Mehr Verkehr Autodichte in Großstädten steigt weiter an — Bochum ganz vorne

(20.06.21) von spiegel.de , Original : hier

Auch im Coronajahr 2020 nahm die Zahl der Pkw in Deutschland zu. Ausgerechnet in den Städten der großen Autohersteller ging der Bestand aber zurück.

Den Anstrengungen für eine stärkere Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zum Trotz haben Pkw-Bestand und -Dichte in vielen Städten weiter zugenommen. Analysen des Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer zufolge hat die Zahl der registrierten Autos in 22 von 25 betrachteten großen Kommunen im vorigen Jahr zugenommen.

Demnach lag das Plus etwa in Berlin und Leipzig bei jeweils 1,1 Prozent, in Hannover bei 1,2 sowie in Dortmund und Freiburg bei 1,7 Prozent.

Am stärksten war der Zuwachs mit 2,2 Prozent in Bochum.

»Der oft behauptete Trend ›Weg vom Auto‹ ist nicht zu erkennen«, interpretiert Dudenhöffer die Ergebnisse. Pkw-Besitzer schätzten nun umso mehr die Möglichkeit, den eigenen Wagen flexibel nutzen zu können – obgleich sie pro Jahr kürzere Gesamtstrecken führen.

2020 gab es indes auch drei Städte, in denen der Pkw-Bestand sank: Wolfsburg (minus 1,7 Prozent), Ingolstadt (minus 3,4) und München (minus 1,1), wo die Zentralen von Volkswagen, Audi und BMW sitzen.

»Sowohl-als-auch«-Verkehrspolitik

Im bundesweiten Schnitt legte die Autodichte bis zum Jahreswechsel laut CAR-Berechnungen leicht auf 580 Wagen je 1000 Einwohner zu. Anfang 2020 hatte der Wert bei 575 gelegen. Die Zahl der in Deutschland registrierten Pkw stieg auf 48,2 Millionen.

Auch in den Vorjahren gab es kontinuierliche Steigerungen – bei parallel abnehmender Gesamtfahrstrecke pro Autobesitzer. Dudenhöffer leitet daraus ab: »Das eigene Auto vor der Haustür scheint in Großstädten unschlagbar.«

Besonders in den Zentren nimmt die Belastung durch den individuellen Verkehr und den vom Onlinehandel angeheizten Lieferverkehr zu. Umweltschützer sowie manche Städte- und Verkehrsplaner fordern daher, neben dem Ausbau des ÖPNV vor allem mehr Raum für Radfahrer und Fußgänger zu schaffen – oder zumindest mehr Anreize für Carsharing.

Dudenhöffer räumt ein: »Dem Rad kommt eine besondere Rolle zu. … Eine Politik gegen das Auto macht wenig Sinn. Aber reine Autopolitik funktioniert auch nicht.« Es gehe um ein »Sowohl-als-auch«. »Bleibt die Frage, wie man beides beim engen Raumangebot unter einen Hut bringt.« Infrastrukturflächen müssten auch in die Breite vergrößert werden dürfen, statt Wohnareale nur vertikal zu verdichten.


Tip von Stefan


Weitere Artikel

(20.06.21) von heise.de , Original : hier

Analyse: Autodichte in Großstädten steigt weiter an

Besonders in den Zentren hat der Lieferverkehr in der Pandemie noch zulegt. Eine Auswertung zeigt: Auch die Zahl der Pkw in Großstädten steigt immer weiter. (dpa)

Den Anstrengungen für eine stärkere Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zum Trotz haben Pkw-Bestand und -Dichte in vielen Städten zuletzt weiter zugenommen. Die Zahl der registrierten Autos wuchs im vorigen Jahr in 22 von 25 betrachteten großen Kommunen, wie Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer bei einer Auswertung von Daten des Kraftfahrt-Bundesamts und des Statistischen Bundesamts ermittelte. So lag das Plus etwa in Berlin und Leipzig bei jeweils 1,1 Prozent, in Hannover bei 1,2 Prozent oder in Dortmund und Freiburg bei 1,7 Prozent. Am stärksten war der Zuwachs mit 2,2 Prozent in Bochum.

Zwar war erwartet worden, dass während der Corona-Krise viele Menschen wegen der Sorge vor Ansteckungen in Bussen und Bahnen auf das eigene Auto ausweichen.

“Der oft behauptete Trend “Weg vom Auto” ist nicht zu erkennen”, interpretiert Dudenhöffer die Ergebnisse. Pkw-Besitzer schätzten nun umso mehr die Möglichkeit, den eigenen Wagen flexibel nutzen zu können – obgleich sie pro Jahr kürzere Gesamtstrecken fahren.

2020 gab es indes auch drei Städte, in denen der Pkw-Bestand sank: Wolfsburg (minus 1,7 Prozent), Ingolstadt (minus 3,4 Prozent) und München (minus 1,1 Prozent), wo die Zentralen von Volkswagen, Audi und BMW sitzen. Die Vermutung für den hier gegenläufigen Trend: Zahlreiche Dienstwagen wurden kurzfristig aus dem Verkehr gezogen, weil viele leitende Angestellte der Autobauer aus dem Homeoffice arbeiteten. “Man kann im Verlauf des Jahres 2021 damit rechnen, dass der Schwund wieder ersetzt wird”, schreibt der Chef des Center Automotive Research (CAR) in Duisburg.

Im bundesweiten Schnitt legte die Autodichte bis zum Jahreswechsel laut CAR-Berechnungen leicht auf 580 Wagen je 1000 Einwohner zu, Anfang 2020 hatte der Wert bei 575 gelegen. Auch in den Vorjahren gab es kontinuierliche Steigerungen – bei parallel abnehmender Gesamt-Fahrstrecke pro Autobesitzer. Dudenhöffer leitet daraus ab: “Das eigene Auto vor der Haustür scheint in Großstädten unschlagbar.”

Besonders in den Zentren nimmt die Belastung durch den Individual- und durch den vom Online-Handel angeheizten Lieferverkehr jedoch zu. Umweltschützer sowie manche Städte- und Verkehrsplaner fordern daher, neben dem Ausbau des ÖPNV vor allem mehr Raum für Radfahrer und Fußgänger zu schaffen – oder zumindest mehr Anreize für Carsharing.

Dudenhöffer räumte ein: “Dem Rad kommt eine besondere Rolle zu. (…) Eine Politik gegen das Auto macht wenig Sinn. Aber reine Autopolitik funktioniert auch nicht.” Es gehe um ein “Sowohl-als-auch”: “Bleibt die Frage, wie man beides beim engen Raumangebot unter einen Hut bringt.” Infrastruktur-Flächen müssten auch in die Breite vergrößert werden dürfen, statt Wohnareale nur vertikal zu verdichten.

Mit der Energiewende in den Blackout?

21.02.2021 ∙ MDR Wissen ∙ MDR Fernsehen , ARD – Mediathek

Der Ausstieg aus Kohle und Kernkraft ist beschlossene Sache. Kritiker befürchten, dass damit unsere Energieversorgung instabil werden könnte. Stimmt das? Und wenn ja, was muss sich verändern, damit das nicht passiert?

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Wichtig, hierzu auch: Windkraft – Kampf um die Energiewende

Immer weniger neue Windräder werden in Deutschland gebaut. Aber die Windenergie ist wichtig für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und es gibt in ganz Deutschland viele geeignete Standorte. Gegen Windräder und Windkraft generell regt sich kräftiger Widerstand. Was ist dran an den Argumenten gegen und für Windkraft?

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Wichtig, hierzu auch : Übrigens … zur Energiewende (Leschs Kosmos)

Wir können es uns nicht leisten zu warten. Professor Harald Lesch legt dar, warum wir die Energiewende jetzt schaffen müssen – und nicht irgendwann.

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Wichtig, hierzu auch : Einfach genial , Lamellenvorhang mit Solartechnik

Stephan Hildebrandt aus Kitzingen hat einen stromerzeugenden Vorhang entwickelt. Er basiert auf organischer Photovoltaik-Technologie. Über kleine Kabel kann man den produzierten Strom direkt in sein Hausnetz einspeisen.

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Klimawandel in Deutschland: Die Klimakrise gefährdet Ihre Gesundheit

(14.06.21) , aus Zeit.de , Original : hier

Die unterschätzte Naturgefahr Hitze, Dürre oder Krankheiten: Eine Risikoanalyse zeigt, wie Deutschland 2050 aussehen könnte – und wie das Land sich anpassen kann. Von Alexandra Endres

Die Klimakrise gefährdet Ihre Gesundheit – Seite 1

In den Städten herrscht im Sommer eine lebensgefährliche Hitze, unter der vor allem Alte, Kranke und Kinder leiden. Allergien und Atembeschwerden sind weit verbreitet. Wegen der steigenden Temperaturen haben sich vom Süden her einst im Land unbekannte Insekten ausgebreitet. Sie übertragen Krankheiten, die es früher hier nicht gab. Weil viel zu wenig Regen fällt, sind die Böden ausgetrocknet. Die Flüsse führen Niedrigwasser. Die Natur leidet unter der Dürre, aber

So könnte Deutschlands Zukunft aussehen, wenn der Klimawandel weiter ungebremst fortschreitet. Das beschreibt die neueste Klimawirkungs- und Risikoanalyse (KWRA) des Bundes, die Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) an diesem Dienstag gemeinsam mit Dirk Messner, dem Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), und Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt des Deutschen Wetterdienstes (DWD), vorstellte.


Thema: Klima in der Krise

Klimawandel: Heimlich heiß Klimaschutzgesetz: Kann Deutschland so die neuen Klimaziele erreichen? Deutschland 2050: Die Ein-Zentimeter-Gefahr Weitere Beiträge


Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Analyse

Eine Kernaussage der Analyse: Der Klimawandel schadet nicht nur der Natur, sondern auch dem Menschen. “Die Gesundheit der Ökosysteme ist sehr eng und systemisch mit der Gesundheit der Menschen verbunden”, sagte UBA-Präsident Messner. 

Ein Beispiel sind Hitzewellen. “Hitze ist die am meisten unterschätzte Naturgefahr und die in Deutschland tödlichste”, schreibt das Umweltbundesamt. “In jedem heißen Sommer sterben in Deutschland Menschen an Hitze, seit 2003 über 20.000 Menschen.”

Was in Deutschland schon geschädigt ist

Die Folgen der Erderhitzung treffen Deutschland schon heute. Meere, Wälder, Flüsse, Seen und Böden seien bereits geschädigt, sagte Messner. “Die Verlierer der Entwicklung sind die Natur, die Menschen und auch unsere Wirtschaft.”

In den vergangenen sechs Jahren sind die Risiken des Klimawandels für Mensch und Umwelt noch gestiegen. Sie äußern sich jetzt schon, beispielsweise in Form von Hitze, Dürre oder Starkregen. Bisher betreffen sie nur wenige Regionen stark. Doch wenn die Erwärmung weiterhin stark voranschreitet, dann könnte bis zum Ende des Jahrhunderts ganz Deutschland sich in einen “Hotspot für die Risiken des Klimawandels” verwandeln.

Im Bericht sind konkrete Investitionen aufgelistet, die helfen sollen. Beispielsweise in Bäume und Parks, um die Städte grüner zu machen. Dort könnten dann Pflanzen wachsen, die mit den künftigen Klimaverhältnissen zurechtkommen. Oder in den Hochwasserschutz an den Meeresküsten und Flüssen, beispielsweise durch die Renaturierung von Auenlandschaften.

Selbst wenn es gelänge, die Erderwärmung bei zwei Grad Celsius zu begrenzen, werde Anpassung nötig sein, sagte UBA-Präsident Messner. Viele Maßnahmen bräuchten Zeit, um eine Wirkung entfalten zu können, sagte Ministerin Schulze. “Es dauert, bis ein Stadtbaum gewachsen ist und Schatten spendet.” Deshalb sei es nötig, schnell zu handeln. Wie teuer das werden könne, lasse sich nicht exakt beziffern, und auch die Schäden des Klimawandels ließen sich nicht genau berechnen. Aber nicht zu handeln werde auf jeden Fall “deutlich teurer”.

Doch je weiter der Temperaturanstieg fortschreitet, desto eher gerät die beste Anpassungsstrategie an Grenzen. Aktuell wird der Ausstoß klimaschädlicher Gase nicht kleiner, im Gegenteil. Erst vor wenigen Tagen erreichte die Treibhausgaskonzentration in der Erdatmosphäre einen neuen Rekord: Für den Mai 2019 maß man im Observatorium von Mauna Loa auf Hawaii durchschnittlich 419 CO2-Teilchen auf eine Million Teilchen Luft, so viel wie nie zuvor. Selbst die Corona-Pandemie hat den Anstieg nicht gebremst.

Video : hier

Mit den Treibhausgasen steigen auch die Temperaturen. Auf dem Planeten Erde ist es seit Beginn der Industrialisierung bereits um durchschnittlich 1,1 Grad Celsius wärmer geworden. Deutschland hat sich nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes seit 1881 bereits um 1,6 Grad erhitzt. Die Zahl der Tage, an denen die Temperatur über 30 Grad Celsius steigt, habe sich im gleichen Zeitraum fast verdreifacht, sagte DWD-Vorstand Tobias Fuchs. Bis 2050 sei im schlechtesten Fall ein Anstieg der Temperaturen von 2,3 bis 3 Grad Celsius zu erwarten. Bis zum Ende des Jahrhunderts könne Deutschland sogar um 3,9 bis 5,5 Grad Celsius heißer werden.

Weil die Anpassung an den Klimawandel vor allem in den Städten, Gemeinden und Landkreisen geschehen muss, will die Bundesregierung sie in Zukunft unterstützen. “Solange wir in einem Bereich unter zwei Grad Celsius bleiben, glauben wir, gut gewappnet zu sein”, sagte UBA-Präsident Messner. “Wenn wir jetzt handeln.”

Video : hier


Tip von Ingo

Diesel verteuern – oder besser ein Tempolimit?

(11.06.21 ) von zeit.de , Original : hier https://www.zeit.de/mobilitaet/2021-06/klimaschutz-diesel-inlandsfluege-spritpreis-co2-verkehr?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

Der Wahlkampf hat mit Diskussionen über Inlandsflüge und Spritpreise begonnen. Aber was würde den Verkehr wirklich klimafreundlich machen? Ein Blick auf die Zahlen Von Jonas Schulze

Mit Anbruch des Sommers hat auch der Bundestagswahlkampf begonnen. Und wie üblich diskutiert das Autoland Deutschland über Verkehrspolitik. Mit Ausnahme der AfD sind sich alle Parteien im Bundestag einig, dass die Mobilität klimafreundlicher werden soll. Über die Frage, mit welchen Maßnahmen das gelingen soll, wird aber heftig gestritten.

Die Klimaschutzziele der Bundesregierung sind klar: Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland vollständig klimaneutral sein. Laut des überarbeiteten Klimaschutzgesetzes, das die Regierung am 12. Mai beschlossen hat, sollen die CO2-Emissionen im Verkehr von 163 Millionen Tonnen im Jahr 2019 auf 85 Millionen Tonnen im Jahr 2030 absinken, sich also fast halbieren.

Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor jedoch in einem Urteil festgestellt: Es reicht nicht, immer neue Klimaschutzziele zu formulieren. Damit künftige Generationen nicht zu stark belastet werden, muss schon heute klar werden, mit welchen Maßnahmen der CO2-Ausstoß reduziert werden soll. Ansonsten läuft Deutschland Gefahr, die selbstauferlegten Ziele zu verfehlen.

Bislang setzten Union und SPD dazu vor allem auf die Förderung von Elektroautos. Aber genügt das, um die Klimaziele zu erreichen? Oder sind zusätzliche Schritte notwendig? Ein Verbot von Inlandflügen oder höhere Steuern auf Benzin und Diesel? Was bringt mehr für den Klimaschutz? Der Blick auf die Zahlen zeigt, wie effektiv die Maßnahmen tatsächlich wären.

Übersicht:

Tempolimit 130 auf Autobahnen

Grünenchef Robert Habeck sagte schon vor einem Jahr, dass seine Partei nur einer Regierung beitreten werde, die ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen durchsetzt. Das Umweltbundesamt hat ausgerechnet, wie viel CO2 durch diese Maßnahme eingespart werden könnte. Bei 130 km/h würden sich die CO2-Emissionen demnach um 1,9 Millionen Tonnen pro Jahr reduzieren.

Inlandsflüge verbieten

Vor dem Ausbruch der Pandemie reisten pro Jahr etwa 23 Millionen Fluggäste innerhalb Deutschlands. Ob die Passagierzahlen in den kommenden Jahren wieder das Vorkrisenniveau erreichen, ist noch offen. Denn Videokonferenzen könnten in Zukunft viele Geschäftsreisen überflüssig machen, die bislang der Grund für etwa zwei Drittel der Flugzeugbelegungen waren. Doch dieser Rückgang geht etwa den Aktivistinnen und Aktivisten von Stay Grounded oder auch dem Mobilitätsforscher Andreas Knie nicht weit genug. Sie fordern ein Komplettverbot von Inlandsflügen. Auch hierzu hat das Umweltbundesamt eine Berechnung angestellt: Durch das Verbot könnten etwa 2,1 Millionen Tonnen CO2 im Jahr eingespart werden.

CO2-Preis von 60 Euro

Die Forderung von Grünenchefin Annalena Baerbock, dass Sprit in den kommenden Jahren um 16 Cent teurer werden müsse, hat vergangene Woche empörte Reaktionen hervorgerufen. Dabei unterscheidet sich der Vorschlag der Grünen kaum von den bereits beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung. Seit dem ersten Januar gilt in Deutschland ein CO2-Preis von 25 Euro pro Tonne. Dadurch stieg der Benzinpreis um rund sieben Cent, der Dieselpreis um rund acht Cent.

Mehr zum Thema: Verkehrswende

Spritpreise: Wie teuer wird Autofahren nach der Wahl? Autofreie Innenstadt: “Für eine lebendige Innenstadt brauchen wir auch Autos”

Das Emissionsschutzgesetz gibt vor, dass der Preis bis zum Jahr 2025 schrittweise auf 55 Euro steigt. Den Grünen geht das nicht schnell genug: Sie fordern in ihrem Wahlprogramm, dass der Preis schon zwei Jahre früher auf 60 Euro steigen soll. Umgelegt auf den Spritpreis entspricht das laut Umweltbundesamt einem Aufschlag von 15,9 Cent pro Liter Diesel und 14,2 Cent pro Liter Benzin. Höhere Spritpreise erzeugen zusätzliche Anreize, umweltfreundlichere Transportmittel zu nutzen und bestehende Fahrzeuge besser auszulasten.

Der Bundesverband der Energiewirtschaft hat im Jahr 2019 eine Studie in Auftrag gegeben, in der die Auswirkungen eines höheren CO2-Preises auf den Straßenverkehr berechnet werden. Das Ergebnis: Bei einem Preis von 60 Euro pro Tonne würde sich der CO2-Ausstoß um 1,2 bis 2,4 Millionen Tonnen pro Jahr verringern.

Dieselsteuervorteil abschaffen

Diesel wird bislang geringer besteuert als Benzin, daher ist Diesel an der Tankstelle billiger. Ein Relikt aus den Neunzigerjahren: Damals wollte die Regierung die aufstrebende Antriebstechnik unterstützen – zunächst mit Erfolg, Diesel verkauften sich lange ausgezeichnet. Doch seit der Abgasaffäre im Jahr 2015 hat das Image des Diesels stark gelitten. In ihren vorläufigen Wahlprogrammen fordern die Linkspartei und die Grünen, die steuerliche Begünstigung abzuschaffen. Das käme eine Preiserhöhung von 18,4 Cent pro Liter Diesel gleich. Ähnlich wie die Erhöhung des CO2-Preises würde auch das die Nachfrage senken.

Auch Ruth Blanck hält die Erhöhung der Energiesteuer für Dieselkraftstoff für überfällig. Blanck ist Wissenschaftlerin am Öko-Institut und hat sich in einer Studie für die Stiftung Agora Verkehrswende mit der Frage auseinandergesetzt, wie die Transformation des Verkehrssektors gelingen kann. “Dieselfahrzeuge sind häufig groß und stark motorisiert”, sagt Blanck. Außerdem würden sie oft von Haushalten mit hohem Einkommen genutzt. Laut ihrer Modellrechnung könnte die jährliche Fahrleistung von Dieselautos und Lkw nach Wegfall des Steuervorteils um etwa 2,5 Prozent zurückgehen. Das entspräche einer Einsparung von 3,7 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.

Verbrennerverbot ab 2025

Der wichtigste Baustein im Verkehrskonzept der Bundesregierung ist die Förderung der Elektromobilität. Zwar belasten auch E-Autos das Klima, da bei ihrer Produktion oft viel CO2 ausgestoßen wird. Aber laut Berechnungen des Bundesumweltministeriums sind die Treibhausgasemissionen von E-Autos der Kompaktklasse zwischen 23 und 30 Prozent niedriger als bei vergleichbaren Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Laut Klimaschutzgesetz sollen im Jahr 2030 daher mindestens zehn Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sein.

Fazit

Angesichts von 78 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr, die der Verkehr laut Plan der Bundesregierung in den kommenden neun Jahren einsparen soll, sind die Effekte der genannten Maßnahmen verhältnismäßig gering. Sie können nur einzelne Bausteine einer erfolgreichen Verkehrswende sein. Besonders viel CO2 könnte Studien zufolge eingespart werden, wenn Sprit teurer wird – und wenn die Gesellschaft auf emissionsfreie Fahrzeuge umsteigt.


Tip von Ingo

Berlin macht Solardächer zur Pflicht

(17.06.21 ) von golem.de , Original : hier

Das Abgeordnetenhaus von Berlins hat das Solargesetz beschlossen. Es soll mehr Ökostrom in der Hauptstadt möglich machen. ( Tobias Költzsch/ dpa)

Auf Berlins Hausdächern sollen in Zukunft deutlich mehr Solaranlagen zu sehen sein. Das Abgeordnetenhaus hat am 17. Juni 2021 mit seiner rot-rot-grünen Mehrheit gegen die Stimmen der Opposition das schon lange diskutierte Solargesetz Berlin beschlossen.

Es gilt ab dem 1. Januar 2023 und verpflichtet private Eigentümer von Neubauten und bei einer grundlegenden Dachsanierung bestehender Gebäude, auf dem Dach eine Photovoltaikanlage zu installieren und zu betreiben. Alternativ ist auch eine Solarthermieanlage oder eine Photovoltaikanlage an einer Gebäudefassade möglich.

Der Solarausbau soll durch das neue Gesetz ab 2023 deutlich beschleunigt werden. Es ist aus Sicht der Senatsverwaltung für Wirtschaft ein wichtiger Hebel, um den Solarstromanteil am städtischen Strombedarf möglichst schnell auf 25 Prozent zu steigern und so zum Klimaschutz beizutragen.

Auf den Berliner Dächern gebe es ein erhebliches Solarpotenzial, das bisher nur zu einem kleinen Teil genutzt werde. Der Ausbau der Solarenergie in Berlin schaffe auch zukunftssichere Arbeitsplätze vor allem in den Bereichen Planung und Handwerk.

Senat erwartet Solarboom

Der Linken-Abgeordnte Michael Efler lobte das Gesetz bei der letzten Plenarsitzung vor der Sommerpause: “Wir werden damit einen Solarboom auslösen.” Die Regierungskoalition werde damit ihrer Verantwortung angesichts des Klimawandels gerecht. Efler wies darauf hin, dass am 17. Juni 2021 auch der Rückkauf des Berliner Stromnetzes beschlossen worden sei, aus seiner Sicht ebenfalls ein wichtiger Beitrag für die Energiewende.

Die CDU bemängelte bei der Plenarsitzung, Rot-Rot-Grün sei energiepolitisch gescheitert. Der Senat habe fünf Jahre lang nichts zustande gebracht. Und die Pläne zum Solarausbau belasteten ausgerechnet Besitzer von Einfamilienhäusern und kleine Gewerbetreibende überdurchschnittlich. Erneuerbare Energien und Klimaschutz: Hintergründe – Techniken und Planung – Ökonomie und Ökologie – Energiewende (Deutsch)

Die FDP-Fraktion warf Rot-Rot-Grün vor, das Gesetz sei handwerklich schlecht gemacht. Nicht einsichtig sei, sich nur auf Solarenergie zu beschränken. Außerdem sei die Umsetzbarkeit fraglich.

Kritik gab es aber nicht nur von der Opposition, sondern auch von der Fachgemeinschaft Bau. Das vorliegende Gesetz werde gerade im Sanierungsbereich zu einer Bremse werden, warnte Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner.



(17.06.21) aus pv-magazin.de , Original : hier

Berlin beschließt Photovoltaik-Pflicht für neue Wohn- und Nicht-Wohngebäude ab 2023

Das Abgeordnetenhaus hat das Solargesetz mit kleinen Änderungen beschlossen. Damit ist der Weg frei, dass bei neu gebauten Wohnhäusern, aber auch Nicht-Wohngebäuden sowie größeren Dachsanierungen künftig eine Photovoltaik-Anlage errichtet werden muss. Die Pflicht kann auch durch Dritte erfüllt werden.


Tip von Stefan

Bericht des Umweltministeriums zu Klimafolgenforschungen

(16.06.21) , Umweltbundesamt.de , Original – 121 Seiten – Studie : hier

Kurzbeschreibung:

Der vorliegende Bericht beinhaltet die Kurzfassung der„Klimawirkungs-und Risikoanalyse 2021 für Deutschland“. DieKWRA 2021 zielt darauf ab, eine wesentliche Grundlage für die Wei-terentwicklung der Anpassung in Deutschland zu schaffen, insbesondere für die Entwicklung der nächsten Aktionspläne Anpassung der Bundesregierung.

In der Kurzfassung der KWRA 2021 sind alle Inhalte der insgesamt sechs Teilberichte, in denen die Grundlagen und Ergebnisse der Studie ausgeführt sind, zusammengefasst dargestellt. Dies umfasst zunächst Ausführungen zum konzeptionellen Hintergrund und zum methodischen Vor-gehen bei der Analyse und Bewertung der Klimawirkungen und Anpassungskapazität sowie zu weiteren Grundlagen in Form von Klimaprojektionen und sozioökonomischen Projektionen für Deutschlandund in Form einer Analyse der generischenAnpassungskapazität.

Weiterhin sind die Ergebnisse der Analyse-und Bewertungsschritte für jedes der 13 in der KWRA 2021 berück-sichtigten Handlungsfelder in zusammengefasster Form präsentiert. Schließlich werden die wesentlichen Inhalte der handlungsfeld übergreifenden Auswertung, also Gesamtbetrachtung der Klimarisiken ohne und mit Anpassung, Analyse räumlicher Muster und Gesamtbetrachtung der Handlungserfordernisse, sowie der Überblick zum weiteren Forschungsbedarf konzise wieder-gegeben.


Tip von Holger

Berlin, Bielefeld autofrei — Möglichkeit für Bochum

Hier mal ein kleiner Querschnitt von Nachrichten etc rund um das Thema autofreie Innenstadt insbes. Bezüge zur Volksinitiative ‘Berlin autofrei’ .

Weitere Interessante Links bitte ergänzen oder via Mail an bokllima [at] boklima.de .


  • Autofreie Stadt , auf in die Zukunft , hier
    • Strassen wieder für Menschen nutzbar machen
      • Aus der Bundesregierung wird in nächster Zeit wenig erfreuliches zu hören sein und auch von der EU-Kommission ist man kaum an positive Nachrichten gewöhnt. Über manche Erzeugnisse aus der Brüsseler EU-Zentrale freut man sich aber doch. Eins davon ist das Handbuch mit dem Titel “Reclaiming city streets for people” (PDF, eng.) aus dem Jahre 2004. Herausgegeben wurde es von der damals für Umweltfragen zuständigen Margot Wallström, einer schwedischen Sozialdemokratin, die inzwischen zur Vizepräsidenten in der EU-Kommission aufgestiegen ist.
      • In dem Handbuch werden unterschiedliche Konzepte zur Einführung von Fußgängerzonen und zum Zurückdrängen des Autoverkehrs aus den Stadtzentren anhand von Fallbeispielen sehr anschaulich vorgestellt. Besonderes Augenmerk wird auf das Phänomen der “Verkehrsverpuffung” gelegt. Das ist die Kehrseite von “Wer Straßen sät wird Verkehr ernten“: wenn Straßen für Fußgänger und Fahrradfahrer umgestaltet werden, verschwinden tatsächlich Autos.
  • (01.04.21) aus Zeit-online.de , hier
    • Superblocks in Berlin: Wenn Kieze die Autos verdrängen
      • In Berlin sollen nach dem Vorbild Barcelonas Blocks entstehen, in denen kaum noch Autos fahren dürfen. Nicht alle sind von der Idee begeistert.
  • (14.06.21) wdr.de , Autofreie Bielefelder Altstadt: Testphase startet , hier
    • In der Bielefelder Altstadt werden ab Montag mehrere Straßen für Autos und den Durchgangsverkehr gesperrt. Das ist Teil eines Verkehrsversuchs, der jetzt in die heiße Phase geht.
    • Viel weniger Autos, dafür mehr Platz für Menschen und mehr Grün: Das soll die Altstadt attraktiver machen. Ende Mai hat der Rat das Modellprojekt mit Stimmen von SPD, Grünen und Linken beschlossen. Am ersten Juniwochenende haben die Gastwirte schon mal losgelegt und Parkbuchten für die Außengastronomie genutzt.
    • Sitzplätze und Spielgeräte für Kinder
      • Die Stadt wird die Parkstreifen jetzt Schritt für Schritt weiter umwandeln, dort Sitzmöglichkeiten schaffen, für mehr Grün sorgen und Spielgeräte für Kinder aufstellen, etwa auf dem Altstädter Kirchplatz. All das soll die Aufenthaltsqualität steigern. Der Durchgangsverkehr bleibt draußen. Parkhäuser und private Grundstücke sind nach Auskunft der Stadt aber weiter mit dem Auto erreichbar. Audio starten, abbrechen mit Escape
    • Stadtgespräch: Autofreie Innenstädte – Der Kampf um die Straße
    • Verkehrsversuch in der Altstadt polarisiert
      • Dem Versuchsstart am Montag begegneten die Menschen sehr unterschiedlich. Ein betroffener Anwohner mit eigenem Auto empfindet es als umständlich, immer erst den neuen Absperr-Poller aus der Straße ziehen zu müssen.
      • Eine Radfahrerin dagegen freute sich über eine Straße ohne Autos. Ein Ladeninhaber wiederum hat Sorge, dass die Kunden durch weniger Parkmöglichkeiten ausbleiben könnten.
    • Straßenbild verändert sich
      • Das Straßenbild in der Altstadt hat sich bereits verändert. Weniger Autos, dafür mehr Leben auf den Straßen. In den freien Parkbuchten haben einige Geschäfte ihre Waren aufgebaut und die umliegenden Restaurants haben Tische und Stühle aufgestellt. Wer jedoch über die jetzt schon autofreien Zonen hinweg sieht, dem dürften auch Autos auffallen, die gleich mehrfach die Altstadt umkreist haben. Noch müssen sich viele an die neue Situation gewöhnen.
    • Anfang Juli weitere Straßensperrung geplant
      • Ab Anfang Juli sollen dann weitere Straßen gesperrt werden, darunter die Straße Am Waldhof. Der Handelsverband OWL kritisiert, dass zeitgleich eine Baustelle im Kreuzungsbereich Niederwall / Am Bach geplant ist und befürchtet ein Verkehrschaos. Die Altstadt sei dann von zwei Seiten nicht erreichbar.
    • Verkehrsversuch bis Februar 2022 geplant
    • Bielefeld testet autofreie Altstadt
  • (29.05.21) autozeitung.de , hier
    • Autofreie Innenstadt: Berlin/Bielefeld/Köln Bielefeld testet autofreie Innenstadt
      • Bielefeld testet autofreie Innenstadt: Ähnliche Pläne in Köln, Münster & Hannover
      • Mehrere Kommunen wollen eine autofreie Innenstadt ab Sommer 2021 testen. Vorreiter ist Bielefeld, wo der Stadtrat mit der Mehrheit von SPD, Grünen und Linken einen Test der autofreien Altstadt beschlossen hat.
      • Ab Juni 2021 sollen viele Straßen im Stadtkern für Autoverkehr gesperrt werden, Parkflächen sollen für eine Ausweitung der Außengastronomie weichen. Noch ist allerdings nicht entschieden, welche Straßen von den Maßnahmen betroffen sind. Bei einer Bürgerbefragung stand eine Mehrheit den Plänen positiv gegenüber. Allerdings wurden auch einige Bedenken geäußert. Auch in Reihen von CDU und FDP gibt es kritische Stimmen, etwa bei der Frage der Anbindung von Parkhäusern und bei der drohenden Überlastung von Nebenstraßen.
      • Anfang 2022 soll eine Auswertung der Testphase erfolgen. In Köln gibt es Pläne, einen weiteren Abschnitt der Zülpicher Straße autofrei umzugestalten. Betroffen ist die Zülpicher Straße zwischen Hohenstauffenring und Roonstraße, wo aktuell Autos, Straßenbahnen, Radfahrer:innen und Fußgänger:innen den Verkehrsraum nutzen. Stimmt der Verkehrsausschuss im Juni 2021 zu, könnten die Pläne schon bald umgesetzt und Autos in diesem Bereich ausgesperrt werden.
      • Auch in Münster und Hannover gibt es Pläne für den Test autofreier Abschnitte in den Innenstädten. Andere Städte wie Erfurt beschränken den Verkehr in der Innenstadt bereits konsequent auf Anwohner:innen. In Hamburg derweil darf der zentrale Jungfernstieg seit Oktober 2020 nur noch von Fahrrädern, Bussen, Taxis und Lieferwagen befahren werden. Wuppertal hat sich vorgenommen, die autofreie Innenstadt bis 2027 zu verwirklichen.
  • xx
  • (seit 2020 ) Initiative Berlin autofrei : hier
    • Um die massiven Umsatzeinbußen der Gastronomie aufzufangen, setzt der Volksentscheid Berlin autofrei sich für eine gemeinwohlorientierte Nutzung des öffentlichen Raums ein. Restaurants und Cafés in ganz Berlin sollen kostenfrei und unbürokratisch drei Stellplätze vor der Tür für die Außenbewirtung nutzen können.
    • für eine echte Verkehrswende
      Wir wollen deutlich weniger Autoverkehr innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings. Der „Volksentscheid Berlin autofrei“ sorgt für eine gesunde, sichere und klima­schonende Stadt mit mehr Platz für alle!
      In Zeiten des Klima­wandels und des knapper werdenden Raums in Groß­städten brauchen wir eine wirksame und sozial gerechte Verkehrs­wende. Politiker*innen ergreifen dafür aus unserer Sicht nicht die nötigen Maßnahmen – es ist Zeit, dass sich was bewegt.
      Um eine Reduzierung des Auto­verkehrs auf die notwen­digen Fahrten zu erreichen, haben wir das „Berliner Gesetz für gemeinwohl­orientierte Straßen­nutzung“ ausge­arbeitet, über das alle Berliner*innen in einem Volks­entscheid abstimmen sollen. Am 18.02.2021 haben wir den Gesetz­entwurf bei der Senats­verwaltung für Inneres zur Kosten­schätzung eingereicht. Der Gesetzes­text mit Begründung ist hier als PDF zum Download verfügbar.
  • (18.02.21) Bericht in der taz.de : hier
    • Volksentscheid „Berlin autofrei“: Autos sollen frei bekommen
      Die Initiative „Berlin autofrei“ hat dem Senat ihren Gesetzentwurf vorgelegt. Zu einem Volksentscheid käme es erst 2023.
      Erprobt wird die Autofreiheit bereits in der Friedrichstraße
      In den letzten Wochen hatte sie schon fleißig in der Stadt plakatiert, am Mittwoch dann reichte die Initiative „Volksentscheid Berlin autofrei“ ihren Gesetzentwurf bei der Senatsverwaltung für Inneres zur Kostenschätzung ein. Zum Gesetzestext von 10 Seiten kommen knapp 40 Seiten Begründung. Auch die Allgemeinheit ist eingeladen, das Dokument im Internet zu studieren, an dem laut „Berlin autofrei“ ein Team von JuristInnen ein Jahr lang getüftelt hat.
      Die Verwaltung von Andreas Geisel (SPD) hat nun zwei Monate Zeit, eine amtliche Kostenschätzung abzugeben. „Berlin autofrei“ selbst beziffert die jährlichen Kosten des Gesetzes für die Verwaltung mit 5 Millionen Euro, gleichzeitig spare das Land jährlich rund 425 Millionen Euro ein
  • (18.04.21) Berliner Zeitung : hier
    • Autofreie City: Rechtsexperte lobt Gesetzentwurf für weniger Fahrzeuge in Berlin
      • Per Volksabstimmung soll die Berliner Umweltzone von einem Großteil der Autos befreit werden. Eine prominente Politikerin der Grünen will auch unterschreiben. 
      • Berlin – Nicht mehr lange, dann soll die Unterschriftensammlung beginnen. Das geplante Plebiszit, das die Berliner Innenstadt größtenteils von privaten Autos befreien soll, geht demnächst in die erste Stufe. Nun hat eine Grünen-Politikerin angekündigt, dass sie sich in die Listen eintragen wird. „Ich werde unterschreiben, obwohl ich weiß, dass es sich um sehr weitgehende Forderungen handelt“, sagte Monika Herrmann, Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, der Berliner Zeitung. Einer der profiliertesten Experten auf dem Gebiet des Straßenrechts bezeichnete die juristische Strategie des Teams „Volksentscheid Berlin autofrei“ grundsätzlich als machbar. „Es ist zu erkennen, dass der Gesetzentwurf nicht ohne juristische Beratung erarbeitet worden ist“, lobte Franz-Rudolf Herber, Herausgeber des Handbuchs „Straßenrecht“ und weiterer Standardwerke. In einem entscheidenden Punkt könnte es aber Probleme geben.
  • (19.02.21) von n-tv.de : hier
    • Autofreie Berliner Innenstadt Initiative fordert nur noch 12 Fahrten pro Jahr
      • Das Ziel ist die “größte autoreduzierte Innenstadt der Welt”, dafür legt eine Berliner Bürgerinitiative nun einen Gesetzesentwurf vor. Darin steht auch, dass private Fahrten nur noch zwölfmal im Jahr erlaubt sein sollen. Die Landesregierung interessiert sich für die Pläne.
      • Eine Berliner Bürgerinitiative will den Autoverkehr innerhalb des S-Bahn-Ringes weitgehend verbieten und hat dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt. Bürger sollen demnach nur “bis zu zwölfmal im Jahr” ein Kraftfahrzeug privat nutzen dürfen – und zwar zum Transport schwerer oder sperriger Güter oder für Urlaubsfahrten. Nach zehn Jahren soll sich die Zahl der gestatteten Fahrten auf sechs halbieren.
  • (17.04.21) Bericht bei t-online.de , Original : hier
    • Selbst Grüne gehen auf Abstand   Initiative kämpft für ein autofreies Berlin
      • Fahrradfahrer auf der autofreien Friedrichstraße in Berlin-Mitte: Die Initiative “Berlin autofrei” will Autos aus der Innenstadt verbannen – mit Ausnahmen.
      • Der “Volksentscheid Berlin autofrei” will Privatautos aus der Berliner Innenstadt verbannen. Selbst die Grünen hadern mit der Radikalität der Forderungen.
      • Wie sähe eine Stadt ohne Autos aus? Vielleicht so: breite Rad- und Fußwege, spielende Kinder mitten auf der (ehemaligen) Fahrbahn, Bänke, Blumenbeete, Flohmarktstände, vielleicht ein kleines Open-Air-Kino.
      • Mit diesem idyllischen Bild wirbt die Initiative “Berlin autofrei” für eine radikale Vision: Bis 2027 sollen aus der Innenstadt die allermeisten Privatautos verbannt werden. Nur Polizei, Feuerwehr, Taxen, Busse, die Müllabfuhr und der Warenverkehr dürften dann noch die Straßen innerhalb des S-Bahn-Rings – ausgenommen sind Bundesstraßen – benutzen. Auch parkende Autos müssten verschwinden. 
      • Berlin soll so die größte autoreduzierte Zone der Welt und ein Vorbild für ganz Deutschland werden, hofft die Initiative. Das Ziel sei eine “saubere, sichere und lebenswerte” Stadt, so Sprecher Manuel Wiemann auf Anfrage. “Autos sind laut, verursachen Unfälle und verpesten die Luft. Außerdem blockieren sie massiv den öffentlichen Raum.”
      • Manuel Wiemann, Sprecher der Initiative "Volksentscheid Berlin autofrei": Sein Ziel ist eine "saubere, sichere und lebenswerte" Stadt. (Quelle: Initiative Volksentscheid Berlin autofrei/CC by-sa 4.0)Manuel Wiemann, Sprecher der Initiative “Volksentscheid Berlin autofrei”: Sein Ziel ist eine “saubere, sichere und lebenswerte” Stadt. (Quelle: Initiative Volksentscheid Berlin autofrei/CC by-sa 4.0)
  • (seit 2020) autofrei Berlin : hier
    • Verschiedene Aktionen werden vorgestellt
  • (01.03.2019) tagesspiegel.de , Original : hier
    • Senat will „Straßenraum in Lebensraum“ verwandeln
      • “Autofreier Wrangelkiez” soll eine neue Machbarkeitsstudie in Kreuzberg heißen. Die Verkehrssenatorin hofft auf “mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum”. André Görke
      • Berlin, eine Stadt ohne Autos? Die Debatte läuft auf Hochtouren, nachdem Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) von ihrem Ideal gesprochen hatte: “Wir möchten, dass die Menschen ihr Auto abschaffen.“ Prompt kam scharfe Kritik.
      • Nun erfolgte am Freitag der nächste Schritt: Die Senatsverwaltung für Verkehr und Umwelt – mit Regine Günther an der Spitze – verkündete, dass die Machbarkeitsstudie “Autofreier Wrangelkiez” finanziert werde.
      • Was heißt das konkret? “Im Rahmen der Untersuchung wird geprüft, wie der Straßenraum im Wrangelkiez so gestaltet werden kann, dass das Wohnquartier für die Anwohnerinnen und Anwohner lebenswerter und attraktiver wird”, heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung.
      • Der Titel der Studie (“autofreier Wrangelkiez”) klingt radikal – die Realität so: “Es wird geprüft, wie eine weitgehende Verringerung des motorisierten Individualverkehrs erreicht werden kann. Dabei sollen auch Lösungen für den Lieferverkehr in der Wrangelstraße geprüft werden.”
  • (01.03.19) Machbarkeitsstudie “Autofreier Wrangelkiez”, hier
  • () Autofreie Kieze und Straßen: Berlin gewinnt durch neue Räume, hier
    • n einer so dicht besiedelten Metropole wie Berlin ist die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum entscheidend für das Wohlbefinden der Menschen. Belebte urbane Quartiere und viele Fußgängerinnen gehören untrennbar zusammen. Einzelhandel, Gastronomie oder Tourismus – sie alle profitieren von einer attraktiven Gestaltung öffentlicher Räume für Fußgängerinnen
  • (22.01.21) Autofreie Friedrichstraße: Projektzeitraum wird verlängert, hier
    • Bis Ende Oktober 2021 bleibt die Friedrichstraße offen für Fußgänger*innen und Radfahrende – ohne Autoverkehr
      • Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und der Bezirk Mitte von Berlin haben beschlossen, das Projekt „Flaniermeile Friedrichstraße“ bis Ende Oktober 2021 fortzusetzen. Diese Entscheidung fiel nach Gesprächen mit Anrainern und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft sowie Beratungen auf Grundlage einer Auswertung der bisher vorliegenden Daten. Die Friedrichstraße bleibt damit – wie bisher auf dem Abschnitt zwischen Französischer und Leipziger Straße – auch in der kommenden Saison von Frühjahr bis Herbst autofrei.
      • folgende vorläufige Ergebnisse:
        • Die Luftqualität hat sich verbessert – genauere Auswertungen folgen.
        • Die Verkehrsbelastung um die Friedrichstraße hat im Saldo abgenommen: Erste Verkehrsauswertungen an mehr als 40 Messpunkten zeigen, dass der Kfz-Verkehr in den Parallelstraßen (Glinkastraße, Charlottenstraße und Wilhelmstraße) weniger stark zunahm, als er in der Friedrichstraße zurückgegangen ist.
        • Radfahrende sind – entgegen manchen Warnungen – nicht schneller als erlaubt (Höchstgeschwindigkeit 20 km/h) auf dem Radweg in der Straßenmitte unterwegs.
        • Die Konzepte zur Belieferung, auch größerer Einzelhandelsgeschäfte, funktionieren.
        • Gerade gastronomische Betriebe hatten trotz Corona-Einschränkungen deutliche Umsatzsteigerungen während der Sommersaison 2020, insbesondere wegen des neuen Angebots attraktiver Außenplätze.
        • Die Angebote der „Showcases“ werden gut genutzt, weshalb der Bezirk ihre Anzahl verdoppelt hat.
  • xx

Glossar zur Klimakrise Methan – Treibhausgas im Schatten von Kohlendioxid

(11.06.21 von spiegel.de , Original : hier )

Methan ist als Treibhausgas weniger bekannt als Kohlendioxid, spielt aber eine große Rolle bei der Erderwärmung. Denn seine Konzentration in der Atmosphäre steigt seit Jahren an. Von Marc Theodor

Was ist Methan?

Klimakrise

Bei Methan handelt es sich um ein farb- und geruchloses Gas. Als einfachster Kohlenwasserstoff besteht das Methanmolekül aus einem Kohlenstoff- und vier Wasserstoffatomen. Daraus ergibt sich die chemische Formel CH4. Es entsteht sowohl natürlich als auch durch menschengemachte Prozesse.

Dies geschieht hauptsächlich in Feuchtgebieten, die somit die größte natürliche Methanquelle darstellen.

Bei den menschengemachten Emissionen gibt es mehrere wichtige Ursprünge: Das Gas entsteht ebenfalls auf unter Wasser stehenden Reisfeldern, sowie durch mikrobielle Fäulnisprozesse von organischem Material auf Abfallhalden. Große Mengen an Methan werden auch beim Abbau von Kohle in Form von Grubengas freigesetzt oder durch Leckagen von Gaspipelines, da Methan ein wichtiger Bestandteil von Erdgas ist.

Welche Bedeutung hat Methan für den Klimawandel?

Obwohl es in einer deutlich geringeren Konzentration in der Atmosphäre vorkommt als Kohlendioxid, spielt Methan als viel stärkeres Treibhausgas ebenfalls eine wichtige Rolle bei der globalen Erwärmung.

Da CH4 durch eine Vielzahl an natürlichen und menschengemachten Quellen freigesetzt wird, müssten zur Reduzierung zahlreiche Einzelmaßnahmen ergriffen werden. Teilweise lassen sich diese bereits heute kostengünstig durchführen. Gleichzeitig gibt es weiterhin viele offene Fragen, was die Freisetzung und den Abbau von Methan betrifft. So blieb der Methangehalt der Atmosphäre seit Ende der 1990er-Jahre zunächst konstant bei knapp 1800 ppb, um dann unerwartet ab 2007 wieder deutlich anzusteigen.

Da es in diesem Zeitraum zu keinen deutlichen Veränderungen bei den oben genannten, klassischen CH4-Quellen kam, scheinen sie als Erklärung für den Anstieg eher ungeeignet. Darum diskutieren Experten über zwei weitere Vorgänge: Es ist möglich, dass ein mengenmäßiger Schwellenwert an Methan in der Atmosphäre überschritten wurde und sich die natürlichen Abbauprozesse dadurch verlangsamen. Das Treibhausgas bliebe somit also länger in der Luft und reichert sich trotz unveränderter Emissionen an. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass durch den Klimawandel bereits Rückkopplungsprozesse eingesetzt haben. In diesem Fall könnte zusätzliches CH4 aus dem tauenden arktischen Permafrost oder aus Methanhydraten vom Ozeanboden austreten. Zum Weiterlesen:


Tip von Ingo

Till van Treeck über Freiheit: “Man kann nicht ganz Deutschland mit Eigenheimen zubauen”

(12.06.21 , zeit.de , Original : hier )

Viele Menschen fühlen sich nicht frei genug, um auf Konsum zugunsten von Freizeit zu verzichten, sagt der Ökonom Till van Treeck. Muss man Freiheit neu definieren? Interview: Petra Pinzler • Illustration: Annick Ehmann

Till van Treeck ist Professor und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Sozioökonomie an der Universität Duisburg-Essen

“Man kann nicht ganz Deutschland mit Eigenheimen zubauen” – Seite 1

Klimakrise, Artensterben, Ozeanverschmutzung: Bisher hat die Ökonomie die planetaren Grenzen und damit viele ökologische Probleme weitgehend ignoriert. Doch das ändert sich gerade rasant, Schlüsselbegriffe wie “Markt”, “Wettbewerb” oder “Schulden” werden neu gedacht und neu bewertet. Das wiederum wird die Spielregeln der Wirtschaftspolitik radikal verändern. Im Rahmen eines Fellowships bei THE NEW INSTITUTE haben wir bei neun führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nachgefragt: Wie lässt sich die Wirtschaft-Natur-Krise lösen?

ZEIT ONLINE: Herr van Treeck, im Hamburger Norden sollen bald keine Eigenheime mehr gebaut werden dürfen – um dort die Natur zu schützen. Schränkt das die Freiheit der Menschen unzulässig ein?

Till van Treeck: Es schränkt sicherlich die Freiheit derer ein, die gern ein Eigenheim bauen wollen. Es erhöht aber die Freiheit derer, die die Fläche und die Materialien vielleicht gern anders verwenden würden – klimaschonender, kreativer, emanzipatorischer. Statt eines privaten Eigenheims könnten auf dem gleichen Platz vielleicht Wohn- und Gartenanlagen für viele Menschen entstehen. Unterm Strich könnte also durch das Verbot die Freiheit eher zunehmen.

ZEIT ONLINE: Das sehen viele anders. Die Entscheidung wurde vor ein paar Wochen heftig kritisiert, auch Politikerinnen und Ökonomen haben über Freiheitsentzug geschimpft.

Van Treeck: Es gibt nicht “die” Ökonom*innen. In den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten ist das Nachdenken über Ökonomie, und damit auch über den Freiheitsbegriff, offener geworden, nicht zuletzt als Ergebnis der weltweiten Finanzkrise ab 2007 und der heute immer offensichtlicheren Klimakrise.

In den Jahrzehnten davor war der Mainstream der Wirtschaftswissenschaften dagegen in einem bestimmten Sinne liberal oder gar libertär geprägt, entsprechend eng war das Verständnis von Freiheit. Und das wirkt bis heute nach. …
Von vielen Ökonomen wurde deswegen jeglicher “Eingriff” in das Privateigentum mit der Begrenzung von Freiheit gleichgesetzt. Das aber ignoriert einen wichtigen Teil der Wirklichkeit.

ZEIT ONLINE: Welchen?

Van Treeck: Wenn man Privateigentum – also das Recht an einer Sache – mit Freiheit gleichsetzt, unterschlägt man den Freiheitsentzug derer, die das Recht an dieser Sache nicht haben. Die Freiheit der Eigentümer*innen zählt, die der anderen nicht. Oder um bei Ihrem Beispiel zu bleiben: Die Freiheit derjenigen, die sich ein Eigenheim im Hamburger Norden leisten können, zählt mehr als die der vielen anderen, die vielleicht gern über die Wiese laufen würden.

ZEIT ONLINE: Na ja, ist das nicht in einer Marktwirtschaft in gewissem Maße immer so, die einen haben etwas und es steht ihnen in gewissen Grenzen frei, damit etwas zu tun, und die anderen dürfen das eben nicht?

Van Treeck: Ja, aber man sollte das nicht mit Freiheit verwechseln, denn es stimmt nicht mehr mit dem Wert überein, um den es bei dem Begriff geht. Der politische Philosoph Jerry Cohen hat das klar herausgearbeitet, er nennt diese falsche Verknüpfung “die Inkonsistenz des rechtebasierten Freiheitsbegriffs”: Das Recht an einer Sache wird fälschlich mit der Freiheit gleichgesetzt und die Unfreiheit derjenigen, die davon nichts haben, wird unterschlagen.

ZEIT ONLINE: Ein “Eigenheim für alle” könnte eine Lösung für das Problem sein, oder? Jedenfalls ist das die Politik dieser Bundesregierung, die durch das Baukindergeld und andere Fördertöpfe möglichst vielen Menschen zu einem eigenen Haus oder wenigstens einer Wohnung verhelfen will.

Van Treeck: Ja, eine klassische Antwort auf die Inkonsistenz des rechtebasierten Freiheitsbegriffs ist das Wirtschaftswachstum: Wenn beispielsweise die Menschen, die noch kein Haus haben, auch eines haben möchten, müssen wir eben mehr bauen – und so die vermeintliche Freiheit aller erhöhen. Dieses Prinzip stößt aber an Grenzen, wenn es um Güter geht, deren Angebot sich nicht ohne Weiteres ausweiten lässt. Das ist gerade bei Wohnflächen für Einfamilienhäuser in guter Lage und bei intakter Umwelt heute ziemlich offensichtlich. Man kann ja nicht ganz Deutschland mit Eigenheimen zubauen. Wer also eines hat oder baut, nimmt unweigerlich anderen die Freiheit, das auch zu tun. Die Standardökonomik kennt dafür den Begriff der Externalität: Das Handeln der einen hat externe Effekte für andere.

“Es können im Prinzip alle SUV fahren”

ZEIT ONLINE: Oder übersetzt: In einer endlichen Welt können nicht immer mehr Menschen in Eigenheimen wohnen.

Van Treeck: Ja, allerdings wird die Sache noch etwas komplizierter durch die sogenannten positionalen Güter, wie sie der Ökonom Fred Hirsch in seinem Buch Social Limits to Growth bezeichnet hat. Bei diesen Gütern geht es darum, den eigenen Status in der Gesellschaft zu demonstrieren, da geht es beispielsweise um SUV.

ZEIT ONLINE: Verkehrsminister Andreas Scheuer hat kürzlich erst gewarnt, die Grünen wollten den Menschen den SUV wegnehmen. Und wörtlich hat er gesagt: “Da geht es um unsere Freiheit.”

Van Treeck: Man könnte zunächst tatsächlich versucht sein zu sagen, es ist Ausdruck von Freiheit, wenn einzelne Leute sich dazu entscheiden dürfen, solche riesigen Autos zu kaufen. Sie wollen die Freiheit haben, ihrem Geschmack zu folgen und sich im Straßenverkehr sicher zu fühlen. Doch selbst wenn man ignoriert, wie sehr diese Autos die Umwelt verschmutzen, wird man zugeben müssen, dass die Teilnahme dieser Autos am Straßenverkehr die Freiheit derer, die kleinere Autos oder Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen, reduziert.

ZEIT ONLINE: Wieso?

Van Treeck: Die großen Autos brauchen große Parkplätze, Platz ist aber in Städten begrenzt. Parkende SUV nehmen also anderen, kleineren Autos den Platz weg. Schlimmer noch aber ist, dass sie den Menschen, die zu Fuß oder per Rad oder Kleinwagen unterwegs sind, die Freiheit nehmen, bei einem Unfall nicht von riesigen panzerartigen Fahrzeugen “abgeschossen” zu werden.

ZEIT ONLINE: Sozialdarwinisten würden sagen: Sollen die sich doch auch ein großes und damit “sicheres” Auto kaufen.

Van Treeck: Und schon sind wir mitten in einer absurden Aufrüstungsspirale. Es können zwar im Prinzip alle SUV fahren. Hier liegt ein Unterschied zu den Eigenheimen im Grünen, für die es einfach nicht genug Platz gibt. Aber es können nicht alle überdurchschnittlich große Autos fahren! Letztlich ist der SUV ja vor allem dann sicher, wenn er größer und schwerer ist als die Fahrzeuge anderer Verkehrsteilnehmer*innen, wenn also deren Sicherheit geringer ist. Wenn alle so denken, haben am Ende alle größere Autos, es gibt weniger Parkfläche pro Auto und die Sicherheit im Straßenverkehr hat sich nicht oder kaum erhöht. Es gibt etliche Beispiele für Güter, die Gegenstand von positionalem Wettrüsten zulasten des sozialen Friedens und natürlich auch der Umwelt sind.

ZEIT ONLINE: Dass zu viele SUV schlecht für die Umwelt sind, ist klar. Aber warum sind sie auch noch schlecht für den sozialen Frieden?

Van Treeck: Das ist eine sehr verkürzte Sichtweise, denn viele Ökonom*innen tun sich nach wie vor schwer, über die Statusdimension des Konsumverhaltens, über sogenannte positionale Externalitäten, nachzudenken. …

ZEIT ONLINE: Wieso?

Van Treeck: Gerade in besonders “freiheitsliebenden” Ländern wie den USA muss gute Bildung, eine gute Gesundheitsversorgung, gutes Wohnen auf privaten Märkten teuer bezahlt werden: Schon die Wahl des Kindergartens oder der Privatschule fürs Kind ist Teil des Statuskonsums und ermöglicht dem Kind zugleich einen viel besseren Einstieg ins Berufsleben. Wenn die Ungleichheit steigt und die Reichen immer mehr für solche Güter ausgeben, können die Nicht-Reichen das entweder hinnehmen und damit auch ihren sozialen und wirtschaftlichen Abstieg zulassen. Oder sie versuchen, den Reichen nachzueifern, verzichten auf Ersparnisse und Freizeit und arbeiten viel, um bei den gestiegenen Konsumnormen wenigsten ein bisschen mitzuhalten.

ZEIT ONLINE: Und was hat das nun mit der Klimakrise zu tun?

Van Treeck: Bei hoher Einkommensungleichheit gibt es am oberen Ende der Verteilung starke Anreize, sehr viel zu arbeiten, um Karriere zu machen und dadurch weiter zu den Spitzenverdienern zu gehören. Mit diesen Spitzeneinkommen ist ein besonders hoher sozialer Status verbunden, aber eben tendenziell auch ein Konsumstil, der allein aus ökologischen Gründen nicht verallgemeinerbar ist. Wenn die Mittelschicht ebenfalls viel arbeitet, um mit den Konsumnormen der Reichen mitzuhalten, wird immer mehr produziert, also steigen die CO2-Emissionen. Man könnte auch sagen: Da entsteht ein Arbeits- und Wachstumszwang, weil viele Menschen sich nicht frei genug fühlen, auf Konsum zugunsten von Freizeit zu verzichten. Weil sie mithalten wollen und mithalten müssen.

“Es gibt zwei Wege, die CO2-Emissionen zu senken”

ZEIT ONLINE: Und was macht das mit den Menschen und der Gesellschaft?

Van Treeck: Weil viele Menschen das Gefühl haben, alles zu geben für ihre Karriere und das Wohl ihrer Familien, steigt die Zahl derjenigen, die mit wenig Freizeit, kaum Ersparnissen und hohen Schulden dastehen. Denn es ist in ungleichen Gesellschaften ja definitionsgemäß unmöglich, dass alle oder auch nur viele die beste Bildung erhalten, die sichersten SUV fahren und in der Einkommenspyramide oben stehen. Bei steigender Ungleichheit wird es immer schwieriger mitzuhalten. Frust und sozialer Unfrieden sind da programmiert.

ZEIT ONLINE: Wie würden Sie denn Freiheit – in Zeiten der Klimakrise – umschreiben? 

Van Treeck: Es gibt natürlich keine eindeutig richtige Definition von Freiheit. Für mich sollte Freiheit bedeuten, dass alle Menschen eine ausgezeichnete öffentliche Daseinsvorsorge (kostenlose Bildung, Gesundheit, Mobilität, günstiger Wohnraum) erhalten und dass Vollbeschäftigung und eine geringe Ungleichheit herrschen. Das wäre aus meiner Sicht die Voraussetzung für die Überwindung der konsumorientierten Kultur mit langen Arbeitszeiten und Streben nach hohen Einkommen. Nebenbei bemerkt wäre das auch die Voraussetzung für eine größere Gleichheit zwischen den Geschlechtern.

ZEIT ONLINE: Seit die Fridays-for-Future-Bewegung den Begriff “Generationengerechtigkeit” bekannt gemacht hat, bekommt Freiheit auch eine zeitliche Dimension. Es wird über Freiheit und Klimaschutz diskutiert und die Argumentation lautet dann: Wenn wir heute nicht schneller CO2 einsparen, dann gefährden wir die Zukunft und damit die Freiheit der Kinder. Wie diskutieren Ökonomen über dieses Problem?

Van Treeck: Zunächst einmal muss man festhalten, dass die Klimaziele der meisten Regierungen der reichen Länder inkompatibel sind mit dem Pariser Klimaabkommen, nach dem die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzt werden soll. Wenn man sich an Deutschlands Anteil an der Weltbevölkerung orientiert und auf dieser Grundlage nationale CO2-Budgets vergibt, bleiben Deutschland vielleicht noch maximal sieben Gigatonnen, wenn man sich an den Berechnungen des Weltklimarates (IPCC) orientiert. Bei jährlichen Emissionen von zuletzt circa 800 Megatonnen, können wir noch neun Jahre so weitermachen, bis unser Budget aufgebraucht ist. Wenn wir sofort anfangen, die Emissionen linear abzusenken, müsste Klimaneutralität Mitte/Ende der 2030er Jahre erreicht werden. Die Bundesregierung wollte sich aber eigentlich bis 2050 Zeit lassen. Fridays for Future und Klimaforscher haben seit Langem darauf hingewiesen, dass das zu spät ist. Mich hat oft überrascht, wie wenig Ökonom*innen ambitioniertere Ziele eingefordert haben.

ZEIT ONLINE: Das Bundesverfassungsgericht hat nun im April festgestellt, dass das deutsche Klimaschutzgesetz teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz ist…

Van Treeck: Ja, und interessanterweise hat das Bundesverfassungsgesetz den Beschluss, dass die Emissionen schneller gesenkt werden müssen, unter Verweis auf den Freiheitsbegriff begründet: Wenn wir nicht schneller unsere Lebens- und Produktionsweise ändern, bedeutet das eine umfassende Freiheitsgefährdung in der Zukunft. Das ist schon ein Paradigmenwechsel in der Debatte.

ZEIT ONLINE: Die bisher beliebteste Lösung der Ökonomen für die Klimakrise: der CO2-Preis. Wo ist das Problem?

Van Treeck: Es gibt, grob gesagt, zwei Wege, die CO2-Emissionen zu senken: sauberer produzieren oder weniger produzieren. Der CO2-Preis soll den ersten Weg ermöglichen. Durch die Besteuerung sollen Unternehmen und Verbraucher dazu gebracht werden, CO2-intensive Produktionsweisen und Konsumstile aufzugeben, aber im Großen und Ganzen soll unsere auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaftsweise unangetastet bleiben.

ZEIT ONLINE: Die Monetarisierung externer Effekte gilt in der Neoklassik als Königsweg – wo ist sie sinnvoll? Was ist daran falsch?

Van Treeck: Neben der Bepreisung von CO2 ist es nötig, über ergänzende Bausteine in einer Gesamtstrategie stärker zu diskutieren: Das wäre zum einen eine öffentliche Investitionsoffensive, die eine Reform der Schuldenbremse nötig macht. ….


Klimawandel: Interview-Serie Ecologisch

Dennis Snower über Wettbewerb: “Wir leben in einer großen, Müll produzierenden Illusion” Monika Schnitzer über Innovation: “Wir müssen anders planen, bauen und wohnen” Marcel Fratzscher über Gerechtigkeit: “Klimaschutz ist zu sehr ein Projekt der Eliten” Weitere Beiträge


Tip von Ingo

Die Menschheit schafft sich ab | Harald Lesch | SWR Tele-Akademie

Aufzeichnung , Vortrag von Harald Lesch : Video : hier

May 17, 2018

http://www.tele-akademie.de – Seit 4,5 Milliarden Jahren gibt es die Erde, den Menschen erst seit 160.000 Jahren. Aber er hinterließ tiefere Spuren als alle anderen Lebewesen. Seit der Industrialisierung haben Wissenschaft und Technik die Erde fest im Griff. Und dabei werden wir immer mehr …


Abstract

Die Lebensbedingungen auf der Erde verändern sich. Viele Arten sterben aus – und auch der Lebensraum des Menschen ist zunehmend in Gefahr. Immer tiefere Spuren hinterlässt das Anthropozän, das Menschenzeitalter, in den letzten 2000 Jahren. Wissenschaft und Technik nehmen seit der Industrialisierung die Erde in den Griff. Sei es die Ausbeutung der Bodenschätze, Luft- und Wasserverschmutzung, die Klimaveränderung und Erderwärmung, Kernspaltung oder die Verschwendungssucht der Wohlstandgesellschaft – wir beuten unseren Planeten aus wie nie zuvor in der Geschichte der Menschheit. Energiehunger und globaler Konsum treiben einen zerstörerischen Kreislauf an.

Harald Lesch, Astrophysiker und Philosoph, ist aus den Weiten des Weltalls zurück. Es geht ihm jetzt um die Erde, die Heimat des Menschen, der in einer bisher nie gekannten Hybris den Ast, auf dem er sitzt, absägt.


Kommentare

Es fällt mir immer wieder ein, der Spruch aus den 70ger Jahren: Erst wenn der letzte Baum gefällt und der letzte Fuß vergiftet ist wird man feststellen daß man Geld nicht essen kann

reffen sich zwei Planeten. Sagt der eine: Ich hab´ Menschen! Sagt der andere: Das gibt sich!

„Das Universum ist nicht nur komischer als wir denken, es ist komischer als wir denken können” ~Werner Heisenberg 64

Am Ende liegen König und Bauer in derselben Kiste. 11

Also immer wenn ich höre, dass die Welt nur durch schnelles Handeln in der Politik gerettet werden kann, denke ich mir: Tschüss Menschheit.