Die gescheiterte Klimaklage gegen Norwegen Das schwierige Grundrecht auf saubere Umwelt

( tagesspiegel, 26.12.20 , s. hier )

Verletzen Ölbohrungen Menschenrechte? Nein, hat das Oberste Gericht in Oslo gesagt. Das enttäuscht Klimaaktivisten, ist aber dennoch richtig.
Eine Kolumne. Barbara John

Und wieder ist Norwegen das Land mit der höchsten Lebensqualität weltweit. Das sagt der Jahresbericht 2020 des Human Development Reports der Vereinten Nationen (UNDP). Mit diesem Barometer werden die Werte eines Landes in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Lebensstandard gemessen. Neuerdings zählen auch der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid und der Rohstoffverbrauch.

Noch haben diese zwei zusätzlichen Indizes nicht die Spitzenposition des ölreichen Wohlfahrtsstaats beeinträchtigt. Die Position Deutschlands belasten sie dagegen schon. Es ist in der Rangfolge vom vierten auf den sechsten Platz zurückgefallen und rangiert jetzt hinter Norwegen, Irland, der Schweiz, Hongkong und Island.

Tagesspiegel Background Energie & Klima

Kohleausstieg, Klimawandel, Sektorkopplung: Das Briefing für den Energie- und Klimasektor. Für Entscheider & Experten aus Wirtschaft, Politik, Verbänden, Wissenschaft und NGO.

Doch auch im Musterland Norwegen könnte sich etwas ändern. Was da national gerade passiert ist, berührt viele  Menschen, die sich wundreiben an der Frage, wie ein  besserer Umwelt- und Klimaschutzes zu erreichen ist.  

Anders als die meisten Länder garantiert der norwegische Staat in seiner Verfassung (Artikel 112) „jedermann“ das Recht auf eine Umwelt, „die der Gesundheit und einer natürlichen Umgebung förderlich“ ist. Wegen dieses Versprechens hatten schon 2016 vier Nichtregierungsorganisationen, unter ihnen Greenpeace, beim Obersten Gerichtshof in Oslo eine Klimaklage gegen die Lizenzvergabe für weitere Ölbohrungen in der arktischen Barentssee eingereicht. Sie argumentierten, dass durch diese zusätzliche Öl- und Gassuche in der Arktis weder die Pariser Klimaziele einzuhalten seien, noch würden künftige Generationen geschützt

Vor wenigen Tagen wurde die Klage mit elf zu vier Stimmen abgelehnt. Das Gericht erkannte keine Verfassungsverletzung, denn jedes Land sei nur für den eigenen schädlichen CO2-Ausstoß verantwortlich, und der werde durch die bloße Lizenzerteilung zur Förderung nicht wesentlich erhöht. Die weltweiten Klimazielehätten damit nichts zu tun.


( Tipp von Ester )