Campact zum Klimaschutz im Koalitionsvertrag

(26.11.21, campact) , Orginal : hier

Unsere Erfolge

„Mehr Fortschritt wagen“: Damit hat die Ampel aus SPD, Grünen und FDP ihren Koalitionsvertrag überschrieben. Doch wie viel Fortschritt wagt sie beim Klimaschutz – für den diese Regierung so entscheidend ist? Campact-Vorstand Christoph Bautz hat die 177 Seiten des Vertrags für Sie gewälzt. Lesen Sie seine Analyse!
was hat das alles fürs Klima gebracht – Hunderttausende auf der Straße, Millionen Türhänger an Deutschlands Haustüren, unser Trommeln auf allen Kanälen für die Klimawahl? Seit Mittwoch wissen wir mehr: Der Koalitionsvertrag der Ampel steht – und das Klima hat nach Jahren des Stillstands endlich zentrale Priorität. Das ist ein riesiger Erfolg für uns alle.
Ist damit alles paletti beim Klimaschutz? Mitnichten. Denn die Ampel-Koalition verfehlt ihren eigenen Anspruch, Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad des Pariser Klimaabkommens zu führen. Überall stand die FDP auf der Bremse – und häufig auch die SPD. Dabei haben beide im Wahlkampf noch selbst eine 1,5-Grad-Politik versprochen.[1] Wenn es nächstes Jahr um die Umsetzung der Gesetzesvorhaben geht, kann und muss die Ampel hier noch massiv nachbessern. Wir werden alles dafür tun.
In den einzelnen Bereichen – Energie, Verkehr, Agrar und Wärme – sind die Fortschritte höchst unterschiedlich verteilt. Teilweise sind sehr konkrete Maßnahmen formuliert; teilweise gute Ziele, aber ohne die nötigen Schritte, um sie zu erreichen. Und an vielen Stellen klaffen große Leerstellen. Wir haben für Sie den 177 Seiten starken Vertrag analysiert.[2] Wo ist etwas für den Klimaschutz erreicht – und wo müssen wir in den nächsten vier Jahren gemeinsam für mehr streiten?

Energiesektor: Der größte Erfolg

Dieser Doppelerfolg für das Klima sticht aus dem Koalitionsvertrag heraus: der Kohleausstieg 2030 und der massive Ausbau der erneuerbaren Energien. Acht Jahre früher soll Deutschland aus der Kohle raus. Gleichzeitig soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtverbrauch bis 2030 auf 80 Prozent steigen. Besonders wertvoll wird diese Zahl dadurch, dass auch ein wesentlich höherer Gesamtstrombedarf angenommen wird. Der entsteht vor allem durch 15 Millionen neue Elektroautos, die 2030 auf unseren Straßen fahren sollen und Millionen neuer Wärmepumpen für Gebäude.
Das alles zusammen genommen ist ein riesiger Erfolg für uns alle. Für Fridays for Future und die Hunderttausenden auf den Straßen, für die Aktivist*innen im Hambacher Wald, für die Menschen in den Dörfern im Rheinland und der Lausitz, die von den Kohlebaggern bedroht sind. Unser jahrelanger Protest hat sich gelohnt – und gewirkt!

Verkehr: Es ändert sich wenig

Sehr dünn fällt die Bilanz für den Klimaschutz im Verkehrssektor aus. Er ist für 20 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich [3], diese wurden in den letzten 30 Jahren [4] überhaupt nicht gesenkt. Die Ampel-Koalition beschränkt sich bei diesem Thema vor allem auf eine Antriebswende: 15 Millionen E-Autos sollen bis 2030 auf den Straßen unterwegs sein und das Ende des Verbrennermotors Anfang der 2030er Jahre einläuten. Das ist ambitioniert – doch wie das konkret erreicht werden soll, bleibt völlig offen.
Was es neben einer Antriebswende braucht: eine grundlegende Verkehrswende, weg vom Auto, hin zu Fahrrad, Bus und Bahn. Und genau diese blockierten die Autoparteien SPD und FDP in den Verhandlungen. Deshalb schreckt die Ampel vor allem, was die Verkehrswende wirklich stärken würde, zurück: Weder soll der CO2-Preis mehr als geplant steigen noch werden klimaschädliche Subventionen wie das Diesel-Privileg oder die Pendlerpauschale abgebaut.[5]
Da passt ins Bild, dass die Grünen unverständlicherweise das Verkehrsministerium der FDP überlassen haben. Volker Wissing wird sich nur bewegen, wenn wir ihn als Bürger*innen mit breitem Protest dazu antreiben. Ganz konkret etwa bei einem sehr wichtigen Vorhaben der Ampel: Alle neuen Straßenbau-Projekte im Bundesverkehrswegeplan sollen auf den Prüfstand.

Agrar: Hier könnte was gehen

Unter der GroKo blockierte der Konflikt zwischen Umwelt- und Agrarministerium jeden Fortschritt hin zu einer Agrarwende, die dem Klima und der Artenvielfalt dient. Dies könnte sich jetzt ändern. Beide Ministerien sind in der Hand der Grünen und der Koalitionsvertrag enthält etliche Fortschritte.[6]
So plant die Ampel, den Anteil des Ökolandbaus in der Landwirtschaft von derzeit 10 auf 30 Prozent bis 2030 zu erhöhen. Die Agrarsubventionen der EU will sie stärker an ökologische Auflagen binden. Der Standard in der Tierhaltung soll für uns Verbraucher*innen auf Produkten klar gekennzeichnet werden. Wichtig ist zudem, dass der Umfang der Tierbestände von Landwirt*innen an die Größe ihrer Ländereien gebunden wird – das erschwert die Massentierhaltung.
Doch ähnlich wie beim Verkehr – es gibt keine tiefgreifende Veränderung. Die nötige, grundlegende Agrarwende fehlt: Weg von der bisherigen Orientierung am Weltmarkt, wo unsere Landwirt*innen zu Dumpingpreisen konkurrieren. Und hin zu einer Landwirtschaft, die gutes Essen zu fairen Preisen klimagerecht für die Region erzeugt. Genau hierfür wollen wir bereits am 22. Januar bei der „Wir haben es satt“-Demo in Berlin zusammen mit Verbraucher*innen und Bäuer*innen protestieren – soweit es die Corona-Lage zulässt.

Bauen: Erste Ansätze

16 Prozent der CO2-Emissionen entstehen im Gebäudebereich.[7] Doch bisher werden jährlich nur 1 Prozent des Gebäudebestands energetisch saniert.[8] In 2020 wurden sogar 600.000 neue Gasheizungen eingebaut [9] – ein großes Problem für den Klimaschutz. Die Ampel will hier etwas ändern: Jede neue Heizung soll auf der Basis von 65 Prozent Erneuerbaren betrieben werden – de facto das Aus für Gas- und Ölheizungen. Leider greift dies erst ab 2025. Auch die Standards für die energetische Sanierung von Gebäuden sollen strenger werden.
400.000 neue Wohnungen will die Ampel pro Jahr bauen lassen. Allerdings anscheinend weiter mit Stahl, Beton und Styropor – die erzeugen schon bei der Herstellung so viel CO2, wie das Gebäude im Betrieb sein ganzes Leben lang ausstößt.[10] Ökologische Baustoffe werden kaum berücksichtigt. Wichtig ist, dass der CO2-Preis künftig nicht mehr alleine von Mieter*innen, sondern auch von den Vermieter*innen getragen werden soll. Doch an die sozial gerechte Erhöhung des CO2-Preises traut sich die Ampel nicht heran.

Fazit: Was fehlt

Insgesamt bleibt festzuhalten: Die Pläne der Ampel sind weder von den Zielen noch von den konkreten Maßnahmen her ehrgeizig genug. Das für den 1,5-Grad-Pfad viel zu niedrige Klimaziel der GroKo von minus 65 Prozent CO2-Emissionen bis 2030 (im Vergleich zu 1990) wird nicht angehoben. Hier wäre mindestens minus 70 Prozent nötig. Und der Koalitionsvertrag weist nicht den richtigen Mix an Maßnahmen auf.
Überall wo mit neuen Technologien Klimaschutz vorangebracht werden kann, ist die Koalition ambitioniert. Windräder und Solarzellen aufstellen, Autos auf Elektroantrieb umstellen, Gebäude dämmen. So richtig diese Schritte sind – sie alleine reichen nicht, um die Klimakrise zu lösen. Dazu braucht es auch dieses: weniger. Weniger Autos, weniger Flugverkehr und weniger Fleischkonsum.
Fast alle Mittel, die wir hierfür benötigen, haben SPD und FDP verhindert. Den derzeit völlig unwirksamen CO2-Preis von aktuell 25 Euro will die Ampel nicht mehr als geplant erhöhen – obwohl die Grünen im Wahlkampf hier noch 60 Euro versprochen hatten. Damit entfällt ein zentrales Lenkungsinstrument für eine Mobilitäts- und Wärmewende komplett. Ordnungspolitik und klare Regeln – im Wahlkampf von SPD und FDP als Verbote diskreditiert – sind kaum zu finden. Und an die Milliarden klimaschädlicher Subventionen trauen sich die Koalitionär*innen fast nirgendwo heran.

Klimabewegung: Was jetzt ansteht

Was heißt das für uns und die gesamte Klimabewegung?
Zum einen: Wir müssen auch mit einer Ampel-Regierung weiter für grundlegenden Wandel streiten. Zum zentralen Feld der Auseinandersetzung wird hier die Verkehrspolitik. Überall im Land sollen weiter Autobahnen und Fernstraßen gebaut werden. Doch an vielen Orten wächst der Widerstand – lokale Bürgerinitiativen und Klimaaktivist*innen kämpfen gemeinsam. Gleichzeitig wird in vielen Städten darum gerungen, wie viel Platz das Auto noch beanspruchen kann und wo öffentlicher Raum für Spielstraßen, Fahrrad, Bus und Bahn umverteilt wird.
Zum anderen wird sehr viel an der konkreten Ausgestaltung der beschlossenen Klimaschutz-Maßnahmen hängen. Und über diese entscheidet die Ampel in den nächsten 12 Monaten. 2022 wird das Jahr der Umsetzung. Wie schnell und mit welchen Instrumenten der Kohleausstieg kommt, wie grundlegend der Bundesverkehrswegeplan neu gestaltet wird, wie genau der Ausbau der Erneuerbaren vorangebracht wird: All das entscheidet sich nächstes Jahr. Die Wirtschaftslobbys der fossilen Industrien werden alles dafür tun, um die Details zu verwässern. Das müssen wir verhindern – und umgekehrt dafür sorgen, dass wichtige Stellschrauben weiter gedreht werden als bisher vorgesehen.
Dieser Koalitionsvertrag zeigt, wie viel wir gemeinsam als Bürgerbewegung erreichen können. Und gleichzeitig, wie viel es noch zu tun gibt. Ich setze darauf, dass Sie, tom mayer weiter mit uns für konsequenten Klimaschutz streiten. Die Bedingungen dafür sind unter einer Ampel-Regierung besser denn je.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Christoph Bautz, geschäftsführender Vorstand Campact e.V.
PS: Der Koalitionsvertrag dreht sich natürlich nicht nur ums Klima. Doch auch insgesamt fällt unsere Bilanz gemischt aus. Gesellschaftspolitisch kommen mit der Ampel riesige Fortschritte, die jahrelang von CDU/CSU verhindert wurden. Auch sozialpolitisch setzt die neue Regierung progressive Akzente – etwa beim Mindestlohn und der Kindergrundsicherung. Einen schweren Stand haben hingegen Transferhilfe-Empfänger*innen. Und ein Totalausfall: Die Verteilungsgerechtigkeit, der FDP sei Dank. Für uns als Bürgerbewegung bleibt also auch unter der Ampel viel zu tun – wir freuen uns, dass Sie dabei sind.
[1]„Wahlprogramme-Analyse – Parteien verfehlen 1,5-Grad-Ziel“, ZDF Online, 9. September 2021

[2]„Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“, Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, SPD Online, eingesehen am 26. November 2021

[3]„Emissionsquellen“, Umweltbundesamt Online, eingesehen am 26. November 2021

[4]„Umweltbundesamt: ,Verkehr steuert in falsche Richtung’“, Tagesschau Online, 4. November 2021

[5]„FDP stellt Verkehrsminister: Jubel auf der linken Spur“, Der Spiegel Online, 26. November 2021

[6]„Agrarpolitik der Ampel-Koalition: Foodwatch für strengere Gesetze“, Taz Online, 25. November 2021

[7]„Treibhausgasemissionen sinken 2020 um 8,7 Prozent“, Bundesumweltministerium Online, 16. März 2021

[8]„So will der Bund bei der energetischen Sanierung zum Musterschüler werden“, Handelsblatt Online, 25. August 2021

[9]„Interesse an Gasheizungen auf Rekordhoch“, Zeitung für kommunale Wirtschaft, 6. Januar 2021

[10]„Die graue Energie: Der entscheidende Hebel für Klimaschutz beim Bauen“, Bauwende Online, eingesehen am 26. November 2021
Campact e. V. · Artilleriestraße 6 · 27283 Verden

KlimaIni-SpeedDating im Museum — Impressionen

Einladung : hier

(13.11.21) BoKlima-Vorstellung

Einige Bild-Impressionen :

a) als Slide-Show


b) zum Download


Vorstellung der Initiativen (Video-Schnipsel)

01 – Start , AKU , Boklima, Beetogether

21 Abschluss – Veronika


Diskussions-Schnipsel (Teil 1 – (Eisenmann )) , (Teil 2) , (Teil 3)

Text Jason


Dank und Abschluss Veronika



Der Link zu allen Video-Schnipseln : hier


Übersicht und Kontakte der Initiativen

NameSiteKontakt
AKU
(Arbeitskreis Umweltschutz)
aku-bochum.deinfo[at]aku-bochum.de
BoKlima
(Bochumer Klimaschutz Bündnis)
boklima.deboklima[at]boklima.de
Beetogetherbeetogether-bochum.de/
bib der Dingebib-der-dinge-bochum.de/
Bochumbolztbochumbolzt.org/
BUND Bochumbund-bochum.de/
BUND Jugend Bochumbundjugend-nrw.de/mitmachen/ortsgruppen/bochum-2/
ER / EssBO
(Ernärungsrat )
ernaehrungsrat-bochum.de/
Expedition Hammeexpeditionhamme.wordpress.com/
fff Bochumtwitter.com/fffBochumanfragen@fffbochum.de
Hof Bergmannderhof.eu/
Klimawende Bochumklimawende-bochum.de/
klimawende.org/klimawende-bochum
Leihladen Bochumleihladen-bochum.de/
Netzwerk für Bürgernahe
Stadtentwicklung
stadtentwicklung.net
Parents 4 Futureparentsforfuture.de/de/Bochum
Radentscheid Bochumradentscheid-bochum.de/
SolaWi Bochumsolawi-bochum.de/
Stadtteilkoordination Westendbochum-westend.de/
Studens for Futurewachstumswende.de/project/students-for-future-bochum/
Tierbefreier*innen Bochum
VHSvhs.bochum.de
XR Bochum
(Extinction Rebellion)
extinctionrebellion.de/og/bochum/
Übersicht Initiativen

Die Klima Reihe im Schauspielhaus : Wie wollen wir hier leben

WAZ-Bericht : Umweltbewusstsein lässt zu wünschen übrig

Was kann Boklima tun ?

( Auch in unserem PresseSpiegel : hier )


Weitere Artikel zum Thema :

  • (16.06.21, schnetzer) , Veröffentlichung: Sonderstudie “Jugend und Corona in Deutschland” (Sommer 2021)
    • zum youtube Video : hier (Online-Pressekonferenz zur Veröffentlichung mit Klaus Hurrelmann und Simon Schnetzer)
  • (?.21, bildung-lausitz.de ) , EINE SONDERAUSWERTUNG DER STUDIE “JUNGE DEUTSCHE 2021” VON SIMON SCHNETZER UND KLAUS HURRELMANN (
    • J U G E N D U N D C O R O N A : W I E R Ü C K S I C H T S V O L L V E R H A L T E N S I C H D I E J U N G E N G E N E R A T I O N E N (CC, OpenSource)
  • (22.11.21, t-online) , Umfrage   Viele Junge wollen für Klimaschutz nicht verzichten,
    • Berlin (dpa) – Grün reden, aber nicht so grün leben? Viele junge Menschen wollen trotz Klima-Protesten auf ihren gewohnten Komfort nicht verzichten. Das jedenfalls legt eine Umfrage nahe.
    • Der Klimawandel macht demnach zwar vielen jungen Menschen in Deutschland Sorgen. Auf das Fliegen, Fleischessen und Autofahren beispielsweise will eine Mehrheit aber dennoch nicht verzichten.
  • (22.11.21, tagesschau.de ) , Mehrheit will Gewohnheiten nicht verändern
    • Bildungsforscher Hurrelmann schätzt ein: “Der größte Gegenspieler von Veränderung ist die Komfortzone des Wohlfahrtstaats, in der sich die jüngere Generation nach dem Vorbild ihrer Eltern bequem eingerichtet hat.” In der Studie kommt er zu dem Schluss: “Die große Mehrheit ist noch nicht bereit, die lieb gewordenen Gewohnheiten in den Bereichen Konsum, Mobilität, Ernährung aufzugeben und wartet erst einmal auf Entscheidungshilfen durch die Politik.” Und er folgert weiter: “Unter diesen Umständen kann der von jungen Leuten mehrheitlich befürwortete Klimaschutz nur mit klaren Regeln und Vorgaben durch die Politik gelingen.
  • (22.11.21, FAZ) , Viele Junge wollen für Klimaschutz nicht verzichten
    • … Viele wollen keinen Verzicht beim Auto oder Reisen …
  • (22.11.21, jungefreiheit.de ) , Jugendliche sind weniger umweltbewußt als gedacht
    • Sichere Rente ist eine Kernerwartung von Jugendlichen
      Der Umfrage zufolge erwarteten junge Leute von der Politik in Zukunft vor allem ein Garantieversprechen auf ihre Altersbezüge. „Auffällig ist der hohe Stellenwert der Sicherung der Rente. Im Vergleich zu früheren Studien ist das ein neuer Akzent, der aufhorchen läßt“, erläuterte Schnetzer die 59 Prozent der befragten Jugendlichen, die diese Erwartung an die Politik geäußert hatten. Am Horizont zeichne sich neben der Angst um das Klima die Sorge junger Leute um ihre Altersabsicherung im Lichte der demographischen Entwicklungen ab.
  • x

Im Internen Bereich (nach Anmeldung) ist dazu ein DiskussionsThread eröffnet : hier

10 neue Erkenntnisse der Klimawissenschaft 2021

(04.11.21, Potsdam Institut für Klimafolgenforschung) , Original : hier

4.11.2021 – Während die zunehmenden Auswirkungen der sich verschärfenden Klimakrise rund um den Globus immer deutlicher sichtbar werden, weisen führende Forschende auf der COP26 auf dringende und miteinander verknüpfte Risiken und Lösungen hin. Die Reihe “10 neue Erkenntnisse in der Klimawissenschaft” ist ein Aufstellung der dringendsten Forschungsergebnisse und neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die dazu beitragen sollen, unmittelbare und gerechte Veränderungen in allen Sektoren herbeizuführen, um einen sicheren und bewohnbaren Planeten zu erhalten.

10 neue Erkenntnisse der Klimawissenschaft 2021
Zusammenhängende Klimaauswirkungen (Grafik angepasst von Wunderling et al, 2021)

Die wichtigsten Erkenntnisse in diesem Jahr:

  1. Eine Stabilisierung der Erwärmung bei 1,5°C ist immer noch möglich, aber es sind sofortige und drastische globale Maßnahmen erforderlich.
  2. Der rasche Anstieg der Methan- und Lachgasemissionen bringt uns auf den Weg zu einer Erwärmung von 2,7°C.
  3.  Großbrände – der Klimawandel führt dazu, dass extreme Brände neue Dimensionen mit extremen Auswirkungen erreichen.
  4. Kippeffekte des Klimas bringen hohe Risiken mit sich.
  5. Globale Klimamaßnahmen müssen gerecht sein.
  6. Die Unterstützung von Verhaltensänderungen in den Haushalten ist eine entscheidende, aber oft übersehene Möglichkeit für Klimaschutzmaßnahmen.
  7. Politische Herausforderungen behindern die Wirksamkeit von Kohlenstoffpreisen.
  8. Naturbasierte Lösungen sind entscheidend für den Weg nach Paris – aber es ist essentiell, sich das Kleingedruckte anzuschauen.
  9. Die Widerstandsfähigkeit von Meeresökosystemen kann durch klimaangepasste Erhaltung und Bewirtschaftung sowie durch globale Verantwortlichkeit verbessert werden.
  10. Die Kosten für die Eindämmung des Klimawandels lassen sich durch die zahlreichen unmittelbaren Vorteile für die Gesundheit von Mensch und Natur rechtfertigen.

Die Wissenschaft ist sich darüber im Klaren, dass eine globale Erwärmung von mehr als 1,5°C die Menschen und Gesellschaften auf der ganzen Welt vor große Herausforderungen stellt und das Risiko erhöht, dass kritische Kipppunkte überschritten werden, die den Zustand des Klimasystems regulieren“, sagt Prof. Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Ko-Vorsitzender der Earth League. “Wir wissen nicht genau, bei welchem Temperaturanstieg die Kippelemente von einer dämpfenden zu einer sich selbst verstärkenden globalen Erwärmung übergehen, aber es wird immer klarer, dass wir so weit wie möglich von 2°C entfernt bleiben müssen. Das macht Kippelemente wie den grönländischen Eisschild und unsere großen Waldsysteme zu unseren neuen globalen Gemeingütern, die von der Weltgemeinschaft verwaltet werden müssen, um unsere Zukunft auf der Erde zu sichern.”


Mehr Informationen:

Der vollständige Report kann hier abgerufen werden (in ENG).

Weitere Infos vom PIK :

Neue Computermodelle: Pariser Klimaziel scheint nicht mehr erreichbar​

(22.11.21, heise.de) , Original : hier
(20.11.21, taz.de) , Original : hier ; s. unten (Länder-Ranking zur Klimapolitik, Im Klimaschutz-Index von Germanwatch landet Dänemark ganz oben. Keines der bewerteten Länder ist auf dem 1,5-Grad-Pfad.)
(19.09.19, tagesspiegel. de ) , Original : hier , s. unten (Klimawandel Forschung: Pariser Klimaziel schon jetzt nicht mehr erreichbar?)


Selbst wenn alle Länder ihre Klimaziele für 2030 erfüllen, dürfte die durchschnittliche Erderwärmung bis 2100 über 2 Grad betragen. Von Stefan Krempl

Eine Forschergruppe hat mit computergestützten Bewertungsmodellen die Entwicklung der globalen CO2-Emissionen im Energiebereich neu berechnet. Als Basis hat sie die kurzfristigen Eindämmungsbemühungen herangezogen und zwei Annahmen darüber, wie diese nach 2030 fortgesetzt werden.

Dabei kommen sie zu dem Ergebnis,
dass weder das 1,5- noch das 2-Grad-Ziel des Pariser Abkommens erreichbar seien,
selbst wenn alle Staaten ihre Klimaziele in den nächsten neun Jahren einhalten.

Trotz der großen Bandbreite an Emissionen bis 2050 ergebe sich zwar für fast alle Szenarien zumindest keine mittlere Erwärmung von über 3 Grad im Jahr 2100 gegenüber dem vorindustriellen Niveau, schreibt das Team in seiner am Montag im Fachjournal “Nature Climate Change” veröffentlichten Studie.

Allerdings reiche auch die optimistischste Situationsbeschreibung nicht aus, um die globale Erwärmung auf 2 Grad zu begrenzen. Wahrscheinlicher sei eine durchschnittliche Erderwärmung von 2,2 bis 2,9 Grad bis dahin. Das genaue Resultat sei abhängig von den Annahmen, die in das Computermodell eingehen.

Der Großteil der bisherigen Literatur zu integrierten Bewertungsmodellen konzentriert sich auf kosteneffiziente Pfade, um bestimmte Temperaturziele zu erreichen. Bekannte Modellierungen gehen so meist von einem gesetzten Temperaturziel aus und bestimmten Emissionsverläufen, die damit kompatibel sind. Der Ansatz der Autoren der aktuellen Studie läuft andersherum: Basierend auf heutiger Klimapolitik berechnen sie den wahrscheinlichsten Emissionsverlauf bis 2100. Dazu vergleichen sie sieben verschiedene “Integrated Assessment Models”. Diese simulieren, wie sich Energiewirtschaft und Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten entwickeln werden.

Jedes dieser Modelle arbeitet mit unterschiedlichen Annahmen. ….

Laut der Untersuchung hat die Wahl des Modells großen Einfluss darauf, wie stark der jeweilige Temperaturanstieg ausfällt. Ob Länder ihre Klimaziele bis 2030 vollständig erfüllen, spielt dagegen eine untergeordnete Rolle für die Vorhersage. ….

Die Daten, auf denen die Studie basiert, wurden im September 2021 veröffentlicht. Somit sind die Beschlüsse und nachgeschärften Klimaziele der UN-Klimakonferenz COP26 im November in Glasgow nicht berücksichtigt. Parallel dazu publizierte Berichte verschiedener Organisationen decken sich aber grob mit den Resultaten der Analyse, auch wenn sie damit nur begrenzt vergleichbar sind. Die Rede ist darin von einer durchschnittlichen globale Erwärmung von rund 2,7 Grad auf Basis der aktuellen Klimapolitik und ein Temperaturplus von rund 2,4 Grad, falls alle Staaten ihre Klimaziele erreichen. 1,8 Grad seien allenfalls realistisch, wenn sämtliche Netto-Null-Zusagen eingehalten würden.


Weitere Infos / Links zum Thema

Länder-Ranking zur Klimapolitik, Im Klimaschutz-Index von Germanwatch landet Dänemark ganz oben. Keines der bewerteten Länder ist auf dem 1,5-Grad-Pfad.)

(20.11.21, taz.de) , Original : hier ;

BERLIN taz | Plätze 1 bis 3 des Klimaschutz-Indexes bleiben frei: Selbst die Klimaschutz-Bemühungen der größten Vorbilder der Welt reichen nicht, um die Erderhitzung unter +1,5 Grad Celsius zu halten. Die Spitzenländer des diesjährigen Klimaschutz-Index, Dänemark, Schweden und Norwegen, landen deshalb nur auf den Rängen vier bis sechs.

Deutschland hat sich ein wenig verbessert: Von Platz 19 im vergangenen Jahr ging es dieses Jahr auf Platz 13.

Der Klimaschutz-Index stammt von den Organisationen Germanwatch, NewClimate Institute und Climate Action Network. Sie bewerteten die Klimaschutzprogramme von 60 Staaten und der EU – zusammen sind diese für 92 Prozent der ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich. Der Index bewertet und rankt die Klimaschutz-Anstrengungen der einzelnen Länder. Dabei wird auch berücksichtigt, dass Entwicklungsländer nach dem Pariser Abkommen mehr Zeit für den Umbau zusteht als Industrienationen.

Im Bericht basieren fast 80 Prozent der Bewertung auf Daten der Vereinten Nationen zu Treibhausgasemissionen, dem Ausbau der erneuerbaren Energien und dem Energieverbrauch. Bei dem Rest wird die Klimaschutzpolitik der Länder von den Organisationen selbst bewertet.

Auf dem obersten Platz des Rankings ist in diesem Jahr Dänemark. Dazu heißt es: Innerhalb von zwei Jahrzehnten ist Dänemark von einer hohen Abhängigkeit von Kohle zu Windkraft und Solar gewechselt. Insgesamt sei die Klimapolitik des Landes ausreichend, um das 2-Grad-Ziel des Pariser Abkommens einzuhalten.



Forschende nach dem Weltklimagipfel: Das 1,5-Grad-Ziel scheint verloren

(16.11.21, taz.de) , Original : hier

Nach der Klimakonferenz in Glasgow bezweifeln Forscher:innen, dass das 1,5-Grad-Ziel eingehalten werden kann. Nur wenige von ihnen haben noch Hoffnung.

GLASGOW ap | Politische Führungspersonen und Unterhändler feiern die Klimavereinbarung von Glasgow (.pdf) als einen guten Kompromiss, der die 1,5-Grad-Erwärmungsgrenze am Leben erhalten habe. Aber viele Wissenschaftler fragen sich, von welchem Planeten diese Leute reden: Sie sehen bei ihren eigenen Berechnungen eine andere und wärmere Erde.

„Im Großen und Ganzen glaube ich, ja, wir haben einen guten Plan, das 1,5-Grad-Ziel im Rahmen unserer Möglichkeiten zu behalten“, sagte die UN-Klimachefin Patricia Espinosa mit Bezug auf das globale Bestreben, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Der britische Premierminister Boris Johnson, Gastgeber der am Samstag zu Ende gegangenen UN-Klimakonferenz, pflichtete bei: Er nannte den Deal eine „klare Straßenkarte zur Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad“.

Aber viele Wissenschaftler sagen: Vergesst die 1,5 Grad, die Erde ist weiter auf einem Weg, bei ihrer Erwärmung die 2 Grad zu übersteigen. Klimawissenschaftler Michael Oppenheim von der Princeton University etwa verglich das 1,5-Grad-Ziel mit einem Patienten, der bereits künstlich am Leben gehalten worden sei und urteilte: „Jetzt ist es an der Zeit, ihn für tot zu erklären“.

Nur wenig Hoffnung

Einige wenige der 13 von AP interviewten Wissenschaftler sagen, dass sie gerade genug Fortschritte sähen, um das zum derzeitigen Zeitpunkt zu vermeiden – und damit Grund für Hoffnung. Aber nur für ein Bisschen. Die Optimisten weisen auf die vielen Vereinbarungen hin, die aus der Klimakonferenz erwachsen seien, so eine Abmachung zwischen den USA und China, stärker zusammen daran zu arbeiten, den Schadstoffausstoß in diesem Jahrzehnt zu verringern. Es gab auch getrennte multinationale Vereinbarungen, Methanemissionen und Kohleverstromung ins Visier nehmen.

Die 1,5-Grad-Grenze ist das rigorosere von zwei Zielen, die im historischen Pariser Klimaabkommen von 2015 festgelegt wurden. UN-Vertreter und Wissenschaftler betrachten sie als einen Schlüssel, weil sich die Auswirkungen der Erderwärmung laut einem Forschungsbericht von 2018 nach Überschreiten dieser Marke dramatisch verschlimmern würden.

Die Erde hat sich seit der vorindustriellen Zeit bereits um 1,1 Grad erwärmt, so dreht es sich hier wirklich um ein paar Zehntel eines Grades mehr. Die Vereinten Nationen kalkulieren, dass Länder ihre Emissionen bis 2030 um die Hälfte verringern müssen, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Aber der Schadstoffausstoß nimmt derzeit nicht ab, sondern zu, um etwa 14 Prozent seit 2010, wie UN-Klimachefin Espinosa sagte.

Höchstens 2,3 Grad seien machbar

Der deutsche Forscher Hans-Otto Pörtner meint, dass die Klimakonferenz „Arbeit erledigt, aber nicht genügend Fortschritte gemacht hat“. Die Erwärmung werde bei Weitem 2 Grad Celsius übersteigen, warnt der Co-Vorsitzende einer Arbeitsgruppe des Weltklimarates zu den Folgen der globalen Erwärmung. „Diese Entwicklung bedroht Natur, menschliches Leben, Existenzgrundlagen, Lebensräume und auch Wohlstand.“

Anstatt der von den UN erhofften großen Veränderungen beim Abbiegen der Temperaturkurve liefen die Ergebnisse des Glasgower Gipfels nur auf kleine Feineinstellungen hinaus, sagen Wissenschaftler, die mit Computersimulationen arbeiten. Herausgekommen sei, „dass wir vielleicht 0,1 Grad Celsius von der Erwärmung wegrasiert haben […] nach bestmöglicher Schätzung mit einem Resultat von 2,3 Gad Erwärmung“, sagte beispielsweise Zeke Hausfather vom US-Forschungszentrum Breakthrough Institute.

Auch Professor Jon Sherman vom Massachusetts Institute of Technology sah nach vorläufigen Berechnungen keinen Grund zu jenem Optimismus, wie ihn politische Führungspersonen geäußert haben. „Es gibt keinen plausiblen Weg, die Erwärmung auf 1,5 oder sogar 2 (Grad) zu begrenzen, wenn man nicht aus der Kohle aussteigt […] und so rasch wie möglich zusammen mit Öl und Gas“, so der Experte.

Indien hatte am Samstag in letzter Minute eine Änderung der Vereinbarung erreicht: In der Abschlusserklärung ist von einem „Herunterfahren“ („phase down“) der Kohlenutzung die Rede statt eines „schrittweisen Ausstiegs“ („phase out“). „Verringern“ werde weniger helfen, die schädlichen Folgen des Klimawandels zu verlangsamen als „Eliminieren“, sagte der frühere Nasa-Chefwissenschaftler Waleed Abdalati.

Ein Paragraf in der Vereinbarung ruft Länder, deren Ziel einer Reduzierung von Emissionen nicht mit 1,5- oder 2-Grad-Grenzen in Einklang steht, dazu auf, bis Ende nächsten Jahres mit neuen ehrgeizigeren Zielen aufzuwarten. Das mache Hoffnung, meint der Australier Bill Hare von der Forschergruppe Climate Action Tracker, die Klimaschutzmaßnahmen und Versprechen analysiert. Aber der US-Klimabeauftragte John Kerry sagte am Wochenende, dass der Paragraf wahrscheinlich nicht für sein Land – den zweitgrößten Verursacher von Kohleschadstoffemissionen – gelte, weil das US-Ziel so stark sei.

Länder müssen Versprechen einhalten

Jonathan Overpeck, ein leitender Klimawissenschaftler an der University of Michigan, sprach von verwässerten Hoffnungen: „Wir haben einen unvollständigen Plan für langsameres Handeln erhalten“.

Aber manche Wissenschaftler sahen es weniger pessimistisch. „Ich kann zum ersten Mal einen potenziellen Weg hin zur Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius sehen“, sagte etwa Klimawissenschaftler Michael Mann von der Pennsylvania State University. „Aber es wird es erfordern, dass Länder ihre gegenwärtigen Versprechen einhalten und das, wozu sie sich verpflichtet haben, weiter nach oben schrauben.“

Johan Rockström vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung legte ein „optimistisches“ Szenario dar, das er und einige wenige andere sehen, wenn alle Länder, die Netto-Null-Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts versprochen haben, das Ziel auch wirklich erreichen würden – wozu die meisten bislang keine konkreten Schritte eingeleitet haben. In diesem Fall könnte die Erwärmung auf 1,8 oder 1,9 Grad begrenzt werden. „Das ist ein bedeutender Fortschritt, aber weit entfernt von genug“, sagte Rockström.


Klimawandel Forschung: Pariser Klimaziel schon jetzt nicht mehr erreichbar? (! 2019 !)

(19.09.19, tagesspiegel. de ) , Original : hier

Nach Prognosen liegt das im Pariser Abkommen festgelegte Ziel eines Temperaturanstiegs von 1,5 Grad bereits außer Reichweite. EurActiv Frankreich berichtet. Aline Robert

Die jüngsten Klimaprognosen mehrerer französischer Wissenschaftsinstitutionen zeigen eine beunruhigende Entwicklung: Aktuelle Prognosen hinsichtlich der globalen Erwärmung sind offenbar zu optimistisch. Nach Modellen des Pierre-Simon Laplace Institute (IPSL) und des französischen Nationalen Meteorologischen Forschungszentrums könnte sich unser Planet im schlimmsten Fall bis 2100 um durchschnittlich sechs oder sogar sieben Grad erwärmen.

Doch auch in optimistischeren Szenarien ist die Situation alarmierend: Wenn auf dem Planeten bis 2060 Klimaneutralität erreicht werden sollte – was bei weitem nicht sicher ist – würde die globale Erwärmung 1,9 Grad erreichen. Im Pariser Klimaabkommen wird ein Ziel von (bestenfalls) weniger als 1,5 Grad angestrebt. In einem mittleren Szenario, bei dem der Planet bis 2080 klimaneutral wäre, würde der Temperaturanstieg schon 2,6 Grad betragen.

Keines unserer aktuellen Modelle lässt uns den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad begrenzen; aber andere Modelle sagen dies immer noch voraus,“ kommentiert Olivier Boucher, Leiter des Klimamodellierungszentrums am CNRS, dem französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung.

Fachwelt glaubt nicht an „Business as usual“

Tatsächlich scheint das 1,5-Grad-Ziel in der Fachwelt als immer „unerreichbarer“ angesehen zu werden. Auf der anderen Seite vermeiden es viele Klimaforschende indes zunehmend, ein „Business as usual“-Szenario überhaupt noch zu erwähnen, da ein solches Modell im Prinzip nicht mehr existiert. Schließlich gibt es inzwischen zahlreiche neue klimapolitische Ansätze. Über deren Wirksamkeit mag debattiert werden; ein simples „Weiter so“ scheint aber nicht mehr denkbar.

Die Frage ist: Sind die neuen Prognosen zuverlässiger als die vorherigen? Die französischen Wissenschaftler sind sich dessen sicher: Ihre Daten stammten aus einer Mischung mehrerer Modelle, was bedeute, dass die Anzahl der Variablen sehr hoch ist. Insgesamt seien die Prognosen das Ergebnis von 500 Millionen Stunden Berechnungen und 3.000 Terabyte an Daten. In die Prognosen einbezogen wurden dabei auch Wechselwirkungen zwischen Meeren und Landmassen, Atmosphäre, Niederschlag, menschengemachte und nicht-menschliche Emissionen, Eiszyklen, Aerosole und zahlreiche weitere Faktoren.

Der Faktor Mensch

„Wir versuchen, die Ergebnisse immer komplexer zu gestalten, um immer realistischere Ergebnisse zu erzielen“, erklärt David Salas y Melio, Klimaforscher bei Meteo France. Der Klimatologe betont auch, dass mit den Modellen versucht wird, anthropogene Einflüsse in Klimadaten zu übersetzen.

Emissionen aus Treibhausgasen, Aerosolen und Luftpartikeln sowie Änderungen der Landnutzung haben Auswirkungen und müssen daher gemäß den sozioökonomischen Prognosen in die Berechnungen einbezogen werden, erläutert er.

[Bearbeitet von Sam Morgan und Tim Steins. Übersetzung: Tim Steins. Erschienen bei EurActiv. Der Tagesspiegel und das europapolitische Onlinemagzin EurActiv kooperieren miteinander.]

Seiner Einschätzung nach sind die Aussichten eindeutig: „Wir werden in Frankreich immer mehr Hitzewellen haben, bis zu dem Punkt, dass diese 2060 absolute Normalität sein werden. Bei den Niederschlägen gibt es insgesamt einen deutlichen Rückgang im Mittelmeerraum, mit einem gleichzeitigen Anstieg der Fälle von heftigem Starkregen,“ so der Klimatologe von Meteo France.

Nach Ansicht der Paläoklimatologin Pascale Braconnot ist es vor allem die Geschwindigkeit des aktuellen Klimawandels, die die Folgen schwer fassbar und vorhersagbar macht.

Sie erklärt, das letzte Mal, als eine derart hohe CO2-Konzentration in der Atmosphäre festzustellen war (aktuell 400 ppm), war während des Pliozäns vor 400 Millionen Jahren. Damals habe sich die Temperatur aber nur um rund drei Grad erhöht – und über mehrere tausend Jahre hinweg. „Wir haben dies noch nie in so einer Geschwindigkeit beobachtet, und jetzt verlieren wir den Überblick.“

„Es ist relativ sicher, dass wir bald jedes Jahr 46 Grad erreichen werden,“ fügt Braconnot mit Blick auf den diesjährigen Hitzerekord Ende Juni hinzu.

In einem kürzlich veröffentlichten Bericht warnt Meteo France für Frankreich darüber hinaus vor längeren Dürreperioden, geringeren Niederschlägen, die bestimmte landwirtschaftliche Praktiken unmöglich machen könnten, einer Zunahme der Waldbrände und heftigeren Niederschlägen.


CO2-Challenge , zdf, planb ; Hinweis auf Dokumentation

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