(20.08.19, solarverband Bayern) , Original : hier
Von Dr. Andreas Horn
Photovoltaikanlagen auf Dächern und an Fassaden helfen, die Überhitzung der Städte wirksam abzumildern
Die neuen Temperaturrekorde im Sommer 2019 in Deutschland und Europa rufen die nunmehr für jedermann erkennbaren Folgen der Klimaüberhitzung ins Bewusstsein der Menschen. Vor allem die Städte ächzen unter der brütenden Hitze, die einen Aufenthalt im Freien fast unerträglich macht. Die Städte suchen händeringend nach Möglichkeiten, um den urbanen Temperaturhub von zusätzlichen ca. 4°C gegenüber den Temperaturen auf dem Land abzumildern.
Die Installation von Photovoltaikanlagen ist eine schnelle, einfache und kostengünstige Möglichkeit, um die Überwärmung von versiegelten Flächen abzumildern. Denn die Photovoltaikanlagen wandeln 20% der einstrahlenden Sonnenenergie in Strom um und entziehen somit einen Teil der Solarstrahlung, der dann nicht mehr zur Erwärmung der Gebäude- und Luftmassen beitragen kann.
Dabei ist die Kühlwirkung einer PV-Installation rund fünffach stärker, als die einer unbewässerten, extensiven Dachbegrünung mit Sedum, wie sie heute zu 85% auf begrünten Dächern anzutreffen sind. Gerade aufgrund der in Folge des Klimawandels vorherrschenden langanhaltenden Hitze- und Trockenperioden sind die Gründächer nach wenigen Tagen weitgehend staubtrocken, so dass die trockenheitsresistenten Pflanzen kaum mehr Wasser zur Verfügung haben und die Verdunstung somit weitestgehend einstellen.
[Anm.: Die Evapotranspirationsrate eines unbewässerten Sedumdaches von 0,35 l/m2T, bzw. bei 100 m2 ca. 25 kWh/T, steigt bei einer PV-Installation auf rund 130 kWh/T Energieentzug durch Stromproduktion.]
Eine noch bessere Kühlleistung wäre durch bewässerte, intensive Dachbegrünungen zu erreichen. Diese bedingen jedoch höhere Dachlasten von rund 0,5 t/m2, und erfordern somit deutlich stabilere Gebäudekonstruktionen mit mehr Beton und Stahl, was letztendlich zu einem steigenden Anteil „grauer Energie“ zur Herstellung der Gebäude führt.
Während eine so geartete Dachbegrünung also erhebliche Investitionskosten zugunsten der Stadtbevölkerung bedarf, fällt die Kühlleistung bei PV als kostenloses Nebenprodukt bei der Stromproduktion an, wobei der Strom vorzugsweise im Gebäude – z. B. als Mieterstrom – genutzt werden kann.
Durch den zunehmenden Bedarf von Klimaanlagen steigt der Stromverbrauch gerade dann, wenn viel Solarstrom zur Verfügung steht. Eine ideale win-win-win-Situation.
Die Kühlwirkung der Photovoltaikanlagen kann nicht nur auf Flachdächern, sondern insbesondere auch auf den herkömmlichen Schrägdächern genutzt werden, die für eine Dachbegrünung aufgrund der Neigung meist nicht geeignet sind. Die Lebens- und Aufenthaltsqualität vieler Dachräume – insbesondere im Altbaubestand – steigt nach der Installation einer PV-Anlage erheblich, da die
Räume aufgrund der Beschattung der Dachflächen durch die PV-Anlage in Verbindung mit einer guten Hinterlüftung der Module im Sommer deutlich kühler bleiben. Diese seit gut 20 Jahren etablierte Technik ist zuverlässig und durch Massenproduktion mittlerweile sehr preiswert.
Bei PV-Anlagen auf Flachdächern ist darauf zu achten, dass diese so konstruiert sind, dass auch Regenwasser auf dem Dach zurückgehalten wird. Ein guter RegenwasserAbflussbeiwert von typisch 0,45 kann durch eine geeignete Substratauswahl für die Schüttung, die zur Ballastierung der PV-Anlage genutzt wird, erreicht werden. Bewährt hat sich hier kalkarmer Kiessand ohne organischen Anteil, weil hier die Pflege des Dachaufbaus hinsichtlich die PV-Anlage verschattendem Bewuchs problemlos ist. Wenn die PV-Anlage mit einer Dachbegrünung unter der PV-Anlage kombiniert werden soll, muss die
Anlage vergleichsweise hoch (mindestens 50 cm an der Unterkante!) aufgeständert werden.
Übliche Konstruktionen verteuern die PV-Anlage erheblich.
Als Trostpflaster steigt aber der Solarertrag der durch die Dachbegrünung besser gekühlten Module um ca. 0,3% pro Grad Celsius niedrigere Modultemperatur.
Photovoltaikanlagen auf Dächern und an Fassaden von Gebäuden liefern viele gute Antworten auf die Herausforderungen der Klimaüberhitzung vor allem für die Städte.
Das Mikroklima der Umgebung wird gekühlt, Maßnahmen sind schnell und kostengünstig im Neubau und Bestand umsetzbar, und nicht zuletzt wird mit jeder Kilowattstunde Solarstrom die Emission von CO2 aus fossilen Kraftwerken eingespart und somit der zunehmende Treibhauseffekt gebremst. Damit Städte auch zukünftig lebenswert bleiben.
Dachbegrünungen können zwar kühlen – aber anders als PV-Anlagen – keinen Fossilstrom ersetzen.
Quelle: SFV-Solarbrief 2/19
Dr. Andreas Horn, www.solardoktor.de
Siehe auch www.energiewendeplaner.de &
www.sonnenkraft-freising.de