Risikoforschung: “Hohe Spritpreise spürt man sofort, der Klimawandel kommt schleichend”

(04.07.21, aus ‘Die Zeit’ , Original : hier )

Wir wissen, was zu tun ist, aber begreifen die Gefahr nicht, sagt die Risikoforscherin Pia-Johanna Schweizer.

Warum sich der Klimawandel nicht so leicht bekämpfen lässt. Interview: Alexandra Endres

“Hohe Spritpreise spürt man sofort, der Klimawandel kommt schleichend” – Seite 1

Der Klimawandel ist kein Thema unter wichtigen anderen, sondern bedingt viele Risiken unserer Zeit. Das macht träge, angemessen auf ihn zu reagieren, sagt die Risikoforscherin Pia-Johanna Schweizer. Wie lässt sich das ändern? Ein Gespräch über Ausnahmesituationen und vermeintliche Wege aus der Krise, die gleich wieder neue Probleme schaffen

Pia-Johanna Schweizer

leitet am Institute for Advanced Sustainability Studies Potsdam die Forschungsgruppe Systemische Risiken. In ihrer Promotion beschäftigte sich die Soziologin mit der Frage, wie gesellschaftliche Diskurse dazu beitragen können, Risiken einzuhegen.

ZEIT ONLINE: Frau Schweizer, wann haben Sie sich selbst zuletzt in eine riskante Situation begeben?

Pia-Johanna Schweizer: Erst vor ein paar Stunden. Ich habe heute um 12.30 Uhr meine erste Corona-Impfung erhalten und mich sehr darauf gefreut.

ZEIT ONLINE: Obwohl Sie die Impfung als riskant ansehen?

Schweizer: Für mich selbst bewerte ich das Risiko von Nebenwirkungen als gering. Und den Nutzen der Impfung nehme ich gern in Anspruch. Der formale Umgang mit Impfrisiken ist in Deutschland sehr genau geregelt und sie sind durch klinische Studien recht gut erforscht – ebenso wie übrigens das Risiko, sich ungeimpft mit Covid-19 anzustecken, mit allen möglichen Folgen.

ZEIT ONLINE: Sie erforschen systemische Risiken, die ungleich komplexer und schwieriger zu verstehen und abzuwägen sind. Was genau ist das, ein systemisches Risiko?

Schweizer: Es gibt Risiken, deren Ursachen und Wirkungen sich klar verbinden lassen. Mit ihnen umzugehen, ist relativ einfach. Zum Beispiel im Autoverkehr: Geschwindigkeitsbegrenzungen und andere Verkehrsregeln helfen, die Zahl der Verkehrstoten zu senken. Oder am Arbeitsplatz. Dort reduzieren Arbeitsschutzbestimmungen das Risiko von Unfällen. Systemische Risiken sind anders. Newsletter

Sie lösen Wechselwirkungen und Rückkopplungen aus. Deshalb sind sie schwer zu verstehen und noch schwerer zu beherrschen. Sobald man meint, ein systemisches Risiko zu bewältigen, hat man sich zwei neue eingehandelt. Sie lassen sich nicht eingrenzen, weder räumlich – also auf eine bestimmte Region – noch inhaltlich – also auf ein bestimmtes Politikfeld. 

ZEIT ONLINE: Geben Sie bitte ein Beispiel.

Schweizer: Die Corona-Pandemie. Das Virus hat sich rapide über den ganzen Erdball ausgebreitet und seine Auswirkungen betreffen nicht nur das Gesundheitssystem, sondern vielerlei andere wichtige Systeme der Gesellschaft: die Lebensmittelversorgung, das Wirtschafts- und Finanzsystem, die Bildung, die Möglichkeit zur Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben. Und der Klimawandel ist vielleicht das beste Beispiel für ein weiteres systemisches Risiko.

ZEIT ONLINE: Eine gängige Definition von Risiko ist: Man schaut sich die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Ereignis eintritt, und multipliziert sie dann mit dem zu erwartenden Schaden. Ließe sich das Risiko, das der Klimawandel für Deutschland birgt, auf diese Art beziffern?

Schweizer: Das wäre zu einfach. Das Risiko des Klimawandels ist sehr komplex. Wir können zwar abschätzen, wie sich das Klima in verschiedenen deutschen Regionen über die Zeit hinweg entwickeln könnte. Aber wie das Leben der Menschen in Mecklenburg in 50 Jahren aussieht, hängt von sehr vielen Faktoren ab, auch davon, wie die Politik auf den Klimawandel reagiert – und ob die Menschen diese Maßnahmen akzeptieren.

ZEIT ONLINE: Zumindest für die nahe Zukunft lässt sich doch aber relativ genau abschätzen, welche klimatischen Veränderungen auf die deutschen Regionen zukommen. Die Treibhausgase sind ja bereits in der Luft.

Schweizer: Es stimmt, dass wir enorm viel über den Klimawandel wissen. Aber als Gesellschaft tun wir uns schwer, angemessen auf die Risiken zu reagieren, die der Klimawandel mit sich bringt – dabei wird genau von unserer Reaktion abhängen, wie groß der Schaden sein wird, den er letztlich in Deutschland anrichtet.

ZEIT ONLINE: Warum können wir als Gesellschaft nicht so leicht reagieren?

Schweizer: Jedes Individuum nimmt die Realität auf eigene Weise wahr. Daraus eine gemeinsame Risikoabschätzung für die Gesellschaft zu entwickeln, ist kaum möglich. Ich komme beispielsweise aus einer sehr technikgläubigen Familie, in der man stark darauf vertraut, dass man schon eine technische Lösung gegen den Klimawandel finden wird. Durch mein Soziologiestudium habe ich aber eine ganz andere Perspektive. Ich bin eher darauf trainiert, die Dinge kritisch zu hinterfragen. Und dadurch, dass ich seit Jahren zu systemischen Risiken forsche, achte ich ganz genau auf Zusammenhänge: Welche Risiken können weitere Risiken auslösen – oder gar positive Auswirkungen haben?

“Ein Einzelner kann den Klimawandel nicht so leicht beeinflussen”

ZEIT ONLINE: Wie reagieren Sie persönlich auf das Risiko des Klimawandels?

Schweizer: Ich lasse das Auto stehen, wenn ich es nicht unbedingt brauche, und bald will ich es ganz abschaffen. Ich versuche, bewusst zu konsumieren. Den CO2-Ausstoß meiner Einkäufe lasse ich mir von einer App berechnen. Sonst hätte ich gar keine Vorstellung davon, wie viele Treibhausgase beispielsweise die Herstellung eines Baumwoll-T-Shirts verursacht, das ich für meine Kinder kaufe.

ZEIT ONLINE: Reicht das aus? Gegen ein systemisches Risiko wie den Klimawandel bräuchte es doch gesamtgesellschaftliche Maßnahmen. 

Schweizer: Es braucht ein Maßnahmenbündel, das Anreize bietet, dass Individuen ihr Handeln an Maximen der sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit ausrichten. Zudem ist eine gesamtgesellschaftliche Nachhaltigkeitstransformation notwendig. Mit der Energiewende ist Deutschland bereits auf dem richtigen Weg, auch wenn noch eine längere Strecke vor uns liegt bis zu Netto-Nullemissionen.

ZEIT ONLINE: Welche Rolle spielt es, wie stark man selbst von einem Risiko betroffen ist?

Schweizer: Ich denke, es ist wichtig, ob jemand bereits Erfahrungen mit einem bestimmten Risiko gesammelt hat, beispielsweise mit einer Pandemie. Corona wurde zu Beginn in Deutschland noch von vielen unterschätzt.

ZEIT ONLINE: Verhält es sich mit der Klimakrise vielleicht ähnlich? Lange dachte man, Deutschland sei kaum betroffen. Dass das nicht stimmt, ist mittlerweile klar, aber statt darüber zu diskutieren, wie man dem am besten begegnet, streiten wir über den Benzinpreis.

Schweizer: Dafür gibt es Gründe. Höhere Spritpreise spürt man sofort im Portemonnaie, der Klimawandel aber kommt schleichend. Manche freuen sich womöglich auch auf längere, ausgedehnte Sommer. Ursache und Wirkung des Klimawandels klaffen zeitlich und räumlich stark auseinander, und auch die Frage, wer Verantwortung für den Klimawandel trägt, ist nicht so eindeutig zu beantworten wie beispielsweise die Frage nach den Schuldigen an einem Chemieunfall. Das beeinflusst unsere Risikowahrnehmung eklatant.

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ZEIT ONLINE: Aber die entscheidenden Punkte stehen doch außer Frage. Der Klimawandel ist gut erforscht. Er ist real, er ist menschengemacht, er bringt uns in Gefahr. Wir können etwas gegen ihn tun, indem wir aufhören, Kohle, Öl und Gas zu verbrennen, Wälder abzuholzen, Feuchtgebiete trockenzulegen. Und selbst wenn wir dazu auf manches verzichten müssen: Menschen schränken sich ebenfalls ein, um ihren Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen oder um aufs Eigenheim zu sparen. Warum fällt uns das in der Klimapolitik so schwer?

Schweizer: Ein Häuslebauer weiß ganz genau, für wen er spart und mit welcher Strategie er zu seinem Eigenheim kommt. Das Risiko Klimawandel ist im Vergleich dazu kaum zu begreifen. Ein Einzelner kann den Klimawandel nicht so leicht beeinflussen und die Informationen über ihn sind oft widersprüchlich. Deshalb fällt es uns schwer, ihn zu begreifen. Einmal steht das Fliegen im Fokus, dann die Kohle, dann wieder die globale Zementindustrie. Und wie der oder die Einzelne dann darauf reagiert, hängt stark vom sozialen Umfeld ab. Eine Studentin in der Stadt positioniert sich anders als ein Arbeitnehmer auf dem Land, der täglich weite Strecken mit dem Auto pendelt. Und viele Familien können sich den Luxus höherer Benzinpreise unter den derzeitigen Rahmenbedingungen schlicht nicht leisten.

ZEIT ONLINE: Klar, Klimaschutz kostet. Aber kein Klimaschutz ist doch noch viel teurer.

Schweizer: Aber wer zahlt? Die Schäden des Klimawandels treffen die künftigen Generationen. Das macht es schwer, heute zu guten Entscheidungen zu kommen.

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ZEIT ONLINE: Ändert sich das, sobald wir die Folgen des Klimawandels stärker spüren?

Schweizer: Ich finde, es gibt eine Sache, die die Corona-Pandemie gezeigt hat: In einer Krise sind viele Menschen in der Lage, mit großer Disziplin harte Einschränkungen in Kauf zu nehmen, sofern sie überzeugt sind, dass es etwas bringt. Aber irgendwann erschöpft sich das. Die Krise wird zur Routine. Die Menschen gewöhnen sich an die neue Situation und sind dann auch bereit, höhere Risiken einzugehen, um sich wieder so verhalten zu können wie zuvor. Ähnlich könnte es mit dem Klimawandel sein.

ZEIT ONLINE: Grüne, SPD und selbst die FDP versprechen einen sozialen Ausgleich für höhere Benzinpreise. Kann es sein, dass viele das in einer stark polarisierten Debatte gar nicht mitbekommen?

Schweizer: Ich denke schon, dass die Leute es mitbekommen. Vielleicht fehlt es am Vertrauen in die Politik. Wahlkampfversprechen werden nicht immer gehalten. Und in einer repräsentativen Demokratie wie der unsrigen haben die Bürgerinnen und Bürger eben viel weniger direkte Einflussmöglichkeiten als beispielsweise in der Schweiz, wo jeder mitentscheiden kann. Das ändert auch die Risikowahrnehmung und -akzeptanz. Wer an Entscheidungen beteiligt ist, fühlt sich eher für die Folgen verantwortlich.

ZEIT ONLINE: Volksabstimmungen mögen gut sein, weil sie den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden. Eignen sie sich auch, um sinnvolle Lösungen für komplexe Probleme zu finden?

“Ich habe großes Zutrauen, vor allem in die jüngere Generation”

Schweizer: Bürgerbeteiligung funktioniert ja nicht nur über reine Abstimmungen. Eine andere Form sind Bürgerräte, die sich im Austausch mit Fachleuten eine fundierte Meinung zu einem bestimmten Thema bilden und dann die Politik beraten. Wir müssen die Debatte über mögliche Wege aus der Krise aber auf allen Ebenen führen: im Parlament, wo die Gesetze beschlossen werden; in Bürgerräten und anderen Beteiligungsformaten; mit Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft; mit Vertreterinnen und Vertretern aller anderen betroffenen Gruppen.

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ZEIT ONLINE: Das klingt sehr unübersichtlich. Wie lässt sich so etwas organisieren?

Schweizer: Das hängt davon ab, um welches Problem es konkret geht. Beim Bau von Windkraftanlagen an Land beispielsweise sind die Zuständigkeiten und die Betroffenen recht klar. In den Kommunen kann man die Menschen leichter beteiligen als in abstrakten Debatten über eine unübersichtliche, komplexe, riesenhafte Krise.

ZEIT ONLINE: Sie haben gesagt, wenn man ein systemisches Risiko in den Griff bekommt, können sich dafür zwei neue auftun. Wie lässt sich das verstehen?

Schweizer: Zum Beispiel haben die Schulschließungen in der Corona-Pandemie zwar das Ansteckungsrisiko eingehegt. Aber sie hatten Bildungsdefizite und auch psychische Probleme bei vielen Kindern und Jugendlichen zur Folge.

ZEIT ONLINE: Wie ist es in der Klimapolitik?

Schweizer: Da gibt es ähnliche Mechanismen. Wenn die Benzinpreise steigen und es keinen finanziellen Ausgleich dafür gibt, können neue soziale Nachteile entstehen, etwa für Haushalte mit geringem Einkommen, die auf ein Auto angewiesen sind. Die Transformation des Energiesystems birgt ebenfalls Risiken. In Zukunft werden beispielsweise Stromangebot, -speicherung und -nachfrage noch stärker digital reguliert werden müssen als bisher, damit es nicht zu Ausfällen kommt. Damit steigt die Anfälligkeit für Hackerangriffe. Für systemische Risiken gibt es keine schnellen, einfachen Lösungen.

ZEIT ONLINE: Haben wir überhaupt eine Chance, ein systemisches Risiko wie den Klimawandel zu stoppen?

Schweizer: Ich habe da großes Zutrauen, vor allem in die jüngere Generation. Es gibt da eine große politische Mobilisierung und viel Gestaltungswillen – und zugleich das Wissen, dass es ganz unterschiedliche Wertvorstellungen gibt und eben nicht den einzig richtigen Weg, um alle glücklich zu machen. Ich denke, das sind gute Voraussetzungen.


tip von Ingo

Studie – Eisschmelze in Grönland kaum noch zu stoppen

(18.05.21, Zdf , Original : hier )

Die Ausrufung eines weltweiten Klimanotstandes ist dringendst notwendig. Wirtschaftliche Aktivitäten sind drastisch zurückzufahren

Das Eis der Arktis schmilzt, zahlreiche Gletscher drohen zu verschwinden. Das Abschmelzen des Grönland-Eisschildes wird einer Studie zufolge kaum mehr zu stoppen sein.

In Teilen des grönländischen Eisschilds dürfte laut einer neuen Studie bald ein kritischer Kipppunkt überschritten werden, ab dem ein Abschmelzen kaum noch zu stoppen wäre. Aufgrund der steigenden Temperaturen habe die Destabilisierung zentral-westlicher Gebiete bereits begonnen, teilte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) unter Berufung auf Erkenntnisse deutscher und norwegischer Forscher mit.

Das Abschmelzen könnte dann auch bei einer nur noch begrenzten Erderwärmung weiter fortschreiten.

Wir haben Belege dafür gefunden, dass sich der zentral-westliche Teil des Grönland-Eisschildes destabilisiert hat.

PIK-Wissenschaftler Niklas Boers

“Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es in der Zukunft zu einem deutlich verstärkten Abschmelzen kommen wird – was sehr besorgniserregend ist”, erklärte der PIK-Wissenschaftler Niklas Boers.

Temperaturen müssten unter vorindustrielles Niveau absinken

Ursache sind demnach Rückkopplungseffekte, wodurch die Erwärmung des Eisschildes schneller voranschreitet, wenn sich seine Höhe verringert. Um dann noch ein Abschmelzen zu verhindern, müsste daher nicht nur die Erwärmung gestoppt werden, sondern die Temperaturen müssten deutlich unter das vorindustrielle Niveau absinken, um wieder die Eisschildhöhe der vergangenen Jahrhunderte zu erreichen.

“Praktisch wird also der gegenwärtige und in naher Zukunft zu erwartende Massenverlust des Eises weitgehend irreversibel sein”, erklärte dazu Boers.

Deshalb ist es höchste Zeit, dass wir die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe schnell und deutlich reduzieren und das Eisschild und unser Klima wieder stabilisieren.

PIK-Wissenschaftler Niklas Boers

Gesamter Eisschild könnte vollständig abschmelzen

Nach bisherigen Modellergebnissen ist laut PIK das Abschmelzen des Grönland-Eisschildes ab einer kritischen Schwelle der globalen Mitteltemperatur von 0,8 bis 3,2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau unvermeidlich.

Sobald diese Schwelle überschritten wird, könnte der gesamte Eisschild über hunderte oder Tausende von Jahren vollständig abschmelzen, was zu einem globalen Meeresspiegelanstieg von mehr als sieben Metern und einem Zusammenbruch der atlantischen meridionalen Umwälzzirkulation (AMOC) führen könnte, die für die relative Wärme in Europa und Nordamerika verantwortlich ist.

Der Anstieg des Meeresspiegels bedroht in Virginia ganze Wohngebiete. Das Projekt “Blue Line Project” fordert ein Umdenken in der Klimapolitik. Beitragslänge: 1 min Datum: 08.05.2021

Forscher in Ohio: Schneefall im Winter reicht nicht

Zu einem ähnlichen Ergebnis sind im vergangenen Jahr ebenfalls Wissenschaftler der Ohio State University gekommen, die ihre Untersuchung in der Fachzeitschrift “Nature Communications Earth & Environment” veröffentlicht hatten. Ihnen zufolge ist das allmähliche Abschmelzen der Eisdecke auf Grönland wahrscheinlich nicht mehr aufzuhalten.

Die Experten haben Daten zu 234 Gletschern in der Arktis ausgewertet. Die Erhebung umfasst 34 Jahre bis 2018. Ihrem Fazit zufolge dürfte der alljährliche Schneefall im Winter nicht ausreichen, um die Auswirkungen der Schneeschmelze im Sommer wettzumachen.

US-Außenminister Antony Blinken hat zu Beginn einer mehrtägigen Reise nach Dänemark, Island und Grönland die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen getroffen. Die Regierungschefin von Deutschlands nördlichstem Nachbarn empfing den Chefdiplomaten von US-Präsident Joe Biden am Montagmorgen in ihrem Sommersitz Marienborg nördlich von Kopenhagen, wo sie erst im Juli 2020 Blinkens Amtsvorgänger Mike Pompeo begrüßt hatte. Themen des Treffens waren unter anderem der Kampf gegen die Klimakrise, die Sicherheitspolitik und die Zusammenarbeit in der Arktis.

Für den Gast aus Washington standen außerdem eine Audienz bei Königin Margrethe II. sowie Treffen mit Dänemarks Außenminister Jeppe Kofod und den Außenbeauftragten Grönlands und der Färöer-Inseln, Pele Broberg und Jenis av Rana, an. Grönland und die Färöer sind weitgehend autonom, gehören offiziell aber zum dänischen Königreich. Beide streben eine engere Kooperation mit den USA an, die wiederum vor allem aus sicherheitspolitischer Hinsicht ein Interesse an ihnen haben.


Tip von Ingo

Faktencheck : Nein, die Produktion einer Tesla-Batterie verursacht keine 17 Tonnen CO2

(06.07.21, correctiv.org, Original : hier )

Faktencheck

Angeblich verursache die Produktion einer Tesla-Batterie mehr CO2 als ein Verbrennungsmotor auf 200.000 Kilometer, wird auf Facebook behauptet. Das stimmt nicht, wie unser Faktencheck zeigt. (von Matthias Bau 06. Juli 2021)

Behauptung Die Produktion einer Tesla-Batterie stoße 17 Tonnen CO2 aus, so viel wie ein Verbrennungsmotor auf 200.000 Kilometer. Aufgestellt von: Viraler Facebook-Beitrag Datum: 03.06.2021 Bewertung Falsch
Über diese Bewertung Falsch. Die Produktion einer Tesla-Batterie verursacht keine Emissionen von 17 Tonnen CO2. Ein Verbrennungsmotor produziert zudem auf 200.000 Kilometern durchschnittlich deutlich mehr als 17 Tonnen CO2.

Auf Facebook kursiert ein Bild mit Text, auf dem es heißt: „Die Produktion einer Tesla-Batterie stößt 17 Tonnen CO2 aus. Also so viel wie ein Verbrenner in 200.000 km seiner Lebenszeit.” Bisher wurde der Beitrag 10.000 Mal geteilt. 

Eine Recherche von CORRECTIV.Faktencheck zeigt: Die Behauptung ist falsch. Ein Auto mit Verbrennungsmotor produziert durchschnittlich mehr als 35 Tonnen CO2 auf 200.000 Kilometer. Die Produktion einer Batterie für ein Elektrofahrzeug des Herstellers Tesla verursacht hingegen im schlechtesten von uns berechneten Fall 13 Tonnen CO2-Emissionen. 

Auf Facebook wird behauptet, die Produktion einer Tesla-Batterie wäre klimaschädlicher, als der Betrieb eines Autos mit Verbrennungsmotor
Auf Facebook wird behauptet, die Produktion einer Tesla-Batterie wäre klimaschädlicher, als der Betrieb eines Autos mit Verbrennungsmotor (Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Ein Auto mit Verbrennungsmotor produziert auf 200.000 Kilometern im Schnitt 35 bis 39 Tonnen CO2

Um zu überprüfen, ob der Vergleich korrekt ist, haben wir zunächst berechnet, wie viel CO2 ein Auto mit Verbrennungsmotor im Durschnitt auf 200.000 Kilometer verursacht. 

Laut dem Kraftfahrtbundesamt waren am 1. Januar 2021 in Deutschland 48,2 Millionen PKW mit einem Durchschnittsalter von 9,8 Jahren zugelassen. Zahlen des Bundesumweltamtes zufolge verbrauchten PKW und Kombis im Jahr 2019 durchschnittlich 7,4 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer. Dabei handelt es sich um einen Mittelwert, unabhängig von der Art des Kraftstoffs (Benzin oder Diesel).

Bei der Verbrennung eines Liters Diesel entstehen laut der Helmholtz-Gemeinschaft etwa 2,65 Kilogramm CO2, bei einem Liter Benzin etwa 2,37 Kilogramm CO2. Anhand dieser Angaben können wir den CO2-Ausstoß eines Autos mit Verbrennungsmotor auf 200.000 Kilometer berechnen. Wenn ein Auto im Schnitt auf 100 Kilometern 7,4 Liter Kraftstoff verbraucht, dann verbraucht es auf 200.000 Kilometern 14.800 Liter. 

Den Gesamtverbrauch an Kraftstoff multiplizieren wir mit der Menge CO2, die laut der Helmholtz-Gemeinschaft entsteht, wenn ein Liter Diesel beziehungsweise ein Liter Benzin verbrannt wird. Im Ergebnis entstehen bei der Verbrennung von 14.800 Litern Benzin 35,076 Tonnen CO2. Bei der Verbrennung von Diesel sind es 39,220 Tonnen CO2. 

Die Behauptung im Facebook-Beitrag ist demnach falsch: ein Verbrennungsmotor verursacht im Schnitt auf 200.000 Kilometern etwa doppelt so viel CO2 wie darin behauptet wird. 

Als nächstes schauen wir uns an, ob die angegebenen 17 Tonnen CO2, die bei der Produktion einer Tesla-Batterie entstehen sollen, korrekt sind. 

Inwiefern verursacht die Produktion einer Elektroauto-Batterie CO2-Emissionen?

In Elektroautos werden sogenannte Lithium-Ionen Batterien verbaut. Der Hersteller Tesla vertreibt Elektroautos mit verschieden großen Batterien. Die Leistung der Batterien liegt laut Medienberichten zwischen 50 und 130 Kilowattstunden

Batterien stoßen selbst – anders als die Verbrennung von Kraftstoff – kein CO2 aus, aber bei ihrer Produktion werden Energie und Rohstoffe verbraucht. Als Emissionsquellen von Treibhausgasen nennt eine Studie des Fraunhofer-Instituts von Januar 2020 beispielsweise den Abbau der für die Batterie-Produktion benötigten Rohstoffe. Das sind zum Beispiel Lithium oder Kobalt.

Wie viel CO2 bei der Herstellung dieser Batterien verursacht wird, ist nicht so eindeutig zu beantworten. Ein Bericht der Universität Eindhoven geht davon aus, dass bei der Produktion zwischen 40 und 100 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde Batterieleistung anfallen. 

CO2-Äquivalent ist eine Maßeinheit, mit der der Einfluss verschiedener Treibhausgase auf die Erwärmung der Erde so umgerechnet werden kann, dass er mit dem Erwärmungspotential von CO2 vergleichbar ist.  

Produktion einer Batterie verursacht im schlechtesten Fall 13 Tonnen CO2

Eine Studie des schwedischen Umweltforschungsinstituts, die im Jahr 2019 überarbeitet wurde, kam auf Werte zwischen 61 und 106 Kilogramm CO2-Äquivalente Emissionen pro Kilowattstunde Batterieleistung, die produziert wird. Die Studie bezieht ebenfalls den Abbau der benötigten Rohstoffe mit ein, aber auch, aus welchen Quellen der Strom stammt, der bei der Produktion verwendet wird.

Wir berechnen den CO2-Ausstoß für den ungünstigsten Fall, also für eine 130 Kilowattstunden starke Batterie und einen Ausstoß von 106 Kilogramm CO2  pro Kilowattstunde bei der Produktion dieser Batterie. Das ergibt 13 Tonnen CO2. 

Der Wert liegt somit immer noch deutlich unter dem auf Facebook angegebenen und ist etwa dreimal so niedrig wie derjenige, der sich in unserer Berechnung für einen Verbrennungsmotor auf 200.000 Kilometern ergeben hat. Ein Faktencheck der DPA kam zu dem gleichen Ergebnis wie wir. 

Laut Fraunhofer-Institut verursacht die Produktion eines Elektroautos mehr Emissionen als die Produktion eines Diesel- oder Benzinfahrzeugs. Die Nutzung des Elektroautos verursache dann aber wesentlich weniger Emissionen, so dass es am Ende „über seine Lebensdauer 15 bis 30 Prozent niedrigere Treibhausgasemissionen“ verursache als ein konventioneller PKW. 

Update 7. Juli 2021: Wir haben den Satz ergänzt, dass es sich bei dem angegebenen Durchschnittsverbrauch von 7,4 Litern um einen Mittelwert unabhängig von der Art des Kraftstoffs (Benzin oder Diesel) handelt.

Redigatur: Till Eckert, Alice Echtermann

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Studie der Universität Eindhoven „Vergleich der lebenslangen Treibhausgasemissionen von Elektroautos mit den Emissionen von Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselmotoren“: Link
  • Studie des schwedischen Umweltforschungsinstituts „Lithium-Ion Vehicle Battery Production Status 2019 on Energy Use, CO2 Emissions, Use of Metals, Products Environmental Footprint, and Recycling“: Link

Tip von Ingo

Erste „Bochumer Klimaschutzkonferenz für Schulen“

(06.07.21, bochum.de , Original : hier )

Schulgarten der Köllerholzschule mit Insektenhotel
Schulgarten der Köllerholzschule (Quelle: Stadt Bochum)

Am Mittwoch, 30. Juni, fand in Bochum die erste Klimaschutzkonferenz für Schulen statt.

Teilgenommen haben rund 20 Schülerinnen und Schüler sowie zehn Lehrerinnen und Lehrer der Willy-Brandt-Gesamtschule, der Köllerholzschule, des Neuen Gymnasiums, der Hildegardis-Schule, der Matthias-Claudius-Gesamtschule, der Rudolf-Steiner-Schule und der Schiller-Schule. Außerdem präsentierte die Nelson-Mandela-Schule ihre Aktivitäten auf einer extra für die Konferenz eingerichteten digitalen Pinnwand.

Viele Schulen sind schon von sich aus aktiv geworden und setzen in ihrer Einrichtung klimafreundliche Projekte um. So werden auf Schulhöfen bienenfreundliche Beete angelegt und Insektenhotels gebaut, Schülerinnen und Schüler stellen in UpCycling-Kursen und AGs aus alten, vermeintlich nicht mehr brauchbaren Dingen und Verpackungen neue Produkte her, wie Taschen, Blumentöpfe, Schmuck und vieles mehr. Sie motivieren ihre Schulgemeinschaft durch Wettbewerbe und den Bau von Fahrradständern, mehr mit dem Fahrrad zur Schule zu kommen. In Schulläden werden ökologische Schulmaterialien, faire Süßigkeiten sowie Produkte aus eigener Herstellung – auch aus dem eigenen Schulgarten – verkauft. Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich mit Müllvermeidung und stellen Bienenwachstücher her. Im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht und in Workshops wird in spannenden Experimenten der Frage nach Alternativen zum Verbrennungsmotor, nach erneuerbaren Energien oder aber nachhaltiger Versorgung mit Lebensmitteln nachgegangen. Selbstgedrehte Stop-Motion-Filme halfen dabei, auch komplexe Sachverhalte auf leichte und unterhaltsame Art und Weise verständlich zu machen. 

Schulgarten der Köllerholzschule mit Insektenhotel
Schulgarten der Köllerholzschule (Quelle: Stadt Bochum)

Was die gesamtstädtische Entwicklung betrifft, formulierten die Konferenzteilnehmerinnen und –teilnehmer drei Hauptziele: Die Stadt solle autofrei werden, es müsse mehr für das Rad getan werden, der Nahverkehr müsse günstiger werden. Insgesamt solle Bochum grüner und erneuerbar werden – so die Wünsche der Konferenz für Schulen und Stadt. 

Die Bochumer Klimaschutzkonferenz für Schulen fand statt als Online-Veranstaltung im Rahmen des Projektes „Klimaschutz: So machen WIR’s!“. Dieses wird gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch die Nationale Klimaschutzinitiative.


Tip von Ingo

Klimaschutz durch Tempolimit ; Tempolimit 130: Von “purer Ideologie” bis “zentraler Baustein für Vision Zero”

(, UmweltBundesAmt, Original : hier )

Klimaschutz durch Tempolimit

Wirkung eines generellen Tempolimits auf Bundesautobahnen auf die Treibhausgasemissionen

Ein generellen Tempolimits auf Bundesautobahnen kann zum ⁠Klimaschutz⁠ im Verkehrs beitragen. Mit aktuellen Daten zu den Geschwindigkeiten von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen auf Bundesautobahnen und detaillierten Werten zu deren Kohlendioxid-Emissionen in Abhängigkeit der Geschwindigkeit wurde die Wirkung eines generellen Tempolimits auf Bundesautobahnen auf die Treibhausgasemissionen des Verkehrs berechnet.

Die Vorgehensweise, Berechnungsschritte, verwendeten Eingangsdaten und getroffenen Annahmen werden in der vorliegenden Kurzstudie detailliert beschrieben. Als Ergebnis werden für ein generelles Tempolimit von 100 km/h, 120 km/h und 130 km/h auf Autobahnen die ⁠Treibhausgas⁠-Minderungen bestimmt. Downloaden


(12.07.21, von heise , Original : hier )

Von “purer Ideologie” bis “zentraler Baustein für Vision Zero”

heise online hat bei verschiedenen Unternehmen und Organisationen nachgefragt, die mit dem Straßenverkehr auf Autobahnen zu tun haben.

So unterschiedlich können die Sichtweisen auf einen Fakt sein. Ein allgemeines Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen sei kein Allheilmitteln, denn die Zahl der Verunglückten in Ländern mit einem Limit hebten sich nicht pauschal positiv von der Zahl in Deutschland ab, schreibt das Institut für Zweiradsicherheit (IFZ) in einer Stellungnahme für heise online. “Deutschland liegt hinsichtlich der Getötetenzahlen pro 1000 Autobahnkilometer im europäischen Vergleich im Mittelfeld.” Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) versah in einem Beschluss vom 11. Mai 2020 diesen Umstand mit einem anderen Unterton: “Im Vergleich aller EU-Staaten auf Basis der OECD-Daten liegt Deutschland in der Verkehrssicherheit auf Autobahnen nur im Mittelfeld.”

Der DVR, in dem sich unter anderem Vertreter von Verkehrsministerien, Verkehrsclubs, Versicherer und Wirtschaftsverbände versammeln, hatte sich vor einem Jahr für generelle Tempolimits auf Bundesautobahnen (BAB) ausgesprochen.

Ein generelles Tempolimit sei “pure Ideologie”, meint der AvD, der gegenüber heise online auf seine allgemeinen Standpunkte verweist. Darin schreibt er, mehrspurige Fahrstraßen, also Autobahnen seien statistisch gesehen die sichersten. So sei es 2014 pro 1 Milliarde Kilometer kumulierter Fahrleistung zu 1,6 unfallbedingten Sterbefällen gekommen, Lkw- und Bus-Unfälle eingeschlossen.

Ähnlich sieht es das IFZ; es erklärte, “trotz höherer möglicher Geschwindigkeiten sind Autobahnen in Deutschland hinsichtlich der gefahrenen Kilometer ein vergleichsweise sicherer Verkehrsbereich”. Der Anteil der dort verunglückten Verkehrsteilnehmenden sei relativ gering. “Der detaillierte Blick auf die Gruppe der Motorradfahrenden zeigt, dass von allen verunglückten Kraftradnutzern rund 3 Prozent auf Autobahnen verunglücken. Bei den getöteten Motorradfahrenden ist es ein Anteil von 5,6 Prozent”.

Volkswagen-Chef Herbert Diess, der Autobahnen mit Freiheit in Verbindung bringt, geht ebenfalls auf “Disharmonie” auf Autobahnen ein: “Heute stellen große Geschwindigkeitsunterschiede zwischen einem Lkw mit 80 km/h und einem Pkw mit 250 km/h noch eine Gefahrenquelle dar.” Er meint aber, dass diese in Zukunft leicht vermieden werden könne, und zwar mit intelligenten Verkehrsleitsystemen und autonomem Fahren. Diess kann sich nicht vorstellen, “dass wir in zehn oder 15 Jahren noch in nennenswertem Umfang größere Autobahnunfälle haben werden”.

So wie sich Volkswagen in Sachen Elektromobilität als Vorreiter sieht, durch die auch nach Meinung des CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet das Argument Umweltschutz für ein Tempolimit entkräftet wird, sieht sich Mercedes-Benz als “Pionier von Sicherheitstechnologien”. Systeme wie aktive Geschwindigkeitsassistenten würden von den Kunden sehr akzeptiert, schreibt das Unternehmen heise online. “Aus unserer Sicht sollte die Entscheidung der Geschwindigkeitsvorgaben nicht allgemein, sondern zielgenau und angepasst an die Situation erfolgen. Digitale Lösungen können dabei eine intelligente Steuerung des Verkehrs ermöglichen und dynamisch auf Faktoren wie Witterung, Uhrzeit oder Verkehrslage reagieren.” Künftig werde das Thema durch Elektromobilität und autonomes Fahren ohnehin eine andere Relevanz haben.

So passen auch für den Verband der Automobilindustrie (VDA) “analoge Blechschilder” nicht in das digitale Zeitalter, wie der VDA gegenüber heise online erläutert. Eine starre Verkehrsregelung sei nicht mehr zeitgemäß, das Tempo müsse digital an die Verkehrssituation und die Wetterbedingung angepasst werden können.

“Auf einer leeren Autobahn bei trockener Fahrbahn und guter Sicht eine generelle Tempobegrenzung vorzusehen, wird von den Menschen zu Recht als nicht sinnvoll empfunden”, meint der VDA. Dynamische Limits, die sich an der jeweiligen Lage orientieren, fänden unter den Verkehrsteilnehmern nachweislich viel höhere Akzeptanz.

Diesem Tenor folgt auch der BGL, der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung. Er spricht sich gegenüber heise online für eine intelligente Verkehrsführung aus, bei der dynamische Verkehrszeichen die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit der jeweiligen Verkehrssituation anpassen. “Die Praxis zeigt zudem, dass die Akzeptanz dynamischer Geschwindigkeitsanzeigen deutlich höher ist als die von stationären Verkehrsschildern.”

Der VDA meint – im Gegensatz zum ACE –, auf Strecken ohne Tempolimit des deutschen Autobahnnetzes gebe es durchschnittlich nicht mehr Unfälle mit Personenschäden als auf gebremsten Strecken. Auch sei der Klimaeffekt durch ein generelles Tempolimit gering. Die CO2-Emissionen in Deutschland ließen sich durch ein Tempolimit von zum Beispiel 120 km/h um etwa 0,3 Prozent senken. Ein Tempolimit von 130 km/h hätte einen entsprechend noch geringeren Klimaeffekt.

Für den AvD erscheint “wenig plausibel, dass die Einführung einer generellen Tempobeschränkung auf weiteren 1,4 Prozent des deutschen Straßennetzes einen relevanten Effekt auf die CO2-Emissionen und damit auf den Klimaschutz haben soll”. Bei der Angabe des Einsparungspotenzials werde offensichtlich von der falschen Annahme ausgegangen, dass auf Autobahnabschnitten ohne Tempolimit alle Autofahrer permanent mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs seien. Nicht selten sei die Verkehrsdichte auf solchen Strecken so hoch, dass ohnehin kaum mehr als Richtgeschwindigkeit gefahren werden könne. Lasse die Verkehrslage es doch zu, auch schneller zu fahren, werde dies nur von einem Teil der Autofahrer genutzt.

Der ACE, der ein Tempolimit von 130 km/h hervorhebt als “zentralen Baustein, um die Vision Zero zu erreichen”, sieht die Geschwindigkeitsbegrenzung als Antrieb für die deutsche Automobilindustrie, sich durch Innovationen in die Verkehrssicherheitstechnik im weltweiten Wettbewerb zu behaupten. “Insbesondere für den enormen Exportanteil der in Deutschland gefertigten Fahrzeuge ist Höchstgeschwindigkeit weniger ein Verkaufsargument als technischer Fortschritt in Sicherheit sowie in nachhaltigen Antriebsformen mit dem Gütesiegel ‘Made in Germany’. Unter “Vision Zero” versteht der ACE wie die Bundesregierung, möglichst wenige Tote im Straßenverkehr zu erreichen. Die Regierung erwähnte in ihrem Verkehrssicherheitsprogramm allerdings kein Tempolimit für Autobahnen.

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Synthetische Treibstoffe Porsches neue Quelle für grünen Sprit

(09.07.21, von Wirtschaftswoche , Original : hier)

Schafe und Pferdestärken – in der ländlichen Gegend um die südchilenische Stadt Punta Arenas entsteht in den kommenden Monaten eine Anlage zur Herstellung von klimaneutralem Sprit. Der soll künftige Porsche 911 mit Verbrennungsmotor sauber machen.

Der Sportwagenbauer baut gemeinsam mit Siemens Energy die erste Produktionsanlage der Welt auf, die aus Grünstrom CO2-neutrales Benzin macht. Davon dürften auch andere Branchen profitieren. https://player.podigee-cdn.net/podcast-player/podigee-podcast-player.html?id=pdg-59e9ac9b&iframeMode=script

Porsche-Chef Oliver Blume ist bekennender Fan des Elektroantriebs: „Wir werden bis 2025 bereits über 50 Prozent unserer Fahrzeuge elektrisch verkaufen“, sagt er im Podcast „Chefgespräch“ mit WirtschaftsWoche-Chefredakteur Beat Balzli. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen es gar mehr als 80 Prozent der Produktion sein, die mit E-Antrieb ausgestattet ist. Doch Blume weiß auch, dass nicht jedes Modell elektrisch funktioniert.

Der klassische 911-er Sportwagen mit seinem röhrenden Boxermotor und den Glubschaugen-Scheinwerfern etwa – ein Kultauto, das wie kein anderes für die Marke steht. Er soll weiter als Verbrenner vom Band rollen. Damit das die Klimabilanz des Konzerns nicht allzu sehr verhagelt, hat sich Porsche einem Projekt von Siemens Energy und dem italienischen Versorger Enel angeschlossen.

Das Konsortium baut in Chile die weltweit erste Produktionsanlage auf, die Sprit ausschließlich aus Grünstrom, Wasser und Luft herstellt. Was sich nach moderner Alchemie anhört, heißt im Fachjargon Power-to-Liquid-Verfahren.

Podcast – Chefgespräch: Porsche-Chef Blume: „In der Familie habe ich nicht viel zu sagen“

Podcast – Chefgespräch Porsche-Chef Blume: „In der Familie habe ich nicht viel zu sagen“ Blume erzählt im Podcast, warum er das kroatische E-Sportwagen-Start-up Rimac so toll findet, wie der VW-interne Chipbasar funktioniert – und was es mit der shitstorm-verdächtigen Farbe Frozen Berry auf sich hat. von Beat Balzli

Mithilfe von Windenergie werde am Produktionsstandort künftig aus Wasser Wasserstoff hergestellt und aus dem CO2 in der Luft Kohlenstoff herausgefiltert, sagt Blume. Aus beiden Komponenten lasse sich dann grünes Methanol machen und aus dem wiederum Benzin für Autos, Kerosin für Flugzeuge, Treibstoff für Schiffe – allesamt Kohlenwasserstoffverbindungen. Blume will den in Chile hergestellten CO2-neutralen Sprit nicht nur den CO2-Ausstoß der neu ausgelieferten 911-er kompensieren, sondern auch im Motorsport und in der Fahrzeugerprobung einsetzen sowie wenn die Autos in der Fabrik das erste Mal betankt werden.

1,2 Millionen Tonnen Methanol

Die Bauarbeiten für die Anlage sollen noch diesen Monat beginnen, sagt Markus Speith, der das Projekt bei Siemens Energy federführend vorantreibt. Patagonien ist ihm zufolge geradezu prädestiniert, um dort eine solche Produktion aufzubauen. Während ein Windrad in der Nordsee 2000 bis 2500 Stunden im Jahr unter Volllast laufen kann, sind es an der Südspitze von Chile etwa 6000 Stunden. Dadurch ist die Ausbeute und Effizienz extrem hoch, was die Produktionskosten massiv senkt. „Hinzu kommt, dass die Anden verhindern, dass die Region ans chilenische Stromnetz angeschlossen wird. Daher kann man die Windenergie dort gar nicht anders nutzen, als sie in ein transportables Mediumumzuwandeln“, sagt Speith.

Solche „synthetischen Kraftstoffe machen nur dann Sinn, wenn man sie an Orten auf der Welt produziert, wo nachhaltige Energie im Überschuss vorhanden ist“, erklärt auch Porsche-Chef Blume.

In der chilenischen Provinz Magallanes weht ein außergewöhnlicher starker und beständiger Wind, liegt sie doch nicht weit vom Kap Hoorn entfernt, das für extreme Windstärken bei Seefahrern berüchtigt ist. Bild:  imago images

Für die Demonstrationsanlage, die 2022 anlaufen soll, ist anfangs nur eine Windturbine geplant. In der ersten Ausbaustufe aber sollen dann 50 Windturbinen 300 Megawatt liefern. Und in der finalen Stufe 300 große Windräder zwei Gigawatt. Das reicht laut Siemens Energy für etwa 1,2 Millionen Tonnen Methanol im Jahr. Genug für 550 Millionen Liter Fahrzeugbenzin, der Jahresverbrauch von etwa einer Million deutschen Autos.

Mit dem Ausbau der Haru Oni genannten und vom Bund geförderten Anlage sollen auch die Kosten sinken. In der ersten Ausbaustufe rechnet Siemens Energy mit einem Preis von 1,30 Euro je Liter Sprit – einschließlich Transport zur Tankstelle, und das ebenfalls klimaneutral. Bei der zweiten Ausbaustufe, die deutlich vor 2030 erreicht werden soll, ist es gar nur noch ein Euro. Je nachdem, wie viel Mineralölsteuer die Politik aufschlägt, könnte der Sprit also dann mit konventionellem preislich mithalten. 

Das Methanol selbst lasse sich außerdem in der Schifffahrt nutzen. So will etwa die Rederei Maersk ihre Schiffe auf Methanolantrieb umstellen. Eine andere Industrie, die Porsche-Chef Blume zufolge bei dem Vorhaben mitmischen will, ist die Luftfahrt. Die Branche arbeitet zwar an elektrischen oder wasserstoffbetriebenen Flugzeugen für Kurz- und Mittelstrecken. Aber auf der Langstrecke wird sie auch nach dem Jahr 2050 nicht an Kerosin vorbeikommen. Darüber sind sich die Experten einig.

Einziger Ausweg aus der Klimafalle: Es muss klimaneutrales Kerosin her. „Das Kernproblem ist, es gibt bisher kein Verfahren, was den Treibstoff in großem Maßstab zu vernünftigen Kosten herstellen kann“, sagt Manfred Hader, Luftfahrtberater und Partner bei der Strategieberatung Roland Berger. Die Produktion des grünen Sprits könne daher nur über Quoten, die die Airlines verpflichten, sauberen Sprit beizumischen, langsam hochgefahren werden. Das sei ein Prozess von 10 bis 15 Jahren.

Porsche und Siemens Energy sind daher nicht die Einzigen, die an Power-To-Liquid-Anlagen arbeiten. In Norwegen will das Norsk-e-Fuel-Konsortium Europas erste Fabrik zur Herstellung von klimaneutralem synthetischen Flugbenzin aufbauen. 2023 soll sie in Betrieb gehen und 2026 etwa 100 Millionen Liter produzieren. Ein Airbus-Jumbo A380 könnte damit etwa 1000 Mal den Atlantik überqueren. An dem Projekt ist unter anderem das Dresdner Elektrolyse-Start-up Sunfire beteiligt, aber auch das Schweizer Unternehmen Climeworks.

Auch in der Wüste wird geplant

Ein weiteres Projekt will Siemens Energy mit Partnern in Abu Dhabi aufziehen. Das dort gewonnene klimafreundliche Flugbenzin soll an die Lufthansa und Etihad Airways gehen. Das Konsortium will dieses aus Wasserstoff gewinnen, der mithilfe von Solarenergie erzeugt wird. Der nötige Kohlenstoff wird hier allerdings aus einer Müllverbrennungsanlage kommen. Der ist dann zwar nicht komplett CO2-neutral, aber ein erster Schritt.

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Und der ist wichtig, denn der Druck auf die Luftfahrt wird zunehmen, prophezeit Berater Hader. Synthetischer Sprit sei der einfachste Weg, den CO2-Ausstoß der Flieger einzudämmen, ohne an die Betankungstechnik an Flughäfen ran zu müssen, oder an das Flugzeugdesign selbst. Wasserstoff- und Elektroflugzeuge erfordern da höhere Infrastrukturinvestitionen.

Zwar gibt es auch grünes Flugbenzin, das aus Pflanzenölen hergestellt wird. So richtig nachhaltig ist das aufgrund des Wasser- und Flächenbedarfs aber nicht. In einer Studie der Beratung Roland Berger heißt es außerdem: „Während aus Pflanzenölen und Fetten hergestelltes nachhaltiges Flugbenzin zurzeit am preisgünstigsten ist, wird es wahrscheinlich aus Grünstrom hergestelltes sein, das am ökonomisch wettbewerbsfähigsten sein wird, wenn die Preise für erneuerbare Energie fallen.“

Keine Massenalternative zum E-Auto

Da auf Flugbenzin anders als bei dem an der Tankstelle kaum Steuern aufgeschlagen werden, wird der Weg zur Wettbewerbsfähigkeit hier wohl etwas schwieriger. Vor der Coronakrise kostete der Liter konventioneller Sprit etwa 45 Cent, beim Höchststand des Ölpreises 2008 waren es um die 70 Cent. Ob sich diese Preise mit Power-to-Liquid in absehbarer Zeit erreichen lassen, bezweifeln Fachleute momentan. 

Daraus, dass die Flugindustrie auch künftig auf Sprit setzt, den Rückschluss zu ziehen, dass dies für die Masse der Autos auf der Straße eine ebenso sinnvolle Lösung wäre, hält Porsche-Chef Blume für falsch. „Die Elektromobilität hat eine deutlich bessere Energieeffizienz“, sagt er im Podcast. Luftfahrt und Schifffahrt hätten anders als die Autobranche „in Zukunft keine anderen Möglichkeiten“, als weiter auf synthetischen Treibstoff zu setzen. Batterien würden in einem Containerfrachter oder einem Langstreckenflugzeug einfach zu viel Platz wegnehmen.


Tip von Ingo

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(von Bund.net , Original hier )

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Klimawandel: Eine neue Studie sieht Bremen und Hamburg in 80 Jahren unter Wasser

(01.11.2019, aus focus.de, Original : hier )

Weite Teile der deutschen Küste sollen den Forschern nach in Zukunft unter Wasser stehen climatecentral.org Weite Teile der deutschen Küste sollen den Forschern nach in Zukunft unter Wasser stehen.

Wurde die Bedrohung durch den Anstieg des Meeresspiegels bislang unterschätzt? Eine Studie kommt zu gravierenden Ergebnissen. Demnach könnten in Zukunft viel mehr Menschen von jährlichen Überflutungen betroffen sein als bislang gedacht- auch in Deutschland

Nach Berechnungen der beiden Forscher Scott Kulp und Benjamin Strauss, die in der Zeitschrift “Nature Communications” veröffentlicht wurden, könnten im Jahr 2100 zwischen 150 und 250 Millionen Menschen in Überflutungsgebieten leben. Sollte der Klimawandel durch unverändert hohen CO2-Ausstoß ungebremst voranschreiten, könnten Ende des Jahrhunderts sogar bis zu 630 Millionen in Bereichen leben, die im Schnitt einmal im Jahr von Hochwasser betroffen sind.

Bislang waren Messungen zu ungenau

Die neuen Schätzungen beruhen auf Messungen mit Laserstrahlen und auf von Algorithmen erzeugten Simulationen. Bislang wurden die Folgen des Meeresspiegelanstiegs auf Grundlage ungenauer Radarmessungen bewertet. Das Problem dabei: Die Topographie von Küstengebieten wurde dabei teilweise falsch eingeschätzt, weil statt der Bodenfläche zum Beispiel die Höhe von Baumkronen gemessen wurde. Viele Städte liegen in Wahrheit also weiter unterhalb des Meeresniveaus als angenommen.

Die neuen Erkenntnisse zeigen, vor welcher Bedrohung die Bewohner in Küstengebieten stehen: Bereits heute sollen schätzungsweise eine Milliarde Menschen in Regionen leben, die weniger als zehn Meter über der derzeitigen Flutlinie liegen, 250 Millionen liegen sogar nur einen Meter darüber. Vor allem in Entwicklungsländern, die sich nicht mit teuren Sicherheitsmaßnahmen schützen können, richten Überflutungen und andere Wetterextreme schon jetzt verheerende Schäden an.

Vor allem Asien wäre von Fluten betroffen

“Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass viel mehr Menschen in bedrohten Gebieten leben als wir dachten”, sagte Co-Autor Benjamin Strauss laut CNN. Strauss ist Geschäftsführer der gemeinnützigen Organisation Climate Central. Die betroffenen Gebiete müssten nun unmittelbare Maßnahmen ergreifen, so Strauss, um “ökonomische und wirtschaftliche Katastrophen” zu verhindern.

Besonders gefährdet sind der Studie zufolge asiatische Staaten. Etwa 70 Prozent der betroffenen Bevölkerung leben in China, Bangladesch, Indien, Vietnam, Indonesien Thailand, den Philippinen und Japan. Aber auch in Deutschland würde der Meeresspiegelanstieg Städte unter Wasser setzen.

Auch deutsche Küsten bedroht

Eine interaktive Karte von Climate Central zeigt allerdings, dass auch Küstengebiete in Niedersachsen, die Stadtstaaten Bremen und Hamburg und weite Teile Schleswig-Holsteins betroffen wären. Mit dramatischen Folgen rechnen die Forscher auch in den Niederlanden, Belgien und an der Ostküste Großbritanniens.


Tip von Ingo

Hintergrund : Der Klimabericht – Daten zur Lage des Planeten

(26.10.20 , aus spiegel.de , Original : hier , Auswertung des IPCC-Berichtes)

Der SPIEGEL-Klimabericht zeigt, wie der Klimawandel voranschreitet. Ständig aktuell, basierend auf dem etablierten Stand der Forschung und vollständig transparent. Lesen Sie hier alles über sein Zustandekommen.

Zu den größten Herausforderungen im Kampf gegen den Klimawandel zählt das Auseinanderfallen von Ursache und Wirkung. Die Klimafolgen jeder einzelnen Entscheidung – sei es die Wahl des Verkehrsmittels auf dem Weg zur Arbeit, das Konsumverhalten, oder der gewählte Wohnort – werden nie direkt sichtbar. Dabei führt die Summe all dieser jetzt weltweit getroffenen Entscheidungen zu einer Veränderung des Klimas von morgen. 

… Weltweit geht Primärwald verloren und das verbleibende CO2-Budget zur Einhaltung des 2-Grad-Ziels schwindet, während der Ökostromanteil wenigstens bereits andeutet, wie der Wandel zu einer nachhaltigeren Lebensweise aussehen könnte.
Der Klimabericht – Daten zur Lage des Planeten

… Welche Daten wir hierfür nutzen, wie wir einzelne Werte berechnen und wie oft sich die Angaben aktualisieren, ist hier dokumentiert:

Erderwärmung

Die dargestellte Temperaturdifferenz ist die Veränderung der globalen Durchschnittstemperatur (gemessen als Lufttemperatur in Bodennähe sowie Oberflächentemperatur der Wasserflächen) gegenüber der vorindustriellen Zeit. Die Angabe stammt aus dem Sonderbericht des Weltklimarats IPCC zur globalen Erwärmung aus dem Jahr 2018 (Zusammenfassung des Berichts). 

Basierend auf historischen Beobachtungsdaten aus vier verschiedenen Peer-Review Publikationen wird im IPCC-Bericht für den Zeitraum 2006 bis 2015 eine Erderwärmung von +0,87 Grad (mit mindestens 66 Prozent Wahrscheinlichkeit zwischen +0,75 und +0,99 Grad) gegenüber der Periode 1850-1900 ermittelt.

In Kombination mit der aktuellen Geschwindigkeit der Erderwärmung von circa 0,2 Grad pro Jahrzehnt, ergibt sich für das Jahr 2020 als wahrscheinlichster Wert eine Erderwärmung von rund +1,1 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit (vollständiges Kapitel “Framing and Context” des IPCC-Sonderberichts, S. 56-59). Der dargestellte Wert ist fest in der Grafik hinterlegt und wird nur angepasst, falls sich Änderung am etablierten Stand der Forschung ergeben sollten.

Prinzipiell fällt die Erderwärmung über Landflächen höher aus als über dem Meer und so leben Menschen in zahlreichen Weltregionen bereits heute mit einem Temperaturanstieg von mehr als einem Grad. Dies gilt auch für Deutschland: Die Jahresmitteltemperatur ist bundesweit seit dem Jahr 1881 um wohl mindestens +1,6 Grad (linearer Trend auf Basis von DWD Temperatur-Zeitreihen), wenn nicht gar bereits +2,0 Grad angestiegen (nicht-linearer Trend, der die zunehmende Geschwindigkeit der Erderwärmung berücksichtigt. Mehr dazu hier).

Meeresspiegelanstieg

Die Grafik zeigt den durchschnittlichen globalen Meeresspielanstieg zum aktuellen Zeitpunkt gegenüber dem Jahr 1880. Als Grundlage dienen auch hier Angaben des IPCC, in diesem Fall aus dessen fünftem Sachstandsbericht (Arbeitsgruppe The Physical Science Basics,Kapitel Observations: Ocean, S. 285-287). Ihnen gefällt diese Art Journalismus?

Daten, Zahlen, Analysen: Hier finden Sie unsere besten datengetriebenen Recherchen und Datenvisualisierungen. Mehr von SPIEGEL Data

Basierend auf Daten von Gezeitenstationen weltweit wird darin für den Zeitraum 1880 bis 2009 ein durchschnittlicher globaler Meeresspiegelanstieg von 210 Millimetern berechnet (nach Church & White 2011). Die Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs hat sich in den vergangenen Jahrzehnten beschleunigt und wird für den Zeitraum von 1993 bis 2009 auf 3,2 Millimeter jährlich geschätzt. Satellitengestützte Beobachtungen liefern weitestgehend übereinstimmende Werte.

Für die Grafik berechnet wurde der Anstieg bis 2009 (210 Millimeter), plus ein jährlicher Anstieg von 3,2 Millimetern. Gerundet ergibt sich ein Meeresspiegelanstieg von 25 Zentimetern gegenüber dem Jahr 1880. Dieser Wert ist fest in der Grafik hinterlegt und wird nur angepasst, falls sich Änderungen am etablierten Stand der Forschung ergeben sollten.

Arktisches Meereis

Die Ausdehnung des arktischen Meereises ist jahreszeitlich bedingt starken Schwankungen unterworfen. Für den Klimabericht wird folglich ein Vergleich der derzeitigen Fläche des Meereises mit dem langjährigen Durchschnitt (1981-2010) für denselben Tag des Jahres angestellt. Beide dabei verwendeten Werte stammen vom National Snow & Ice Data Center (NSIDC), einer US-amerikanischen Forschungseinrichtung, die auf die Bereitstellung von Daten sowie die Kryosphärenforschung spezialisiert ist.

Das NSIDC veröffentlicht täglich Daten zur Ausdehnung von Meereisflächen weltweit, die mittels kontinuierlicher Satellitenbeobachtung gewonnen werden (genannt Sea Ice Index), sowie historische Referenzdaten. Für die Berechnung der Größenabweichung des arktischen Meereises gegenüber dem historischen Durchschnitt wird alle sechs Stunden automatisiert der neueste verfügbare Wert des Sea Ice Index abgerufen und mit dem arithmetischen Mittel für denselben Tag des Jahres aus der Periode 1981-2010 abgeglichen. Die ermittelte Differenz wird im Klimabericht als Prozentwert dargestellt.

Waldverlust

Statistiken zum Waldverlust weltweit sind oft mit großer Unsicherheit behaftet. Mittels Satellitenbeobachtung kann der Verlust von Waldflächen weltweit beobachtet werden. Weniger eindeutig ist allerdings die Erfassung der anschließenden Nutzung (findet eine Wiederaufforstung statt oder ist die Waldfläche dauerhaft verloren?).

Ökologisch besonders wertvoll sind Primärwälder, also ursprüngliche Waldflächen frei von menschlichen Eingriffen – auch “Urwälder” genannt. Sie weisen eine besonders große Biodiversität auf, speichern große Mengen CO2 und selbst eine Wiederaufforstung an derselben Stelle hätte ökologisch nicht denselben Wert.

Im Klimabericht dargestellt wird eine laufende Hochrechnung der Fläche an besonders wertvollem tropischen und subtropischen Primärwald, die derzeit weltweit verloren geht. Präzise tagesaktuelle Daten liegen hierfür nicht vor. Stattdessen wurde der durchschnittliche jährliche Flächenverlust dieser Wälder aus den Jahren 2001 bis 2018 (basierend auf Satellitenbeobachtungen, Auswertung durch Global Forest Watch) als Grundlage genommen. Die in diesem Zeitraum verloren gegangenen 60,5 Millionen Hektar entsprechen einem Flächenverlust von 0,149 Fußballfeldern pro Sekunde.

CO2-Budget

Durch menschliche Aktivitäten ausgestoßene Treibhausgase (zu rund 80 Prozent CO2) sind der Haupttreiber der Erderwärmung. Basierend auf diesem Zusammenhang lässt sich eine verbleibende Menge an CO2 berechnen, die die Menschheit noch ausstoßen darf, um die Erderwärmung auf einem bestimmten Maximalwert zu begrenzen. Das sogenannte CO2-Budget. 

Für die Darstellung im Klimabericht wird das verbleibende CO2-Budget verwendet, um den Temperaturanstieg mit 67 Prozent Wahrscheinlichkeit auf maximal 2,0 Grad zu begrenzen (basierend auf Klimamodellrechnungen, die durchgehend mit Lufttemperaturen arbeiten. Methodische Details können Sie hier nachlesen).

Laut IPCC verblieben der Menschheit hierfür zum 1.1.2018 noch Emissionen in Höhe von 1170 Milliarden Tonnen. Pro Jahr werden weltweit derzeit 42 Milliarden Tonnen freigesetzt, oder in Sekunden umgerechnet: 1332 Tonnen (Kapitel Mitigation Pathways im IPCC-Sonderbericht zur globalen Erwärmung, S. 107-108).

In der Grafik werden vom 1.1.2018 insgesamt zur Verfügung stehenden Budget sekündlich 1332 Tonnen abgezogen. Ausgangswert sowie sekündliche Änderungsrate werden nur angepasst, falls sich Änderungen am etablierten Stand der Forschung ergeben sollten.

Ökostrom

Als Ökostromanteil wird hier der Anteil regenerativer Energien an der Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung in Deutschland dargestellt. Im Gegensatz zur Bruttostromerzeugung werden bei der Nettostromerzeugung elektrische Verluste der Kraftwerke, die direkt im Kraftwerk verbraucht werden, nicht mitberücksichtigt. Die Angaben entsprechen somit dem Strommix, der tatsächlich zu Hause aus der Steckdose kommt und der im Haushalt verbraucht wird oder mit dem auch Elektrofahrzeuge öffentlich geladen werden.

Die Angabe stammt von energy-charts.info, einer Webseite des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, die Angaben der Netzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet, TransnetBW sowie der europäischen Strombörse EEX und der ENTSO-E Transparency Platform aufbereitet und veröffentlicht.

Als Ökostromanteil wird der Anteil der erneuerbaren Energien, also von Wasserkraft, Windkraft, Biomasse und Solarenergie, an der Nettostromerzeugung berechnet (genauere Informationen zu den einzelnen Energieträgern finden Sie hier). Die Daten werden stündlich aktualisiert und stehen in der Regel mit einer Verzögerung von zwei bis drei Stunden bereit.

Seit dem 30.10.2020 wird das verbleibende CO2-Budget als “Wert bis die Zwei-Grad-Marke erreicht ist” beschriftet. Zuvor wurde der Begriff “Zwei-Grad-Ziel” verwendet, der sich nur schwer eindeutig in ein CO2-Budget umrechnen lässt.

Seit dem 3.12.2020 wird die Erderwärmung mit +1,1 Grad Celsius anstatt zuvor mit +1,0 Grad angegeben. Hintergrund ist der Wechsel der Berechnungsgrundlage für die Erderwärmung im vergangenen Jahrzehnt. Zuvor wurde hier ein Wert aus einer im IPCC-Bericht zitierten Einzelpublikation verwendet (+0,17 Grad), mittlerweile ein an derselben Stelle veröffentlichter Wert, der sich auf mehrere Publikationen stützt (+0,2 Grad).

Hitzewelle in Nordamerika: It’s the Klimawandel, stupid

(09.07.21, aus taz.de, Original : hier )

Eine neue Studie belegt: Die Erderwärmung macht Hitzewellen weltweit wahrscheinlicher. Der Klimawandel ist längst eine reale Bedrohung.

Abstrakte Sachen stellt sich jeder ein bisschen anders vor. Gerechtigkeit zum Beispiel. Göt­t:in­nen wahrscheinlich auch. Selbst ein einfaches Wort wie Tisch erweckt bei dem einen das Bild einer reich gedeckten Tafel, bei der nächsten das einer kleinen Ablage. Beim Klimawandel scheinen die Bilder besonders weit auseinanderzuliegen.

Manche Po­li­ti­ke­r:in­nen stellen ihn sich wohl ungefähr wie einen Staubsaugervertreter vor. Der klopft vorsichtig an, dann kann man bei einer Tasse Kaffee endlos über Preise und Lieferzeiten verhandeln. Ein bisschen nervig, na klar, aber irgendwann geht er schon wieder.

Dass der Klimawandel ganz anders aussieht, legt die gegenwärtige Wirklichkeit leider allzu deutlich offen: In das westkanadische Dorf Lytton kam er in der vergangenen Woche zum Beispiel als Feuerwalze. Fast der gesamte Ort brannte nieder, mindestens zwei Menschen starben. Der Brand wurde begünstigt durch eine extreme Hitzewelle, die im Westen Kanadas und im Nordwesten der USA herrschte und Hunderte Hitzetote forderte. In Lytton hatte man zuvor 49,6 Grad Celsius gemessen. Absoluter Rekord in Kanada.

Da hört man diejenigen, deren Weltbild in einer Zeit verhakt ist, in der es noch Staub­sauger­ver­tre­te­r:in­nen gab, direkt fragen: Kann man sich überhaupt sicher sein, dass das jetzt der Klimawandel ist? Kurz gesagt: Ja. Laut dem Weltklimarat IPCC hat der Klimawandel Hitzewellen mit „hoher Zuverlässigkeit“ in den meisten Regionen schon jetzt häufiger und intensiver gemacht. Dass es generell schon merkliche Auswirkungen gibt, ist eigentlich auch kein Wunder, schließlich hat sich die Erde schon um rund 1,2 Grad erhitzt.

Die Kli­ma­to­lo­g:in­nen der Forschungsgruppe World Weather Attribution haben nun aber in einer Schnellstudie noch mal ganz genau hingeguckt und ermittelt: Die vom Menschen ausgelöste Erderhitzung hat die Hitzewelle in Nordamerika mindestens 150-mal wahrscheinlicher gemacht. Anders gesagt wäre sie ohne Klimawandel „praktisch unmöglich“ gewesen. Die Zeiten, in denen der Klimawandel abstrakt war, sind leider vorbei.