An unseren Oberbürgermeister Herrn Thomas Eiskirch, die Mitglieder des Rates und der Ausschüsse sowie die zuständigen Ämter der Stadtverwaltung Bochums
Irrweg vermeiden: kostbaren Wasserstoff nur für anspruchsvolle Aufgaben
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren der politischen Gremien und der Verwaltung,
Sie haben sich in der jüngeren Vergangenheit in erheblichem Maße mit den epochalen Herausforderungen des Klimawandels für unsere Stadt beschäftigt. Sie haben für Bochum das ehrgeizige Ziel gesetzt, bereits im Jahr 2035 die Klimaneutralität zu erreichen. Die Kommunale Wärmeplanung wurde angeschoben und soll 2025 stehen, also ein Jahr vor der gesetzlichen Frist. Für diesen notwendigen und besonderen Einsatz danken wir Ihnen.
In der künftigen Energieversorgung kommt der Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff weltweit eine große Bedeutung zu. Wissenschaftliche Studien beschäftigen sich mit den Kosten, der Effizienz und den bevorzugten Anwendungsfeldern für Wasserstoff. Nicht jede Anwendung ist dabei zielführend, im Bereich der kommunalen Wärmeplanungen sind sogar Fehlentwicklungen möglich.
Wir Bürgerinnen und Bürger des Bochumer Klimaschutzbündnisses haben deshalb einen gemeinsamen Aufruf von bundesweit 217 Organisationen unterzeichnet (siehe Anlage), mit dem wir alle 10.753 Bürgermeister:innen in Deutschland auffordern:
Wasserstoff nicht verheizen!
Warum wir das fordern:
- Erzeugt man aus 1 kWh Strom Wasserstoff und verbrennt diesen in einem Gaskessel, so entstehen am Ende 0,7 kWh Heizwärme.
- Eine Wärmepumpe erzeugt aus 1 kWh Strom dagegen mind. 3 kWh Heizwärme.
Damit ist die Effizienz der Wärmepumpe beim Heizen mehr als 4 mal so hoch, wie es bei der bloßen Verbrennung von Wasserstoff der Fall ist!
Doch es hapert beim Heizen mit Wasserstoff nicht nur an der Effizienz, sondern auch an der Wirtschaftlichkeit. Dies wurde von Dr. Jan Rosenow* vom Regulatory Assistance Project (RAP), einem internationalen, auf die Dekarbonisierung des Energiesystems spezialisierten Think Tank, der auch verschiedene Ebenen der EU berät, untersucht. In einer 54 internationale Studien berücksichtigenden Meta-Studie kommt er zu folgendem Ergebnis:
„Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sprechen nicht für die breite Verwendung von Wasserstoff für die Beheizung von Gebäuden. Der Grund dafür ist, dass er weniger effizient, teurer und umweltschädlicher als Alternativen wie Wärmepumpen und Fernwärme ist.“
Doch eine deutsche Lobbyvereinigung mit dem Namen H2vorOrt verfolgt ein anderes Ziel: durch den Übergang auf Fern- und Nahwärme sowie Wärmepumpen usw. drohen kommunale Gasverteilnetze in Teilen obsolet zu werden. Um dies zu vermeiden wird damit geworben Wasserstoff über die vorhandenen Netze für jeden Haushalt nutzbar machen zu können:
Die Initiative H2vorOrt ist ein Zusammenschluss von 49 kommunalen Versorgern, dem auch unsere Stadtwerke Bochum sowie die Gelsenwasser AG angehören!
Sollte Bochum deren Wünschen folgen und sich im Rahmen der Wärmeplanung für die Ausweisung von sogenannten Wasserstoffnetzgebieten entscheiden, würde dreierlei geschehen: zunächst würden die betroffenen Verbraucher:innen über sehr lange Zeit weiter fossiles Gas verbrennen müssen. Damit würde die notwendige Wärmewende in Bochum deutlich gebremst, anstatt beschleunigt. Sollte nach Jahren- oder Jahrzehnten tatsächlich grüner Wasserstoff auch für kleinteilige Heizwärme zur Verfügung stehen, so drohten betroffenen Verbraucher:innen viel höhere Kosten als bei einer Wärmepumpe.
Der britische Ingenieur und Ökonom Michael Liebreich** hat eine übersichtliche Grafik entwickelt, die uns die Wirtschaftlichkeit verschiedener Wasserstoffanwendungen veranschaulicht. Auf seiner „Clean Hydrogen Ladder“ (hier die Version 5.0, 2023) nimmt er eine grobe Einstufung unterschiedlichster Wasserstoffanwendungen zwischen Alternativlos und Unwirtschaftlich vor:
Grüner Wasserstoff ist als sauberer, speicherbarer und aus überschüssigem Solarstrom erzeugter Energieträger für die Energiewende unverzichtbar. Zahlreiche Anwendungen werden künftig auf grünen Wasserstoff angewiesen sein, etwa die Stahlindustrie, die Chemie oder die Düngemittelproduktion. Unsinnig ist sein Einsatz aber bei der regulären Gebäudeheizung.
Wir hoffen, dass Ihnen unser Brief für Ihre weiteren Entscheidungen rund um die Bochumer Wärmewende nützlich sein wird und stehen für einen Austausch gerne zur Verfügung.
Bochum, den 23. März 2024
Gez.: Ihre Bürger*innen des Bochumer Klimaschutzbündnisses
c/o Dr. I. Franke (Sprecher von BoKlima), AkU e.V., Alsenstraße 27, 44789 Bochum
Mailkontakt: boklima@boklima.de Homepage: www.boklima.de
Kopien: Presseverteiler, Bündnisverteiler
Anlage: Brief_der_217_an_10753_Buergermeisterinnen_iS_Wasserstoff
(in Bochum unterzeichnet von AkU e.V., BoKlima, FFF, S4F)
* Links zur o.g. Meta-Studie und zum Autor J. Rosenow:
https://www.cell.com/cell-reports-sustainability/pdf/S2949-7906(23)00010-1.pdf
http://www.janrosenow.com/zur-person.html
** Über M. Liebreich:
https://en.wikipedia.org/wiki/Michael_Liebreich
weitere Dokumente
- 18.KNB als PDF : hier
- sharepic (auch zur weiteren Verwendung) als jpg : hier
- Umweltinstitut München e.V. :
- Achtung, Kostenfalle: Wasserstoff nicht verheizen! : hier (BoKlima auf Seite 6, AkU Seite 7)
- Wasserstoff nicht verheizen: Verbände appellieren an Deutschlands Bürgermeister:innen : hier
- 217 Organisationen warnen: Wasserstoff nicht verheizen! (AkU / BoKlima ist miit dabei) : hier
- Wasserstoff nicht verheizen – Gaslobby stoppen! So kannst du aktiv werden : hier
- deutsche Lobbyvereinigung mit dem Namen : H2vorOrt (Achtung sehr problematisch)
- A meta-review of 54 studies on hydrogen heating , Jan Rosenow (PDF) : hier
- Einsatzbereiche sauberen Wasserstoffs nach M.Liebreich : hier (S.2)
- Energizing Change , Regulary Assistanze Project (RAP) : hier
Achtung, Kostenfalle: Wasserstoff nicht verheizen!
Link zum Originalbrief oder scrollen Sie unterhalb in der pdf:
Mitteilung der Verwaltung Bochum
zu 5 Fragen der Günen Fraktion :
Anmerkungen :
- Bochum ist seit 31 Jahren Mitglied im Klimabündnis (der Kommunen).
Dieses Klimabündnis hat -wie wir- den Brief der 217 an die 10tausend OB’s gezeichnet, seht hier:
https://www.klimabuendnis.org/home.html bzw:
https://www.klimabuendnis.org/kommunen/das-netzwerk.html - D.h. das Bündnis der selbsternannt vorbildlichen Klimabündnis-Kommunen appelliert an alle deutschen Kommunen.
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- Gleichzeitig sind Bochums Stadtwerke ebenso wie Gelsenwasser Mitglied bei H2vorort, die das Gegenteil wollen, guckt da:
https://www.h2vorort.de/ - https://www.h2vorort.de/wer-wir-sind