isst, eine kleine Wohnung hat, kein Auto fährt etc., kann durch maßvolles Streamen durchaus im Rahmen eines CO2-Fußabdrucks bleiben, der global übertragbar ist.

Was kann man als Durchschnittsnutzer aktuell tun, wenn man umweltschonender sein will – aber nicht auf Technik verzichten mag? Geht das überhaupt?

Reparieren, was das Zeug hält! Alte Geräte aufrüsten und wieder ertüchtigen. Damit wird zugleich ein Akzent pro Reparaturwirtschaft gesetzt, auf die es zukünftig ankommt. Außerdem können auch aus Konsumenten Reparateure werden, indem sie wieder selbst Hand anlegen, in der Schule, zuhause, im Reparatur-Cafe, in nachbarschaftlichen Netzwerken der Selbsthilfe, in gemeinschaftlich betriebenen Werkstätten, sodass wir eine lernende Gesellschaft in Sachen Bestandserhalt werden.

Weiterhin sind Gemeinschaftsnutzungen relevant. Wenn sechs Personen sich ein Auto, einen Drucker, eine Werkzeugausstattung, eine Waschmaschine, einen Rasenmäher etc. teilen, können diese Geräte einerseits modern sein, andererseits müssen weniger davon hergestellt werden.

Fast jede neue Generation von Geräten bringt nicht nur mehr Leistung, sondern auch höhere Effizienz. Sehen Sie da keine positiven Effekte?

Auch hier kommt es auf den Kontext an. Wer ein altes Gerät nach Ausschöpfung aller sinnvollen Nutzungsdauer verlängernden Maßnahmen schließlich doch irgendwann ersetzen muss und dann eine sparsamere Variante wählt, kann für Entlastung sorgen. Aber Effizienz und Sparsamkeit sind nicht dasselbe. Ein effizienterer Kühlschrank oder Flachbildschirm kann aufgrund vergrößerter Kapazität durchaus mehr verbrauchen als ein weniger effizientes, aber kleineres oder seltener in Anspruch genommenes Gerät.

Weiterhin drohen finanzielle Rebound-Effekte, nämlich dann, wenn die Kosteneinsparung mittels Effizienzsteigerungen wiederum die Nachfrage nach anderen Gütern erhöht. Überdies ist es fast immer so, dass die technische Effizienz mit verringerter ökologischer Konsistenz erkauft wird, wie beispielsweise bei LED-Lampen, die zwar effizienter als alte Leuchtmittel sind, deren Produktion und Entsorgung dafür aber umso problematischer ist. Schließlich können Effizienzverbesserungen einen Vorwand zur vorzeitigen Entsorgung von Geräten sein, auch wenn Weiterverwendung unter Berücksichtigung der in ihnen gebundenen Energie die sinnvollere Lösung wäre.

Wie hat sich denn die Nutzungsdauer von Geräten in Privathaushalten im Laufe der Jahre entwickelt?

Sie ist im Durchschnitt ausschließlich gesunken. Es mangelt noch immer an rebellischen Verbrauchern, die gegebenenfalls all das boykottieren, was zu schnell verschleißt und nicht reparabel ist. Erzähle mir niemand, dass es im Zeitalter von Web 2.0 zu schwierig sei, sich darüber hinreichend zu informieren.

Die Initiative Fairphone hat sich auf die Fahnen geschrieben, ein nachhaltiges Smartphone zu schaffen. Kann es ein nachhaltiges, umweltfreundliches Smartphone überhaupt geben?

Nein, kann es nicht. Es bräuchte längst einen Aufstand gegen die Smartphone-Epidemie. Insbesondere das Recht auf eine analoge Kindheit, wie kürzlich von der ÖDP gefordert, halte ich für elementar. Wer als Erwachsener dennoch nicht von der Nutzung einer solchen Identitätskrücke abzubringen ist, sollte dann trivialerweise besser ein Fairphone anstelle einer anderen Varianten kaufen.

Brauchen wir stärkere politische Vorgaben für nachhaltigere Technik?

Nichts wäre wünschenswerter als langlebigere und reparaturfreundlichere Produktdesigns. Aber erstens kosten die entsprechenden Objekte mehr, zweitens haben die oft weniger innovative Funktionen, drittens sinkt die Auswahl an Varianten. Und viertens entfallen die emotionalen Steigerungen, die mittels ständiger Neuanschaffungen, also durch Shopping-Erlebnisse zelebriert werden und die für viele längst den Sinn des Lebens verkörpern.

Dies alles wirft die Frage auf, wer dann eine Politik wählt, die genau dies herbeiführen will – außer jenen, die bereits ein entsprechendes Leben führen. Mit anderen Worten: Unter parlamentarisch-demokratischen Bedingungen kann eine gewählte Regierung sicher manches anstellen, aber eines niemals, nämlich gegen die Lebensgewohnheiten der Wählermehrheit agieren, denn das wäre politischer Selbstmord. Daraus folgt: Erst wenn die Gesellschaft eine medial sichtbare Bewegung gegen den frühen Verschleiß von Dingen hervorbringt, indem maximale Nutzungsdauerverlängerung zum kulturellen Code wird, kann die Politik ihre chronische Angst vor Wählerstimmenverlusten überwinden und entsprechende Rahmenbedingungen zu implementieren.

Wie hoch wäre denn ein individuelles CO2-Verbrauchsbudget, das auf ein Jahr gesehen umweltfreundlich bleibt? Und wie würde so ein Leben im Budget aussehen?

Auf der Homepage des Umweltbundesamts ist von rund einer Tonne an CO2-Äquivalenten pro Kopf und Jahr die Rede. Der momentane Durchschnitt liegt in Deutschland bei ungefähr 12 Tonnen. Die hierzu nötige Reduktionsleistung kann nur im Rahmen einer Postwachstumsökonomie bewerkstelligt werden. Das bedeutet erstens eine Suffizienz-Bewegung, zweitens eine begleitende Selbstversorgerwirtschaft, begleitet von einer 20-Stunden-Arbeitswoche, drittens eine Stärkung der Regionalökonomie, viertens ein Umbau der nur noch halb so großen Industriekapazitäten. Und fünftens institutionelle sowie – falls sich jemals Mehrheiten dafür gewinnen lassen – politische Maßnahmen, die auf Selbstbegrenzung hinauslaufen.

Glauben Sie, dass viele Leute zu einem solchen Verzicht von sich aus bereit sind? Oder würden eher die Veränderungen durch den Klimawandel einen solchen Lebensstil erzwingen?

Mit jeder weiteren Krise – und Corona ist nur der Anfang einer Kette unterschiedlicher Eskalationsstufen, die alle auf dieselbe Ursache, nämlich ein globalisiertes Wachstumsmodell zurückzuführen sind – steigt die Anzahl der Menschen, die sich dem Steigerungs- und Fortschrittswahn verweigern werden. Übrigens, es geht dabei nicht um Verzicht, sondern um die Rückgabe einer Beute, die niemandem zustehen kann, der nur zwei Hände zum Arbeiten hat. Denn der ruinöse Wohlstand lässt sich nicht als Ergebnis menschlicher Anstrengung darstellen.

Vielmehr handelt es sich um den Einsatz eines globalen Maschinenparks, der menschliche Arbeit durch Ressourcenverzehr ersetzt hat. Außerdem leiden moderne Konsumgesellschaften zusehends unter psychischen Wachstumsgrenzen. Immer mehr Menschen stumpfen inmitten einer Lawine konsumtiver Möglichkeiten ab, weil ihnen die Aufmerksamkeit fehlt, dies alles stressfrei auszuschöpfen. Genügsamkeit kann also auch als Befreiung vom Überfluss aufgefasst werden.

Was würde die Postwachstums-Gesellschaft, wie Sie sie skizzieren, für die IT-Welt bedeuten?

Die Digitalisierung potenziert jede ökologische Plünderung bis ins Unermessliche. Einen effektiveren Sargnagel für die Lebensgrundlagen hätte sich niemand ausdenken können. Nun zu meinen, durch eine zusätzliche oder bessere Digitalisierung ließe sich die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft steigern, ist so klug wie Feuer mit Benzin löschen zu wollen.

Wir reden doch über eine neutrale Technik. Warum sollte Digitalisierung nicht für die optimale Planung einer schonenderen Ressourcennutzung verwendet werden können?

Nein, die Digitalisierung ist nicht neutral. Allein ihr direkter ökologischer Aufwand ist verheerend. Außerdem findet die optimale Planung, von der Sie sprechen, seit Jahrzehnten statt und bildet die Basis für die kosteneffiziente Spezialisierung und Globalisierung der Produktion. Darauf gründet eine zunehmend unkontrollierbare und auf Wachstum beruhende Maschinerie, die unsere Lebensgrundlagen aufzehrt und Krisengefahren heraufbeschwört. Ressourcenschonung ist eine Frage der suffizienten Kultur, nicht der Technik.

Sollte etwa das Internet abgeschaltet werden?

Das wird nur graduell und temporär möglich sein, wäre aber die Nagelprobe. Das Internet beispielsweise jeden zweiten Tag abzuschalten oder den Zugang zumindest für Kinder und Jugendliche hart zu limitieren, wäre unumgänglich. Schulen, die vom technischen Fortschrittswahn befreit sind, damit Kinder endlich wieder lernen könnten, worauf es in einer überlebensfähigen Gesellschaft ankommt, statt digital zu verblöden, sind ebenfalls sinnvoll.


Vollständiger Artikel bei heise.de

Auch die Diskussion ist sehr lesenswert.

Konkurrenz Corona-Krise: Schwere Zeit für den Klimaschutz

von heise.de ; 28.04.2020 08:01 Uhr Von Teresa Dapp, dpa

Wenn die Welt gegen ein Virus kämpft, bleibt dann noch Zeit – und Geld – für den Kampf gegen die Erderwärmung? “Bekämpft alle Krisen”, fordern Klimaschützer.

Der Chef der Vereinten Nationen ist ein Freund klarer Worte. “Wir müssen entschlossen handeln, um unsere Planeten sowohl vor dem Coronavirus als auch vor der existenziellen Bedrohung des Klima-Zusammenbruchs zu schützen”, forderte Antonio Guterres kürzlich. So ähnlich dürfte er auch an diesem Dienstag klingen, wenn er per Videoschalte beim Petersberger Klimadialog der Bundesregierung spricht. Das Thema: Wie lassen sich die Milliarden und Billionen, die nun der Wirtschaft helfen sollen, auch für den Klimaschutz nutzen?

Hörte man zuletzt Guterres sprechen, die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), Umweltverbände, Klima-Wissenschaftler, aber auch viele Unternehmen und Verbände, könnte man fast meinen, es sei schon Konsens, das “grüne Konjunkturprogramm”. Doch das täuscht: Längst zeichnet sich ab, dass politisch heftig umkämpft sein wird, wie genau die Hilfsprogramme, Investitionen und Kaufanreize aussehen sollen. Umso gespannter sind viele auf die Rede von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die beim jährlichen Klimadialog schon mehr als einmal mit Ankündigungen und klaren Worten überrascht hat.

Klimaschützer haben jedoch gute Gründe, besorgt auf die kommenden Monate zu schauen:

  • Zeitpläne wackeln: Ob Kohleausstiegsgesetz oder Ausbau von Solar- und Windstrom – neben der akuten Krisen-Bewältigung ist gerade wenig Platz für andere politische Großprojekte. Auch einige wichtige EU-Klimavorhaben könnten sich verzögern, etwa die geplanten EU-Strategien für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft und im Verkehr. Beim zentralen Klimaschutz-Vorhaben der EU-Kommission für dieses Jahr, der Prüfung und Verschärfung des Klimaziels für 2030, will man im Zeitplan bleiben. Unter anderem die Grünen fürchten aber schon, dass der “Green Deal” in der “Mottenkiste” landen könnte.
  • Gegenwind für Klimaschutz: In der FDP und der CDU gibt es Stimmen, die bereits beschlossene Maßnahmen in Frage stellen – etwa die Einführung des CO2-Preises auf Sprit, Heizöl und Erdgas im kommenden Jahr oder den über Monate ausgehandelten Pfad für den Kohleausstieg. Auch Kaufprämien für Diesel und Benziner, wie sie etwa Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) oder seine baden-württembergische Amts- und Parteikollegin Nicole Hoffmeister-Kraut fordern, halten Klimaschützer für falsch – darunter auch Umweltministerin Schulze. Die AfD lehnt den Klimaschutz ohnehin ab und sieht die Krise als weiteres Argument dafür.

Aber auch international wird der Kampf gegen die Erderwärmung unter Verweis auf die Pandemie in Frage gestellt – der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis attackierte den “Green Deal” der EU, die polnische Regierung forderte Ausnahmen beim Emissionshandel, einem der wichtigsten Klimaschutz-Instrumente der EU, um Geld für den Kampf gegen die Corona-Krise frei zu machen.

  • Klima-Diplomatie stockt: Der Höhepunkt der Klima-Verhandlungen ist jedes Jahr die Weltklimakonferenz, wo zwei Wochen lang über die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens gefeilscht wird – und die Weltöffentlichkeit genau hinschaut. Die meisten Regierungen wollen sich dort in gutem Licht darstellen. Dieser Termin fällt in diesem Jahr aus – der Gipfel in Glasgow wurde Corona-bedingt aufs nächste Jahr verschoben, Termin offen. Viele befürchten, dass das Druck vom Kessel nimmt. Wichtige Entscheidungen könnten verschoben werden, und nationale Regierungen könnten sich noch mehr Zeit lassen, wie geplant ihre neuen, verbesserten Klimaschutz-Pläne vorzulegen.

Mehr bei Heise und Insbes. die Diskussion bei heise.de ist recht interessant und lebhaft ( https://www.heise.de/newsticker/meldung/Konkurrenz-Corona-Krise-Schwere-Zeit-fuer-den-Klimaschutz-4710694.html ) .


Impuls aus Bogotá

Externer Link:

https://taz.de/!5681083/ taz vom 30.04.2020:

Impuls aus Bogotá

Die Pandemie zeigt in vielen Städten: Wo ein Wille ist, ist auch schnell ein Radweg

„Es wird spannend, ob das Erreichte bestehen bleibt“Stefan Gelbhaar, Radverkehrsexperte der Bundestagsfraktion der Grünen

Von Anja Krüger

Am Halleschen Ufer in Berlin-Kreuzberg ist ein Teil der Straße mit gelben Streifen abgetrennt, darauf stehen rot-weiße Barken. Der grüne Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar radelt entspannt die breite Spur entlang, die es erst seit Kurzem gibt. Überholende RadlerInnen können den Corona-Sicherheitsabstand von 1,5 Metern gut einhalten. Die Straße ist stark befahren. Ohne die neue Spur wäre es für RadlerInnen hier unangenehm – oder sie müssten auf den Fußweg ausweichen. „Es wird spannend, ob das Erreichte bestehen bleibt“, sagt Radverkehrsexperte Gelbhaar.

Ob Berlin, Bogotá oder Budapest – in vielen Städten werden derzeit vorübergehende Radspuren eingerichtet, sogenannte Pop-up-Bike-Lanes. Denn im Moment fahren viel mehr Leute mit dem Rad. Die Coronakrise zeigt: Wo ein Wille ist, ist auch schnell ein Radweg.

Der Begriff „Pop-up-Bike-Lanes“ kommt aus Nordamerika. Dort experimentieren Städte wie New York schon seit Jahren mit temporären Radstreifen, weiß Burkhard Stork, Geschäftsführer des Fahrradverbands ADFC. „Es hat sich gezeigt, dass es das Sicherheitsempfinden steigert, wenn etwas zwischen Radstreifen und Autostraße steht“, sagt er.

Im kanadischen Vancouver wurde die Innenstadt während der Olympischen Spiele für den Autoverkehr gesperrt. Dann entstand ein gutes Radnetz. Vancouver könnte ein Vorbild sein, wie die Coronakrise die Radinfrastruktur verändert, sagt Stork. „Man sieht daran: Ein Ereignis und temporäre Maßnahmen bringen auf Dauer etwas.“

Der Impuls für die jetzige weltweite Radwegewelle kam aus der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Dort waren die Straßen schon vorher sonntags gesperrt. In der Corona­krise hat Bogota das Sonntagsprogramm ausgedehnt und etliche temporäre Radstraßen ausgewiesen. „Das war die Initialzündung für viele Städte“, sagt Stork. In Budapest oder Mailand etwa entstehen neue Radwege. In Mexiko-Stadt, Minneapolis oder Calgary wurden Straßen für Autos gesperrt und für FußgängerInnen und RadfahrerInnen geöffnet.

In Deutschland gibt es neue Radspuren bislang vor allem in Berlin, wo die Verwaltung fahrradfreundlich ist. „Aus anderen deutschen Städten sind uns bisher keine Initiativen bekannt, die von der Verwaltung angestoßen wurden“, sagt Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe. „Vielmehr werden Bürgerinnen und Bürger selbst aktiv, wie in Stuttgart, Frankfurt oder Freiburg.“

In Stuttgart etwa haben BürgerInnen auf eigene Faust Pop-up-Radwege für einige Stunden aufgebaut. Die DUH hat Anträge an 204 Stadtverwaltungen geschickt und sie aufgefordert, Verkehrsflächen für Fahrräder umzuwidmen. Zum Beispiel in Köln, Frankfurt am Main oder Dresden würden sich die Behörden jetzt damit beschäftigten, weitere Kommunen haben angekündigt, das zu tun.

Nicht alle freuen sich über diese Entwicklung. „Aus unserer Sicht wäre dem Radverkehr mehr geholfen, wenn die Radverkehrsinfrastruktur nachhaltig verbessert und entlang der üblichen Planungsprozesse gestaltet würde“, sagt ein Sprecher des ADAC. Übereilte Maßnahmen könnten zu neuen Gefahren führen, weil sich RadlerInnen etwa vor abbiegenden Bussen in Acht nehmen müssen.

Der ADAC findet, temporäre Radspuren sollten mit der Coronakrise verschwinden. Der Abgeordnete Gelbhaar hofft das Gegenteil. In der Coronakrise sei die Wertschätzung fürs Rad gestiegen. „Das Fahrrad gilt als systemrelevant. Das ist neu“, sagt Gelbhaar. Diese Wertschätzung fällt auf fruchtbaren Boden, glaubt er. Denn immer mehr Menschen engagieren sich für eine bessere Radinfrastruktur. Sie bekommen jetzt Rückenwind.


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Altmaier: Abstandsregel für Windräder soll nicht pauschal gelten

Heise.de ; 26.02.2020 10:54 Uhr Von dpa


Der Ausbau der Windkraft stockt. Die Abstandsregel für Windkraftanlagen soll deshalb gelockert werden, sagt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.

Mit einer Lockerung der geplanten Regel für einen Mindestabstand zwischen Windrädern und Siedlungen will Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im Streit um den Ökostrom-Ausbau vorankommen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat einen neuen Vorschlag erarbeitet, in der SPD wird er wohlwollend kommentiert, wie der Spiegel berichtet.

Die Bundesländer sollen demnach selbst entscheiden, ob mindestens 1000 Meter Abstand zwischen Siedlungen und Windrädern bei ihnen eingehalten werden müssen. Bisher sollten die 1000 Meter grundsätzlich bundesweit gelten – Länder und Kommunen, die das nicht wollen, hätten dann beschließen müssen, diese Regel nicht anzuwenden.

Diese ursprünglich geplante Regelung, genannt Opt-out, hätte aus Sicht von Kritikern in den Ländern und Gemeinden dazu führen können, dass bereits gefundene Kompromisse aufbrechen und neu verhandelt werden müssen. Nun könnte eine sogenannte Opt-in-Regelung kommen: Wer 1000 Meter Abstand will, muss sich dann aktiv dafür entscheiden. Parallel soll dem Vorschlag zufolge überprüft werden, ob Deutschland auf dem Weg ist, den angepeilten Ökostrom-Anteil von 65 Prozent bis 2030 zu schaffen. Die Bundesländer sollen sich dafür Ziele setzen. Ziel ist ein Koordinierungsmechanismus für eine länderscharfe Zielerreichung der 65 Prozent über alle Ökostrom-Sektoren – also Wind an Land, auf See, Solaranlagen und Biogas.

Eine Sprecherin Altmaiers sagte der dpa am Dienstag, beim Ausbau der Windenergie werde man nur vorankommen, wenn Bund und Länder an einem Strang zögen. “Daher haben wir einen Vorschlag vorgelegt: die 1000 Meter Abstandsregelung gilt und bildet den Grundsatz, aber die Länder können abweichen und die Auslegung bestimmen.” Das gebe Ländern und Kommunen den nötigen Planungsspielraum, um Flächen für den Windausbau zu sichern und gleichzeitig die Akzeptanz vor Ort für die Windkraft zu sichern.

Derzeit lahmt der Windkraftausbau. Ein Grund dafür ist Widerstand bei Anwohnern gegen Windparks. Die 1000-Meter-Regel hatten Unionspolitiker gefordert, um die Akzeptanz zu erhöhen. Zwischen SPD und Union gibt es aber Streit um die Ausgestaltung – die Frage war etwa, von wo aus genau die 1000 Meter Abstand eingehalten werden sollen, etwa schon, wenn wenige Häuser zusammenstehen. Darüber sollen nun die Länder selbst entscheiden dürfen.

Aus SPD-Kreisen hieß es am Dienstagabend zu Altmaiers Vorlage: “Das kommt unserem Vorschlag schon sehr nahe.” Wichtig sei, dass mögliche Abstandsregeln der Länder das Erreichen des gemeinsamen 65-Prozent-Ziels nicht gefährdeten.

Die Koalitionsfraktionen verhandeln seit vielen Monaten über den Ökostrom-Ausbau. Inzwischen sind auch Ländervertreter eingebunden. Bei einem für den 12. März geplanten Bund-Länder-Treffen soll es Altmaier zufolge möglichst ein “konkretes Ergebnis” geben. (olb)


von Heise.de : https://www.heise.de/newsticker/meldung/Altmaier-Abstandsregel-fuer-Windraeder-soll-nicht-pauschal-gelten-4668321.html