(06.03.23, waz.de) , Leserbrief
Stadt pflanzt 671 neue Straßenbäume (28.02) Aber wieviele wurden umgehauen ???
Hintergrund WZ (28.02.23)
Bochum. Die Stadt wird 2023 deutlich mehr Bäume pflanzen, als sie im Vorjahr abgeholzt hat. Hier einige Straßen, an denen besonders viel gepflanzt wird.
Kurz vor dem Beginn der Vogelschutzzeit ab 1. März, wenn grundsätzlich keine Bäume mehr gefällt und Hecken, Gebüsche und sonstige Gehölze radikal geschnitten werden dürfen, hat die Stadt am vorigen Sonntag die ersten vier Straßenbäume an der Alleestraße abgesägt.
Dies dient dem geplanten Ausbau der Straße in den nächsten Jahren für mehr Sicherheit und Komfort der Verkehrsteilnehmer. Andererseits ist die Stadt auch mit Neupflanzungen beschäftigt. In diesem Frühjahr werden insgesamt 671 Straßenbäume in die Erde gesetzt. Weitere Neupflanzungen wird es im Herbst geben.
Das teilte die Stadt jetzt auf Anfrage der WAZ mit.
Allein am Kesterkamp in Bochum-Linden werden 63 Bäume gepflanzt
Die Neupflanzungen erfolgen im Rahmen des sogenannten Stadtbaumkonzeptes und erfolgen an verschiedenen Straßen. Zum Beispiel am Kesterkamp in Linden – 63 Bäume; an der Honeickenstraße in Höntrop – neun Bäume; an der Straße Langes Hof in Wattenscheid – sieben Bäume; am Parkplatz Steffenhorst in Harpen – zehn Bäume; und am Kreisverkehr Weitmar-Mark – acht Bäume.
„Die übrigen Baumpflanzungen sind überwiegend Einzelbaumpflanzungen in allen Stadtgebieten“, erklärt Stadtsprecher Peter van Dyk.
Bei der Baumart ist die Stadt heute wählerischer als früher, als das Thema Klimawandel, Trockenheit und Insektensterben noch nicht so brisant war wie heute. Deshalb werden Baumsorten gepflanzt, die besonders widerstandsfähig gegenüber den Klimaveränderungen sind und insektenfreundlich wie zum Beispiel die Linden, verschiedene Ahornsorten, verschiedene Mehlbeerbäume und Eichen.Der WAZ-Umwelt-Check Fällung und Neupflanzung: Wie steht es um Bäume in Bochum?
Wer einmal in einer Baumschule war, weiß, wie teuer junge Bäume sind, obwohl sie erst wenige Meter hoch sind. Die durchschnittlichen Kosten für einen Baum beziffert die Stadt auf rund 2000 Euro. Darin enthalten sind neben der Beschaffung auch die Pflanzkosten und eine dreijährige Pflege für ein gutes Anwachsen, denn ein Jungbaum muss regelmäßig gedüngt und besonders häufig bewässert werden.
In diesem Jahr werden von der Stadt deutlich mehr Straßenbäume gepflanzt, als im vergangenen Jahr abgeholzt wurden; diese Entwicklung besteht schon seit einigen Jahren. 281 Straßenbäume wurden nach Angaben der Stadt im vergangenen Jahr wegen Krankheit und/oder aus Gründen der Verkehrssicherheit beseitigt. Dass jedes Jahr mehr gepflanzt als gerodet wird, ist das erklärte Ziel des Stadtbaumkonzeptes. Auch Ersatzpflanzungen – etwa für Fällungen wegen eines Bauvorhabens – erfolgen auf Bochumer Stadtgebiet und nicht andernorts, wie die Stadt versichert.
Bürger empört über Abholzungen am Schulzentrum Bochum-GertheTrotzdem stößt jede einzelne Baumfällung immer wieder auf großes Interesse und auch Kritik und Misstrauen in der Bevölkerung, weil das Thema eine hohe Emotionalität hat. Bäume sind Lebewesen, die den Menschen am Herzen liegen, und Teil der nachbarschaftlichen Heimat.
Zurzeit stehen rund 33.000 Bäume an Bochums Straßen, die städtischen Wälder sind nicht mit eingerechnet.
Bußgelder drohen bei Baumfällungen
Wer gegen das ab 1. März geltende Verbot, bestimmte Bäume, Hecken und Gehölze zu beseitigen, verstößt, muss mit Bußgeldern rechnen.
Im Jahr 2022 hat die Stadt aber keine Bußgelder wegen unerlaubter Baumfällungen verhängt. Es gab allerdings drei Verfahren für das unerlaubte Roden vom Sträuchern und Hecken. Über die Höhe des Bußgeldes wurde nichts öffentlich bekannt.
Der Landesbetrieb Straßenbau wird demnächst ebenfalls neue (Ersatz-)Bäume pflanzen. Dies geschieht im Zusammenhang mit dem Neubau der Brücke des Munscheider Damms über dem Neveltal. Die Pflanzungen könnten Ende dieses Jahres erfolgen oder im Jahr darauf. Vor kurzem waren im Baufeld Hunderte Bäume gefällt worden.
Die Autobahn GmbH plant keinerlei Neupflanzungen auf Bochumer Stadtgebiet in diesem Jahr. Andererseits gab es in den vergangenen Tagen an Anschlussstellen der A 448 mehrere Gehölzrodungen.
Kahlschlag am Ümminger See
(08.03.23, waz.de) Gernot Noelle
Bochum-Ost. Zig Bäume sind am Westufer des Ümminger Sees in Bochum gefällt worden. Das ärgert viele Besucher. Das ist der Grund für den Kahlschlag.
Kurz vor Ende der Fällperiode hat die Stadt Bochum am Ümminger See noch einmal kräftig die Motorsägen kreischen lassen. Zahlreiche Bäume sind bis Ende Februar am Westufer des Naherholungsgebietes gefällt worden. Zwischen Suntums Hof und dem südlichen Ende des Gewässers ist das Grün am Ufer komplett entfernt worden. Was bei vielen Besuchern auf Unverständnis stößt, hat laut Stadtverwaltung einen guten Grund.
Kahlschlag im Ümminger See in Bochum – das steckt dahinter
Eine Leserin beschwert sich, dass Ende Februar „bis mindestens 20.30 Uhr hier Arbeiten mit schwerem Gerät unter Flutlicht beobachtet werden“ konnten. Sie sorgt sich vor allem um die Tierwelt: „In den vergangenen Jahren wurde sich gerne damit gerühmt, dass der Ümminger See auch seltenen Tier- und Vogelarten einen Rückzugsort bietet“, sagt die Frau, deren Name der Redaktion bekannt ist. „Flusskrebse und Eisvögel konnten bereits beobachtet werden. Besonders hervorzuheben ist hier die streng geschützte, störungsanfällige Rohrdommel, welche insbesondere in den letzten Wochen wiederholt Fotografinnen und Fotografen anlockte.“ Nicht nur werde auf all diese Tiere keine Rücksicht genommen, „eher wird hier noch massiv und gezielt in ihren Lebensraum eingegriffen“. Ümminger See Bochum: Mega-Baustelle am Ümminger See – das wird gemacht
Die Fällungen am Westufer des Ümminger Sees stehen in Zusammenhang mit der Renaturierung und Offenlegung des Harpener Bachs, eine Maßnahme des Tiefbauamtes, teilt die Stadt Bochum auf WAZ-Anfrage mit. „Diese Baumaßnahme wird im Laufe des Jahres realisiert, und aus naturschutzrechtlichen Gründen musste die Rodung bis Ende Februar erfolgt sein“, erklärt Stadtsprecher Peter van Dyk. Der Eingriff sei „im Zuge des Plangenehmigungsverfahrens und des landschaftspflegerischen Begleitplanes berechnet worden und gilt als ausgeglichen“.
Geschütze Arten seien laut Stadt „im Bestand nicht vorhanden“ gewesen.
Ende 2023 sollen die Arbeiten am Ümminger See beendet sein. Bis dahin wird dort noch schwer gearbeitet. Aktuell vor allem an der neuen Uferpromenade auf Höhe des Suntums Hofes gearbeitet. Dort wurde eigens ein Damm angelegt, damit auf trockenem Terrain gearbeitet werden kann.Natur So aufwendig befreit Bochum einen Bach vom Grubenwasser
Die Uferpromenade wird U-förmig und mit Sitzstufen zum Wasser hin versehen sein. Vom Parkplatz aus führt ein breiter Steg direkt zu dieser Promenade, umgeben von Bäumen und Bänken. Auf Höhe der Trimm-Dich-Geräte entsteht ein Anleger für den Schiffsmodellbauclub, um dort die Boote zu Wasser zu lassen. Rosenhecken und raue Gräser sollen die Kanadagänse, die auch den Ümminger See bevölkern, von der Uferpromenade fernhalten. So der Plan, der gerade umgesetzt wird.
Harpener Bach wird am Ümminger See vorbeigeleitet
Aktuell wird laut Stadt eine Schilfbucht gebaut, die Wasserweiche für die Trennung der Gewässer gesetzt und der Schlamm aus dem zweiten Trockenlegungsbereich abgefahren. Auch der neue Weg zur Villa Schwanensee wird ausgebaut. Die Brücke ist ja bereits entfernt worden. In Folge wird laut Peter van Dyk an den Wasser- und Grubenwasserleitungen gearbeitet.
Kosten haben sich verdoppelt
Die Harpener Teiche, Ümminger See und der Harpener Bach werden im Zuge des Förderprojekts „Grüne Infrastruktur“ umstrukturiert. Die Kosten hierfür haben sich auf rund fünf Millionen Euro verdoppelt, weil die Arbeiten für die Ufer-Promenade am Ümminger See deutlich aufwendiger waren als ursprünglich angenommen. Vor allem der aufgrund der industriellen Vorgeschichte instabile Boden machte den Planern zu schaffen. Eigentlich hätte schon im Sommer 2021 mit den Arbeiten an der Uferpromenade begonnen werden sollen.
Das Land steuert 2,9 Millionen Euro zur Gewässer-Umstrukturierung bei. Für den Rest, immer noch stolze zwei Millionen Euro, muss die Stadt Bochum selbst aufkommen.
Der Ümminger See wird nämlich – ebenso wie die Harpener Teiche – überwiegend mit dem Grubenwasser gespeist, das die Ruhrkohle AG aus der Tiefe der früheren Zeche Robert Müser hochpumpt. Ohne dieses Grubenwasser würde es beide Gewässer nicht geben; der Harpener Bach führt zu wenig Wasser, um sie zu füllen. Außerdem wird er jetzt – wie erwähnt – in einem aufwendigen Verfahren an beiden verschmutzten Gewässern vorbeigeführt, um nur noch komplett sauberes Wasser zu führen. In den Ümminger See und die Harpener Teiche fließt dann nur noch Gruben- und Regenwasser.Ümminger See Ümminger See: Kosten für neue Ufer-Promenade explodieren
Laut „Wasserrahmenschutzrichtlinie“ ist die Stadt Bochum verpflichtet, fließende Gewässer wie den Harpener Bach zu renaturieren. Dafür werden jetzt Grubenwasser und der Harpener Bach voneinander getrennt. Und so kommt es, dass der Harpener Bach demnächst abgekoppelt parallel am Ümminger See vorbeigeführt wird. Um Platz für diesen Extra-Bachlauf zu schaffen, mussten in der Fällperiode jetzt die dafür störenden Bäume gefällt werden.
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